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Text des Urteils
6 U 40/07;
Verkündet am:
06.07.2007
KG Kammergericht (OLG Berlin)
Vorinstanzen: 7 O 193/04 Landgericht Berlin; Rechtskräftig: unbekannt! Egal, ob und mit welchen Mitteln der Versicherungsnehmer sog. Kausalitätsgegenbeweis nach § 6 III VVG (alt) führen kann, stehen ihm zum Beweis des Versicherungsfalls alle nach ZPO zulässigen Mittel offen Titelauswahl: Franz-Anton Plitt, Chisinau - Internet entrepreneurLeitsatz des Gerichts: Bei Wasser, das bestimmungswidrig aus der Kondensatwasserablaufleitung einer mit einem sog. Brennwertgerät betriebenen Heizungsanlage ausgetreten ist, handelt es sich um Leitungswasser i. S. v. § 6 Nr. 1 c) VGB 88. Unabhängig davon, ob und mit welchen Mitteln der Versicherungsnehmer den sog. Kausalitätsgegenbeweis nach § 6 Abs. 3 VVG führen kann, stehen ihm zum Beweis des Eintritts des Versicherungsfalls alle nach der Zivilprozessordnung zulässigen Beweismittel offen. hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2007 durch den Richter am Kammergericht Fischer als Einzelrichter für Recht erkannt: Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 30. Januar 2007 teilweise geändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 10.260,77 EUR nebst 4 % Zinsen vom 6. November 2003 bis zum 13. Mai 2004 und in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2004 zu zahlen. Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger je 1/24 und die Beklagte 7/8 zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Wert der Beschwer beider Parteien liegt jeweils unter 20.000,- EUR. Die Kläger sind Eigentümer eines Mehrfamilienhauses und nehmen die Beklagte aus einer auf der Grundlage der Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) mit dieser abgeschlossenen Gebäudeversicherung wegen eines am 6. November 2003 festgestellten Wasserschadens auf Zahlung von 11.787,25 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da die Kläger den ihnen obliegenden Beweis eines bedingungsgemäß versicherten Leitungswasserschadens nicht erbracht hätten und die Beklagte darüber hinaus wegen einer Obliegenheitsverletzung der Kläger leistungsfrei sei. Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben gemäß den Beschlüssen vom 6. Juli 2007 (Bl. 62/64 Bd. II d.A.). Wegen des Inhalts der Beweisbeschlüsse und des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 6. Juli 2007 (Bl. 62 - 65 Bd. II d.A.) Bezug genommen. Die zulässige Berufung hat zum überwiegenden Teil in der Sache Erfolg. Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 10.260,77 EUR aus § 1 VVG i.V.m. den Versicherungsbedingungen VGB 88 zu. 1. Unstreitig bestand zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles (noch) ein Versicherungsvertrag nach § 1 VVG. Versicherte Sache im Sinne des § 1 VGB 88 war das im Eigentum der Kläger stehende Gebäude H in B . Die Aktivlegitimation der Kläger hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. August 2004 außer Streit gestellt. 2. Nach § 4 Nr. 1 b VGB 88 war (u.a.) die Beschädigung des Gebäudes durch Leitungswasser versichert, wobei nach § 6 Nr. 1 c unter Leitungswasser auch das Wasser zu verstehen ist, das bestimmungswidrig aus Anlagen der Warmwasserheizung ausgetreten ist. Dazu gehört entgegen der Ansicht der Beklagten auch das (Kondensat-) Wasser, das bei dem Betrieb eines sogenannten Brennwertgerätes anfällt und abgeleitet werden muss, was das Landgericht zutreffend erkannt und worauf der Senat bereits in seinem Beschluss vom 24. April 2007 hingewiesen hat. Denn die Leitung, die das anfallende Kondensatwasser ableitet, ist zweifellos Teil der Warmwasserheizungsanlage; das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten ist nicht nachvollziehbar, zumal auch der Sachverständige K in seinem Gutachten vom 15. März 2005 ausgeführt hat, dass es „sich bei dem Kondensatablauf ... um einen Teil der Warmwasserheizung“ handele. 