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Text des Beschlusses
16 WF 234/07;
Verkündet am: 
 23.10.2007
KG Kammergericht (OLG Berlin)
 

Vorinstanzen:
169 F 3601/07
Amtsgericht
Tempelhof-Kreuzberg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Beschluss - Sehr Kurz - Leitsatz
Leitsatz des Gerichts:
Aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen und nach § 620c Satz 1 ZPO anfechtbar ist eine einstweilige Anordnung zum Sorgerecht nur dann, wenn die mündliche Verhandlung in zeitlicher Nähe zu dem Beschluss stattgefunden hat und in ihr gerade die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung erörtert wurden.
hat der 16. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen durch den Richter am Kammergericht M. Kuhnke am 23. Oktober 2007

beschlossen:

Die Beschwerden der Eltern und der Großmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 7. August 2007 werden verworfen.


G r ü n d e


Die Beschwerden sind unzulässig, weil die einstweilige Anordnung nicht aufgrund mündlicher Verhandlung erlassen wurde und damit nach §§ 621g, 620c ZPO nicht angefochten werden kann.

Eine mündliche Verhandlung erfolgte zwar am 29. März 2007, diese führte schon zu einem Beschluss vom 29. März 2007, der der Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag des Jugendamts über die Entziehung der Personensorge dienen sollte und insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens regelte mit der Auflage an den Vater, sich nicht in der Wohnung aufzuhalten, um Beeinflussungen des Kindes während der Begutachtung zu vermeiden sowie mit dem Vorbehalt, die Personensorge im Wege einstweiliger Anordnung zu entziehen.

Mit der angefochtenen einstweiligen Anordnung vom 7. August 2007 hat das Amtsgericht den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht einstweiligen entzogen und auf das Jugendamt als Pfleger mit der Begründung übertragen, dass es nicht möglich gewesen sei, das Kind frei von möglichen Beeinflussungen durch den Sachverständigen untersuchen zu lassen. In der Nichtabhilfeentscheidung vom 18. September 2007 stützt sich das Amtsgericht zusätzlich auf das nun vorliegende Gutachten vom 10. September 2007.

Damit ist die angefochtene Entscheidung nicht mehr aufgrund einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 620c ZPO und den dort gewonnenen Erkenntnissen ergangen, sondern aufgrund der nachträglichen Nichterfüllung der Auflage und beruht jetzt auf dem Gutachten vom 10. September 2007. Allerdings wird auch die Auffassung vertreten, dass es ausreichend sei, wenn irgendwann in dem Verfahren eine mündliche Verhandlung stattgefunden habe (etwa Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 620c Rn. 8 m.N.). Damit wird der Sinn des Gesetzes verkannt. Entscheidend ist nach dem Wortlaut, dass die einstweilige Anordnung auf der umfassenden mündlichen Verhandlung beruht (etwa Musielak/Borth, ZPO, 5. Aufl., § 620c Rn. 6, Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Aufl., § 620c ZPO Rn. 3). Nur in diesem Fall lässt eine erneute mündliche Verhandlung nach § 620b Abs. 2 ZPO keine neuen Erkenntnisse erwarten. Eine andere Auffassung würde – wie im vorliegenden Fall – dazu führen, dass nach einer anfangs vom Familiengericht durchgeführten Verhandlung und einem am Terminstag erlassenen Beschluss jedwede im Anschluss irgendwann ergehende (weitere) einstweilige Anordnung aufgrund mündlicher Verhandlung erlassen würde, ohne dass sie Gegenstand der Erörterung war. Das würde dem Erfordernis der Abgrenzung zwischen Abänderungs- (§ 620b Abs. 2 ZPO) und Beschwerdeverfahren (§ 620c ZPO) nicht gerecht. Das Argument der Gegenauffassung (Zöller/Philippi, a.a.O.), das Verfahren würde mit der Zurückweisung einer (unstatthaften) Beschwerde verzögert, ist nicht überzeugend. Denn damit ließe sich die Statthaftigkeit einer (an sich unstatthaften) Beschwerde auch begründen, wenn unzweifelhaft eine mündliche Verhandlung in erster Instanz nicht erfolgte, und auch jedes Überspringen eines Rechtsmittelzuges und damit die Umgehung der gesetzlichen Regeln.

M. Kuhnke
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