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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 10.08;
Verkündet am:
13.08.2008
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
Rechtskräftig: unbekannt! Militärischer Abschirmdienst; Wegversetzung; Dauerverwender; Ermessensausübung; ständige Verwaltungspraxis. Leitsatz des Gerichts: Die ständige Verwaltungspraxis des Bundesministeriums der Verteidigung, Unteroffiziere des Militärischen Abschirmdienstes nur dann in ihre Teilstreitkraft zurückzuführen, wenn dies aus sicherheitserheblichen Gründen unumgänglich ist oder gesundheitliche Einschränkungen eine Weiterverwendung im Militärischen Abschirmdienst auf Dauer verhindern, ohne dass diese eine Entlassung/Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit begründen könnten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsteller wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesministers der Verteidigung, mit dem die von ihm beantragte Versetzung auf einen frei werdenden Dienstposten beim Militärattachéstab R./I. abgelehnt wurde. Der Antragsteller, ein Hauptfeldwebel, trat im Jahr 1988 in die Bundeswehr, Teilstreitkraft Luftwaffe, ein. Aufgrund seiner Bewerbung vom 27. April 1994 nahm er im Mai 1995 erfolgreich an dem spezifischen Auswahlverfahren für den Militärischen Abschirmdienst teil und wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1996 zum MAD versetzt. Mit einer per Fernschreiben verteilten Stellenbekanntgabe (4640) vom 3. Dezember 2007 wies die Stammdienststelle der Bundeswehr auf eine ab 1. Juli 2010 besetzbare Stelle eines Stabsdienstfeldwebels SK und Kraftfahrer B beim Militärattachéstab R. hin. Daraufhin bewarb sich der Antragsteller mit einem an „BMVg PSZ ...“ adressierten Schreiben vom 12. Dezember 2007 um den ausgeschriebenen Dienstposten. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2007 teilte das Bundesministerium der Verteidigung PSZ ... dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung nicht an die Stammdienststelle der Bundeswehr zur weiteren Bearbeitung übersandt werde. Unteroffiziere des MAD würden nur dann aus ihrer Verwendung herausgelöst, wenn dies aus sicherheitserheblichen Gründen unumgänglich sei oder gesundheitliche Einschränkungen eine Weiterverwendung im Militärischen Abschirmdienst auf Dauer verhinderten, ohne dass diese eine Entlassung/Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit begründen könnten. Aus den Gründen: ... 111. Der Sachantrag des Antragstellers bedarf der Auslegung. Der im ersten Teil des Antrags gestellte Feststellungsantrag käme nur dann in Betracht, wenn sich die angestrebte truppendienstliche Maßnahme zwischenzeitlich erledigt hätte. Davon ist aber nicht auszugehen. Dabei kann dahinstehen, ob zwischenzeitlich ein anderer Bewerber für den begehrten Dienstposten in R. ausgewählt wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind fehlerhafte Auswahlentschei¬dungen bei der Besetzung von Dienstposten gegebenenfalls zu korrigieren mit der Folge, dass ein bereits auf den Dienstposten versetzter anderer Soldat unter Umständen wieder wegversetzt werden muss (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 21. September 2000 BVerwG 1 WB 93.00 Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 40 = NZWehrr 2001, 29 m.w.N. sowie zuletzt vom 25. April 2007 BVerwG 1 WB 31.06 BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 = DokBer 2007, 231 und vom 18. Oktober 2007 BVerwG 1 WB 6.07 ). Hier kommt hinzu, dass der Dienstantritt erst für das Jahr 2010 vorgesehen ist. 12Das demnach weiterhin zulässige Verpflichtungsbegehren des Klägers, über seinen Antrag auf Versetzung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, kann auch nicht mit dem Antrag verfolgt werden, das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, den Antrag an die Stammdienststelle der Bundeswehr weiterzuleiten. Zuständige personalbearbeitende Stelle für die Angehörigen des Militärischen Abschirmdienstes ist das Referat PSZ ... beim Bundesministerium der Verteidigung. Nur diese könnte eine Versetzung des Antragstellers verfügen. Die für die Besetzung des Dienstpostens in R. zuständige Stammdienststelle der Bundeswehr könnte daher eine Auswahlentscheidung zugunsten des Antragstellers nur mit der Maßgabe treffen, dass die eigentliche Versetzungsentscheidung vom Referat PSZ ... zu treffen wäre. Im Übrigen war der Antrag vom 12. Dezember 2007 an das genannte Referat des Ministeriums und nicht etwa an die Stammdienststelle der Bundeswehr adressiert. 13Der Antrag des Antragstellers ist daher sachgerecht dahin auszulegen, dass er beantragt, den Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung PSZ ... vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, über den Versetzungsantrag des Antragstellers vom 12. Dezember 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. 14Eine solche Neubescheidung würde gegebenenfalls die vorherige Auswahlentscheidung der Stammdienststelle der Bundeswehr voraussetzen, die das Bundesministerium der Verteidigung dann herbeiführen müsste. 152. Der Antrag ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundes¬ministeriums der Verteidigung ist rechtmäßig; er verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Versetzung auf den angestrebten Dienstposten beim Militärattachéstab R. oder auf Neubescheidung seines Versetzungsantrages. 