3. Nach dem Ergebnis des gesamten Inhalts der Verhandlungen und der zu deren Gegenstand gemachten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie der von dem Landgericht durch Einholung von Sachverständigengutachten und dem Senat durch Zeugenvernehmung durchgeführten Beweisaufnahmen (§ 286 ZPO) steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts auch fest, dass der von der Beklagten bestrittene Versicherungsfall - die bedingungsgemäß versicherte Beschädigung (von Teilen) des Gebäudes durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser - eingetreten ist. a) aa) Die Kläger haben seit der Feststellung des Wasserschadens am 6. November 2003 behauptet, dass dieser durch ein Leck an der Heizungsanlage eingetreten sei und dies im folgenden dahingehend konkretisiert, dass ein T-Stück der Kondensatwasser-Ablaufleitung durch Korrosion zerstört worden sei, so dass Kondensatwasser ungehindert austreten konnte. bb)Die Beklagte hat die Schadhaftigkeit des T-Stücks vorprozessual weder bestritten, noch dessen Vorlage oder Herausgabe verlangt. Vielmehr heißt es in dem „Schaden-Kurzbericht“ ihres Regulierungsbeauftragten G vom 5. Dezember 2003: „Ersatzpflichtig wäre u.U. die Reparatur des Bruch des Kondenswasserrohres“ und in ihrem Schreiben vom 22. Dezember 2003 an die Hausverwaltung der Kläger ist von „dem defekten, tröpfelnden Kondenswasserrohr“ die Rede. Auch im Verlauf des Rechtsstreits hat die Beklagte weder in der Klageerwiderung vom 24. Juni 2004, noch in den Schriftsätzen vom 30. August 2004, 28. Dezember 2004 und 21. April 2005 die Schadhaftigkeit des T-Stücks bestritten und auch noch im Schriftsatz vom 30. Juni 2005 ihre Verteidigung darauf aufgebaut, dass das T-Stück zwar defekt aber nicht vollständig zerstört, vor allem aber nicht schadenursächlich gewesen sei, da „selbst bei unterstellter vollständiger Zerstörung“ „die ausgetretene Menge Wasser nicht geeignet (gewesen sei), die Schäden in der geltend gemachten Höhe anzurichten“. Erst nachdem der Sachverständige M in seinem Gutachten vom 10. April 2006 ausgeführt hat, dass durch ein Korrosionsloch in einem Rohr, das sich innerhalb weniger Tage ohne weiteres auf eine Fläche von mehreren Quadratmillimetern ausdehnen könne, auch bei insgesamt drucklosem System eine Kondensatmenge von 20,3 Liter pro Tag entweichen könne, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 28. Juni 2006 die korrosionsbedingte Beschädigung des T-Stücks in dem Kondensatablauf mit Nichtwissen bestritten. Mag damit die Schadhaftigkeit des T-Stücks auch noch nicht von der Beklagten „zugestanden“ i.S.v. § 88 Abs. 1 ZPO sein, so ist doch im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO von dem Senat zu berücksichtigen, dass das erstmalige Bestreiten dieser tatsächlichen Behauptung mehr als 2 ½ Jahre nach der Schadenanzeige eine offensichtlich aus prozesstaktischen Gründen erfolgte Anpassung des Vortrag an den Prozessverlauf darstellt. cc) Die Sanitärfirma T hat nicht nur unter dem 30. November 2003 den Austausch eines undichten T-Stücks im Kondensatablauf in Rechnung gestellt, sondern darüber hinaus mit Schreiben vom 25. November 2003 (Bl. 61 Bd. I d.A.), 29. August 2005 (Bl. 147 Bd. I d.A.) und 22. Juli 2006 (Bl. 194 Bd. I d.A.) gegenüber der Hausverwaltung der Kläger bestätigt, dass die kupferne Abzweigung in der Kondensatablaufleitung durch das säurehaltige Kondenswasser zerstört worden sei. dd) Der Regulierungsbeauftragte der Beklagten hat in seinen Schreiben vom 17. November 2003 (Bl. 56 Bd. I d.A.) und 5. Dezember 2003 (Bl. 37 Bd. II d.A.) ausgeführt, dass „in dem Bereich des Wasseraustritts ... ein abgetrockneter Wasserfleck ... sichtbar“ gewesen sei und es nach Aussage eines der Mieter des Hauses H 1 im Bereich der Heizungsanlage getropft habe. ee) Auch der Sachverständige M ist in seinem