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Text des Beschlusses
34 W (pat) 10/04;
Verkündet am: 
 15.01.2008
BPatG Bundespatentgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Beschluss - Mittellang
In der Beschwerdesache


betreffend die Patentanmeldung 102 37 603.4-24

…
hat der 34. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. Januar 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Ipfelkofer sowie der Richter Hövelmann, Dipl.-Ing. Sandkämper und Dr.-Ing. Baumgart

BPatG 152 08.05

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 27 B des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. November 2003 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

Bezeichnung: Überwachungseinrichtung für Schmelzöfen und Schmelzofen mit Überwachungseinrichtung

Anmeldetag: 16. August 2002

Patentansprüche 1 bis 14, eingegangen am 20. Dezember 2007

Beschreibungsseiten 4, 5, 5a und 6 bis 12, eingegangen am 20. Dezember 2007,

3 Blatt Zeichnungen Figuren 1 bis 3, eingegangen am 14. September 2002.


Gründe


I.

Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der am 16. August 2002 angemeldeten Patentanmeldung 102 37 603.4-24. Die Prüfungsstelle für Klasse F 27 B des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Beschluss vom 17. November 2003 mangels erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie legt im Beschwerdeverfahren einen neuen Anspruchssatz und neue Beschreibungsseiten mit einer geänderten Bezeichnung vor und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Unterlagen zu erteilen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

1. Überwachungseinrichtung (1) von Schmelzöfen auf Schmelzeaustritt, insbesondere von Tiegel- oder Rinnöfen, bestehend aus einem geschlossenen Stromkreis aus mehreren Leiterabschnitten (2, 4) mit zumindest partiell leitender Oberfläche sowie einem Mess-/Anzeigegerät (6),

dadurch gekennzeichnet,

dass ein erster Leiterabschnitt (2) über einen ohmschen Widerstand R mit einem zweiten Leiterabschnitt (4) in Reihe ge-schaltet ist und dass der erste Leiterabschnitt (2) unmittelbar benachbart, jedoch elektrisch isoliert zum zweiten Leiterabschnitt (4) beabstandet angeordnet ist.

Der geltende Patentanspruch 9 lautet:

9. Schmelzofen mit Überwachungseinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Leiterabschnitte (2, 4) um das mit Schmelze gefüllte Gefäß (10) angeordnet sind.

An diese Ansprüche schließen sich jeweils Unteransprüche 2 bis 8 bzw. 10 bis 14 gemäß dem vorgelegten Anspruchssatz an.

Im Prüfungsverfahren sind folgende Entgegenhaltungen in Betracht gezogen worden:

D1) DE 41 20 205 A1
D2) US 4 367 866
D3) DE 196 02 249 A1

In den Anmeldungsunterlagen ist noch folgende Veröffentlichung gewürdigt:

D4) HOPF, Manfred: Überwachung des Futterverschleißes von Tiegel- und Rinnenöfen.

In: Giesserei 89 (2002), Nr. 1, Seiten 36 - 42

Die Anmelderin vertritt die Auffassung, dass die beanspruchte Überwachungs-einrichtung durch den ermittelten Stand der Technik auch in Verbindung mit Fachwissen nicht nahegelegt sei.

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

A) Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

B) Das geltende, einheitliche Patentbegehren ist zulässig. Zu formalen Bedenken gegen die geltenden Patentansprüche besteht ebenfalls kein Anlass. In den Unteransprüchen 5, 7 und 8 sind die Rückbezüge richtiggestellt, die Ansprüche entsprechen ansonsten den ursprünglichen Fassungen. Die neuen Beschreibungsseiten wie die Bezeichnung sind gegenüber der ursprünglichen Fassung lediglich sinnfällig überarbeitet angepasst.

C) Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt die Patentierungsvoraussetzungen.

1. Zum Verständnis des Beanspruchten:

Bei Schmelzöfen kann ein Bruch des die Schmelze aufnehmenden Tiegels schwere Anlagenschäden verursachen und Personen gefährden (vgl. DE 102 37 603 A1 Absatz [0002] Zeilen 1 bis 3 der Beschreibung).

Eine frühzeitige Erkennung vor einem Tiegelbruch mit Schmelzeaustritt ist zu gewährleisten (vgl. Absatz [0005] Zeilen 1 bis 4 der Beschreibung).

Die Erhöhung der Zuverlässigkeit der Überwachung auf Schmelzeaustritt ist Aufgabe der vorliegenden Anmeldung (vgl. Absatz [0007] der Beschreibung).

Anmeldungsgemäß weist die Überwachungseinrichtung von Schmelzöfen auf Schmelzeaustritt folgende Merkmale auf:

a) einen geschlossenen Stromkreis aus mehreren Leiterabschnitten sowie ein Mess-/Anzeigegerät,

b) die Leiterabschnitte weisen zumindest partiell leitende Oberflächen auf,

c) ein erster Leiterabschnitt ist über einen ohmschen Widerstand R mit einem zweiten Leiterabschnitt in Reihe geschaltet,

d) der erste Leiterabschnitt ist unmittelbar benachbart, jedoch elektrisch isoliert zum zweiten Leiterabstand beabstandet angeordnet.

