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Text des Urteils
IV ZR 133/07;
Verkündet am: 
 01.10.2008
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
8 U 73/06
Oberlandesgericht
Rostock;
Rechtskräftig: unbekannt!
Mittellang
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 11. Mai 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen



Tatbestand:


Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherer von Pflegeheimen aus einem zwischen dem Bundesverband der Ortskrankenkassen und der Beklagten geschlosse-nen Teilungsabkommen, dem die Klägerin beigetreten ist, auf Ersatz von Kosten in Höhe von 10.365,74 € in Anspruch, die sie für die Heilbehand-lung von 5 in Pflegeheimen gestürzte, bei ihr gesetzlich krankenversicherte pflegebedürftige Heimbewohner aufgewendet hatte. Das Teilungsabkommen enthält unter anderem folgende Regelungen:

"§ 1

(1) Kann eine diesem Abkommen beigetretene Kranken-kasse ("K") gegen eine natürliche oder juristische Person, die bei der "H" haftpflichtversichert ist, gemäß § 116 SGB X Ersatzansprüche aus Schadenfällen ihrer Versicherten oder deren mitversicherten Familienangehörigen (Geschädigte) geltend machen, so verzichtet die "H" auf die Prüfung der Haftungsfrage.

(2) Voraussetzung für die Anwendung des Abkommens ist in der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs; bei der Allgemeinen Haftpflichtversicherung ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem versicherten Haftpflichtbereich.

(3) Die Leistungspflicht der "H" entfällt, wenn schon aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unzweifelhaft und offensichtlich ist, dass eine Schadenersatzpflicht des Haftpflichtversicherten gar nicht in Frage kommt. Dies gilt nicht für den Einwand des unabwendbaren Ereignisses (§ 7 II StVG) und für den Fall, daß der Schaden durch eigenes Verschulden - jedoch nicht durch Vorsatz - des Geschädigten entstanden ist.

(4) Ferner findet in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung das Abkommen keine Anwendung, wenn nach dem un-streitigen Sachverhalt kein objektiver Verstoß gegen Sorgfalts- und Verhaltensvorschriften vorliegt.
…
(8) Das Abkommen ist nur insoweit anwendbar, als die "H" für den Schadenfall Versicherungsschutz zu gewähren hat. …
(9) Die "H" ersetzt der "K"
…
b) in übrigen Fällen der Allgemeinen Haftpflichtversiche-rung 45% der von ihr zu gewährenden Leistungen im Rahmen des § 4 dieses Abkommens.
…"

Die Beklagte meint, das Teilungsabkommen sei nicht anwendbar, weil es an dem nach § 1 Abs. 2 Halbs. 2 des Teilungsabkommens (TA) erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Scha-denfall und dem versicherten Haftpflichtbereich fehle. Hierzu genüge es nicht, dass die Verletzten einer der drei Pflegestufen des § 15 Abs. 1 SGB XI zugeordnet worden und im Rahmen ihres stationären Heimaufenthalts gestürzt seien. Allein aus dem Umstand, dass ein Heimbewohner gestürzt sei, könne nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. April 2005 (BGHZ 163, 53) nicht auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Pflegepersonals geschlossen werden. Vielmehr könne sich in dem Sturz auch nur das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht haben, für das der Haftpflichtbereich nicht eröffnet sei.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.


Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht (OLG Rostock OLG-Report 2007, 734) hält die Voraussetzungen für die Anwendung des Teilungsabkommens nach § 1 Abs. 2 TA für gegeben. Es reiche aus, dass das Schadenereignis seiner Art nach in den Gefahrenbereich falle, für den der Haftpflichtversicherer Versicherungsschutz zu gewähren habe. Das sei der Fall, weil sich beim Sturz eines pflegebedürftigen Bewohners im Heim das typische Haftungsrisiko des Heimträgers verwirklicht haben könne. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne für die Anwendbarkeit des Teilungsabkommens von der Klägerin nicht die konkrete Darlegung einer objektiven Pflichtverletzung verlangt werden. Dies würde die mit dem Teilungsabkommen gewollte pauschale Regulierung ohne Prüfung der Haftungsfrage aushebeln. Daran ändere auch die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs nichts, weil diese den Bereich der Haftung des Heimträgers gegenüber dem Heimbewohner betreffe.

II. Das Berufungsurteil ist richtig. Der Senat hat durch Urteil vom heutigen Tag in der Sache IV ZR 285/06 im selben Sinne entschieden. Er hat das klagabweisende Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 18. Oktober 2006 (6 U 85/06) aufgehoben, das Urteil des Landgerichts geändert und der Klage einer anderen Allgemeinen Ortskrankenkasse aus demselben Teilungsabkommen gegen dieselbe Beklagte stattgegeben. Der Anwendungsbereich des Teilungsabkommens ist nach § 1 Abs. 2 TA bereits dann eröffnet, wenn der wegen der Verletzung des Heimbewohners geltend gemachte Schadensersatzanspruch, sein Be-stehen unterstellt, unter das versicherte Wagnis fallen würde. Ob der Anspruch begründet ist, also dem Versicherungsnehmer unter anderem eine objektive Pflichtverletzung anzulasten ist, ist dagegen unerheblich, weil es dabei um die Haftungsfrage geht, auf deren Prüfung die Parteien verzichtet haben, und weil jede andere Auslegung dem Wortlaut und dem Zweck des Teilungsabkommens widersprechen würde. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteil verwiesen.

Terno Dr. Schlichting Seiffert Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
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Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).