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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 34.06;
Verkündet am: 
 31.01.2007
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Begründungserfordernis; Beschleunigungsgebot; Rechtsschutzbedürfnis; Einleitungsverfügung.
Leitsatz des Gerichts:
1. Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung erfüllt auch dann (noch) das gesetzliche Begründungserfordernis, wenn der Antragsschrift die vorangegangenen Beschwerdeschreiben beigefügt sind, aus denen sich ergibt, aus welchen Gründen der Antragsteller die angegriffene Maßnahme oder Unterlassung für rechtswidrig hält und was er im Wehrbeschwerdeverfahren verlangt (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).

2. Die sich aus dem Beschleunigungsgebot für Disziplinarverfahren (§ 17 Abs. 1 WDO) ergebenden Rechte und Pflichten zählen nicht zu den im Beschwerdeverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung (WBO) rügefähigen Rechten und Pflichten.

3. Im Rahmen eines Verfahrens nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) ergangene Entscheidungen können allein mit den in der WDO vorgesehenen Rechtsbehelfen angefochten werden, jedoch nicht mit einer Wehrbeschwerde nach der WBO.
Der Antragsteller, gegen den ein gerichtliches Disziplinarverfahren nach der WDO eingeleitet worden war, begehrte in einem Beschwerdeverfahren nach der WBO unter anderem die Feststellung, dass die Einleitungsbehörde im gerichtlichen Disziplinarverfahren das Beschleunigungsgebot sowie die ihm gegenüber bestehende Fürsorgepflicht und die Pflicht zur Dienstaufsicht verletzt habe. Sein Rechtsschutzbegehren wurde vom Bundesverwaltungsgericht als unzulässig verworfen.

Aus den Gründen:
...

13Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. Beide Feststellungsanträge sind unzulässig.

14Allerdings genügt das Antragsvorbringen des Antragstellers noch dem Begründungserfordernis des § 17 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO.

15Die Begründungspflicht des § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO verfolgt den Zweck, das Gericht alsbald von dem vom Antragsteller geltend gemachten Rechtsschutzziel in Kenntnis zu setzen. Ferner hat sie den Sinn, die unüberlegte Einlegung von Anträgen zu verhindern. Durch die Notwendigkeit einer Begründung (innerhalb von zwei Wochen) soll der Antragsteller im Wehrbeschwerdeverfahren dazu angehalten werden, sein Vorbringen kritisch zu überprüfen (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 23. Februar 1972 BVerwG 1 WB 1.70 BVerwGE 43, 308 <310>, vom 2. Juli 1991 BVerwG 1 WB 178.90 , vom 19. August 1992 BVerwG 1 WB 157.91 und vom 27. Januar 1998 BVerwG 1 WB 40.97 Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 26 = NZWehrr 1998, 167). Deshalb muss wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO ergibt („Der Antrag ist … zu begründen“) in der Begründung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Einzelnen dargelegt werden, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Antragstellers im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO abschließend aufgeführten ihm zustehenden Rechte und ihm gegenüber bestehenden Pflichten eines Vorgesetzten rechtswidrig ist. Allein der Hinweis darauf, dass nicht innerhalb der vom Gesetz normierten Fristen über die Beschwerde und über die weitere Beschwerde entschieden wurde, reicht nicht aus. Eine ausreichende Begründung liegt aber vor, wenn der Antragsteller der Antragsschrift seine vorangegangenen Beschwerden beifügt und diese eine hinreichende Begründung enthalten, aus welchen Gründen er die mit der Beschwerde angegriffene und gegenständlich bestimmte dienstliche Maßnahme oder Unterlassung für rechtswidrig hält und was er im Wehrbeschwerdeverfahren verlangt (vgl. u.a. Beschluss vom 10. August 1976 BVerwG 1 WB 68.75 m.w.N.; Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl. 1997, § 17 Rn. 103).

16Das ist hier der Fall. ...

22Soweit der Antragsteller eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes nach § 17 Abs. 1 WDO durch die Einleitungsbehörde rügt, verkennt er, dass das in § 17 Abs. 1 WDO normierte Gebot, „Disziplinarsachen … beschleunigt zu behandeln“, zwar für alle nach der Wehrdisziplinarordnung zu treffenden Entscheidungen auch für Beschwerden und weitere Beschwerden nach der Wehrdisziplinarordnung gilt (vgl. dazu auch Erlass „Beschleunigte Behandlung von Beschwerden und weiteren Beschwerden nach der Wehrbeschwerdeordnung“ ZDv 14/3 Teil C 217; Böttcher/Dau, a.a.O, § 17 Rn. 2 m.w.N.). § 17 Abs. 1 WDO bindet auch alle an Disziplinarverfahren verantwortlich Beteiligten, also auch die zuständigen Disziplinarvorgesetzten. Die sich aus § 17 Abs. 1 WDO ergebenen Rechte und Pflichten zählen jedoch nicht zu den in § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO im Wehrbeschwerdeverfahren allein rügefähigen Rechte und Pflichten. Dazu gehören nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ausschließlich „die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnittes des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31“ geregelten Rechte und Pflichten, die das Beschleunigungsgebot des § 17 Abs. 1 WDO nicht umfassen.

