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Text des Urteils
5 Sa 153/98;
Verkündet am: 
 23.03.1999
LAG Landesarbeitsgericht
 

Erfurt
Vorinstanzen:
7 Ca 4729/96
Arbeitsgericht
Erfurt;
Rechtskräftig: unbekannt!
Fortsetzung der Rechtsprechung der 5. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts im Urteil vom 13.08.1996 LAGE § 1 KSchG Nr. 39
Leitsatz des Gerichts:
1) Fortsetzung der Rechtsprechung der 5. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts im Urteil vom 13.08.1996 LAGE § 1 KSchG Nr. 39

2) Ein von der Hochschule aufgestellter oder im Wege der Ersatzvornahme von der übergeordneten Behörde aufgestellter Personalbedarfsplan kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen, wenn nicht nachgewiesen wird, dass ggf. auf Grund organisatorischer Maßnahmen spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist die vorhandene Arbeitsmenge geringer ist, als der Bestand der zur Erledigung der Arbeitsmenge erforderlichen Arbeitnehmer.
Entscheidungstenor


Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 29.10.1997, Az.: 7 Ca 4729/96 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.


Tatbestand


Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Die am 09.01.1960 geborene, alleinstehende und einem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit dem 01.08.1983 bei dem Beklagten bzw. seinem Rechtsvorgänger an der P. H. E/M als wissenschaftliche Assistentin bzw. Lehrerin im Hochschuldienst im Institut für Slawistik beschäftigt.

Am 15.07.1996 erließ der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Beklagten für die P. H. E/M im Wege der Ersatzvomahme einen Personalbedarfsplan, der für den Bereich des Fachbereichs Slawistik statt bisher 16 Stellen nur noch 5 Vollzeitstellen und 2 Teilzeitstellen vorsah. Infolgedessen führte der Beklagte zur Ermittlung des zur Kündigung vorgesehenen Personenkreises eine Sozialauswahl durch. Wegen des Ablaufs dieser Sozialauswahl und der in diesem Zusammenhang von dem Beklagten zugrundegelegten Kriterien wird auf S. 8 - 10 des Beklagtenschriftsatzes vom 30.04.1997 (Bl. 22 - 24 d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 26.7.1996 beantragte der Beklagte die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin beim Hauptpersonalrat (HPR) des Beklagten. Hinsichtlich des Inhalts der dem HPR zur Rechtfertigung der Kündigung zugänglich gemachten Informationen wird auf S. 10 - 13 des Schriftsatzes des Beklagten vom 30.04.1997 (Bl. 24 - 27 d. A.), das vom Beklagten zu den Akten gereichten Anhörungsschreiben nebst Anlagen vom 26.7.1996 (Bl. 54 ff. d. A.) und auf S. 3 - 4 des Schriftsatzes des Beklagten vom 24.09.1997 (Bl. 106 - 107 d. A.). Bezug genommen. Der HPR lehnte nach Erörterung des Falles mit Schreiben vom 19.09.1996 (Bl. 8 d. A.) die Durchführung der vom Beklagten beabsichtigten Kündigung ab. Mit darauf folgendem Schreiben vom 24.09.1996 teilte der Minister dem HPR mit, dass die Kündigungsabsicht aufrechterhalten werde.

Mit Schreiben vom 24.09.1996, welches der Klägerin am 26.9.1996 zuging, kündigte der Beklagte der Klägerin zum 31.03.1997.

Am 10.10.1997 erhob die Klägerin gegen diese Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Erfurt.

