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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 13.08;
Verkündet am: 
 25.06.2008
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes; Höchstaltersgrenze; Leistungsprinzip; Benachteiligung wegen des Alters.
Leitsatz des Gerichts:
Die Höchstaltersgrenze des vollendeten 25. Lebensjahres für die Einstellung oder Übernahme als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes ist mit dem Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG), dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und den Vorschriften zum Schutz vor Benachteiligungen wegen des Alters vereinbar.
Der Antragsteller ist Soldat auf Zeit mit dem Dienstgrad eines Oberfeldwebels. Er ist als Sanitätsfeldwebel und Krankenpfleger in einem Bundeswehrkrankenhaus eingesetzt. Seine Bewerbung um Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes wurde abgelehnt, weil er zum maßgeblichen Zeitpunkt das 25. Lebensjahr vollendet und damit das vorgesehene Höchstalter für die Übernahme um etwa neun Monate überschritten haben werde.

Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er sein Begehren um Laufbahnwechsel weiterverfolgt, wendet sich der Antragsteller insbesondere gegen die Höchstaltersgrenze. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

...

17Gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV und Nr. 618 1. Spiegelstrich, Nr. 620 der auf der Grundlage der Ermächtigung in § 44 SLV erlassenen „Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten“ (ZDv 20/7) ist Voraussetzung für die Übernahme als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit - unter anderem -, dass der Soldat zum Zeitpunkt des Laufbahnwechsels das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Diese Voraussetzung erfüllt der Antragsteller nicht, weil er an dem auf seinen Antrag nächstfolgenden Übernahmetermin des 1. Januar 2008 das 25. Lebensjahr bereits vollendet hat. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass Nr. 620 ZDv 20/7 für das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen nicht auf den mehr oder weniger weit vorausliegenden und vom einzelnen Bewerber beeinflussbaren Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den Zeitpunkt des effektiven Laufbahnwechsels also den für alle Bewerber einheitlichen Übernahmetermin abstellt. Es handelt sich insoweit um eine sachgerechte Präzisierung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung, ob ein Bewerber für die begehrte Verwendung geeignet ist.
...

19Auch die Festlegung der Höchstaltersgrenze des vollendeten 25. Lebensjahres (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 SLV) selbst verstößt nicht gegen geltendes Recht. Sie ist sowohl mit dem Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) als auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und den Vorschriften zum Schutz vor Benachteiligungen wegen des Alters vereinbar.

20Verwendungsentscheidungen sind gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG nach den Grundsätzen der Eignung, Befähigung und Leistung zu treffen. Dies gilt auch für die hier strittigen Fragen der Laufbahnzulassung und des Laufbahnwechsels. Die Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe der Eignung, Befähigung und Leistung (hier insbesondere durch die Vorschriften der §§ 30 bis 33 SLV, der Nr. 618 bis 626 und des Kapitels 9 der ZDv 20/7 sowie der „Bestimmungen für das Verfahren bei der Annahme von Bewerbern für die Laufbahnen der Offiziere“ vom 20. Juni 1997) und die Festlegung von Eignungskriterien und -anforderungen durch den Bundesminister der Verteidigung oder die von ihm beauftragten Stellen sind grundsätzlich eine Frage militärischer Zweckmäßigkeit, die insoweit keiner inhaltlichen Nachprüfung durch die Wehrdienstgerichte unterliegt (vgl. Beschlüsse vom 24. Juni 2003 BVerwG 1 WB 1.03 m.w.N. und vom 25. April 2007 BVerwG 1 WB 31.06 BVerwGE 128, 329 <337 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41). Art. 33 Abs. 2 GG enthält keine Richtlinien darüber, in welcher Weise der Leistungsgrundsatz zu verwirklichen ist, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist; auf welche Weise der Dienstherr in diesem Rahmen dem Leistungsprinzip gerecht wird, unterliegt deshalb seinem Gestaltungsermessen (vgl. zum Ganzen ausführlich Beschluss vom 28. Mai 2008 BVerwG 1 WB 19.07 m.w.N.).