16Eine Soldatin oder ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle über die Verwendung nach pflichtgemäßem Ermessen. Das ihm nach § 3 Abs. 1 SG zustehende Verwendungsermessen hat das Bundesministerium der Verteidigung in den Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76) in der zuletzt geänderten Fassung vom 11. August 1998 (VMBl S. 242) im Folgenden: Versetzungsrichtlinien gebunden. Hinzu kommt für Unteroffiziere des Militärischen Abschirmdienstes der Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung (Abteilungsleiter Personal P V 5 Az.: 16-02-00) vom 11. Februar 1997 über die „Personalführung der Unteroffiziere im Militärischen Abschirmdienst“. 17Nach Nr. 4 der Versetzungsrichtlinien kann ein Soldat unabhängig vom Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses versetzt werden, wenn er die Versetzung beantragt und diese Versetzung mit dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen ist. Die Ermessensentscheidung über einen Versetzungsantrag kann von den Wehrdienstgerichten nur darauf überprüft werden, ob der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt hat bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm/ihr insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO analog; stRspr, vgl. zuletzt Beschluss vom 29. April 2008 BVerwG 1 WB 42.07 m.w.N.). Diese Ermessensbetätigung ist für den Bereich der Unteroffiziere des Militärischen Abschirmdienstes in Nr. 9 des genannten Erlasses vom 11. Februar 1997 dahingehend weiter eingeschränkt, dass Unteroffiziere des Militärischen Abschirmdienstes in ihre Teilstreitkraft zurückgeführt werden, wenn dies aus sicherheitserheblichen Gründen unumgänglich ist oder gesundheitliche Einschränkungen eine Weiterverwendung im Militärischen Abschirmdienst auf Dauer verhindern, ohne dass diese eine Entlassung/Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit begründen könnten. In allen anderen Fällen erfolgt eine Rückführung nur im Einvernehmen mit der zuständigen Stammdienststelle. Diese Weisung wird worauf der Bundesminister der Verteidigung im vorliegenden Verfahren erneut hingewiesen hat in ständiger Verwaltungspraxis dahin ausgelegt, dass abgesehen von den in Nr. 9 Satz 1 des Erlasses genannten Fällen grundsätzlich keine Wegversetzung aus dem Bereich des Militärischen Abschirmdienstes vorgenommen wird. Bei der hier am Maßstab des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) vorzunehmenden Überprüfung der Ermessensausübung kommt es nicht auf den möglicherweise weitergehenden Wortlaut des Erlasses an, bei dem es sich rechtlich (nur) um eine Verwaltungsvorschrift und nicht um eine Norm handelt, sondern allein auf die tatsächliche Verwaltungspraxis (vgl. dazu Beschluss vom 28. Mai 2008 BVerwG 1 WB 19.07 m.w.N.) 18Die so eingeschränkte Ermessensausübung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob derzeit 45 oder 31 MAD-Feldwebelstellen unbesetzt sind, besteht jedenfalls ein Fehlbedarf an Feldwebeln im Militärischen Abschirmdienst in erheblichem Umfang. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn die in einem speziellen und zeitaufwändigen Verfahren ausgewählten und in der Folge in erheblichem Umfang geschulten und weitergebildeten Unteroffiziere mit Portepee nicht aus dem Bereich des Militärischen Abschirmdienstes herausgelöst werden, wenn dies nicht aus sicherheitserheblichen oder gesundheitlichen Gründen unvermeidbar ist. Auf die Frage, ob der Antragsteller bei seinem Eintritt in den Militärischen Abschirmdienst darauf ausdrücklich hingewiesen wurde, kommt es nicht an. Im Übrigen erscheint es nicht glaubhaft, dass der seit bereits 12 Jahren im Militärischen Abschirmdienst tätige Antragsteller von diesen Einschränkungen bei der Herauslösung aus dem Militärischen Abschirmdienst nichts wissen will. So ist dem Senat aus einem anderen Verfahren (vgl. dazu Beschluss vom 25. Juni 2008 BVerwG 1 WB 28.08 ) bekannt, dass zumindest im Jahr 1999 den Bewerbern in einem Informationsblatt „Werbung von Unteroffiziernachwuchs für den Militärischen Abschirmdienst (MAD)“ u.a. mitgeteilt wurde, „der Verbleib im MAD ist vom erfolgreichen Abschluss des MAD-Basislehrgangs abhängig. Danach ist eine Rückversetzung in die Teilstreitkraft grundsätzlich nur noch aus Sicherheitsgründen oder als Folge einer ärztlicherseits festgestellten MAD-Verwendungsunfähigkeit möglich.“ 19Selbst wenn dem Antragsteller vor seiner Versetzung zum Militärischen Abschirmdienst ein entsprechendes Merkblatt oder die Information auf sonstigem Wege nicht erteilt worden sein sollte, erscheint es nicht glaubhaft, dass er im Laufe seiner langjährigen Dienstzeit beim Militärischen Abschirmdienst von diesen Einschränkungen keine Kenntnis erlangt hat. 20War demnach die Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung, den Antragsteller nicht zur Wahrnehmung des Dienstpostens beim Militärattachéstab R. aus dem Militärischen Abschirmdienst herauszulösen, rechtlich nicht zu beanstanden, kam es auf die Frage, ob die Stammdienststelle der Bundeswehr den Antragsteller für den Dienstposten als geeignet angesehen hätte, nicht mehr an. Deswegen musste der zutreffend an „BMVg PSZ ...“ gerichtete Versetzungsantrag des Antragstellers auch nicht an die Stammdienststelle der Bundeswehr weitergeleitet werden. Wie bereits ausgeführt, hätte die Stammdienststelle der Bundeswehr den Antragsteller nicht von sich aus auf den angestrebten Dienstposten versetzen können, weil für die Versetzung allein das Bundesministerium der Verteidigung PSZ ... als für Angehörige des Militärischen Abschirmdienstes zuständige personalbearbeitende Stelle zuständig gewesen wäre. Golze Dr. Frentz Dr. Langer ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? 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