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Text des Urteils
3 Ca 548/01;
Verkündet am: 
 29.05.2001
ArbG Arbeitsgericht
 

Gotha
Rechtskräftig: unbekannt!
Wenn ein im Haushaltsgesetz für den Bereich des Kultusministeriums festgelegter künftiger Stellenwegfall nicht durch ein auf den Stellenbedarf der jeweiligen Dienststelle zugeschnittenes Konzept der zuständigen Verwaltung untersetzt ist, ...
Leitsatz des Gerichts:
1. Wenn ein im Haushaltsgesetz für den Bereich des Kultusministeriums festgelegter künftiger Stellenwegfall nicht durch ein auf den Stellenbedarf der jeweiligen Dienststelle zugeschnittenes Konzept der zuständigen Verwaltung, das nach sachlichen Merkmalen genau bestimmte Stellen voraussetzt, untersetzt ist, bedarf es zur Darstellung eines dringenden betrieblichen Erfordernisses der Darlegung konkreter Umstände, die den Schluß zulassen, dass sich die Arbeitsmenge (Unterrichtsbedarf) unter Beachtung des gesetzlichen Bildungsauftrages derart nachhaltig verringert hat, dass deswegen der Beschäftigungsbedarf für eine bestimmte Anzahl von Lehrerinnen und Lehrern auf Dauer entfallen ist. Eine wissenschaftlich abstrakte Berechnungsmethode spiegelt die tatsächlichen Umstände nicht mit der erforderlichen Genauigkeit wieder und ist zur Darstellung eines Kündigungssachverhaltes ungeeignet.

2. Die Feststellung eines dringenden betrieblichen Erfordernisses setzt voraus, dass die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ggf. in einer anderen Schulart zu geänderten Bedingungen nicht möglich ist.

Es ist davon auszugehen, dass auch zukünftig die Weiterbeschäftigung in einer anderen Schulart möglich ist, wenn dies in der Vergangenheit so praktiziert wurde ("Swing-Modell").

Dem entgegenstehende Tatsachen hat der Beklagte ggf. darzulegen und zu beweisen.

Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist der Beklagte vor Ausspruch einer Beendigungskündigung zur Unterbreitung eines Änderungsangebotes verpflichtet.

3. Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl der zu Kündigenden den auswahlrelevanten Personenkreis verkennt.

Funktionell bezieht sich die Sozialauswahl unter Beachtung von § 12 BAT-O auf alle Arbeitsplätze, die von dem Arbeitsvertrag des jeweiligen Arbeitnehmers erfaßt sind. Die betriebliche Organisation des Beklagten läßt es zu, auch Teilzeitkräfte - soweit es sich um vergleichbare Arbeitnehmer handelt - in die soziale Auswahl einzubeziehen. Die soziale Auswahl muß sich auf sämtliche Grundschullehrer beziehen, die nicht einem gesetzlichen Kündigungsschutz unterliegen und deswegen von vornherein aus der Sozialauswahl herausfallen. Die Beschränkung der Sozialauswahl auf sogenannte kündbare Arbeitnehmer im jeweiligen Schulamtsbereich ist unzulässig. Die Zusage von einzelvertraglichem Kündigungsschutz schließt eine gesetzliche Sozialauswahl nicht aus.

§ 1 Abs. 3 KSchG ist zwingendes Recht, das nicht einzelvertraglich abbedungen werden kann.

Allerdings könnten sich Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber individuellen Kündigungsschutz vereinbart haben, im Falle ihrer Auswahl bei einer ordnungsgemäßen gesetzlichen Sozialauswahl auf die vertragliche Vereinbarung ihrer Unkündbarkeit berufen, so dass der Arbeitgeber bei ordnungsgemäßer Sozialauswahl den sozial vorrangig zu kündigenden Arbeitnehmer infolge zugesagten Kündigungsschutzes auch nicht kündigen kann.

Bei offensichtlicher Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises spricht eine vom Arbeitgeber auszuräumende tatsächliche Vermutung dafür, dass die Auswahl im Ergebnis sozialwidrig ist.

4. Eine Kündigung verstößt gegen § 612 a BGB und ist damit unwirksam, wenn der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem von ihm zulässig ausgeübten Recht - Beharrung auf dem ursprünglich abgeschlossenen Arbeitsvertrag - ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Teilzeitangebot abgelehnt hat und deshalb gekündigt wurde.