Am 16.12.1996 beschloss der Thüringer Landtag das Thüringer Haushaltsgesetz für das Jahr 1997 (GVBI. 1996 S. 305), dass im Einzelplan 15 des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur für den Bereich der P. H. E/M unter dem Titel 42201 den Abbau von 27 Beamtenstellen und unter dem Titel 42501 den Abbau von 71 Angestelltenstellen festlegte.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der dort gestellten Anträge wird im Übrigen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, weil der Beklagte die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung nach § 1 KSchG nicht nachgewiesen habe. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, das Haushaltsgesetz 1997 des Beklagten könne die Kündigung nicht rechtfertigen, weil dort im Einzelplan 15 dem Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur für den Bereich der P. H. E/M unter dem Titel 42201 nur allgemein der Abbau von 27 Beamtenstellen und unter dem Titel 42501 nur allgemein der Abbau von 71 Angestelltenstellen festgelegt sei. Lediglich allgemeine Einsparungen in Haushaltsplänen bedürften erst der Umsetzung durch die Exekutive in den einzelnen Dienststellen. Für sich alleine oder durch bloße schematische Übertragung der Einsparungen auf einzelne Dienststellen, ohne dass dort ein Arbeitskräfteüberhang bestehe, könnten allgemeine Stelleneinsparungen in Haushaltsplänen eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Auch der vom Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur am 15.07.1996 für den Bereich der P. H. E/M erlassene Personalbedarfsplan könne im Streitfall eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen, weil es an einer weitergehenden Darlegung von Tatsachen für das Bestehen eines dem Personalbedarfsplan entsprechenden Minderbedarfs an Lehrkräften fehle. Soweit der Beklagte sich zur Begründung der Kündigung auf einen Rückgang der Studentenzahlen und eine veränderte Nachfrage im Bereich Slawistik berufen habe, fehle es an einer nachvollziehbaren Darlegung eines Lehrkräfteüberhangs.

Der Beklagte hat gegen dieses ihm am 04.02.1998 zugestellte Urteil am 02.03.1998 beim Thüringer LAG Berufung eingelegt. Auf seinen am 31.03.1998 eingegangenen Antrag wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.05.1998 verlängert. An diesem Datum ging die Berufungsbegründung auch ein.

Der Beklagte wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend:

Für das Haushaltsjahr 1996 habe die Landesregierung im Zuge allgemeiner Einsparungsmaßnahmen und einer Umstrukturierung im gesamten Hochschulbereich einen Stellenabbau beschlossen. Für den Bereich des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur sei nach dem Haushaltsgesetz 1996 an der P. H. E/M ein Stellenabbau von insgesamt 98 Stellen vorgesehen gewesen. Die Stellenstreichungen seien im Einzelplan 15 des Haushaltsplans 1997 dokumentiert.

Jedenfalls sei die Kündigung auf Grund des von dem Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Beklagten am 15.7.1996 für die P. H. E/M im Wege der Ersatzvornahme erlassenen Personalbedarfsplans gerechtfertigt, der die Stellenstreichung des Haushaltsplanes hinreichend konkretisiere. Dieser Personalbedarfsplan sei eine unternehmerische Organisationsentscheidung, die nach der Rechtsprechung des BAG nur einer eingeschränkten arbeitsgerichtlichen Überprüfung zugänglich sei..

Darüber hinaus könne die Kündigung der Klägerin auch auf die zurückgegangene Nachfrage der Studenten für den Bereich Slawistik gestützt werden.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 29.10.1997, 7 Ca 4729/96, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung des Beklagte kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin macht geltend, der Haushaltsplan 1997 komme für die Rechtfertigung der Kündigung nicht in Betracht, da nicht ersichtlich sei, dass die dort vorgesehenen Personaleinsparungen die Stelle der Klägerin betreffen. Der Personalbedarfsplan könne die Kündigung der Klägerin deshalb nicht rechtfertigen, weil dessen Ersatzvornahme grob rechtswidrig gewesen sei. Der Beklagte habe zudem die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt und die Personalratsanhörung nicht ordnungsgemäß durchgeführt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


A. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete und damit insgesamt zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung festgestellt und den Beklagten zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verurteilt.