Gutachten vom 10. April 2006 „davon ausgegangen, dass ein aufgrund des niedrigen pH-Wertes des Kondensats durchaus zu erwartender Korrosionsprozess an kupferhaltigen Materialien zu einer Leckage an dem T-Stück geführt hat“. b) Unbeschadet der Frage, ob sich der Versicherungsnehmer zur Führung des Kausalitätsgegenbeweises nach § 6 Abs. 3 VVG auf Zeugenvernehmung der Handwerker berufen darf (so Römer/Langheid VVG, 2. Aufl. § 6 RdNr. 48) oder nicht (so Senat, r + s 2003, 417 f; OLG Hamm, VersR 2004 644 f), kann sich der für den Eintritt des Versicherungsfalles beweispflichtige Versicherungsnehmer zur Führung dieses Beweises grundsätzlich auf jedes nach der Zivilprozessordnung zulässige Beweismittel berufen. Dies gilt vorliegend um so mehr, als sowohl das vorstehend unter a) bb) erörterte Verhalten der Beklagten als auch weitere unter a) cc) - ee) aufgezählte Umstände bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptung der Kläger nahe legen. Der dementsprechend von dem Senat zu der Behauptung der Kläger, dass der asserschaden durch ein durch Korrosion zerstörtes T-Stück der Kondensatwasserleitung entstanden sei, gehörte Zeuge G hat glaubhaft bekundet, dass er nach seiner anhand schriftlicher Unterlagen aufgefrischten Erinnerung in dem Heizungsraum hinter dem Kessel eine undichte Kondensatwasserableitung vorgefunden habe. Das aus Kupfer bestehende T-Stück habe ein Loch aufgewiesen, aus dem Wasser rausgelaufen sei. Zwar konnte er sich an die Stärke des Wasseraustritts nicht konkret erinnern, wusste jedoch noch zu berichten, dass sich bereits einiges Wasser auf dem Boden angesammelt hatte. Der Zeuge hat nach seinem persönlichen Auftreten in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck auf das Gericht gemacht, zumal er sowohl die „Gedächtnisauffrischung“ anhand schriftlicher Unterlagen als auch trotzdem bestehende Erinnerungslücken freimütig einräumte, ohne dass seine Aussage dabei „auswendig gelernt“ wirkte. Demgegenüber hat der von der Beklagten benannte Zeuge K lediglich bekundet, gar nicht in dem Heizungskeller, sondern nur in den daran angrenzenden Wohnräumen gewesen zu sein. Da in der durchfeuchteten Wand seiner Feststellung nach keine Rohre verliefen, habe er vermutet, dass das Wasser irgendwie von unten komme. Allein aufgrund dieser Vermutung, die zudem ohne umfassende Kenntnis der Örtlichkeit aufgestellt worden ist, kann die Behauptung der Beklagten, die Feuchtigkeit sei aufgrund einer mangelhaften Kellerabdichtung von unten in das Gebäude eingedrungen, nicht als bewiesen angesehen werden. c) aa) Nachdem somit zur Überzeugung des Senats feststeht, dass das T-Stück korrodionsbedingt undicht war, ist mit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen M in dessen Gutachten vom 10. April 2006 davon auszugehen, dass sich das Korrosionsloch innerhalb weniger Tage ohne weiteres auf eine Fläche von mehreren Quadratmillimetern ausdehnen konnte und somit auch bei insgesamt drucklosem System eine Kondensatmenge von 20,3 Liter pro Tag entweichen konnte. Der Senat schließt sich den von der Beklagten nicht angegriffenen Ausführungen des Sachverständigen M nach eigener Überprüfung an und rekapituliert diese zusammenfassend wie folgt: Bei Verbrennung von Erdgas reagiert der darin schwach gebundene Wasserstoff mit dem in der Verbrennungsluft enthaltenen Sauerstoff und es entsteht Wasser. Unter Zugrundelegung der in dem Zeitraum Oktober/November 2003 verbrauchten Erdgasmenge ergibt sich bei Interpolation der maximalen Vorlauftemperaturwerte der installierten Heinzungsanlage entsprechend der Berechnung auf Seite 14 des Gutachtens eine durchschnittliche Kondensatmenge von 20,3 kg pro Tag. bb) Geht man somit von einem durchschnittlichen Wasseraustritt von über 20 Litern pro Tag aus, erschließt sich zwanglos das von den Klägern geschilderte und von der Beklagten als solches nicht bestrittene