5. Die Kündigungsbefugnis eines beim Freistaat Thüringen angestellten Lehrers liegt beim Thüringer Kultusminister.

Sie ergibt sich aus dem Beschluß der Thüringer Landesregierung vom 07.11.1999.

Der Thüringer Kultusminister kann die nachgeordnete Dienststelle mit dem Ausspruch von Kündigungen beauftragen.

Dazu ist die Erteilung einer Kündigungsbefugnis (Vollmacht) erforderlich, die der Kündigung beigelegt werden muß oder dem zu Kündigenden vom Vollmachtgeber mitzuteilen ist.

Aus § 4 Abs. 3 ThürSchAG kann eine gesetzliche Kündigungsbefugnis des Schulamtsleiters nicht abgeleitet werden.

6. Der Hinweis auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auch in einer anderen Schulart sowie nach Fortbildungsmaßnahmen ist ausreichend, um einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach Zustimmungsverweigerung des Personalrates auszulösen.
Entscheidungstenor:


1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Prozeßparteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 28.03.2001 aufgelöst wird.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Grundschullehrerin weiter zu beschäftigen.
3. Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Beklagten auferlegt.
4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 22.400,00 festgesetzt.


Tatbestand:


Die Prozeßparteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung.

Die am 21.05.1957 geborene Klägerin ist seit 1977 als Grundschullehrerin tätig und war zuletzt an der Grundschule S beschäftigt.

Sie hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder, wobei eine Tochter schwerbehindert ist. Der Ehemann der Klägerin ist seit 1998 arbeitslos.

Die Klägerin unterrichtet in den Fächern Ethik, Mathematik, Deutsch, Heimat- und Sachkunde sowie Schulgarten und kann (außer Sport) auch alle anderen Fächer vertreten.

Seit 1990/91 ist in Thüringen ein starker Geburtenrückgang zu verzeichnen. Dies hat ein erhebliches Absinken der Schülerzahl zur Folge, was zwangsläufig Auswirkungen auf den Bedarf an Lehrkräften hat.

Mit dem am 20.12.2000 als "Sparhaushalt" apostrophierten Haushaltsgesetz für die Haushaltsjahre 2001/2002 wurde im Haushaltsplan 04 Geschäftsbereich des Thüringer Kultusministeriums für den Bereich der Grundschulen (Kapitel 0406) unter dem Titel 42501 festgelegt, dass 192 Stellen der Vergütungsgruppe III, betrifft Lehrkräfte, und 478 Stellen der Vergütungsgruppe V c, betrifft Erzieher, im Haushaltsjahr entfallen. Weiterhin sollen 980 Stellen gemäß Haushaltsvermerk zu Kapitel 0407 42501 aus dem Regelschulbereich, auf denen Grundschullehrer geführt werden, entfallen.

Vor diesem Hintergrund wurde ein entsprechender Stellenabbau beschlossen.

Seitens des zuständigen Thüringer Kultusministeriums wurde verfügt, dass die Umsetzung des Stellenabbaus in den jeweiligen Schulämtern erfolgen solle und die dahingehenden Befugnisse den Schulämtern übertragen. Diese führten auf Grundlage einer landeseinheitlichen abstrakten Berechnungsmethode eine sogenannte Bedarfs- und Bestandsberechnung durch und ermittelten die Anzahl der mutmaßlich überzähligen vollzeitbeschäftigen Lehrer.

Gleichzeitig wurde die Anzahl der aus Sicht des Freistaates "kündbaren Lehrer", jeweils bezogen auf den Schulamtsbereich, ermittelt. Dabei handelt es sich um Arbeitnehmer, die aus Sicht des Freistaates weder inividualrechtlichen noch gesetzlichen oder anderweitig zugesagten Kündigungsschutz hatten.

Sofern die Zahl der "kündbaren Lehrer" ihren Bedarf überstieg wurde beschlossen, die jeweiligen Arbeitsverhältnisse nach erfolgter sozialer Auswahl unter allen "kündbaren Lehrern" zu beenden.