1. a) Nach der Rechtsprechung der 5. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts dürfen im öffentlichen Dienst keine anderen rechtlichen Maßstäbe an die Prüfung der Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung angelegt werden als in der Privatwirtschaft (ebenso nun auch Lakies, Die Bedeutung des Haushaltsrechts für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Öffentlichen Dienst, NZA 1997 S. 745). Zur Annahme eines dringenden betrieblichen Erfordernisses im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG reicht eine schlichte Bezugnahme auf den Haushaltsplan nur aus, wenn sich aus diesem ergibt, dass durch dienststellenorganisatorische Maßnahmen die Arbeitsmenge geringer als die Zahl der zu ihrer Erledigung vorhandenen Arbeitnehmer ist (Urteil vom 13.06.1996, LAGE § 1 KSchG, Entsch. Nr. 39). Nach der Rechtsprechung des BAG können Stellenstreichungen in einem Haushaltsplan, ebenso wie das Anbringen eines "kw-Vermerks" eine von den Gerichten nicht nachprüfbare Entscheidung darstellen, dass die bezeichnete Stelle für die einzelne Dienststelle entbehrlich ist. Dies setzt aber stets eine nach sachlichen Merkmalen genau bestimmte Stelle voraus, weil anderenfalls nicht festgestellt werden kann, ob im konkreten Fall der Kündigung ein dringendes betriebliches Erfordernis zugrundeliegt. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine bestimmte Kündigung ist noch nicht begründet, wenn die Verwaltung erst noch entscheiden muss, dass und welche organisatorischen Maßnahmen ergriffen werden sollen. In diesem Fall hat sich der Haushaltsgesetzgeber mit den Verhältnissen der konkreten Stelle noch nicht in dem Sinne befasst, dass die Unternehmerentscheidung damit abschließend getroffen ist (BAG, Revisionsurteil zur o. a. Entscheidung der Kammer vom 19.03.1998, EzA Art. 20 EV, Entsch. Nr. 20).

b) Die von der BAG-Rechtsprechung abweichende Rechtsprechung der Kammer wirkt sich im Streitfall schon deshalb nicht aus, weil die Kündigung nach dem Vortrag des Beklagten bereits tatsächlich nicht auf einem Haushaltsgesetz beruhen kann. Demzufolge kommt es auf die Erfüllung der oben genannten Voraussetzungen des Haushaltsgesetzes als unmittelbare Rechtsgrundlage für eine betriebsbedingte Kündigung nicht an. Dies haben sowohl die Parteien als auch das Arbeitsgericht verkannt.

Der Beklagte hat sich vor dem Arbeitsgericht darauf berufen, dass (bereits) das Haushaltsgesetz 1996 an der PH E/M einen Stellenabbau von 98 Stellen vorgesehen habe (vgl. Schriftsatz vom 30.4.1997 S. 2, Bl. 16 d. A.). Diese Bezugnahme ist auch in dem der Klägerin zugegangenen Kündigungsschreiben (Bl. 5 d. A.) enthalten. Die entsprechenden Entscheidungen seien durch Kabinettsbeschlüsse vom 21.06.1995 und 19.09.1995 erfolgt. Die Stellenstreichungen seien im Einzelplan 15 des Haushaltsplanes 1997 im Einzelnen dokumentiert. Die Klägerin hat sowohl die Existenz dieser Kabinettsbeschlüsse bestritten, als auch den Umstand, dass nach dem Haushaltsgesetz 1996 ein entsprechender Stellenabbau vorgesehen gewesen sei. Der Beklagte hat zum Nachweis seiner Behauptung auszugsweise den Landeshaushaltsplan 1997 in Fotokopie vorgelegt. Aus dem Einzelplan 15 des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur ergibt sich für den Bereich der P. H. E/M unter dem Titel 42201 gegenüber dem Vorjahr 1996 ein Abbau von 27 Beamtenstellen und unter dem Titel 42501 gegenüber dem Vorjahr 1996 ein Abbau von 71 Angestelltenstellen, insgesamt also 98 Stellen. Der Haushaltsplan enthält in der jeweiligen Fußnote den Vermerk "Stellenabbau gemäß Kabinettsbeschluss vom 19.09.1995". Auf letzteres hat der Beklagte auch selbst auf S. 5 in seinem Schriftsatz vom 30.04.1997 ( Bl.19 d. A.) hingewiesen. Es ist danach davon auszugehen, dass bei dem von dem Beklagten im Kündigungsschreiben und im Verlauf des vorliegenden Prozesses zur Rechtfertigung der Kündigung angeführten Haushaltsgesetz in Wirklichkeit nicht das Haushaltsgesetz 1996, sondern das Haushaltsgesetz 1997 gemeint ist. Die Kündigung erfolgte aber bereits am 24.09.1996. Maßgebliche Voraussetzung für die Rechtfertigung einer jeden betriebsbedingten Kündigung ist es, dass zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs die Prognose gerechtfertigt ist, spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde der Bedarf für die Beschäftigung des von ihr betroffenen Arbeitnehmers entfallen. Da der Beklagte nicht vortragen konnte, dass das Haushaltsgesetz 1997 zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits beschlossen war, weil dies erst am 16.12.1996 der Fall war, hätte er zumindest Umstände vortragen müssen, welche im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs die sichere Annahme gerechtfertigt hätten, das Haushaltsgesetz 1997 werde in jedem Fall mit dem Inhalt des von dem Beklagten angeführten Kabinettsbeschlusses erlassen. Daran fehlt es. Allein das Vorliegen eines die streitgegenständlichen Stellenstreichungen an der PH E/M vorsehenden Kabinettsbeschlusses aus dem Jahre 1995 kann diese Annahme nicht rechtfertigen. Dieser Beschluss ist nach Lage der Dinge schon im Haushaltsgesetz 1996 nicht umgesetzt worden.