21Gegen die Höchstaltersgrenze des vollendeten 25. Lebensjahres bestehen nach diesen Maßstäben keine rechtlichen Bedenken. Höchstaltersgrenzen, wie sie für nahezu sämtliche Laufbahngruppen vorgesehen sind (siehe z.B. auch § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1 Nr. 1, § 26 Abs. 1 Nr. 1 SLV), gehören zu den üblichen und legitimen Regelungsinstrumenten des Laufbahnrechts (vgl. dazu Beschluss vom 18. Oktober 2007 BVerwG 1 WB 67.06 juris Rn. 29). Sie dienen der Gewinnung eines leistungsfähigen Personalbestands in einer günstigen Altersstruktur und sollen unter Haushaltsgesichtspunkten eine angemessene Dauer der Verwendungszeit des eingestellten bzw. übernommenen Bewerbers sicherstellen. Im Falle der Einstellung oder Übernahme in eine Offizierslaufbahn im Ausbildungsgang mit Hochschul- oder Fachhochschulstudium ist außerdem zu berücksichtigen, dass sich durch die mehrjährige Studiendauer der effektive Einsatz in der vorgesehenen Offiziersverwendung erheblich hinausschiebt. So beträgt in der vom Antragsteller gewählten ersten Fachrichtung Zahnmedizin die Mindeststudienzeit bis zur Approbation zehn Semester. Mit der nach militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen getroffenen Entscheidung, das Höchstalter auf das vollendete 25. Lebensjahr festzulegen, hat der Bundesminister der Verteidigung danach jedenfalls nicht die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens bei der Ausgestaltung des Laufbahnzugangs für Offizieranwärter des Sanitätsdienstes überschritten.

22Die Höchstaltersgrenze des § 30 Abs. 1 Nr. 1 SLV verstößt auch nicht gegen Gebote der Gleichbehandlung.

23Soweit der Antragsteller einwendet, dass „die Aufnahmebedingungen bei zivilen Bewerbern um ein Dienstverhältnis als Offizier“ „mitunter überhaupt keine Altersbeschränkungen“ vorsähen, betrifft dies einen Sachverhalt, der sich von der hier in Rede stehenden Einstellung oder Übernahme von Anwärtern in die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes wesentlich unterscheidet und deshalb nicht geeignet ist, eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG zu begründen. Bei den vom Antragsteller genannten „zivilen Bewerbern“ handelt es sich um approbierte Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Apotheker, für deren Einstellung § 32 Abs. 1 SLV in der Tat keine Höchstaltersgrenze vorgibt. Allerdings verfügen diese Bewerber - im Gegensatz zu den Sanitätsoffizier-Anwärtern im Sinne von § 30 Abs. 1 SLV - bereits über ein abgeschlossenes Studium und können aufgrund ihrer Vorbildung unmittelbar nach der Einstellung in entsprechenden Funktionen im Sanitätsdienst eingesetzt werden; demgemäß wird sich die Einstellung solcher Bewerber vor allem an dem aktuellen Bedarf in bestimmten Bereichen oder Fachrichtungen des Sanitätsdienstes oder an bestimmten Spezialisierungen orientieren. Im Hin¬blick auf diese - wesentlichen - Unterschiede ist der Verordnungsgeber nicht verpflichtet, auch bei der Einstellung nicht approbierter Bewerber im Rahmen der allgemeinen Nachwuchsgewinnung auf die Festsetzung eines bestimmten Höchstalters zu verzichten.

24Der Antragsteller wird durch die Höchstaltersgrenze des vollendeten 25. Lebensjahres (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 SLV) auch nicht rechtswidrig wegen seines Alters benachteiligt oder diskriminiert. Altersgrenzen sind aus den oben zum Leistungsprinzip genannten Gründen grundsätzlich auch unter dem Blickwinkel des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) sachlich gerechtfertigt. Dementsprechend knüpfen auch die ausdrücklichen - an Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG angelehnten - Diskriminierungsverbote des § 3 Abs. 1 SG für Verwendungsentscheidungen („ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft“) nicht an das Alter des Soldaten an. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897), auf das sich der Antragsteller beruft und das sich unter anderem gegen Benachteiligungen wegen des Alters richtet (§ 1, § 8 Abs. 1, § 10 AGG), ist auf Soldaten nicht, auch nicht entsprechend (Umkehrschluss aus § 24 AGG), anwendbar. Für Soldaten gilt vielmehr das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (SoldGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1904). Anders als das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz erstreckt sich dieses Gesetz jedoch nicht auf (mögliche) Benachteiligungen wegen des Alters (siehe § 1 SoldGG); der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung europäischer Gleichbehandlungsrichtlinien insoweit bewusst von der durch Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 (ABl EG Nr. L 303 S. 16) eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, auf eine Umsetzung für den Bereich der Streitkräfte zu verzichten (vgl. zur Begründung im Einzelnen BTDrucks 16/1780 S. 27).

Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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