Do, 25. Dezember 2025, 09:14    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
Arbeitsplattform NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Text des Beschlusses
1 BvR 2822/07;
Verkündet am: 
 14.01.2008
BVerfG Bundesverfassungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen Rauchverbot (Hessisches Nichtraucherschutzgesetz - HessNRSG) abgelehnt, da keine Überwiegenden Interessen des Antragstellers und Ausgang der Hauptsache mind. offen.
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde



des Herrn M...

gegen das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens (Hessisches Nichtraucherschutzgesetz - HessNRSG) vom 6. September 2007 (GVBl I S. 568)

hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung


hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

den Präsidenten Papier und die Richter Hoffmann-Riem, Eichberger


gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 14. Januar 2008 einstimmig

beschlossen:


Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.


Gründe:

1

1. Die Rechtssatzverfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Hessische Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens (Hessisches Nichtraucherschutzgesetz - HessNRSG). Wegen des aus seiner Sicht bestehenden Eilbedürfnisses beantragt der Beschwerdeführer, im Wege einer einstweiligen Anordnung die Anwendung von § 1 Abs. 1 Nr. 10 HessNRSG auszusetzen.
2

Das am 1. Oktober 2007 in Kraft getretene Hessische Nichtraucherschutzgesetz verbietet das Rauchen in verschiedenen, weitgehend öffentlichen Räumen, darunter insbesondere in Gaststätten, und bedroht Verstöße gegen dieses Verbot mit Bußgeldern.
3

Der Beschwerdeführer ist starker Raucher und Stammgast in einer Gaststätte, in der das Rauchen seit dem 1. Oktober 2007 verboten ist. Er hält das Gesetz für formell verfassungswidrig und materiell für unverhältnismäßig, weil es ihn in seiner Handlungsfreiheit sowie die betroffenen Gastwirte in ihrer Berufsfreiheit und in ihrem Eigentum über Gebühr einschränke.
4

2. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG liegen nicht vor.
5

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben (vgl.BVerfGE 71, 158 <161>; 111, 147 <152 f.> ; st. Rspr.). Bei einem offenen Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens sind gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl.BVerfGE 71, 158 <161>; 96, 120 <128 f.>; st. Rspr.).
6

Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt das Hessische Nichtraucherschutzgesetz bis zur abschließenden Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde anwendbar, so dass es dem Beschwerdeführer, falls seine Verfassungsbeschwerde Erfolg hat, im Ergebnis zu Unrecht zeitweilig verwehrt wäre, während seines Aufenthalts in den in § 1 des Gesetzes aufgeführten Räumlichkeiten, insbesondere in Gaststätten, zu rauchen. Soweit davon auszugehen ist, dass die vom Beschwerdeführer - allerdings nur zum Teil - in zulässiger Weise angegriffenen Vorschriften des Gesetzes auch Dritte, etwa Gastwirte unmittelbar oder mittelbar betreffen, ist nach den Ausführungen des Beschwerdeführers denkbar, dass diese in diesem Zeitraum Umsatzrückgänge erleiden werden. Bei Erlass der Anordnung und damit der zeitweiligen Wiedereinführung einer Erlaubnis, an den genannten Orten zu rauchen, würde dagegen der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, die in diesen Räumlichkeiten anwesenden Nichtraucher vor den gesundheitlichen Gefahren des Passivrauchens zu schützen, bis zur abschließenden Entscheidung vereitelt. Diejenigen Nichtraucher, die gegenwärtig von der Möglichkeit Gebrauch machen können, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit durch den Besuch von Gaststätten am sozialen Leben teilzunehmen, würden diese Entfaltungsmöglichkeit verlieren. Ferner würden Investitionsentscheidungen derjenigen Gastwirte, die im Vertrauen auf die Gültigkeit des Rauchverbots ihr Angebot den neuen Verhältnissen angepasst, etwa Nebenräume im Sinne des § 2 Abs. 4 des Gesetzes geschaffen haben, zeitweilig entwertet.
7

Die Abwägung dieser Gesichtspunkte führt dazu, dass von schweren Nachteilen, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen könnten, nicht auszugehen ist. Für den Beschwerdeführer selbst wiegen die Nachteile eher gering, da er in der Zwischenzeit bis zur abschließenden Entscheidung nicht allgemein am Rauchen und auch nicht am Besuch von Gaststätten, sondern nur an einer einzelnen, während des Gaststättenbesuchs bis September 2007 zulässigen Verhaltensweise gehindert wird. Dem stehen die mit dem Erlass einer Eilentscheidung verbundenen Beeinträchtigungen des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gegenüber. Die bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde möglichen wirtschaftlichen Einbußen betroffener Gastwirte - ihre Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen dieser Verfassungsbeschwerde hier unterstellt - können im vorliegenden Verfahren mangels hinreichenden Vortrags des Beschwerdeführers keine Berücksichtigung finden.
8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Papier Hoffmann-Riem Eichberger
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).