Ein Gießereifachingenieur (FH) - als vorauszusetzender Durchschnittsfachmann, insoweit vertraut mit gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen und bei Bedarf einen Betriebselektriker zu Rate ziehend - versteht bei Durchsicht der Anmeldungs-unterlagen den Aufbau in seiner kombinatorischen Wirkung entsprechend den Angaben zur bestimmungsgemäßen Funktion (vgl. Zeilen 6 bis 21 des Absatzes [0013] der Beschreibung) wie folgt:

- Die partiell leitenden - im Sinne von leitfähigen - Oberflächen der beabstandeten Leiterabschnitte sind im Bereich möglicher bzw. zu detektierender Schmelzeaustritte am Schmelzofen angeordnet.

- Die Leiter mögen zwar technisch-physikalisch bedingt einen Eigenwiderstand aufweisen, es ist jedoch ein gesonderter Widerstand vorgesehen, der einen vom Mess-/Anzeigegerät wegführenden mit einem zum Mess-/Anzeigegerät hinführenden Leiterabschnitt in Reihenschaltung verbindet.

- Im über das Mess-/Anzeigegerät und den ohmschen Widerstand R geschlossenen Stromkreis fließt im regulären Betriebsfall ein hierfür signifikanter Strom.

Nur bei Kontakt mit der Schmelze werden die ansonsten gegeneinander isolierten Leiter parallel zum ohmschen Widerstand R kurzgeschlossen, weil die elektrisch leitende (Metall-)Schmelze die Leiter über ihre leitfähigen Oberflächen überbrückt. Aus dem resultierend minimalen Widerstand kann auf einen Schmelzedurchbruch geschlossen werden. Bei Unterbrechung des Stromkreises durch z. B. Leiterbruch geht dagegen der Widerstand gegen unendlich, so dass eine Störung eindeutig detektierbar ist. Bei Messung im Wesentlichen des vorgegebenen Widerstandswertes des ohmschen Widerstandes R kann im Ergebnis ein störungsfreier Betrieb festgestellt werden.

Den Angaben zur Anordnung für den störungsfreien Betriebsfall im Anspruch 1, nach denen der Stromkreis mit ansonsten gegeneinander elektrisch isolierten Leiterabschnitten geschlossen sein soll, kommt in ihrer funktionellen Aussage somit entscheidende Bedeutung zu.

2. Die zweifellos gewerblich anwendbare Überwachungseinrichtung nach Anspruch 1 erweist sich gegenüber dem ermittelten Stand der Technik als neu.

Bei der in der nächst kommenden DE 41 20 205 A1 (D1) beschriebenen Vorwarneinrichtung für Induktionsschmelzöfen beruht das elektrische Überwachungssystem auf dem Prinzip der Widerstandsmessung zwischen zwei Elektroden mit zwischenliegender keramischer Folie als Widerstand, anzubringen an einem Ofenfutter (vgl. D1, Spalte 3 Zeilen 58 bis 66 in D1). Das Ofenfutter stellt zwar insoweit einen Widerstand entsprechend Merkmalsgruppe c) dar und es handelt sich von daher auch um einen geschlossenen Stromkreis mit einer Auswerteeinheit entsprechend der Merkmalsgruppe a). Auch müssen die Leiter hierfür leitende Oberflächen, dort zum Ofenfutter hin, entsprechend der Merkmalsgruppe b) aufweisen. Jedoch sind die Leiter für das dort beschriebene Überwachungssystem somit gerade nicht elektrisch isoliert im anmeldungsgemäßen Sinne entsprechend dem Teilmerkmal nach Gruppe d).

Gleiches gilt für die aus der Veröffentlichung HOPF (D4) hervorgehende Futterverschleißüberwachung, in der die Anwendung von Elektrodenplatten, wie sie in DE 41 20 205 A1 (D1) beschrieben sind, behandelt ist (vgl. Bild 2 und Seiten 36 rechte Spalte bis Seite 38 linke Spalte in D4). Dort ist weiterhin noch auf einen ähnlichen Sensor („SAVELINE-Sensor“) mit einer leitenden Keramik mit temperaturabhängigem Widerstand zwischen den Leitern abgestellt (vgl. ab Seite 38 rechte Spalte in D4). Die Leiter sind dort somit jeweils ebenfalls nicht gegeneinander elektrisch isoliert angeordnet.