c) Im übrigen könnte das Haushaltsgesetz 1997 des Beklagten, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, auch deshalb die Kündigung der Klägerin nicht unmittelbar sozial rechtfertigen, weil es sich bei den vom Beklagten in Anspruch genommenen Festlegungen des Haushaltsgesetzes nicht um konkretisierte Stellenstreichungen im Sinne der Rechtsprechung des BAG handelt, bei denen der Haushaltsgesetzgeber sich selbst mit den Verhältnissen der betreffenden Verwaltung befasst hat.

2. Der Beklagte kann sich entgegen der Auffassung der 8. Kammer (z. B. Urteil vom 17.08.1998, 8 Sa 657/97) zur Rechtfertigung der Kündigung auch nicht auf den Personalbedarfsplan vom 15.07.1996 berufen, der im Fachbereich Slawistik der PH E/M ab dem 01.01.1997 anstatt 16 Stellen nur noch 5 volle und zwei halbe Stellen vorsieht.

a) Selbst wenn der im Wege der Ersatzvornahme von dem Thüringer Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur für die PH E/M für das Jahr 1997 aufgestellte Personalbedarfsplan auf allgemeinen Stelleneinsparungsvorgaben des Haushaltgesetzgebers beruhen würde, kann dieser allein die Kündigung der Klägerin nicht rechtfertigen.

Die den Haushaltsplan ausführende Verwaltung kann auf Grund der im Haushaltsplan festgelegten Einsparungsanordnung die Zweckmäßigkeit ihrer Verwaltungsorganisation nachprüfen und organisatorische Maßnahmen ergreifen, die Arbeitsposten entbehrlich machen. Werden durch solche organisatorischen Maßnahmen Arbeitsplätze entbehrlich, dann liegt erst mit der organisatorischen Umsetzung der allgemeinen Einsparungsanordnung des Haushaltsgesetzgebers durch die Verwaltung ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung vor (ständige Rspr. des BAG seit der Entscheidung des Großen Senats vom 28.11.1956, AP Nr. 20 zu § 1 KSchG). Das Vorliegen solcher organisatorischen Maßnahmen hat der Beklagte nicht vorgetragen. Er ist offensichtlich der Auffassung, in dem Personalbedarfsplan selbst sei die von der BAG-Rechtsprechung vorausgesetzte organisatorische Maßnahme zu sehen, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führe. Diese Auffassung ist rechtsirrig. Der Personalbedarfsplan enthält nichts anderes als eine Festlegung der in den einzelnen Fachbereichen ab dem 01.01.1997 noch benötigten Stellen. Er enthält damit zugleich eine ungeschriebene Streichung der über diese Zahl hinaus bislang vorhandenen Stellen. Auf die Frage, ob die durch Stellenstreichungen betroffenen Arbeitsplätze unter Zugrundelegung der (spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist) tatsächlich vorhandenen Arbeitsmenge entbehrlich geworden sind, gibt er keine Antwort. Gerade darum geht es aber bei der Frage der Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung. Weil es sich um eine für Entscheidung des für die Staatsführung verantwortlichen Parlaments handele, sollen nach der Rechtsprechung des BAG lediglich die Stellenstreichungen des Haushaltsgesetzgebers von einer gerichtlichen Überprüfung ausgenommen sein und das auch nur dann, wenn die betreffenden Stellen im Haushaltsplan nach sachlichen Merkmalen genau bestimmt sind, so daß dies die Annahme rechtfertigt, der Haushaltsgesetzgeber habe sich mit den Verhältnissen der konkreten Stellen befasst (vgl. BAG GS a. a. O.., BAG Urteil vom 19.03.1998 a. a. O.). Selbst wenn der vom Beklagten in Bezug genommene Personalbedarfsplan als hinreichend konkretisierte Stellenstreichung im Sinne der BAG-Rechtsprechung anzusehen wäre, würde dieser die arbeitsgerichtliche Nachprüfung des tatsächlichen Wegfalls von Arbeitsplätzen nicht ausschließen, weil es sich lediglich um die Entscheidung einer für die Staatsführung in ihrer Gesamtheit nicht verantwortlichen Verwaltungsbehörde handelt.

