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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 16.06;
Verkündet am: 
 31.01.2007
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Vertrauensperson; Anhörung; Unterrichtung; Beteiligungsrecht; Soldatenvertreter; Personalrat; Disziplinarverfahren; Einleitung.
Leitsatz des Gerichts:
1. Die Entscheidung der Einleitungsbehörde, ein gerichtliches Disziplinarverfahren nach der WDO einzuleiten, stellt eine Angelegenheit dar, die im Sinne von § 52 Abs. 1 SBG nur Soldaten betrifft.

2. Bei Verfahren nach der WDO und der WBO werden die Beteiligungsrechte der Vertrauensperson nicht durch die Soldatenvertreter im örtlichen Personalrat als Gruppenangelegenheit, sondern durch den in § 52 Abs. 2 SBG bestimmten Soldatenvertreter wahrgenommen.

3. Anhörungspflichtige Stelle ist in einem solchen Fall allein der Dienststellenleiter, nicht die Einleitungsbehörde.

Beschluss des 1. Wehrdienstsenats vom 31. Januar 2007 BVerwG 1 WB 16.06

Der Antragsteller ist Stellvertreter des in den örtlichen Personalrat einer Schule im Bereich der Teilstreitkraft Heer gewählten Soldatenvertretung gegen den ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. Der Antragsteller rügt im Wege eines Fortsetzungsfeststellungsantrages die Verletzung seiner Beteiligungsrechte nach § 27 Abs. 2, § 18 Abs. 3 Satz 2 und § 20 Satz 1 SBG durch die Einleitungsbehörde.
Aus den Gründen:

24Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

25Der Antragsteller hat allerdings den richtigen Rechtsweg beschritten. Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SBG), so ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben (Beschlüsse vom 1. November 2001 BVerwG 6 P 10.01 BVerwGE 115, 223 <230> = Buchholz 252 § 52 SBG Nr. 2 und vom 24. März 2004 BVerwG 1 WB 33.03 PersV 2005, 273). Diese Voraussetzung, die wegen der ebenfalls nur Soldaten betreffenden Fragen der Wehrdisziplinar- und Wehrbeschwerdeordnung entsprechend für die Fälle des § 52 Abs. 2 SBG gilt, liegt hier vor. Denn der Antragsteller, der hinter OTL F. als nächster Soldatenvertreter der Offiziere im ÖPR der Schule die Befugnisse der Vertrauensperson der Offiziere in Vertretung wahrgenommen hat, macht geltend, in eigenen Beteiligungsrechten in einer Angelegenheit verletzt worden zu sein, die wie die Anhörung vor Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen einen Soldaten gemäß § 27 Abs. 2 SBG nur Soldaten betrifft. ...

36Der Antragsteller hat ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dargetan, soweit es ihm um eine über den vorliegenden Fall hinausreichende Klärung des Umfangs des Anhörungsrechts der Vertrauensperson bzw. des Soldatenvertreters im Personalrat im Bereich der (gerichtlichen) Ahndung von Dienstvergehen geht. Neben der Klärung der Reichweite des Anspruchs auf rechtzeitige und umfassende Unterrichtung i.S.d. § 18 Abs. 3 Satz 2, § 20 Satz 1 SBG begehrt er eine Entscheidung über die vom Senat in seinem Beschluss vom 25. November 2004 BVerwG 1 WB 3.04 als nicht geklärt bezeichnete Rechtsfrage, ob die Opportunität der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens in den Gegenstand der Anhörung i.S.d. § 27 Abs. 2 SBG einzubeziehen sei. Wegen der Grundsätzlichkeit dieser Fragen ist es wahrscheinlich, dass sie in Zukunft bei beabsichtigten Disziplinarmaßnahmen gegen Offiziere der Schule wieder eine Rolle spielen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Frage der Reichweite des Unterrichtungsanspruchs auch das häufiger auftretende einfache Disziplinarverfahren betrifft und damit gleichzeitig für die Anhörung nach § 27 Abs. 1 SBG relevant werden kann. ...

38Der insoweit zulässige Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet.

39Eine Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers durch den Amtschef Heeresamt als zuständige Einleitungsbehörde liegt nicht vor. Sie ist schon deshalb zu verneinen, weil der Amtschef Heeresamt für die Anhörung im vorliegenden Fall nicht zuständig war und infolgedessen von ihm diesbezüglich keine Rechtsverletzung ausgehen konnte. Anhörungspflichtige Stelle war hier vielmehr in eigener Zuständigkeit, nicht im Wege einer Delegierung von Seiten der Einleitungsbehörde oder des WDA der Kdr der Schule als Dienststellenleiter gegenüber dem ÖPR.

40Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 52 Abs. 1 SBG, die die Beteiligungsrechte der Soldaten für Dienststellen regelt, in denen Soldaten Personalvertretungen gewählt haben. Während Satz 1 der Vorschrift regelt, dass in „Angelegenheiten, die nur Soldaten betreffen“, die Soldatenvertreter die Befugnisse der Vertrauensperson haben, wird durch die in Satz 2 erfolgte Verweisung auf § 7 BPersVG bestimmt, dass für die Dienststelle ihr Leiter oder nach Maßgabe der näheren Regelung dessen Vertreter handelt.

41Der Gesetzgeber hat mit § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG eine abschließende Zuständigkeitsregelung für die Anwendung des Soldatenbeteiligungsgesetzes in den Dienststellen getroffen, in denen wie im vorliegenden Fall Soldatenvertreter in die Personalräte gewählt werden. Durch die Vorgabe des § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG sind im Anwendungsbereich der Vorschrift nach Maßgabe des § 7 BPersVG die im Soldatenbeteiligungsgesetz sonst vorgesehenen Zuständigkeitsregelungen spezialgesetzlich derogiert.

42Die Absicht des Amtschef Heeresamt, gegen OTL F. ein gerichtliches Disziplinarverfahren einzuleiten, stellte eine Angelegenheit dar, die nur die Soldaten betrifft (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SBG). Dazu zählen (u.a. auch) die in § 52 Abs. 2 SBG erwähnten Angelegenheiten nach der Wehrdisziplinar- und Wehrbeschwerdeordnung. Denn dabei handelt es sich lediglich um einen Unterfall des Absatzes 1 (vgl. Beschluss vom 1. November 2001 a.a.O.). Während in allen anderen Fällen, die nur Angelegenheiten der Soldaten betreffen, gemäß § 52 Abs. 1 SBG die Beteiligungsrechte der Vertrauensperson durch die Soldatenvertreter im Personalrat insgesamt als Gruppenangelegenheit wahrzunehmen sind, sieht § 52 Abs. 2 SBG für Verfahren nach der Wehrdisziplinar- und der Wehrbeschwerdeordnung eine besondere Zuständigkeit einzelner Mitglieder der Soldatengruppe vor.

43Der Gesetzgeber ging bei dieser Sonderregelung des § 52 Abs. 2 SBG von der Annahme aus, dass (Wehr-)Disziplinar- und -beschwerdesachen einer besonderen Vertraulichkeit bedürfen und daher nicht im Plenum des Personalrats erörtert werden sollen (BTDrucks 13/5740 S. 22 zu § 52 Abs. 2 SBG; vgl. dazu u.a. Gronimus, Die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der Bundeswehr, 5. Aufl. 2005, § 52 Rn. 19).

44Die Absicht des Gesetzgebers, eine Beratung der in § 52 Abs. 2 SBG genannten Angelegenheiten im Personalratsplenum aus Gründen eines wirksamen Persönlichkeits- und Datenschutzes durch ausschließliche Übertragung der Befugnisse der Vertrauensperson an den zuständigen Laufbahnvertreter auszuschließen, berührt nicht die Frage, wer anhörungspflichtige Stelle ist. Die in § 52 Abs. 2 SBG getroffene Sonderregelung hinsichtlich der Bestimmung der anzuhörenden Stelle („derjenige Vertreter der Soldaten im Personalrat …, der der entsprechenden Laufbahngruppe angehört und der bei der Verhältniswahl in der Reihenfolge der Sitze die höchste Teilzahl, bei der Personenwahl die höchste Stimmenzahl erreicht hat. …“) ändert nichts an den in § 52 Abs. 1 SBG getroffenen Regelungen hinsichtlich der Befugnisse der anhörungsberechtigten Stelle (Satz 1) sowie hinsichtlich der anhörungspflichten Stelle (Satz 2 i.V.m § 7 BPersVG). Denn § 52 Abs. 2 SBG trifft, wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt, keine Sonderregelung dazu, welche Stelle zur Anhörung des Soldatenvertreters in Angelegenheiten nach der Wehrdisziplinar- und der Wehrbeschwerdeordnung verpflichtet ist. Es bleibt damit bei der in § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG i.V.m. § 7 BPersVG normierten Verantwortlichkeit des Dienststellenleiters.