Schadensbild. Denn der Sachverständige K hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3. August 2005 bestätigt, dass der festgestellte Wasserschaden (bereits) durch eine Wassermenge von 100 Litern verursacht worden sein kann, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten wäre. Das bedeutet, dass bereits nach einem Zeitraum von nur fünf Tagen die Durchfeuchtungen im Boden und Wandbereich eingetreten sein können. Der von der Beklagten vermisste Nachweis für die Kausalität zwischen defektem „Kondenswasserrohr sowie Durchfeuchtungen“ ist damit geführt. Selbst wenn ein Teil des ausgetretenen Wassers verdunstet sein sollte, würde ies letztlich nichts ändern, da dann lediglich ein etwas längerer Zeitraum (bei einer sehr hoch geschätzten Verdunstung von 50 % etwa 10 Tage) erforderlich gewesen wäre, um ein entsprechendes Schadensbild hervorzurufen. Über den im Kellergang befindlichen Fußbodeneinlauf kann praktisch kein Wasser abgeleitet worden sein, da sich dieser nicht im Heizungsraum befindet und außerdem - wie vom Sachverständigen K festgestellt, kein ausreichendes Gefälle zum Einlauf hin vorhanden ist. Soweit die Beklagte demgegenüber anführt, der Sachverständige K habe betont, dass das von den Klägern behauptete Eindringen von Feuchtigkeit aus dem Kondensatrohrbruch in die Wohnungsräume nicht nachvollzogen werden könne, bezieht sich dies - wie bereits aus der verbalen Verknüpfung „von daher“ in dem Originaltext des Gutachtens erhellt - auf den vorangegangenen Absatz, in welchem in dem Hause der Kläger nicht vorhandene Abdichtungsmaßnahmen zwischen Haustechnik - und Wohnräumen gefordert werden. Letzteres mag einen Baumangel darstellen, der für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits jedoch keine Rolle spielt, da die Beklagte das Gebäude der Kläger mit diesen leicht feststellbaren Fehlleistungen versichert hat. Soweit die Beklagte den Sachverständigen K damit zitiert, dass Schäden aus Durchfeuchtungen von unten oder hinten her entstanden seien, ist dies zwar richtig, aber unvollständig. Denn der Sachverständige führt desweiteren (vgl. Seiten 28, 21 seines Gutachtens) aus, dass an irgendeiner Stelle im Gebäude auf die Sohle dringendes Wasser sich auf der Sohle im Haus verteilt, um dann kapillar an den Innen- und Außenwänden wieder nach oben zu steigen (was also nicht gegen den Wasserschaden infolge eines undichten Kondensatwasserrohres spricht), dass aber mögliche Durchfeuchtungen „durch vom Fundament kapillar aufsteigende Nässe ... bei dem besichtigten Objekt“ - dem Hause der Kläger - nicht erkannt wurden. d) Steht somit der bestimmungswidrige Austritt von Leitungswasser fest, kommt es entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht (mehr) darauf an, dass „auch andere Schadensmöglichkeiten denkbar“ sind, oder „eine nicht versicherte Schadensursache nicht ausgeschlossen werden kann“. Nachdem aber sowohl die Parteien als auch der Gutachter umfangreiche Ausführungen zu möglichen Alternativursachen gemacht haben, sei kurz folgendes angemerkt: aa) Ein (theoretisch möglicher) Bruch eines Wasserrohres wird von keiner der Parteien behauptet und wäre im Übrigen auch versichert. bb) Einmalig von außen an der Kellertreppe eindringende Feuchtigkeit wird von dem Sachverständigen K offensichtlich nur rein hypothetisch in Erwägung gezogen („beispielhaft“) und kann praktisch ausgeschlossen werden. Denn wie sich den Ausführungen auf Seite 18 seines Gutachtens vom 15. März 2005 entnehmen lässt, wäre für einen daraus resultierenden Schaden eine gleichzeitige „Verstopfung des Fußbodeneinlaufs“ erforderlich. Im Übrigen waren nach seinen Feststellungen keine „Anhaltspunkte dafür gegeben, dass von außen in das Gebäude Wasser eindringt“. Fehlen aber derartige Anhaltspunkte, spricht dies für das Vorliegen eines versicherten Leitungswasserschadens (vgl. Neuhaus/Kloth, Die