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Text des Urteils
3 AZB 29/05;
Verkündet am: 
 23.07.2007
BAG Bundesarbeitsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Kostentragung durch Anwalt bei durch Insolvenzeröffnung bedingter vollmachtloser Berufungseinlegung
Tenor


Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 31. März 2005 - 13 Sa 4/05 - wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.


Gründe


1

I. Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass ihm als Prozessbevollmächtigten die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt wurden.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte des Ausgangsverfahrens Zahlungsklage erhoben. Die Beklagte wurde vom Beschwerdeführer vertreten. Unter dem 2. Dezember 2004 wurde das klagestattgebende Urteil zu Händen des Beschwerdeführers zugestellt.
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Der Beschwerdeführer schickte dieses Urteil seiner Mandantin weiter und kündigte an, rechtzeitig gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen, sofern keine anderweitige Mitteilung erfolge, da die tragenden Gründe der Entscheidung für unrichtig gehalten würden. Als er darauf nichts hörte, legte er Berufung ein und informierte die Beklagte.
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Daraufhin meldete sich der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten am 25. Januar 2005 und teilte mit, dass über das Vermögen seiner Gesellschaft bereits durch Beschluss vom 5. Oktober 2004 das Insolvenzverfahrens eröffnet worden sei. Dies teilte der Beschwerdeführer dem Berufungsgericht mit und nahm vorsorglich die Berufung wieder zurück.
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Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landesarbeitsgericht dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens auferlegt. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde.
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Über die Berufungseinlegung bei vom Prozessbevollmächtigten nicht erkannter Insolvenz der Partei verhält sich der Beschluss des Senats vom 18. Juli 2005 (- 3 AZB 65/04 - AP ZPO § 240 Nr. 5 = EzA ZPO 2002 § 240 Nr. 1) . Danach gilt Folgendes:
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1. Prozessuale Bedenken stehen der Entscheidung über die Beschwerde nicht entgegen: Sie ist trotz § 99 Abs. 1 ZPO statthaft und auch die Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO hindert die Entscheidung nicht, da es um die Folgen der Wirkungen der Verfahrensunterbrechung geht.
9

2. Nimmt der Prozessbevollmächtigte in einer Situation wie sie hier vorliegt, die Berufung zurück, ist dies zwar möglich, weil damit die Folgen einer offensichtlich unzulässig eingelegten Berufung beseitigt werden sollen. Es führt jedoch nicht dazu, dass der Prozessbevollmächtigte wegen der Rücknahme der Berufung die Kosten nach § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO zu tragen hat. Diese Bestimmung gilt nur für den Berufungskläger. Das ist nicht der Prozessbevollmächtigte. Eine Kostentragungspflicht kann sich auch nicht aus § 89 ZPO ergeben. Diese Bestimmung setzt voraus, dass ein vollmachtloser Vertreter vom Gericht vorläufig zur Prozessführung zugelassen wurde. So lag der Fall hier nicht.
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3. Maßgeblich ist vielmehr das sich aus §§ 91, 97 ZPO ergebende Veranlasserprinzip. Die genannten Vorschriften beruhen auf dem Gedanken, dass die unterlegene Partei den Rechtsstreit verursacht hat. Hat die Partei im Falle des Fehlens einer wirksamen Bevollmächtigung, wie er hier vorliegt, da mit der Insolvenzeröffnung die Prozessvollmacht nach § 117 Abs. 1 InsO erloschen ist, ausnahmsweise den Prozess nicht eingeleitet, so sind diese Regelungen entsprechend anzuwenden. Daraus folgt, dass Kosten demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen sind, der sie verursacht und den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat - “Veranlasserprinzip”. Dies kann der vollmachtlose Vertreter sein.
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Der Beschwerdeführer hat hier das Berufungsverfahren veranlasst. Er hat dieses nämlich im Innenverhältnis ohne Auftrag seiner Partei eingeleitet. Er hat damit von der scheinbar im Außenverhältnis noch bestehenden Vollmacht in einer Art und Weise Gebrauch gemacht, wie es der Stellung eines Rechtsanwalts nicht entspricht. Vielmehr bedarf ein so schwerwiegender Entschluss wie die Einlegung von Rechtsmitteln einer positiven Entscheidung der Partei und deren Auftrag. Legt der Anwalt auf bloßes Schweigen der Partei ein Rechtsmittel ein, trägt er das Risiko.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Reinecke Kremhelmer Zwanziger
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