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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 20.07;
Verkündet am: 
 18.10.2007
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Versetzung; freigestelltes Personalratsmitglied; Beteiligung des Personalrates, Vertretungsbefugnis; Gruppenangelegenheit.
Leitsatz des Gerichts:
Der Dienststellenleiter muss nicht generell die Ordnungsmäßigkeit der Beschlussfassung des Personalrates überprüfen, wohl aber, ob ein an ihn gerichtetes Schreiben den formalen Anforderungen entspricht.
Der Antragsteller, ein freigestelltes Personalratsmitglied, beantragte die (fiktive) Versetzung auf einen zbV-Dienstposten der Besoldungsgruppe A 9 mZ und beantragte gleichzeitig die Beteiligung des Personalrats. Nach umfangreichem kontroversem Schriftwechsel der Stammdienststelle des Heeres mit dem Personalrat jeweils über den Dienststellenleiter, legte die Stammdienststelle dem Personalrat schließlich mit Schreiben vom 22. November 2006 den Entwurf eines Ablehnungsbescheides vor und bat dazu um Stellungnahme. Mit einem von dem Stellvertretenden Vorsitzenden des Personalrats, einem Arbeitnehmer, unterschriebenen Schreiben vom 24. November 2006 teilte der Personalrat mit, er sei mit der Ablehnung des Antrags nicht einverstanden.

Gegen die daraufhin von der Stammdienststelle des Heeres erfolgte Ablehnung des Versetzungsantrags legte der Antragsteller zunächst Beschwerde und etwa 2 ½ Monate später „Untätigkeitsbeschwerde“ ein, die der BMVg als Antrag auf gerichtliche Entscheidung auslegte und dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegte.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Bescheid aufgehoben und den BMVg verpflichtet, über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.


Aus den Gründen:
...

29Der Antragsteller hat keinen förmlichen Sachantrag gestellt. Zur Begründung seiner Beschwerde gegen den ablehnenden Bescheid hat er ausschließlich gerügt, dass das Beteiligungsverfahren nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und dass im Übrigen dem angefochtenen Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung gefehlt habe. ... Sein Begehren ist daher so auszulegen, dass er nicht einen Verpflichtungsantrag, sondern nur einen Neubescheidungsantrag stellen will.

30Dieser Antrag ist zulässig und begründet. Die Entscheidung der damaligen Stammdienststelle des Heeres ist wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig, weil vor ihrem Erlass keine wirksam erklärte Äußerung des örtlichen Personalrats zu der beabsichtigten Personalmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG vorlag.

31Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte bzw. die zuständige Stelle, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem/ihrem pflichtgemäßen Ermessen (Beschlüsse vom 6. Mai 1971 BVerwG 1 WB 8.70 BVerwGE 43, 215 <217>, vom 17. Mai 1988 BVerwG 1 WB 53.87 BVerwGE 86, 25 <26> = NZWehrr 1989, 257 und vom 3. Juli 2001 BVerwG 1 WB 24.01 Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26). ...

321. Nach § 8 BPersVG dürfen Personalratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit hinsichtlich ihrer beruflichen Entwicklung weder benachteiligt noch begünstigt werden. Ferner darf nach § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG die Freistellung eines Personalratsmitgliedes nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. Dies gilt für Soldatenvertreter im Personalrat entsprechend (§§ 48, 51 Abs. 3 Satz 1 SBG). Auch ein als Personalratsmitglied vom Dienst freigestellter Soldat hat danach wie jeder andere Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Vielmehr entscheidet über seine Verwendung der Zuständige nach Maßgabe des dienstlichen Bedürfnisses nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, wobei die ihm den Soldaten gegenüber obliegende Fürsorgepflicht angemessen zu berücksichtigen ist. Dies gilt für eine fiktive Verwendung der hier in Rede stehenden Art entsprechend (Beschlüsse vom 7. November 1991 BVerwG 1 WB 160.90 BVerwGE 93, 188 = NZWehrr 1994, 244, vom 29. Juli 1997 BVerwG 1 WB 23.97 Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 23 und vom 23. Juni 2004 BVerwG 1 WB 25.03 Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 34). ...

342. Die Ermessensausübung der Stammdienststelle des Heeres im Rahmen der Ablehnung des Versetzungsantrags ist fehlerhaft, weil vor ihrem Erlass keine wirksame Äußerung des örtlichen Personalrats eingeholt worden ist.