aktuelle Rechtsprechung zu Sachversicherungen, MDR 2007, 571 unter Hinweis auf OLG Köln, Urteil vom 28. März 2006 - 9 U 94/05). cc) Ein Havariefall im Bereich der Hebeanlage wird von keiner der Parteien behauptet und wäre nach § 6 Nr. 1 a VGB bedingungsgemäß versichert. Denn die Hebeanlage, über die der Fußbodeneinlauf, die Waschmaschinen und die Bäder entwässert werden, besteht ganz überwiegend aus „Ableitungsrohren der Wasserversorgung“. dd) Entsprechendes gilt für einen theoretisch denkbaren Havariefall im Bereich der Waschmaschinen. Im Übrigen würde hier austretendes Wasser über den in unmittelbarer Nähe befindlichen Fußbodeneinlauf - wenn auch mangels ausreichenden Gefälles vielleicht nicht vollständig - entwässert. ee) Hinsichtlich eines offensichtlich auch nur rein hypothetisch von dem Sachverständigen erörterten Havariefalls im Bereich der Wohnungen gelten die vorstehenden Ausführungen unter cc) entsprechend. Im Übrigen wurde derartiges von dem Zeugen K bei der Überprüfung der Wohnungen am 4. November 2003 nicht festgestellt. Auch haben sich keine Anhaltspunkte für - nicht versicherte - Schäden infolge von „Plansch- und Reinigungswasser“ (vgl. hierzu Neuhaus/Kloth, a.a.O.) ergeben. 4. Entgegen der Ansicht des Landgerichts und der Beklagten ist diese auch nicht wegen einer vorsätzlich oder grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung oder Herbeiführung des Versicherungsfalles von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden. a) Leistungsfreiheit nach §§ 11 Nr. 1 b), 11 Nr. 2 VGB 88 ist nicht eingetreten. Danach hat der Versicherungsnehmer die versicherten Sachen, insbesondere wasserführende Anlagen und Einrichtungen, stets in ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und Mängel oder Schäden unverzüglich beseitigen zu lassen, während der Versicherer im Falle der Verletzung dieser Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer nach Maßgabe von § 6 VVG zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei ist. Aufgrund des Umstandes, dass das T-Stück von innen her korrodiert ist, da das saure Kondenswasser denknotwendigerweise das Kupfer nur dort zersetzen konnte, wo es mit ihm in Berührung kam, war der - nicht ordnungsgemäße - Zustand des Rohres äußerlich nicht, bzw. erst dann erkennbar, als es bereits zum Wasseraustritt kam (vgl. auch Stellungnahme der Sanitärfirma T vom 22. Mai 2006, Bl. 194 Bd. I d.A.). Als der nicht mehr ordnungsgemäße Zustand erkannt wurde, haben die Kläger - bzw. die sie vertretende Hausverwaltung - die Beseitigung des Schadens und damit die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes unverzüglich - nämlich noch am selben Tage - in Auftrag gegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin W , die nach ihrem persönlichen Auftreten einen glaubwürdigen Eindruck gemacht hat, zur Überzeugung des Gerichts fest, dass diese regelmäßige Kontrollgänge - letztmals Ende September 2003 - im Hause der Kläger einschließlich des Heizungsraums unternommen hat, ohne dabei eines nicht ordnungsgemäßen Zustands der Heizungsanlage gewahr zu werden. Schließlich geht der Senat auch davon aus, dass die Kläger die Heizungsanlage jedenfalls in dem hier relevanten Zeitraum in regelmäßigen Abständen haben warten lassen. Die Beklagte hat nämlich ihr diesbezügliches Bestreiten nicht weiter aufrecht erhalten, nachdem die Kläger Ablichtungen der Wartungsrechnungen der Firma S GmbH vom 29. November 2002 und 2. Dezember 2003 (Bl. 204, 205 Bd. I d.A.) eingereicht haben. b) Die Beklagte ist auch nicht nach § 20 Nr. 2 VGB 88 i.V.m. § 6 Nr. 3 VVG von ihrer Entschädigungspflicht frei geworden. aa) Unstreitig haben die Kläger den Schaden gemäß § 20 Nr. 1 a) VGB 88 unverzüglich - nämlich am Tage der Entdeckung der Schadensursache - angezeigt und darauf hingewiesen, dass zugleich die Beseitigung des Schadens beauftragt worden