Solange nicht eine konkretisierte Stellenstreichung des Haushaltsgesetzgebers vorliegt, unterscheidet sich auch nach der Rechtsprechung des BAG die rechtliche Überprüfung betriebsbedingter Kündigungen im Bereich des öffentlichen Dienstes in keiner Weise von dem Bereich der Privatwirtschaft. Diese Grundsätze gelten auch im Hochschulbereich. Entgegen der Auffassung der 8. Kammer (a. a. O.) wird dadurch das verfassungsrechtlich geschützte Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen nicht tangiert. Wie ein privater Arbeitgeber sind auch die Hochschulen in ihren Organisationsentscheidungen autonom. Sie können grundsätzlich Fächer und Fachbereiche neu strukturieren, organisieren und in diesem Zusammenhang auch festlegen, welche fachlichen Anforderungen an die Besetzung der Stellen zu knüpfen sind (BAG, Urteil vom 11.09.1997, AP Nr. 7 zu Art 38 EV m. w. N.). Die Arbeitsgerichte überprüfen im Rahmen von Kündigungsschutzprozessen ebensowenig wie die Entscheidung des Unternehmers zur Organisation seines Betriebs die Selbstverwaltungsentscheidungen der Hochschulen. Sie überprüfen nur die Frage, ob auf Grund dieser bindend hinzunehmenden Unternehmerentscheidungen/Selbstverwaltungsentscheidungen Arbeitsplätze in Wegfall geraten.

Zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung hätte der Beklagte daher nachvollziehbar darlegen müssen, dass die im Fachbereich Slawistik der PH E/M vorhandene Arbeitsmenge spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist der Klägerin ihren Arbeitsplatz entbehrlich gemacht hat. Bei einer schlichten Streichung von 10 der vorher vorhandenen 16 Stellen, ohne dass dem organisatorische Änderungen im Fachbereich Slawistik, wie z.B. Reduzierung des Lehrangebots oder sonstige der Hochschulautonomie unterliegenden Organisationsentscheidungen zugrundeliegen (dienststellenorganisatorisch belassende Unternehmerentscheidung), erfüllt der Beklagte die erforderliche Pflicht zur Darlegung des Kündigungsgrundes nur dann, wenn er in nachvollziehbarer Weise vorträgt, wie bei gleichbleibendem Lehrangebot die vorhandenen Aufgaben mit den weiterzubeschäftigenden Arbeitnehmern erfüllt werden können. Daran fehlt es.

b) Unbeschadet der vorstehenden Gründe, aus denen sich ergibt, dass die Kündigung selbst dann nicht lediglich mit der im Personalbedarfsplan des Beklagten vom 15.07.1996 zum Ausdruck gekommene Stellenreduzierung gerechtfertigt werden kann, wenn dieser auf allgemeinen Einsparungen des Haushaltgesetzgebers beruhen würde, ist festzustellen, dass der Personalbedarfsplan nach dem Vorbringen des Beklagten im Streitfall überhaupt nicht auf einer Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers beruhen kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn im Zeitpunkt des Erlasses des Personalbe-
darfsplanes durch das Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, also am 15.07.1996, das Haushaltsgesetz 1997 bereits durch den Landtag verabschiedet gewesen wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Der fragliche Personalbedarfsplan beruht deshalb allenfalls auf den vom Beklagten vorgetragenen Kabinettsbeschlüssen des Jahres 1995. Ohne dass eine dementsprechende Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers vorlag, kann bezüglich des vom Thüringer Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur am 15.07.1996 im Wege der Ersatzvornahme erlassenen Personalbedarfsplans der PH E/M nicht von der rechtmäßigen Vollziehung des Landeshaushaltsgesetzes gesprochen werden. Demzufolge beruhte auch die Kündigung der Klägerin noch nicht einmal auf der Vollziehung einer allgemeinen Einsparungsanordnung des Haushaltsgesetzgebers durch die den Haushaltsplan ausführende Verwaltung, sondern lediglich auf dem ohne haushaltsgesetzliche Grundlage ergangenen ministeriellen Erlass vom 15.07.1996, der für den Fachbereich Slawistik eine Streichung von 10 von 16 Stellen vorsah. Ministerielle Erlasse stellen aber kein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung dar (BAG, Urteil vom 29.05.1985 - 7 AZR248/84, Thüringer LAG, Urteil vom 13.08.1996 a. a. O.; Berkowsky, Die Betriebsbedingte Kündigung, 3. Aufl. 1994 Rnr. 50; Kittner/Trittin, Kündigungsschutzrecht, 2. Aufl. 1995 Rnr. 338).

3. Die Kündigung der Klägerin ist unabhängig von der zu verneinenden Frage ihrer Rechtfertigung auf der Grundlage eines zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs nicht existierenden Haushaltgesetzes und unabhängig von der zu verneinenden Frage ihrer Rechtfertigung auf der Grundlage eines ministeriellen Erlasses (Personalbedarfsplanes) aus betriebsbedingten Gründen auch wegen fehlender studentischer Nachfrage nach dem Lehrangebot des Fachbereichs Slawistik der Klägerin rechtswirksam.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber durch Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung die Zahl der Arbeitskräfte dem Umfang der anfallenden Arbeit anpassen. Ein Nachfragerückgang im Lehrfach Slawistik würde den Beklagten zum Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen insoweit berechtigen, als die anfallenden Aufgaben mit reduziertem Personalbestand bewältigt werden können. Dies muss er im Kündigungsschutzprozess nachvollziehbar darlegen und im Bestreitensfall beweisen. Ob die Auffassung des Arbeitsgerichts zutrifft, das insoweit vom Beklagten geleistete Tatsachenvorbringen sei unzureichend, kann dahinstehen, denn es fehlt bezüglich dieses Kündigungsgrundes jedenfalls an einer ordnungsgemäßen Personalratsanhörung. Eine entsprechende schriftliche Information des Hauptpersonalrats im Rahmen seiner beim Ausspruch von Kündigungen erforderlichen Beteiligung ist nicht erfolgt, wie sich aus dem Anhörungsschreiben vom 26.07.1996 (Bl. 54 d. A.), der die Klägerin betreffenden Anlage hierzu (Bl. 75 d. A.) und dem schriftsätzlichen Vorbringen des Beklagten zum Umfang der Personalratsanhörung (Bl. 24 - 27, 106 - 107 d. A. ) ergibt. In seinem Schriftsatz vom 24.09.1997 hat der Beklagte auf die Darlegungen zum Nachfragerückgang im Fachbereich Slawistik lapidar ausgeführt, dass es im Rahmen der Personalratsbeteiligung zum Ausspruch der Kündigungen nicht erforderlich gewesen sei, auf die zuvor dargelegten Erwägungen, die zu den Festlegungen des Personalbedarfsplanes geführt hätten, nochmals einzugehen, weil dieser und seine Begründung bereits Gegenstand eines gesonderten Beteiligungsverfahrens gewesen seien. Ein weitergehender Vortrag, aus dem sich nachvollziehen lässt, dass der Hauptpersonalrat bereits auf Grund bei ihm vorhandener Informationen über einen aus Gründen verminderter studentischer Nachfrage vorhandenen Kündigungsgrund in der Person der Klägerin im Bilde war und deshalb eine nochmalige Information im Rahmen des kündigungsrechtlichen Personalratsbeteiligungsverfahrens entbehrlich war, ist nicht erfolgt.

B. Der Beklagte trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels (§ 97 Abs. 1 ZPO).

C. Die Revision wird zugelassen, da die Entscheidung von einem noch nicht schriftlich vorliegenden Urteil der 7. Kammer vom 01.12.1998 (7 Sa 656/97) und der Rechtsprechung der 8. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts (z. B. Urteil vom 17.08.1998 - 8 Sa 657/97 - Revision zugelassen) zu vergleichbaren Fällen abweicht.
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