Bei dem in US 4 367 866 (D2) im Zusammenhang mit einem Schmelzenbehälter beschriebenen Überwachungssystem sind zwar in Übereinstimmung mit Merkmalsgruppe d) Leiterbahnabschnitte gegeneinander elektrisch isoliert in einer Lage der Tiegelauskleidung angeordnet (vgl. die Figuren 3 und 4 mit den Pos. 110, 120, 130 und 140 in D2). Diese bilden jedoch keinen geschlossenen Stromkreis im Sinne der Merkmalsgruppen a) und c), weil durch diese Leiter ein Strom erst bei einem Kurzschluss infolge überbrückender Schmelze fließt (vgl. Spalte 4 Zeile 62 bis Spalte 5 Zeile 13 in D2).

Gleiches gilt für die aus DE 196 02 249 A1 (D3) bekannte Vorwarneinrichtung für Induktionsschmelzöfen. Bei der dort vorgeschlagenen Anordnung von gegeneinander isolierten Elektroden (vgl. dort Anspruch 1) wird lediglich die Veränderung des Widerstandes zwischen den Elektroden aufgrund überbrückender Schmelze für eine Schmelzedurchbrucherkennung ausgewertet (vgl. Spalte 3 Zeilen 34 bis 36 und 14 bis 21 in D3).

3. Die Überwachungseinrichtung nach Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ein allgemeiner Hinweis auf eine Maßnahme zur Erhöhung der Zuverlässigkeit der Überwachung auf Schmelzeaustritt findet sich lediglich in der Literaturstelle HOPF/ Futterverschleißüberwachung (D4). Für den dort beschriebenen „SAVELINE-Sensor“ (vgl. dort Seite 38 rechte Spalte ab dem zweiten Absatz) soll die „Möglichkeit bestehen, den Sensor auch im eingebauten Zustand permanent auf Funktion hin zu überprüfen (Eigendiagnose)“.

Hierfür sollen „die Innenleiter des Sensors an beiden Seiten herausgeführt werden“ (vgl. Seite 39 linke Spalte dritter Absatz). Weitere Angaben zur Rea-lisierung der „Eigendiagnose“ finden sich nicht. Nachdem bei diesem Sensor die temperaturabhängige Widerstandsänderung eines leitenden Materials zwischen zwei Innenleitern aufgrund äußerer Schmelzeeinwirkung über ein Messgerät ausgewertet wird (vgl. Seite 39 linke Spalte Zeilen 9 bis 11), wäre vom Fachmann dieses Messprinzip aufzugeben gewesen; ein Anlass zur Abkehr von dieser eine andere Entwicklungsrichtung vorgebenden Lösung war jedoch nicht gegeben.

Der eine ähnlich aufgebaute Überwachungseinrichtung betreffenden DE 41 20 205 A1 (D1) lassen sich hinsichtlich einer Funktionsüberprüfung zur Erhöhung der Zuverlässigkeit keinerlei Anregungen entnehmen, somit würde der Fachmann allenfalls Ergänzungen nach dem in der Literaturstelle HOPF/Futterverschleißüberwachung (D4) beschriebenen Vorbild für einen Sensor mit Eigendiagnose vorsehen, jedoch nicht die anmeldungsgemäße Lösung auffinden.

Auch in den Druckschriften US 4 367 866 (D2) und DE 196 02 249 A1 (D3) finden sich keine Hinweise auf eine Störungserkennung. Einer Übertragung der in der Literaturstelle HOPF/Futterverschleißüberwachung (D4) mit dem Hinweis auf das „Herausführen von Leitern“ lediglich angedeuteten Maßnahme zum Erkennen eines Ausfalls durch Leiterbruch steht bereits das dort andere, auf einer Widerstandsmessung zwischen Leitern beruhende Messprinzip entgegen. Auch führte eine Umsetzung dieser Maßnahme zu einem Aufbau mit einzeln überwachten Leitern unter Beibehaltung gegeneinander elektrisch isolierter Elektroden.

Weil bei den aus den Druckschriften US 4 367 866 (D2) und DE 196 02 249 A1 (D3) bekannten Überwachungseinrichtungen das Messprinzip auf einem offenen, erst bei Schmelzedurchtritt kurzgeschlossenem Stromkreis beruht, ergeben sich auch bei Berücksichtigung des vorauszusetzenden Fachwissens keine Anregungen, einen zusätzlichen Widerstand vorzusehen und mit den dort gegeneinander elektrisch isolierten Leitern in Reihe zu schalten.

Patentanspruch 1 ist daher gewährbar.

D) Der Patentanspruch 9 betrifft einen Schmelzofen mit einer Überwachungseinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8. Er setzt also die Kenntnis von deren Aufbau voraus und wird deshalb von den Erwägungen zu ihrer Patentfähigkeit mitgetragen.

E) Die Unteransprüche 2 bis 8 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen der Überwachungseinrichtung nach Anspruch 1, die Unteransprüche 10 bis 14 zweckmäßige Weiterbildungen des Schmelzofens nach Anspruchs 9. Diese Ansprüche sind daher ebenfalls gewährbar.

Dr. Ipfelkofer Hövelmann Sandkämper Dr. Baumgart Me
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