sei. bb) Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 24. April 2007 ausgeführt hat, stellt sich vorliegend die Frage, ob - wie das Landgericht meint - die Kläger überhaupt objektiv ihre aus § 20 Nr. 1 e) VGB 88 resultierende Obliegenheit, Veränderungen der Schadenstelle möglichst zu vermeiden, solange der Versicherer nicht zugestimmt hat, verletzt haben, indem sie einen Fachbetrieb mit der Durchführung einer erforderlichen Notreparatur beauftragten, oder ob sie damit nicht vielmehr ihren Verpflichtungen nach § 11 Nr. 1 b) VGB 88 („Schäden unverzüglich beseitigen“) und § 20 Nr. 1 c) VGB 88 („Schaden ... zu mindern“ durch Unterbindung weiteren Wasseraustritts) nachgekommen sind. (1) Mit dem Austausch des defekten T-Stücks dürften die Kläger bereits deshalb objektiv keine Obliegenheitsverletzung begangen haben, weil dieser notwendig war, den Verpflichtungen aus §§ 11 Nr. 1 b) und 20 Nr. 1 c) VGB 88 entsprach und die Kläger die Beklagte zugleich mit der Schadenanzeige auf die Beauftragung der Schadenbeseitigung hingewiesen haben, ohne dass erkennbar wäre, dass die Beklagte zeitnah reagiert, insbesondere Untersuchungen über die Schadenursache verlangt hätte (vgl. hierzu Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 6 Rdnr. 48: „Der VersN ist auch nicht verpflichtet, dass Schadensbild unverändert zu lassen, wenn der Versicherer keine Untersuchungsanforderung an ihn richtet.“). (2) Andererseits hält es der Senat entgegen der Ansicht der Kläger durchaus für zumutbar, das defekte, lediglich etwa handteller große T-Stück für einen überschaubaren Zeitraum, innerhalb dessen mit einer Äußerung des Versicherers (insbesondere Verlangen der Vorlage des T-Stücks) zu rechnen ist, aufzubewahren, bzw. auch den Notdienst eines Handwerksbetriebes aufzugeben, das beschädigte Teil nicht sofort zu entsorgen, sondern es aufzuheben oder einfach nur vor Ort zu belassen. Eine entsprechende Obliegenheit kann sich gewissermaßen als „Minus“ aus der Verpflichtung ergeben, Veränderungen der Schadenstelle möglichst zu vermeiden. Denn die Entsorgung und damit Vernichtung des den Schaden verursachenden Teils stellt die weitreichendste und endgültige Veränderung der Schadenstelle dar. Dies erschließt sich auch zwanglos dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, denn es liegt für jeden Hauseigentümer geradezu auf der Hand, dass der Versicherer jedenfalls ab einer gewissen Schadenshöhe die Schadensursachen nachprüfen will und die Entsorgung des betroffenen Teils dies endgültig verhindert. Dementsprechend wäre auch davon auszugehen, dass die Obliegenheitsverletzung auf grober Fahrlässigkeit beruht. (3) Den Klägern ist aber jedenfalls entgegen der Ansicht des Landgerichts der sogenannte Kausalitätsgegenbeweis nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG gelungen. Nach dieser Vorschrift bleibt der Versicherer bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung insoweit zur Leistung verpflichtet, als die Verletzung Einfluss weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat. Auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung hatte die Entsorgung des T-Stücks bereits deshalb keinen Einfluss, weil die Kläger - wie vorstehend unter aa) ausgeführt - den Schaden unverzüglich - nämlich am Tag der Entdeckung der Schadensursache - angezeigt haben und die Beklagte damit die Möglichkeit hatte, alle erforderlichen Feststellungen hinsichtlich ihr obliegender Leistungen zu treffen. Obwohl die Beklagte hiermit 11 Tage zugewartet hatte (was nicht den Klägern anzulasten ist), konnte ihr Schadensregulierer G noch am 17. November 2003 entsprechende Feststellungen treffen („Ausblühungen“, „Schimmelbefall“ etc.). Hinsichtlich der Feststellung des Versicherungsfalls als solchen kann zunächst auf die obigen Ausführungen unter 3. - insbesondere b) - verwiesen werden, wonach der Beweis für den Eintritt des Versicherungsfalls als geführt anzusehen ist. Der Kausalitätsgegenbeweis (hinsichtlich der Obliegenheitsverletzung) scheitert vorliegend auch nicht daran, dass nach der Rechtsprechung des Senats (a.a.O.), an der festgehalten wird, bereits in der ausgeschlossenen oder auch nur eingeschränkten Möglichkeit eigener Ermittlungen des Versicherers ein Nachteil liegt, der grundsätzlich nicht durch das Zeugnis von im Lager des Versicherungsnehmers stehenden Zeugen (z.B. Handwerker oder Architekten) kompensiert werden kann, weil derartige Zeugen im Auftrag des Versicherungsnehmers mit der Angelegenheit befasst gewesen sind und möglicherweise durch eigene Interessen beeinflusst sind. Denn der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, dass die Beklagte bis zum 28. Juni 2006 und damit seit der Schadenanzeige über einen Zeitraum von ca. 2 ½ Jahren die Schadhaftigkeit des T-Stücks weder bestritten noch dessen Vorlage oder Herausgabe verlangt hat. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter 3. a) bb) verwiesen. Hätten die Kläger das beschädigte T-Stück für einen zumutbaren Zeitraum, der vorliegend im Hinblick auf die Tätigkeit des Regulierungsbeauftragten G und das Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember 2003 mit ca. sechs Wochen anzusetzen wäre, aufbewahrt und wären damit ihren Obliegenheiten gerecht geworden, hätte dies ausweislich des eigenen Verhaltens der Beklagten keinen Einfluss auf ihre Ermittlungen und Feststellungen gehabt. (4) Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen unter (3) ist die Beklagte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nach Treu und Glauben aber jedenfalls gehindert, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen. In der Rechtsprechung (vgl. etwa BGH, NJW 2002, 518 f unter 4. a) dd); 1971, 1891) ist anerkannt, dass sich unter bestimmten Voraussetzungen der Versicherer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf Leistungsfreiheit nach § 6 Abs. 3 VVG berufen kann. So liegt der Fall hier, da die Beklagte - wie ausgeführt - über einen Zeitraum von 2 ½ Jahren die Schadhaftigkeit des T-Stücks weder bestritten, noch dessen Vorlage oder Herausgabe verlangt hat, was nur den Schluss zulässt, dass sie an derartigen Ermittlungen und Feststellungen kein Interesse hatte, und erst nachdem ihr Bestreiten der Kausalität des defekten T-Stücks aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen M vom 10. April 2006 nicht mehr haltbar war, aus prozesstaktischen Gründen die Schadhaftigkeit des TStück als solches bestreitet. Damit setzt sich die Beklagte in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgegangenen Tun bzw. Unterlassen (venire contra faktum proprium), was nicht gebilligt werden kann. Sinn und Zweck der Obliegenheit nach § 20 Nr. 1 e) VGB 88 besteht nämlich darin, dem Versicherer die Möglichkeit eigener Ermittlungen und Feststellungen zu geben und nicht darin, berechtigte Ansprüche des Versicherungsnehmers zu Fall zu bringen. c) Schließlich besteht auch keine Leistungsfreiheit der Beklagten wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch die Kläger nach § 61 VVG. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter a) verwiesen werden. 5. Hinsichtlich des in Höhe von 11.787,25 EUR geltend gemachten Schadensersatzanspruchs war eine Kürzung von insgesamt 1.526,48 EUR vorzunehmen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, nicht der Rechtsfortbildung dient und nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder der Oberlandesgerichte abweicht. Fischer (Anmerkung Redaktion: Die Formatierung und Gliederung ist auch im Original nicht besser, also wirklich nur oben = I. und unten = C. und sonst nichts dazu. Quelle: http://home.snafu.de/kammergericht/entscheidungen/6_U_40-07.pdf) ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? 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