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Text des Beschlusses
IX ZR 25/05;
Verkündet am:
21.09.2006
BGH Bundesgerichtshof
Rechtskräftig: unbekannt! Beschluss - Kurz Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann am 21. September 2006 beschlossen: Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hinsichtlich des Urteils des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Dezember 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Der Streitwert wird auf 582.872,74 € festgesetzt. I. Die Klägerin begehrt mit folgender Begründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen für die Einlegung der - teilweise zugelassenen - Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde: Die Anwälte, die sie in zweiter Instanz vertreten hätten, hätten ihrem äußerst zuverlässigen Kanzleisekretär am letzten Tag der Rechtsmittelfrist die Weisung erteilt, das bereits mittags unterzeichnete Auftragsschreiben rechtzeitig an den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Dr. N. zu faxen und sich den Eingang des Schreibens und die Übernahme des Mandats bestätigen zu lassen. Der Sekretär habe das Schreiben aus nicht mehr aufklärbaren Gründen erst nach 18.00 Uhr gefaxt, als die Kanzlei des Rechtsanwalts Dr. N. nicht mehr besetzt gewesen sei, und habe auch den Kontrollanruf unterlassen, ob-wohl eine allgemeine Weisung bestehe, dann, wenn der Rechtsmittelanwalt nicht zu erreichen sei, die anderen in Frage kommenden beim Bundesgerichts-hof zugelassenen Rechtsanwälte der Reihe nach anzurufen und den schließlich erreichten Anwalt zu beauftragen. Entgegen einer weiteren allgemeinen Wei-sung habe der Sekretär nach der Übermittlung des Telefax die Rechtsmittelfrist gestrichen, obwohl die Übernahme des Mandats nicht bestätigt worden sei. II. Damit hat die Klägerin nicht dargelegt, dass die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihrer zweitinstanzlichen Anwälte zurückzuführen ist (§ 233 ZPO). 1. Der Anwalt, der von seinem Mandanten einen Rechtsmittelauftrag erhalten hat, muss den beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Anwalt rechtzeitig beauftragen. Er hat das Auftragsschreiben rechtzeitig abzusenden und dafür Sorge zu tragen, dass der Rechtsmittelanwalt den Auftrag innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist bestätigt. Der Eingang des Bestätigungsschreibens ist zu überwachen. Bleibt die Mandatsbestätigung des Rechtsmittelanwalts aus, muss der Anwalt rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Rückfrage halten. Dafür hat der Rechtsanwalt das mit der Führung des Fristenkalenders betraute Personal entweder allgemein oder im jeweiligen Einzelfall anzuweisen, den Ablauf der Rechtsmittelfrist als selbstständige Frist festzuhalten und damit dafür zu sorgen, dass die Sache ihm noch einmal vorgelegt wird, wenn sich nicht zuverlässig feststellen lässt, dass der Rechtsmittelanwalt sich zur rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels bereit gefunden hat (BGH, Beschl. v. 25. Januar 2001 - IX ZB 120/00, NJW 2001, 1576). 2. Diesen Anforderungen sind die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht gerecht geworden. Ihr glaubhaft gemachtes Vorbringen lässt schon nicht erkennen, wann die Weisung, das am Mittag des letzten Tages der Rechtsmittelfrist gefertigte Auftragsschreiben an den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu faxen, erteilt worden ist. Damit lässt sich auch nicht beurteilen, ob bereits im Zeitpunkt der Weisung ein sofortiges Handeln erforderlich gewesen wäre. Unabhängig davon reichte die Weisung, das Auftragsschreiben "rechtzeitig" zu übermitteln, nicht aus. Das Auftrags-schreiben musste so zeitig beim Revisionsanwalt eingehen, dass dieser noch über die Annahme des Mandats entscheiden sowie die Rechtsmittelschrift ferti-gen und beim Bundesgerichtshof einreichen konnte. Anwälte sind häufig schon ab 17.00 oder 18.00 Uhr nicht mehr persönlich zu erreichen und stehen auch während der Zeit ihrer Anwesenheit im Büro nicht ständig für jedermann zur Verfügung. Die zweitinstanzlichen Anwälte hätten ihrem Angestellten deshalb einen Zeitpunkt nennen müssen, bis zu dem das Auftragsschreiben spätestens übersandt werden musste. Das ist nicht geschehen. Die allgemeine Weisung, dann, wenn eine Bestätigung der Mandatsübernahme ausblieb, andere beim Bundesgerichtshof zugelassene Anwälte anzurufen, war schließlich ebenfalls nicht geeignet sicherzustellen, dass das Rechtsmittel vor Fristablauf eingelegt werden würde. Bleibt eine Auftragsbestätigung aus, muss der Anwalt selbst entscheiden, wie weiter verfahren werden soll. Das gilt um so mehr, wenn das Auftragsschreiben erst nach 18.00 Uhr übermittelt wird, zu einem Zeitpunkt also, in dem viele Kanzleien nicht mehr besetzt sind. Fischer Raebel Kayser Cierniak Lohmann ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |