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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 41.07;
Verkündet am: 
 11.03.2008
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Rechtsbehelfsbelehrung; Beurteilung; Internationale Beurteilung; Beurteilungsbeitrag.
Leitsatz des Gerichts:
1. Bei einem Soldaten, der sich im Status eines Reservisten befindet, entfällt die Möglichkeit, nach § 17 Abs. 4 Satz 2 WBO den Antrag auf gerichtliche Entscheidung „bei dem nächsten Disziplinarvorgesetzten“ einzulegen. Das Gesetz sieht nicht vor, dass der Antrag auch bei dem früheren nächsten Disziplinarvorgesetzten eingelegt werden kann.

2. Die Internationale Beurteilung eines Soldaten (International Evaluation Report) stellt keine Beurteilung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SLV dar, sondern steht einem Beurteilungsbeitrag gleich.
Die Antragstellerin ist Stabsoffizier der Reserve. Sie hat sich gegen die ihr im Rahmen einer besonderen Auslandsverwendung erteilte Beurteilung gewandt. Dabei beanstandete sie insbesondere, dass eine Internationale Beurteilung (International Evaluation Report), die aus ihrer Sicht eine besonders positive Wertung enthielt, nicht genügend in der Beurteilung berücksichtigt worden sei.

Nach erfolgloser Beschwerde wies der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis ihre weitere Beschwerde zurück. In der Rechtsbehelfsbelehrung seines Beschwerdebescheids hieß es:

„Gegen diesen Bescheid können Sie die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Wehrdienstsenate), Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, beantragen. Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides bei mir einzulegen und zu begründen. Sie können den Antrag auch bei Ihrem nächsten Disziplinarvorgesetzten einlegen und begründen. (…)“

Die Antragstellerin adressierte ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht Wehrdienstsenate , wo er am letzten Tag der Antragsfrist einging. Von dort wurde der Antrag am selben Tag per Telefax an den Bundesminister der Verteidigung übermittelt, der ihn an den Stellvertreter des Generalinspekteurs weiterleitete. Dort ging der Antrag zwei Tage nach Fristablauf ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für zulässig gehalten, ihn aber als unbegründet zurückgewiesen.


Aus den Gründen:
...


20Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig.

21Seiner Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass er erst am 25. Oktober 2007, zwei Tage nach Ablauf der hier am 23. Oktober 2007 endenden Antragsfrist des § 17 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 22 WBO, beim Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis als der zuständigen Einlegungsstelle eingegangen ist.

22Dessen Beschwerdebescheid vom 28. September 2007 war der Antragstellerin mit der im Sachverhalt wiedergegebenen Rechtsbehelfsbelehrung am 9. Oktober 2007 zugestellt worden.

23Diese Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig. Eine Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung ist unrichtig, wenn in ihr die zutreffenden Angaben über die Stelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, fehlen oder wenn diese Angaben irreführend bzw. durch falsche oder irreführende Zusätze ergänzt sind, die ihrerseits geeignet sind, die Rechtsverfolgung zu erschweren (vgl. Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl. 1997, § 7 Rn. 30). Das ist hier der Fall.

24Gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei dem für die Entscheidung über die weitere Beschwerde zuständigen Vorgesetzten (§ 16 Abs. 3 WBO), hier also dem Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis, einzureichen. Die Frist wird auch gewahrt, wenn der Antrag bei dem nächsten Disziplinarvorgesetzten oder in den hier nicht vorliegenden Fällen des § 5 Abs. 2 WBO und des § 11 Buchst. b WBO bei den dort bezeichneten Vorgesetzten eingelegt wird (§ 17 Abs. 4 Satz 2 WBO).

25Die schlichte Angabe im zweiten Satz der Rechtsbehelfsbelehrung des Beschwerdebescheids, der Antrag könne „bei mir“ eingelegt werden, ist geeignet, beim Leser einen Irrtum über den richtigen Adressaten des Antrags auf gerichtliche Entscheidung hervorzurufen. Dieser Hinweis kann zur Identifizierung der richtigen Einlegungsstelle allenfalls dann genügen, wenn er sich inhaltlich auf eine eindeutig und unmissverständlich formulierte Kopfzeile des Bescheids bezieht. Die Kopfzeile des Beschwerdebescheids lautet indessen (lediglich) „Bundesministerium der Verteidigung“. Unter dieser Kopfzeile firmieren allerdings sowohl der Bundesminister der Verteidigung (Referat PSZ I 7) als auch der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis. Diese konkretisierenden Bezeichnungen sind jedoch generell (und auch hier) nicht in der Kopfzeile enthalten, sondern in abgesetzter Form Teil der Angaben zu Adresse und Verbindungsdaten. Die infolgedessen mögliche Irreführung des Lesers wird noch dadurch gesteigert, dass die Rechtsbehelfsbelehrung in ihrem ersten Satz auf das Bundesverwaltungsgericht und dessen vollständige Adresse hinweist; damit wird suggeriert, dort könne unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden. Genau diesen Eindruck hat diese (unzutreffende) Information ersichtlich bei der Antragstellerin hervorgerufen.

26Darüber hinaus ist auch der Hinweis auf die Einlegungsmöglichkeit „bei Ihrem nächsten Disziplinarvorgesetzten“ unrichtig. Denn die Antragstellerin als zivile Beschäftigte der Bundeswehr hat keinen nächsten Disziplinarvorgesetzten. An die Stelle des nächsten Disziplinarvorgesetzten tritt in diesem Falle auch nicht, wie dies etwa in der Rechtsmittelbelehrung des Beschwerdebescheids vom 4. Juli 2007 angegeben wurde, der „frühere nächste Disziplinarvorgesetzte“. Eine solche erweiternde Auslegung widerspricht dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 2 WBO, der sich ebenso wie § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 16 Abs. 3 WBO nur auf das aktuell bestehende, nicht auf ein früheres Vorgesetztenverhältnis bezieht. Sie ist auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht geboten. Denn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung soll, wie sich aus dem Verhältnis von § 17 Abs. 4 Satz 1 zu § 17 Abs. 4 Satz 2 WBO ergibt, in erster Linie bei dem für die Entscheidung über die weitere Beschwerde zuständigen Vorgesetzten eingereicht werden; nur dieser ist auch verpflichtet, zu dem Antrag eine Stellungnahme abzugeben und diese mit dem Antrag dem Wehrdienstgericht vorzulegen (§ 17 Abs. 4 Satz 3 WBO). Die Möglichkeit, den Antrag bei dem nächsten Disziplinarvorgesetzten einzulegen, hat dagegen nur eine technische Funktion; sie soll die Antragstellung erleichtern, indem sie dem Antragsteller ermöglicht, sich auf kurzem Wege an den ihm bekannten nächsten Disziplinarvorgesetzten zu wenden. Wenn dieser Erleichterungseffekt nicht mehr eintreten kann, weil das Vorgesetztenverhältnis nicht mehr besteht, gibt es auch keinen Grund, im Wege der erweiternden Auslegung eine zusätzliche Einlegungsmöglichkeit bei dem „früheren nächsten Disziplinarvorgesetzten“ hier dem Dienstältesten Deutschen Offizier in X. zu eröffnen.

27Die Unrichtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung stellt hinsichtlich der Hinderung an der Einhaltung einer Frist nach § 7 Abs. 2 WBO einen unabwendbaren Zufall im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO dar. Diese Bestimmung ist auf Anträge auf gerichtliche Entscheidung entsprechend anzuwenden (Beschluss vom 8. März 2007 BVerwG 1 WB 63.06 m.w.N.). Die mit dem Wegfall dieses unabwendbaren Zufalls einsetzende Nachfrist von drei Tagen im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO beginnt jedoch erst mit Beseitigung des Hindernisses, d.h. für den Falle einer unrichtigen Belehrung erst mit der Richtigstellung zu laufen. Eine derartige Berichtigung der Rechtsbehelfsbelehrung hat die Antragstellerin nicht erhalten. Ihr Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist deshalb nicht verfristet.

(...)


30Der Antrag ist indessen nicht begründet. ... (wird ausgeführt)

36Ohne Erfolg beanstandet die Antragstellerin, dass Oberst i.G. Y. die positive internationale Beurteilung nicht genügend in seiner Beurteilung berücksichtigt habe. Internationale Beurteilungen (International Evaluation Reports) stellen keine Beurteilungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SLV dar. Die Arten der Beurteilungen hat das Bundesministerium der Verteidigung aufgrund der Ermächtigung in § 2 Abs. 2 Satz 1 SLV in Nr. 201 Buchst. a Nr. 1 bis 5 ZDv 20/6 abschließend geregelt. Internationale Beurteilungen sind hingegen den Beurteilungsbeiträgen gleichgestellt (Nr. 504 ZDv 20/6). Sie sind ebenso wie nationale Beurteilungsbeiträge nach Nr. 503 ZDv 20/6 (lediglich) dafür vorgesehen, dem für die Beurteilung zuständigen nationalen Vorgesetzten zusätzliche Erkenntnisquellen zu erschließen und ihm dadurch eine umfassende und treffende eigene Beurteilung zu erleichtern. Die Feststellungen und Bewertungen in einem derartigen Beurteilungsbeitrag sind (nur) insoweit beachtlich, als sie bei der abschließenden Beurteilung zur Kenntnis genommen und bedacht werden müssen. Der für die Beurteilung zuständige nationale Vorgesetzte ist an die in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Werturteile indessen nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste (stRspr, Beschlüsse vom 29. April 1999 BVerwG 1 WB 55.98, 66.98 Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 6 = NZWehrr 1999, 204 und vom 8. März 2006 a.a.O.). Demgemäß ist in rechtlich nicht zu beanstandender Weise in Nr. 503 Buchst. i ZDv 20/6 ausdrücklich festgelegt, dass der beurteilende Vorgesetzte auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch Beurteilungsbeiträge vermittelten Erkenntnisse einzubeziehen hat, seine Bewertung in eigener Verantwortung trifft. Deshalb ist der beurteilende Vorgesetzte ferner nicht verpflichtet, im Abschnitt 2. im Einzelnen schriftlich darzulegen, in welchem Umfang die an dieser Stelle getroffene Gesamtwürdigung des Beurteilten auf seinen eigenen Erkenntnissen und auf den Beiträgen Dritter beruht. Die Gesamtwürdigung selbst ist wie oben dargelegt einer inhaltlichen gerichtlichen Kontrolle entzogen.

(...)


37... Nach Nr. 402 ZDv 20/6 sind besonders positiv oder auch negativ hervortretende Leistungen im Rahmen der Gesamtleistung zu werten; dabei ist nicht das Zufällige, sondern das Charakteristische im (fachlichen und im charakterlich-persönlichen) Erscheinungsbild des Beurteilten zu betonen. Diese Vorgabe schließt es nicht aus, in die Wertung auch die dienstgrad- und dienstpostenbezogene Stellung des Beurteilten einzubeziehen. Es liegt innerhalb des Beurteilungsspielraums des beurteilenden Vorgesetzten, ob er bestimmten besonders positiven oder besonders negativen Leistungen im Hinblick auf die Anforderungen des Dienstpostens bzw. der Tätigkeit des Beurteilten und im Vergleich zu anderen Soldaten ein spezifisches Gewicht zuschreibt (vgl. Nr. 404 Satz 1 und 2 ZDv 20/6). Deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass Oberst i.G. Y. auch die Stellung der Antragstellerin als Stabsoffizier innerhalb des Offizierskorps als wesentlich für die Beurteilung eingeschätzt und dazu eine Bewertung abgegeben hat.

Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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