Im Schulamtsbereich R , dem die Dienststelle der Klägerin zugeordnet ist, hat der Beklagte einen Bestand von 102 kündbaren VZB sowie einen Bedarf zur Weiterbeschäftigung von 8,1 VZB ermittelt, dass heißt, dass der aufgrund einer abstrakten mathematischen Berechnungsmethode ermittelte Bedarf an Lehrkräften nicht allein mit "nichtkündbaren Lehrkräften" gedeckt werden konnte, sondern das Erfordernis bestand auch 8,1 kündbare VZB weiter zu beschäftigen. Zur Ermittlung der zu kündigenden VZB aus dem Kreis der kündbaren Arbeitnehmer hat das Schulamt eine Auswahl anhand einer vom Freistaat vorgegebenen Richtlinie vom 04.01.2001 durchgeführt, wobei diese nicht stur angewendet wurde. Die Klägerin erreichte danach insgesamt 107 Punkte und Platzziffer 50.

Mit unveröffentlichtem Schreiben vom 08. Januar 2001 wurde die Zuständigkeit zum Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen im Bereich der Grundschulen durch den Kultusminister den staatlichen Schulämtern übertragen.

Der beim staatlichen Schulamt R bestehende Bezirkspersonalrat wurde beteiligt und hat der beabsichtigten Kündigung der Klägerin widersprochen und die Zustimmung verweigert (Schreiben vom 19.02.2001). Maßgeblich für die Verweigerung der Zustimmung war im wesentlichen die nach Ansicht des Bezirkspersonalrats bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in anderen Schularten, da dort Personalbedarf besteht und dass eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen oder in anderen Schulamtsbereichen vom Schulamt nicht geprüft wurde. Soziale Gesichtspunkte seien bei der Auswahl nicht ausreichend berücksichtigt worden. Eine konkrete Bedarfsplanung für den Schulamtsbereich R sei für das Schuljahr 2001/2002 nicht vorgelegt worden. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft, da nicht alle betroffenen Landesbediensteten mit gleichen Tätigkeitsmerkmalen zugrunde gelegt worden sind und die angewandten Auswahlrichtlinien unhaltbar seien. Die Kündigung der Klägerin würde eine qualitative Lücke reißen.

Der Beklagte hat sodann das Stufenverfahren durchgeführt.

Der im Geschäftsbereich des Thüringer Kultusministeriums bestehende Hauptpersonalrat hat mit Schreiben vom 26.03.2001 gleichfalls die Kündigung der Klägerin abgelehnt und unter Bezug auf die Stellungnahme des Bezirkspersonalrates darauf verwiesen, dass der Bedarf an den Grundschulen im Schulamtsbereich

R nicht detailliert dargestellt wurde. Zudem sei ein weiterer Einsatz der Klägerin im Fach Ethik geboten.

Der Thüringer Kultusminister hat sodann mit Schreiben vom 27.03.2001 mitgeteilt, dass er an der beabsichtigten Kündigung der Klägerin festhält.

Darauf hat der Schulamtsleiter des staatlichen Schulamtes R mit Schreiben vom 28.03.2001 gegenüber der Klägerin die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2001, hilfsweise zum 31.12.2001, ausgesprochen.

Das Kündigungsschreiben ist der Klägerin am 30.03.2001 zugegangen.

Mit Schriftsatz vom 09.04.2001, beim Gericht am gleichen Tage eingegangen, hat die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben.

Sie vertritt die Auffassung, dass die Kündigung in mehrfacher Hinsicht unwirksam ist. Insbesondere müsse das Vorliegen betrieblicher Kündigungsgründe im Sinne von § 1 KSchG bestritten werden. Es werde bestritten, dass Bedarf für Lehrer an Grundschulen im Schulamtsbereich der Klägerin nicht vorhanden ist.

Auch sei strittig, dass Beschäftigungsbedarf der Klägerin an ihrer Dienststelle nicht vorhanden sei. Teilzeitbeschäftigte Kollegen der Klägerin würden Überstunden leisten. Weiterer Beschäftigungsbedarf sei durch den Tod einer Kollegin eingetreten.

Allein die Stellenstreichung sei kein Kündigungsgrund. Zusätzlicher Bedarf bestünde außerdem im Fach Ethik.

Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Sie hätte thüringenweit durchgeführt werden müssen. Die Reduzierung des kündbaren Arbeitnehmerkreises sei nicht zulässig. Die Sozialdaten der Klägerin seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Der Beklagte müsse die Daten der vergleichbaren Grundschullehrer vorlegen. Erst dann könne auf die durchgeführte Sozialauswahl detailliert Stellung genommen werden.

Der Beklagte hätte auch die Mitarbeiter, die das "Floating-Modell" abgeschlossen haben, in die soziale Auswahl einbeziehen müssen. Das Kündigungsschutzgesetz könne nicht durch irgend welche Modelle oder Individualvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehebelt werden.

Zwar sei der Klägerin das "Floating-Modell" gleichfalls angeboten worden, jedoch habe sie in zulässiger Weise ihre Rechte geltend gemacht und ihre Arbeitskraft weiter in Vollzeit einsetzen wollen. Der Beklagte verstoße mit der Kündigung somit gegen § 612a BGB, also das Maßregelungsverbot.

Der Beklagte habe vorgetragen, dass Mitarbeiter, welche das "Floating-Modell" angenommen hätten, Kündigungsschutz besäßen, und, wenn alle dieses Modell angenommen hätten, also auch die Klägerin, keine Kündigungen ausgesprochen worden wären.

Der Klägerin hätte vor Ausspruch der Kündigung ein Weiterbeschäftigungsangebot zu geänderten Bedingungen unterbreitet werden müssen, gegebenenfalls auch zu den Bedingungen des zwischenzeitlich geänderten "Floating-Modells". Die Kündigung sei damit unverhältnismäßig und somit unwirksam.

Die Kündigungsbefugnis des Schulamtsleiters sei nicht nachvollziehbar, deswegen sei die Kündigung unverzüglich zurückgewiesen worden. Es sei weder eine Vollmacht gemäß § 174 BGB vorgelegt worden, noch sei eine gesetzliche Vertretung des Kultusministers durch den Schulamtsleiter ersichtlich. Die Kündigung hätte vielmehr vom Kultusminister ausgesprochen werden müssen, der mit Schreiben vom 27.03.2001 ausdrücklich an seiner Kündigungsabsicht festhielt. Eine entsprechende Bevollmächtigung war für die Klägerin auch nicht ersichtlich. Vielmehr sei nach außen hin, auch in Presseartikeln, stets davon gesprochen worden, dass der Kultusminister Dr. K so und so viele Kündigungen aussprechen werde.

Die zugrunde gelegten haushaltsrechtlichen Vorgaben würden als willkürlich zurückgewiesen, da die Erziehung der Kinder mit dieser drastischen Haushaltseinsparung nicht mehr gewährleistet sei und gegen Artikel 6 und 7 Grundgesetz verstoßen würde. Die Unterrichtsversorgung in Thüringen sei damit von vornherein nicht mehr gewährleistet, sowohl was die Bildung und Erziehung der Kinder als solches, als auch die qualitative und pädagogische Entwicklung der anvertrauten Schüler beträfe.

Der Vortrag des Beklagten bezüglich des ermittelten Bedarfes sei widersprüchlich und entspräche nicht den tatsächlichen Umständen an den Thüringer Grundschulen. Bereits die im "Floating-Modell" tätigen Lehrer würden planmäßig Mehrarbeit leisten.

Die konkreten Umstände an der Schule der Klägerin ließen den Schluß zu, dass die Bedarfsermittlung durch den Beklagten fehlerhaft erfolgt sei und somit kein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung vorliege. Die Umstände ließen darauf schließen, das auch im kommenden Schuljahr planmäßiger Mehrbedarf besteht und somit Mehrarbeit erforderlich ist.

Der Beklagte vermeide es offensichtlich bewußt, auf die konkrete Situation an den einzelnen Schulen im Schulamtsbereich bzw. im Freistaat Thüringen näher einzugehen. Die Darlegungen zur Feststellung des nicht kündbaren Personals seien nicht substantiiert und nicht nachvollziehbar.

Der Beklagte hätte auch die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Klägerin im Rahmen des sogenannten "Swingmodells" prüfen müssen. Danach würden Lehrkräfte der Grundschule u. a. in den Regelschulen eingesetzt. Warum diese Möglichkeit im Falle der Klägerin nicht bestünde, sei den Darlegungen des Beklagten nicht zu entnehmen.

