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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 16.07;
Verkündet am:
09.08.2007
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
Rechtskräftig: unbekannt! Petition; Petitionsausschuss; Maßnahme. Leitsatz des Gerichts: Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags sind keine Maßnahmen, die - bzw. deren Unterlassung - Gegenstand eines Verfahrens vor den Wehrdienstgerichten sein können. Der Antragsteller hält die Vorschriften über die Intervalle für dienstliche Beurteilungen der Stabsoffiziere in einer bestimmten - auch ihn betreffenden - Fallkonstellation für ungerecht. Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrte er, festzustellen, dass der Bundesminister der Verteidigung in einer Stellungnahme gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags zu einer diesbezüglichen Petition des Antragstellers zum Teil unrichtige Angaben gemacht habe und zum Teil nicht auf die Begründung der Petition eingegangen sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen. Aus den Gründen: ... 18Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, weil Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags keine Maßnahmen sind, die - bzw. deren Unterlassung - zum Gegenstand eines Verfahrens vor den Wehrdienstgerichten gemacht werden können. 19Der Begriff der Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO und des § 21 Abs. 1 WBO setzt eine dem öffentlichen Recht zugehörige Handlung eines Vorgesetzten (oder einer Dienststelle der Bundeswehr) voraus, die im Verhältnis der Über- und Unterordnung getroffen oder erbeten wird; dabei kommt es nicht darauf an, ob sie auch auf die Herbeiführung von Rechtswirkungen abzielt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 25. März 1976 - BVerwG 1 WB 105.75 - BVerwGE 53, 160 <161>, vom 12. November 1986 - BVerwG 1 WB 127.83, 97.84 - BVerwGE 83, 242 <246> und vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 27.05 - Buchholz 236.1 § 29 SG Nr. 7 = NZWehrr 2006, 154). 20In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass Handlungen oder Unterlassungen des Dienstherrn in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Maßnahmen im Sinne der Wehrbeschwerdeordnung darstellen und nicht zum Gegenstand eines Verfahrens vor den Wehrdienstgerichten gemacht werden können (Beschluss vom 28. Juli 1965 - BVerwG 1 WB 19.65 - BDHE 7, 163). Dasselbe gilt für Handlungen oder Unterlassungen im Antragsverfahren vor den Wehrdienstgerichten nach den §§ 17, 21 WBO (vgl. Beschlüsse vom 17. November 1969 - BVerwG 1 WB 70.69 - BVerwGE 43, 28, vom 25. März 1976 - BVerwG 1 WB 105.75 - BVerwGE 53, 160 sowie zuletzt vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 40.06 ). Erklärungen der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren können daher nicht verselbständigt und zum Gegenstand eines neuen Wehrbeschwerdeverfahrens gemacht werden. 21Auch Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung in einem Petitionsverfahren vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags erfolgen nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis und sind daher keine Maßnahmen im Sinne der Wehrbeschwerdeordnung. 22Gemäß Art. 45c Abs. 2 GG i.V.m. § 1 des Gesetzes über die Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags vom 19. Juli 1975 (BGBl I S. 1921) hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags zur Vorbereitung von Beschlüssen über Beschwerden nach Art. 17 GG (unter anderem) die Befugnis, von der Bundesregierung und den Behörden des Bundes die Vorlage von Akten und die Erteilung von Auskünften zu verlangen (zu den Informationsbefugnissen des Petitionsausschusses ausführlich Achterberg/Schulte, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 45c Rn. 48 ff., 55 ff.). Nimmt der Bundesminister der Verteidigung gegenüber dem Petitionsausschuss zu einer Eingabe Stellung, so handelt er nicht aufgrund seiner Vorgesetztenstellung, sondern in Erfüllung der ihm im Petitionsverfahren obliegenden Verpflichtungen (zur Einholung von Stellungnahmen vgl. Nr. 7.7 der Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden vom 8. März 1989, BAnz Nr. 97 S. 2637). Bei der Ermittlung und Bewertung von Tatsachen und der sachlichen Prüfung der Eingabe ist der Petitionsausschuss frei. Der Hoheitsträger, der sich zu der Beschwerde äußert, hat insoweit nicht mehr Rechte als der der Hoheitsgewalt Unterworfene, der sein Anliegen mit dem Petitionsschreiben vorgetragen hat. Der Petent und die Stelle, gegen die sich die Beschwerde richtet, stehen sich daher grundsätzlich gleichberechtigt gegenüber. 23Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung in einem Petitionsverfahren vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags können aber auch deshalb nicht zum Gegenstand eines Wehrbeschwerdeverfahrens gemacht werden, weil sonst die dem Rechtsinstitut der Petition innewohnenden Beschränkungen unterlaufen werden könnten. Das Grundrecht des Art. 17 GG verleiht demjenigen, der eine zulässige Petition eingereicht hat, ein Recht darauf, dass die angegangene Stelle die Eingabe entgegennimmt, sachlich prüft und ihm die Art der Erledigung mitteilt (BVerfG, Beschluss vom 22. April 1953 - 1 BvR 162/51 - BVerfGE 2, 225). Dem Beschwerdeführer steht jedoch - darüber hinausgehend - kein Recht auf einen Bescheid bestimmten Inhalts bzw. auf eine bestimmte Entscheidung in seiner Sache zu; eine im Verwaltungsrechtsweg erhobene Klage kann sich deshalb zulässigerweise nur auf die Überprüfung der ordnungsgemäßen Entgegennahme, Prüfung und Bescheiderteilung, nicht jedoch auf die „Richtigkeit“ der Bearbeitung oder das Ergebnis der Beratung über die Petition beziehen (vgl. Achterberg/Schulte, a.a.O. Rn. 46; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 10. Aufl. 2004, Art. 45c Rn. 23 m.w.N.). Diese (materiell- und prozessrechtlichen) Schranken des Petitionsrechts dürfen nicht dadurch umgangen werden, dass Auseinandersetzungen über einzelne Erklärungen im Petitionsverfahren verselbständigt und in ein Wehrbeschwerdeverfahren „verlagert“ werden. 24Hätte der Antragsteller seinen Antrag auf ein Vorziehen seiner planmäßigen Beurteilung weiterverfolgen wollen, weil er dessen Ablehnung für rechtswidrig hält, so hätte er gegen den ablehnenden Bescheid die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragen müssen; dies hat der Antragsteller unterlassen. Soweit es dem Antragsteller vornehmlich darum geht, auf seine Schreiben eine Antwort in Form eines Beschwerdebescheids zu erhalten, hat er die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragt; dieses Verfahren ist noch anhängig. Soweit der Antragsteller schließlich sein Anliegen, die Beurteilungsintervalle für Stabsoffiziere nach Nr. 203 ZDV 20/6 aus seiner Sicht gerechter zu gestalten, in erster Linie rechtspolitisch versteht, hat es mit der Bescheidung seiner Petition durch den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags sein Bewenden (zum Petitionsrecht als Mittel der Einflussnahme auf die politische Willensbildung des Volkes vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Stand März 2007, Art. 17 Rn. 140 f.); insofern teilt das Petitionsrecht mit anderen Grundrechten (wie dem Wahlrecht oder der Versammlungsfreiheit), aber auch dem freien Mandat der Abgeordneten das Schicksal, dass mit ihm in einer parlamentarischen Demokratie kein „Rechtsanspruch auf politischen Erfolg“ verbunden sein kann. Golze Dr. Frentz Dr. Langer ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. 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