45Einer Anwendung des § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG auch auf die von Abs. 2 erfassten „Angelegenheiten eines Soldaten nach der Wehrdisziplinarordnung oder der Wehrbeschwerdeordnung“ kann nicht entgegengehalten werden, der Gesetzgeber habe das Auseinanderfallen von anhörungspflichtiger Stelle hier also: Dienststellenleiter oder dessen Vertreter und entscheidender Stelle hier also: Einleitungsbehörde vermeiden wollen. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch in allgemeinen Personalangelegenheiten die Zuständigkeit für die Anhörung einerseits und für die Personalentscheidung andererseits auseinanderfallen können (vgl. dazu u.a. Beschluss vom 20. Juni 2005 BVerwG 1 WB 60.04 Buchholz 252 § 20 SBG Nr. 1). Zudem werden in der Praxis die Anhörungen nach § 27 Abs. 2 SBG ohnehin üblicherweise delegiert (vgl. dazu u.a. Beschluss vom 31. August 1998 BVerwG 2 WDB 1.98 BVerwGE 113, 259 <262> = Buchholz 235.0 § 86 WDO Nr. 2 = NZWehrr 1998, 250).

46Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Wehrdisziplinarordnung. Die Vorschrift des § 4 WDO, die sich mit der Beteiligung der Vertrauensperson befasst, ordnet in Satz 1 (u.a.) die Geltung des Anhörungstatbestandes des § 27 SBG an. In dessen Absatz 2 ist aber nicht bestimmt, wer die Anhörung der Vertrauensperson bzw. hier des zuständigen Soldatenvertreters im Personalrat, der deren Befugnisse ausübt vorzunehmen hat.

47Auch Nr. 238 ZDv 10/2, wonach die Anhörung im gerichtlichen Disziplinarverfahren durch die Einleitungsbehörde zu erfolgen hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Nr. 238 ZDv 10/2 stellt lediglich auf den Normalfall der Anhörung einer Vertrauensperson ab, ohne auf den Sonderfall der Anhörung im Fall des Bestehens einer Personalvertretung mit Soldatenvertretern einzugehen, für den nach § 52 SBG besondere Regeln gelten. Unabhängig davon könnte eine Verwaltungsvorschrift den Inhalt einer auslegungsbedürftigen Rechtsnorm ohnehin nicht verbindlich bestimmen.

48Aus den letztgenannten Erwägungen stellt die vorliegende Entscheidung auch keinen Widerspruch zu den Ausführungen des 2. Wehrdienstsenats in seinem Beschluss vom 31. August (a.a.O.) dar, wonach die Anhörung nach § 27 Abs. 2 SBG grundsätzlich durch die Einleitungsbehörde erfolgt, aber auf den WDA und von diesem auf den nächsten Disziplinarvorgesetzten des Soldaten delegiert werden darf. Dieser Entscheidung lag nicht ein von § 52 Abs. 1 SBG erfasster Sonderfall zugrunde, über den hier zu entscheiden ist.

49Danach wäre im vorliegenden Falle der beabsichtigten Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen OTL F. für die von diesem beantragte Anhörung des Soldatenvertreters und damit des Antragstellers der Kdr der Schule zuständig gewesen, und zwar kraft eigener Zuständigkeit, nicht kraft Delegation (vgl. aber Vorbem. Nr. 3 ZDv 10/2 und dem folgend Stauf, Wehrrecht I, 2002, § 52 SBG Rn. 4). Eine Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers durch eine fehlende oder fehlerhafte Anhörung hätte damit nur durch den Kdr der Schule als anhörungspflichtige Stelle erfolgen können. Schon deswegen ist der Antrag festzustellen, dass der (unzuständige) Amtschef Heeresamt die Beteiligungsrechte des Antragstellers verletzt habe, unbegründet. Die Feststellung einer Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers durch den Kdr der Schule ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

50Eine Umdeutung des Antrags in dem Sinne, dass auch oder ausschließlich die Frage der Verletzung von Beteiligungsrechten durch den Kdr der Schule Verfahrensgegenstand sein soll, kommt nicht in Betracht, da der anwaltlich vertretene Antragsteller sein Antragsbegehren eindeutig in der vorliegenden Weise formuliert hat und damit kein Raum für eine Auslegung ist.

Golze Dr. Frentz Dr. Deiseroth
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