Das Verhalten des Beklagten sei schon deswegen widersprüchlich, weil er wiederholt vorträgt, dass eine Weiterbeschäftigung an einer Schule in einer anderen Schulart, beispielsweise der Regelschule, nicht möglich sei, gleichzeitig aber Lehrkräfte mit dem sogenannten "Swingmodell" dafür werben würde.

Die Klägerin selber habe ihre Bereitschaft erklärt, Teilzeitbeschäftigung anzunehmen, was allerdings vom Beklagten nicht akzeptiert worden sei.

Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Prozeßparteien durch die Kündigung vom 28.03.2001 weder zum 30.09.2001, noch hilfsweise zum 31.12.2001 aufgelöst wird und den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Grundschullehrerin weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Der Kündigung liege ein dringendes betriebliches Erfordernis zugrunde. Dies ergebe sich aus den im Haushaltsplan vorgenommenen Stellenstreichungen für das Schuljahr 2001/2002. Die Kündigung habe sich am konkreten Bedarf orientiert. Dazu sei ein entsprechendes Rechenmodell entwickelt worden. Die gesetzliche Stellenabbauverpflichtung bedurfte einer verwaltungstechnischen Umsetzung. Dabei wurde der in Folge des Rückgangs der Schülerzahl verminderte Bedarf an Lehrkräften und Erziehern zugrunde gelegt.

Die Stellenstreichung erfolgte aufgrund eines zu prognostizierenden Bedarfs und sei keine bloße prozentuale Fortschreibung zum Rückgang der Schülerzahlen, sondern würde auch die Bereitstellung zusätzlicher Stellen enthalten, um die Bedarfsdeckung an den Grundschulen sicher zu stellen.

Demgemäß wurde festgelegt, dass der Bedarf an den Grundschulen ausschlaggebendes Kriterium für den durchzuführenden Stellenabbau sei und Kündigungen auszusprechen waren, wenn der Bestand an Lehrkräften bzw. Erziehern diesen Bedarf überstieg.

Danach seien Kündigungen nur in dem Umfang zulässig, in dem der Personalbestand über den Umfang der zur Verfügung stehenden Haushaltsstellen hinaus ginge, wobei eine größere Anzahl von Kündigungen nicht zulässig sei, eine geringere Anzahl aber gerechtfertigt sei, wenn die Weiterbeschäftigung zusätzlicher Beschäftigter aus Bedarfsgründen erforderlich ist.

Diesbezüglich war nicht auszugehen vom gegebenen Bedarfsbestand, sondern von dem der im Schuljahr 2001/2002 gegeben sein wird, wobei die Bedarfs- und Bestandsberechnung nicht landesweit, sondern schulamtsbezogen vorzunehmen sei. Die Vorausberechnung der Grundschüler gründete auf Prognosen mit den entsprechenden immanenten Prognoseunsicherheiten.

So ergebe der Vergleich, der im Zuge der Vorausberechnung für 2001/2002 im Jahre 2000 für das Schuljahr 2000/2001 prognostizierten Anzahl der Schüler mit der tatsächlich vorhandenen Anzahl laut Schulstatistik des Thüringer Kultusministeriums eine Abweichung, da die Zahl der Schüler höher lag als vorausberechnet, was allerdings dadurch berücksichtigt worden sei, dass die ursprünglich prognostizierte Anzahl von Schülern je Klassenstufe, um die jeweils vorhandene relative Abweichung erhöht worden sei.

Der Gesamtbedarf des jeweiligen Schulamtes sei als wöchentlicher Stundenbedarf zur Deckung der genannten Bedarfe erfaßt und zur Berechnung des Bedarfs an Lehrkräften für Grundschulen in Vollzeitbeschäftigungseinheiten umgerechnet worden, indem der wöchentliche Stundenbedarf durch die wöchentliche Pflichtstundenzahl einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft an Grundschulen von 27 dividiert wurde.

