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Text des Beschlusses
IX ZB 233/04;
Verkündet am: 
 25.09.2008
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
4 T 45/04
Landgericht
Kiel;
Rechtskräftig: unbekannt!
Mittellang
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape am 25. September 2008

beschlossen:

Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Norderstedt vom 23. Februar 2004 und des Landgerichts Kiel, 4. Zivilkammer, vom 13. September 2004 geändert:

Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters wird auf 1.000 €, die zu erstattenden Auslagen und Umsatzsteuern werden auf zusammen 334 € festgesetzt.
Die Kosten beider Rechtsmittelzüge hat der vorläufige Insolvenzverwalter zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.967,79 € festgesetzt.


Gründe:


Die Rechtsmittel des Schuldners sind zulässig und begründet. Die Vorinstanzen haben die Vergütung des am 29. September 2003 bestellten vorläufigen Insolvenzverwalters unter Heranziehung einer überhöhten Berechnungsgrundlage festgesetzt, wobei von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen worden ist.

In die Berechnungsgrundlage einbezogen worden ist ein Grundstück des Schuldners in P. mit einem Verkehrswert von 8.040,50 €, obwohl dasselbe mit Grundpfandrechten weit über diesen Wert hinaus belastet war. In die Berechnungsgrundlage einbezogen worden ist außerdem der ideelle Bruchteil an einem Grundstück des Schuldners in K. mit einem Verkehrswert von 4.800 €, obwohl bei demselben im Grundbuch seit dem Jahr 2000 ein Übertragungsanspruch für den Sohn des Schuldners vorgemerkt ist. In die Berechnungsgrundlage eingezogen worden ist ferner der Rückkaufswert einer Lebensversicherung mit 22.287,71 €, die seit dem Abschluss des Versicherungsvertrages an die Ehefrau des Schuldners verpfändet und seit dem Jahre 1997 von dem antragstellenden Finanzamt gepfändet ist.

Das Beschwerdegericht hat für diese Vorfragen seiner Entscheidung den Rechtssatz zugrunde gelegt, Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters sei das verwaltete Aktivvermögen, von dem Rechte Dritter, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Aus- oder Absonderungsrechte begründen, in ihrem Wert nicht abzuziehen seien, wenn sich der Verwalter in nennenswertem Umfang mit den hiervon betroffenen Gegenständen befasst habe. Entgegen dem angeführten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4. Dezember 2000 ist das Beschwerdegericht allerdings der danach gestellten Frage eines Abschlags (vgl. BGHZ 146, 165, 177) nicht nachgegangen.

Die vom Beschwerdegericht fehlerhaft herangezogene ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist mit den Beschlüssen vom 14. Dezember 2005 (BGHZ 165, 266) und 13. Juli 2006 (BGHZ 168, 321) aufgegeben worden. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kann danach die hiervon abweichende Beschwerdeentscheidung nicht bestehen bleiben. Sie erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

Vermögensgegenstände, an denen Rechte Dritter gemäß § 771 ZPO oder § 805 ZPO bestehen, werden für den vorläufigen Insolvenzverwalter nach der genannten neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur mit dem Wertüberschuss vergütungswirksam, der zur Abfindung oder Befriedigung dieser Rechte nicht erforderlich ist, sofern die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters nicht im erheblichem Umfang durch diese Gegenstände in Anspruch genommen wurde. Auch ein Grundstück oder Grundstücksbruchteil, für den der Übertragungsanspruch eines Dritten im Grundbuch vorgemerkt ist, gehört nicht zur Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung (BGH, Beschl. v. 13. März 2008 - IX ZB 39/05, ZIP 2008, 1028 f Rn. 10, 11).

Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 InsVV in der Fassung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3389) ergäbe sich für den vorläufigen Insolvenzverwalter insoweit keine günstigere Befassungsschwelle, welche nach dieser Vorschrift allerdings Bezug auf die Berechnungsgrundlage hätte. Ob die Neuregelung der Verordnung vom 21. Dezember 2006 auf den Beschwerdefall anwendbar ist, was einen Gegenschluss zu § 19 Abs. 2 InsVV voraussetzen würde, ob sie von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 63 Abs. 1 Satz 2 und 3, §§ 65, 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO gedeckt ist und mit Art. 3 und 14 GG im Einklang steht, bedarf aus Anlass der Rechtsbeschwerde keiner Entscheidung.

Das Beschwerdegericht hat nicht angenommen, dass sich der vorläufige Insolvenzverwalter mit dem Grundvermögen und der Lebensversicherung des Schuldners in erheblichem Umfang befasst hat.

Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters, die das Grundstück in P. betraf, war nach der Feststellung des Beschwerdegerichts unterdurchschnittlich. Für den Grundbesitz in K. hat der vorläufige Insolvenzverwalter zwar auf die Möglichkeit einer Anfechtung des vorgemerkten Übertragungsanspruchs nach § 133 oder § 134 InsO hingewiesen. Er hat aber keine über die Sachverständigentätigkeit hinausgehenden Bemühungen zur Feststellung oder Sicherung künftiger Anfechtungsrechte dargelegt, nach denen ihm insoweit ein Zuschlag in analoger Anwendung von § 3 InsVV zugebilligt werden könnte (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 14. Dezember 2005 - IX ZB 268/04, ZInsO 2006, 143, 145 unter II. 3.).

Über die Lebensversicherung des Schuldners und die hieran bestehenden Drittrechte will der vorläufige Insolvenzverwalter mit der Versicherungsgesellschaft und den Pfandgläubigern verhandelt haben.

Demgegenüber beanstandet die Rechtsbeschwerde zutreffend, dass Inhalt und Ziel dieser Verhandlungen nicht ersichtlich sind, so dass sich auch hier keine erhebliche, zu den Aufgaben des Sachverständigen hinzutretende Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters ergibt. Das Beschwerdegericht geht insoweit auch selbst nur von einer "Basissicherung" durch den vorläufigen Insolvenzverwalter aus, wel-che die Schwelle eines erheblichen Tätigkeitsumfanges gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a) InsVV oder § 11 Abs. 1 Satz 4 InsVV nicht erreichen kann.

Demnach berechnet sich, wie der Rechtsbeschwerdeführer geltend gemacht hat, die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auf der Grundlage einer freien Masse von nur 1.447,61 €. Ihm steht danach die ungekürzte Mindestvergütung gemäß §§ 10, 2 Abs. 2 Satz 1 InsVV zu (vgl. dazu BGHZ 168, 321, 338). Maßgebend hierfür ist nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. April 2006 (IX ZB 109/05, ZIP 2006, 2228; a.A. Raebel, FS für Gero Fischer, S. 459, 478) die Fassung der Verordnung vom 4. Oktober 2004.

Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters beträgt demgemäß 1.000 €, weil die Zahl der im Eröffnungsverfahren beteiligten Gläubiger, mit deren Forderungen und Rechten er sich befasst hat, die erste Stufenzahl 10 nicht überstiegen hat (vgl. zu dieser Abstufung BGHZ 168, 321, 338 Rn. 41). Hinzu kommt eine Auslagenpauschale gemäß § 8 Abs. 3 InsVV in der Fassung vom 4. Oktober 2004 von 150 € und gemäß § 7 InsVV die auf beide Beträge entfallende Umsatzsteuer, insgesamt ein Betrag von 1.334 € statt des vom Landgericht festgesetzten und aus dem damaligen Schuldnervermögen ohnehin nicht beitreibbaren Gesamtbetrages von 4.301,79 €.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens bestimmt sich nach dem Nominalbetrag der vom vorläufigen Insolvenzverwalter zu Unrecht beanspruchten Vergütung, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Abwehrinteresse des Schuldners an der überhöhten Festsetzung im Falle eines späteren Neuerwerbes die volle Forderungshöhe erreicht.

Ganter Raebel Kayser Lohmann Pape
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