35Auf Antrag des Antragstellers war bei der Entscheidung über den Antrag auf Umsetzung auf einen fiktiven Dienstposten eines Oberstabsfeldwebels der örtliche Personalrat nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG zu beteiligen. Gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG war das Ergebnis der Anhörung der Personalvertretung in die Personalentscheidung der Stammdienststelle der Bundeswehr einzubeziehen. Die Vorschrift des § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG knüpft an die Regelungen in § 38 BPersVG an, die gemäß § 48 Satz 1 und § 49 Abs. 2 Satz 3 SBG (mit Ausnahme von Angelegenheiten nach der Wehrbeschwerdeordnung und der Wehrdisziplinarordnung) auch in den personalratsfähigen Dienststellen der Bundeswehr anzuwenden ist. § 38 Abs. 2 Satz 1 BPersVG bestimmt, dass in Angelegenheiten, die wie hier lediglich die Angehörigen einer Gruppe betreffen, nach gemeinsamer Beratung im Personalrat nur die Vertreter dieser Gruppe zur Beschlussfassung berufen sind. Ob der Äußerung des örtlichen Personalrats vom 24. November 2006 eine solche Beschlussfassung zugrunde liegt, kann dahinstehen; denn jedenfalls ist die Stellungnahme des örtlichen Personalrats wegen Verstoßes gegen Vertretungsbestimmungen unwirksam.

36Nach § 48 Satz 1 SBG i.V.m. § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG wird der Personalrat in Angelegenheiten, die nur eine Gruppe (hier die der Soldaten) des Personalrats betreffen, durch seinen Vorsitzenden, und wenn dieser nicht der Gruppe angehört, durch diesen gemeinsam mit einem der Gruppe angehörenden Vorstandsmitglied vertreten. Die von den Soldatenvertretern nach der Beratung im Plenum des Personalrats beschlossene Stellungnahme zu der Personalmaßnahme ist durch die nach § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG Vertretungsberechtigten, nämlich durch den Vorsitzenden des Personalrats gegebenenfalls gemeinsam mit einem der Gruppe der Soldaten angehörenden Vorstandsmitglied, an die anhörende Stelle zu übermitteln (Beschlüsse vom 20. Juni 2005 BVerwG 1 WB 60.04 Buchholz 252 § 20 SGB Nr. 1 und vom 13. Juni 2007 BVerwG 1 WDS-VR 1.07 DokBer 2007, 277). Dabei vertritt der Vorsitzende einer Personalvertretung diese nicht in der Willensbildung, sondern in der Erklärung. Die Beschlussfassung in Beteiligungsangelegenheiten stellt einen Akt interner Willensbildung dar; zur Rechtserheblichkeit gegenüber Dritten bedarf es einer besonderen Erklärung, die durch den Vorsitzenden gegebenenfalls gemeinsam mit einem der Gruppe (hier: der Soldaten) angehörenden Vorstandsmitglied abgegeben wird (Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Aufl., § 32 Rn. 23; Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 5. Aufl., § 32 Rn. 30).

37Die Stellungnahme des örtlichen Personalrats vom 24. November 2006 ist allein von dem Stellvertretenden Vorsitzenden, einem Arbeitnehmer, unterzeichnet worden. Dieser gehört nicht der Gruppe der Soldatenvertreter an. Deshalb hätte es zusätzlich der Unterzeichnung durch ein dieser Gruppe angehörendes Vorstandsmitglied bedurft. Erklärungen, die unter Missachtung der gemeinsamen Vertretungsbefugnis nach § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG i.V.m. § 48 Satz 1 SBG abgegeben werden, sind unwirksam (vgl. Beschluss vom 13. Juni 2007 a.a.O.; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 32 Rn. 35; Altvater u.a., a.a.O. § 32 Rn. 40 m.w.N.).