Darüber hinaus sei der fachspezifische Bedarf, der sich aus der Stundentafel für die Grundschule anhand der festgelegten maximalen Klassen- und Gruppengrößen, ausgenommen Religionslehre und Ethik ergebe, berechnet worden, wobei die maximale Klassengröße in der Grundschule bei 28 Schülern anzunehmen sei, ausgenommen das Fach Schwimmen in der 3. Klassenstufe mit 15 Schülern sowie Werken und Schulgarten mit 16 Schülern. Zur Bedarfsberechnung in den Fächern Religionslehre/Ethik sei die tatsächliche durchschnittliche Gruppengröße als Soll-Klassengröße berechnet worden.

Es sei sodann das sogenannte Sockel-Faktoren-Modell zur Anwendung gekommen, welches seit Jahren durch den Beklagten angewandt werde.

Es sei auf dieser Basis der Bedarf an Unterrichtsleistung für jedes Fach und jede Klassenstufe im Schulamtsbereich berechnet worden.

Neben dem Bedarf an Unterricht sei ein weiterer fachspezifischer Bedarf an Hilfs- und Begleitleistungen berechnet worden. Die Richtigkeit der Berechnungsmethode könne durch ein Sachverständigengutachten belegt werden.

Bei der Feststellung des Bestandes an Lehrkräften sei davon ausgegangen worden, dass grundsätzlich alle Lehrkräfte zur Verfügung stünden, die zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist am 30.09.2001 Bedienstete des Beklagten seien, deren Stammdienststelle eine Grundschule im Schulamtsbereich sei, also auch jene Lehrkräfte, die an das TKM, das THILLM, ein staatliches Schulamt oder eine andere Schule außerhalb des Schulamtsbereiches der Stammdienststelle oder eine andere Schulart abgeordnet waren.

Lehrkräfte, die in ein anderes Bundesland abgeordnet, einer ausländischen Schule zugewiesen oder für eine dortige Tätigkeit beurlaubt, die einer Schule in freier Trägerschaft zugewiesen, für eine dortige Tätigkeit beurlaubt sind, die sich aus persönlichen Gründen im Sonderurlaub befänden, wehr- oder zivildienstleistende Lehrkräfte, Lehrkräfte mit Altersteilzeitverträgen in der Freistellungsphase, Lehrkräfte, die bis zum Stichtag durch Erreichen der Altersgrenze wegen eines

Aufhebungsvertrages oder einer andersartigen Kündigung ausschieden, seien für die Deckung des Bedarfs nicht verfügbar und somit im Bestand nicht festgehalten.

Sodann sei das Einsatzpotential festgestellt und die Einsatzplanung durchgeführt worden. Ziel bei der Bedarfsberechnung sei es gewesen, den Unterrichtsbedarf in sämtlichen Unterrichtsfächern möglichst abzudecken und einen verbleibenden Mangel der Bedarfsdeckung in einzelnen Fällen möglichst zu minimieren.

Als Grenzwerte des individuellen Einsatzes einer Lehrkraft zur Bedarfsdeckung seien die minimale bzw. maximale Anzahl von Unterrichtsstunden für jede Lehrkraft ermittelt worden. Im Falle eines Fehlbedarfs, dass heißt eines nicht gedeckten fachspezifischen Unterrichtsbedarfes, sei dieser über alle Unterrichtsfächer verteilt und die Summe eines Überhangs von Einsatzpotential minimiert worden. Im Falle einer Zielkollision beider Vorgaben sei der Minderung des Unterrichtsausfalles durch nicht gedeckten fachspezifischen Unterrichtsbedarf der Vorrang eingeräumt worden.

Bei der Verteilung des Mangels an Deckung des fachspezifischen Unterrichtsbedarfs trotz maximalen Einsatzes des zur Deckung des Bedarfs zur Verfügung stehenden Bestandes an Lehrkräften, sei bei der Verteilung des Fehlbedarfes eine Rangfolge bei den Fächern festgelegt und gesichert worden, dass für die Fächer des niedrigsten Ranges eine Deckung des Unterrichtsbedarfes von mindestens 50% gesichert wird. Die Berechnung des Bestandes und der Abdeckung des Bedarfs durch den Bestand erfolgte unter Beachtung der in der Verwaltungsvorschrift zur Organisation des Schuljahres festgelegten Kriterien. Diese sei ergänzt worden um die beschriebene Optimierung, da eine konkrete Einsatzplanung, wie sie zu Beginn eines jeden Schuljahres von jeder Schule vorzunehmen sei, nicht erfolgen konnte.

