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Text des Beschlusses
BVerwG 4 A 1010.07;
Verkündet am: 
 04.01.2008
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld.
In der Verwaltungsstreitsache


hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts

am 4. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz und Dr. Jannasch

beschlossen:

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

Der Beklagte wird verpflichtet, über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebes in Teil A II 5.1.1, über die Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen in Teil A II 5.1.3 und über die Grenzziehung des Entschädigungsgebietes Außenwohnbereich in Teil A II 5.1.5 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 i.d.F. vom 21. Februar 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Soweit der Planfeststellungsbeschluss diesen Verpflichtungen entgegensteht, wird er aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


Gründe:


1Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld. Sie ist zusammen mit ihrem Ehemann Miteigentümerin eines in der Nähe des Flughafens gelegenen Grundstücks, das zu Wohnzwecken genutzt wird. Ursprünglich hat sie - zusammen mit weiteren Klägern - die Aufhebung dieses Planfeststellungsbeschlusses, hilfsweise die Verpflichtung zu verbessertem Lärmschutz beantragt (BVerwG 4 A 1014.04).

2Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 haben nahezu 4 000 Personen Klage erhoben, die in rund 60 Verfahren zusammengefasst waren. Der beschließende Senat hat von der ihm durch § 93a Abs. 1 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, vorab Musterverfahren durchzuführen und die übrigen Verfahren auszusetzen. Die Beteiligten aller Verfahren einschließlich der Klägerin sind dazu gemäß § 93a Abs. 1 Satz 1 VwGO angehört worden. Der Senat hat das vorliegende Verfahren, zu dem seinerzeit noch die Klagen weiterer Personen gehörten, gemäß § 93a Abs. 1 VwGO ausgesetzt.

3Über die ausgewählten Musterklagen, die in vier Verfahren zusammengefasst waren, ist auf die mündliche Verhandlung vom 7. bis 9., 14. bis 16. und 21. bis 23. Februar 2006 durch Urteile vom 16. März 2006 entschieden worden (vgl. BVerwG 4 A 1001.04, BVerwG 4 A 1073.04, BVerwG 4 A 1078.04 und BVerwG 4 A 1075.04 - letzteres abgedruckt in BVerwGE 125, 116 ff.). Die Anfechtungsklagen wurden abgewiesen, die hilfsweise erhobenen Anträge auf Planergänzung hatten, soweit es um besseren Lärmschutz ging, teilweise Erfolg.

4Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 hat das Gericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihr Verfahren nach dem rechtskräftigen Abschluss der Musterverfahren fortzuführen sei (BVerwG 4 A 1023.06), ggf. auch nach Maßgabe des § 93a Abs. 2 VwGO.

5Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 16. November 2007 die Klage zurückgenommen, soweit im Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - den im Schriftsatz vom 29. November 2004 gestellten Anträgen nicht stattgegeben wurde. Weiter beantragt sie, den Beklagten zur Planergänzung nach Maßgabe des Urteils vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - zu verpflichten. Außerdem beantragt sie, die Regelung in Teil A II 5.1.7. Abs. 2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 aufzuheben.

6Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf das Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - und das Protokoll der mündlichen Verhandlung in den Musterverfahren verwiesen.

II

71. Soweit die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

82. Der Senat hat somit streitig über die aufrecht erhaltenen Klageanträge zu entscheiden. Dabei handelt es sich um die aus der Beschlussformel ersichtlichen - zunächst hilfsweise - gestellten Anträge auf Planergänzung, die den Klageanträgen entsprechen, die in den Musterurteilen Erfolg hatten. Ferner ist über den die Regelung in Teil A II 5.1.7. Abs. 2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 betreffenden Antrag zu befinden.

92.1 Über den verbleibenden Streitgegenstand kann der Senat nach Maßgabe des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Die Voraussetzungen hierfür sind gegeben:

10Über die Musterklagen ist durch die Urteile vom 16. März 2006 rechtskräftig entschieden worden. Die Beteiligten sind zu der gewählten Entscheidungsform angehört worden. Ferner ist nach einstimmiger Auffassung des Senats der Sachverhalt im vorliegenden Verfahren geklärt. Das Grundstück der Klägerin liegt in der Umgebung des geplanten Flughafens und wird von Fluglärm betroffen sein.

11Ferner ist der Senat einstimmig der Auffassung, dass die Sache gegenüber den Musterverfahren keine wesentlichen Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist.

12Von solchen Besonderheiten ist regelmäßig auszugehen, wenn in den ausgesetzten Verfahren neue, in den Musterverfahren noch nicht angesprochene Rechts- oder Tatsachenfragen aufgeworfen werden, deren Beantwortung das in dem entschiedenen Verfahren gefundene Ergebnis in Zweifel ziehen oder jedenfalls seine Übertragbarkeit als problematisch erscheinen lassen können (vgl. Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, Stand: April 2006, § 93a VwGO Rn. 20). Die Lärmwirkungen unter Berücksichtigung der festgesetzten Schutzgebiete sind für die Klägerin nicht anders zu beurteilen als für die Kläger der Musterverfahren. Die Grundstücke der dortigen Kläger repräsentierten die gesamte Bandbreite der möglichen Lärmbelastungen, nämlich von Grundstücken, die in keinem der vier Schutzgebiete (Tagschutzgebiet, Nachtschutzgebiet, Entschädigungsgebiete Außenwohnbereich und Übernahmeanspruch) liegen, über Grundstücke, die nur von einigen dieser Schutzgebiete erfasst sind, bis hin zu Grundstücken, die in allen Schutzgebieten liegen. Damit ist in den Musterurteilen der Sache nach auch über die Lärmbetroffenheit des Grundstücks der Klägerin entschieden worden. Besonderheiten sind weder geltend gemacht noch sonst erkennbar.

132.2 Die Klägerin kann aus den in den Musterurteilen dargelegten Gründen in demselben Maße wie dort Planergänzung beanspruchen. Ihrer Klage war deshalb in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang stattzugeben.

142.3 Soweit die Klägerin beantragt, die Regelung in Teil A II 5.1.7. Abs. 2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 aufzuheben, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

15Der Senat hat die genannte Regelung in den Musterurteilen (vgl. etwa Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - Rn. 420 bis 422) als fehlerfreie Nebenbestimmung auf der Rechtsgrundlage des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfGBbg angesehen. Er hält dieses Ergebnis und die dafür gegebene Begründung weiterhin für zutreffend. Das vorliegende Verfahren gibt keine Veranlassung, dem etwas hinzuzufügen.

III

16Von der Erhebung von Gerichtskosten wird gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen. Über den inhaltsgleichen Klaganspruch des Ehemanns der Klägerin ist bereits im Beschluss des Senats vom 20. Juli 2007 - BVerwG 4 A 1023.06 - (Kläger zu 935) mit identischem Ergebnis und einem entsprechenden Kostenausspruch entschieden worden. Da die Klagansprüche einer Rechtsgemeinschaft wertmäßig als ein Anspruch anzusehen sind, ist es nicht gerechtfertigt, erneut eine Kostenentscheidung zu treffen. Aus diesem Grund kommt auch ein Ausspruch über die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht in Betracht. Ebenso ist die Festsetzung eines Streitwerts entbehrlich.

Dr. Paetow Gatz Dr. Jannasch
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