38Zu Unrecht meint der Bundesminister der Verteidigung, auf die Wirksamkeit der Erklärung komme es nicht an, weil das Beteiligungsverfahren durch diese Erklärung nicht abgeschlossen, sondern von der Stammdienststelle des Heeres zu Recht abgebrochen worden sei. Die Stammdienststelle des Heeres hatte mit ihrem Schreiben vom 22. November 2006 dem örtlichen Personalrat über den Kommandeur der Schule den Entwurf der Begründung für den beabsichtigten Ablehnungsbescheid mit der Bitte um Äußerung und Stellungnahme übermittelt. Dabei hat sie nicht etwa, wie in früheren Schreiben z.B. vom 26. Oktober 2006, auf den umfangreichen Schriftwechsel zwischen ihr und dem örtlichen Personalrat Bezug genommen und ist auch nicht auf die bis dahin kontrovers diskutierten Fragen eingegangen, sondern hat das Schreiben so abgefasst, als handele es sich um eine neue Angelegenheit. Unter diesen Umständen ist es rechtlich nicht mehr erheblich, ob die Stammdienststelle des Heeres im Hinblick auf den bisherigen Verlauf des Schriftwechsels berechtigt gewesen wäre, das Beteiligungsverfahren wegen missbräuchlichen Verhaltens des Personalrats abzubrechen.

39Der örtliche Personalrat hat mit seinem Schreiben vom 24. November 2006 mitgeteilt, dass er mit der beabsichtigten Entscheidung „nicht einverstanden“ sei. Er hat dies begründet, ohne dabei seinerseits auf die bisher kontrovers diskutierten Fragen erneut einzugehen. Unter diesen Umständen lag eine Äußerung des Personalrats vor, die allerdings wie dargelegt rechtlich nicht wirksam war. Aus dem Umstand, dass der Personalrat in dem genannten Schreiben zum Ausdruck gebracht hat, er sehe im Falle einer Ablehnung des Antrags „der gemäß § 20 SBG vorgeschriebenen Erörterung dieser Stellungnahme mit Interesse entgegen“, kann der Bundesminister der Verteidigung ebenfalls nichts für sich herleiten. Da die Stammdienststelle des Heeres auf den Erörterungswunsch des Personalrats sei es zu Recht oder sei es zu Unrecht nicht eingegangen ist, hätte sie jedenfalls die Stellungnahme „nicht einverstanden“ in ihre Ermessensentscheidung einbeziehen müssen. Dies hätte aber vorausgesetzt, dass die Stellungnahme rechtswirksam erklärt worden wäre.

40Die Unwirksamkeit der Erklärung wegen fehlender zweiter Unterschrift war dieser „auf die Stirn“ geschrieben. Es bedurfte daher keiner umfassenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des Personalrats. Der Dienststellenleiter muss nicht generell die Ordnungsmäßigkeit der Beschlussfassung überprüfen, wohl aber, ob das nach außen gerichtete Schreiben den formalen Anforderungen entspricht. Daran ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass der Personalrat hier im Laufe des umfangreichen Schriftwechsels zunächst nach außen ordnungsgemäße Erklärungen abgegeben, aber bereits bei den letzten vorangegangenen Äußerungen vom 6. Oktober 2006 und vom 10. November 2006 jeweils seine Schreiben nur mit der Unterschrift des nicht allein vertretungsberechtigten ersten Stellvertretenden Vorsitzenden versehen hatte. Selbst wenn dies wie der Bundesminister der Verteidigung offenbar unterstellt absichtlich erfolgt sein sollte, um so einen Verfahrensfehler zu produzieren, hätte es am Dienststellenleiter der Schule oder an der Stammdienststelle des Heeres gelegen, auf den Mangel hinzuweisen und jedenfalls hinsichtlich der letzten Äußerung vom 24. November 2006 eine ordnungsgemäße Stellungnahme durch den Personalrat anzufordern.

41Die nach Vermutung des Bundesministers der Verteidigung beabsichtigte Verzögerung des Verfahrens durch den Personalrat war hier schon deswegen nicht entscheidungserheblich, weil es sich um ein Verpflichtungsbegehren handelt und der betroffene Soldat, wenn er die Verzögerung durch den Personalrat hätte verhindern wollen, jederzeit seinen Antrag nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG auf Beteiligung des Personalrats hätte zurücknehmen können.

42Die nunmehr zuständige Stammdienststelle der Bundeswehr wird daher über den Antrag des Antragstellers vom 25. April 2006 nach vorheriger ordnungsgemäßer Beteiligung des örtlichen Personalrats erneut zu entscheiden haben. ...

Golze Dr. Frentz Dr. Langer

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