Die Bedarfsanforderung sei unter Zugrundeliegen aller im Rahmen der Schuljahresplanung zu berücksichtigenden Faktoren ermittelt worden, wobei anzumerken sei, dass die Berechnung der Bedarfsanforderung noch nicht abgeschlossen ist .

Die Klägerin könnte auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz, weder in einem anderen Schulamt, noch in einer anderen Schulart weiterbeschäftigt werden. Dies sei vor Ausspruch der Kündigung geprüft worden. Freie Arbeitsplätze in anderen Schulamtsbereichen existierten nicht.

Insbesondere sei eine Weiterbeschäftigung weder als Regelschullehrer, noch als Förderschullehrer, Gymnasiallehrer oder Berufsschullehrer möglich, da die diesbezügliche Ausbildung fehle.

Aus- oder Weiterbildung sei mit vertretbarem Kostenaufwand nicht möglich und demzufolge dem Arbeitgeber nicht zumutbar, so dass eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers eine Weiterqualifizierung als nicht zumutbar erscheinen lasse. Eine Änderungskündigung sei auch nicht möglich gewesen, da der gesetzlich vorgeschrieben Stellenabbau durch den Ausspruch von Änderungskündigungen nicht hätte herbeigeführt werden können.

Der Klägerin hätte auch kein Angebot für eine Weiterbeschäftigung in einer anderen Schulart unterbreitet werden können, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen, da die Feinplanung in der Einsatzplanung an den Schulen zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches erst begonnen hätte.

Der Beklagte habe sodann anhand von Richtlinien eine soziale Auswahl durchgeführt und insbesondere eine Einzelfallabwägung vorgenommen. Aus der Sozialauswahl ausgenommen wurden diejenigen Lehrkräfte, deretwegen ein besonderes betriebstechnisches, wirtschaftliches oder sonstiges berechtigtes betriebliches Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung bestand. Der auszunehmende Personenkreis sei bereits bei der Bedarfs- und Bestandsberechnung berücksichtigt worden, so dass die Sozialauswahl lediglich auf die kündbaren Bediensteten beschränkt worden sei.

Soweit vertraglich vereinbarter Kündigungsschutz im Zusammenhang mit Teilzeitbeschäftigungsmodellen zum Ausschluß der Sozialauswahl führte, sei dies auch kein Vertrag zu Lasten Dritter und auch kein Verstoß gegen § 612a BGB sowie auch nicht gegen § 1 Abs. 3 KSchG.

Die zum Kündigungsschutz führenden Teilzeitmodelle sollten zum Abbau des Überhangs an Lehrkräften führen und Möglichkeiten eröffnen, Neueinstellungen vorzunehmen.

Das bevorstehende "Schülertal" sollte letztmalig überbrückt werden mit dem sogenannten "Floating-Modell", dessen Annahme auf Freiwilligkeit beruhte und individuellen Kündigungsschutz vor betriebsbedingten Kündigung beinhaltet. Dies sei sämtlichen Grundschullehrern angeboten worden.

Sofern die Klägerin dieses Modell angenommen hätte, wäre auch in ihrem Fall eine Kündigung unterbleiben.

Nach Feststellung des zu kündigenden Personals, insofern auch der Klägerin, sei der beim Schulamt R bestehende Bezirkspersonalrat angehört worden und nach dessen Widerspruch das Stufenverfahren durchgeführt worden.

Die Einwendungen des Hauptpersonalrates seien allerdings nicht hinreichend konkret, so dass ein Weiterbeschäftigungsanspruch daraus nicht abgeleitet werden könne.

Ergänzend wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze der Prozeßparteien sowie den Vortrag in der mündlichen Verhandlung verwiesen und Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:


Die zulässige Klage ist begründet.

Das Arbeitsverhältnis der Prozeßparteien wurde nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 28.03.2001 aufgelöst.

Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, § 1 Abs. 1 KSchG.

I.


Nach § 1 Kündigungsschutzgesetz, dessen Anwendungsvoraussetzungen hier vorliegen, ist eine Kündigung dann sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, wenn sie nicht durch Gründe die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

Die Kündigung ist dann sozial gerechtfertigt, wenn Umstände vorliegen, die bei verständiger Würdigung und Abwägung der Interessen der Vertragsparteien die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Die Kündigungsgründe müssen von einem solchen Gewicht sein, daß nach einem objektiven Maßstab auch ein ruhig und verständig urteilender Arbeitgeber zur Kündigung veranlaßt worden wäre.