23Unzulässig ist der Feststellungsantrag auch insoweit, als der Antragsteller geltend macht, die Einleitungsbehörde habe mit ihrem Verhalten die ihm gegenüber bestehende Fürsorgepflicht (§ 10 Abs. 3 SG) und die Pflicht zur Dienstaufsicht (§ 10 Abs. 2 SG) verletzt.

24Für eine Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung gegen im Rahmen eines Verfahrens nach der Wehrdisziplinarordnung ergangene Entscheidungen fehlt es regelmäßig an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil diese ausschließlich nach Maßgabe der in der Wehrdisziplinarordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe (vgl. §§ 42, 114, 126 Abs. 5, § 128 WDO) angefochten werden können (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 14. November 1978 BVerwG 1 WB 169.77 BVerwGE 63, 152 <154, 156 m.w.N.> = NZWehrr 1979, 105 und vom 20. Oktober 1981 BVerwG 1 WB 87.81 ; Böttcher/Dau, a.a.O., § 1 Rn. 68 m.w.N.; zu möglichen Ausnahmen im Falle der Ablehnung eines von einem Soldaten gestellten Antrages auf Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens vgl. Beschluss vom 28. Juli 1970 BVerwG 1 WB 106.69 BVerwGE 43, 108 = NZWehrr 1971, 64; Dau, WDO, 4. Aufl. 2002, § 95 Rn. 15). Sie werden auf entsprechende Rüge des betroffenen Soldaten in dem jeweiligen dafür von der Wehrdisziplinarordnung vorgesehenen Verfahren als Teil jenes Verfahrens mit geprüft und wirken sich je nach Tragweite und Berechtigung auf den Bestand der angefochtenen Maßnahme aus. Sie können daher schon aufgrund der Regelungssystematik und dem daraus folgenden Sinn und Zweck der Regelung(en) nicht nochmals zum Gegenstand eines besonderen Verfahrens nach der Wehrbeschwerdeordnung gemacht werden. Sieht die Wehrdisziplinarordnung einen Rechtsbehelf gegen eine solche Entscheidung nicht vor, ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats aus den gleichen Gründen unzulässig, sich nunmehr einen solchen Rechtsbehelf nach der Wehrbeschwerdeordnung zu verschaffen (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 18. Juli 1977 BVerwG 1 WB 75.77 und vom 6. August 1980 BVerwG 1 WB 81.80 NZWehrr 1981, 59; Böttcher/Dau, a.a.O., § 1 Rn. 68). Daran hält der Senat fest, zumal der Antragsteller hiergegen keine substanziierten Einwände vorgebracht hat. Angesichts dessen sind sowohl die Verfügung zur Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens als auch Entscheidungen über die Vornahme oder Durchführung ihr vorausgegangener Handlungen im Rahmen der Ermittlungen (vgl. Böttcher/Dau, a.a.O., § 1 Rn. 68 m.w.N.) der Nachprüfung in einem Beschwerdeverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung und in einem anschließenden Verfahren aufgrund eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung nach § 17 Abs. 1 (i.V.m. § 21 Abs. 1 und 2) WBO entzogen (vgl. Beschlüsse vom 1. Oktober 1958 BDH WB 9.58 BDHE 4, 197 f. = NZWehrr 1961, 36, vom 14. November 1978 a.a.O. m.w.N., vom 29. Mai 1984 BVerwG 1 WB 73.83 , vom 30. Januar 1996 BVerwG 1 WB 61.95 und vom 15. Oktober 1996 BVerwG 1 WB 36.96 ). Die Einleitungsverfügung ist als Prozesshandlung Bestandteil eines einheitlichen, gesetzlich geregelten Verfahrens. Als Einzelmaßnahme dieses Verfahrens ist sie ebenso wie die ihr vorausgehenden Ermittlungsmaßnahmen nicht isoliert anfechtbar. Sie zielt auf die Herbeiführung einer disziplinargerichtlichen Entscheidung, deren Rechtmäßigkeit nur nach den Bestimmungen der Wehrdisziplinarordnung nachprüfbar ist (vgl. u.a. Urteil vom 28. September 1956 BVerwG 2 C 183.54 BVerwGE 4, 73 f; Böttcher/Dau, a.a.O., § 1 Rn. 68; Dau, a.a.O., § 93 Rn. 12 m.w.N.).

Golze Dr. Frentz Dr. Deiseroth
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