Soweit sich der Arbeitgeber auf das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen beruft, gilt folgendes:

Außerbetriebliche Umstände, wie Auftragsreduzierung, Umsatzrückgang bzw. Gewinnverfall können eine Kündigung aus betrieblichen Gründen dann rechtfertigen, wenn der Arbeitgeber aus diesem Anlaß zum Zwecke der Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Rentabilität und der Kostenersparnis durch Änderung im Produktionsablauf oder in der betrieblichen Organisation bzw. Aufgabenverteilung innerbetriebliche Veränderungen vornimmt durch die auf Dauer Arbeitsplätze entfallen. Derartige organisatorische Maßnahmen, die darauf abzielen, den Betrieb dem Auftragsrückgang bzw. Umsatz- oder Ertragsrückgang anzupassen, stellen unternehmerische Entscheidungen dar.

Sie können grundsätzlich nicht auf ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin überprüft werden, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind, die behaupteten zugrunde gelegten Tatsachen vorliegen und durch die Entscheidung der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich entfällt.

Zu unterscheiden ist insoweit zwischen der sogenannten gestaltenden und der belassenden Unternehmerentscheidung.

Sofern es sich um eine belassende Unternehmerentscheidung handelt, schlägt der behauptete Auftragsrückgang tatsächlich unmittelbar auf eine Beschäftigungsmöglichkeit durch, führen dadurch die außerbetrieblichen Umstände über die belassende Unternehmerentscheidung, die Dinge einfach laufen zu lassen, zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit.

In dem Fall ist es notwendig, daß der darlegungs- und beweispflichtige Arbeitgeber vorträgt, daß die Zahl der zur Erledigung der speziellen Arbeit vorhandenen Arbeitnehmer größer ist als die vorhandene Auftragsmenge. Die Auftragsmenge besteht aus der Anzahl und dem Umfang der zu erledigenden Aufträge, wobei der neben dem Auftragsrückgang oft erwähnte Umsatzrückgang im Grunde nur die Folge mangelnder Aufträge ist.

Da kündigungsrechtlich ein Bezug zur Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer herzustellen ist, gehört in kündigungsrechtlicher Sicht zur Auftragsmenge damit auch die Zeit, die zur Erledigung der Aufträge zur Verfügung steht. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Kündigungstermins. Fraglich ist, ob bei der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Auftragsmenge unter Zugrundelegung der Betriebs- und Vertragsfaktoren ein Überhang bestimmter Arbeitnehmer besteht. Soweit es sich um eine sogenannte frei gestaltende Unternehmerentscheidung handelt, ist zu trennen, ob der Arbeitgeber die Auftragsmenge verringert hat oder ob er sie konkret nachprüfbar verringern will, ob er durch Nichtbeachtung der Vertragsfaktoren von einer unsachlichen Unternehmerentscheidung ausgegangen ist oder ob er gar nur einen Kündigungsentschluß gefaßt hat.

Zu beachten ist insofern, ob die vorhandene oder vorgesehene Auftragsmenge tatsächlich mit der verbleibenden Anzahl der Arbeitnehmer erledigt werden kann, was der Arbeitgeber vorzutragen hat. Insoweit sind dem Gericht die organisatorischen Maßnahmen zu unterbreiten, die zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit geführt haben, wobei es nicht ausreicht, nachträglich zu erläutern, daß die Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre, wenn diese oder jene Entscheidung getroffen worden wäre. Die Notwendigkeit des Vorliegens einer Unternehmerentscheidung zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung bedingt, daß eine tatsächlich getroffene, nicht eine nachgeschobene vorlag.

Genauso wenig kann eine fehlende durch das Gericht untergeschoben werden. Vor jeder Kündigung muß also eine Unternehmerentscheidung zur Umsetzung außer- oder innerbetrieblicher Gründe stehen.

Die Unternehmerentscheidung kann gestaltend sein (Einführung oder Änderung einer Betriebsorganisation) oder belassend (Beibehaltung der Betriebs- oder Organisationsstruktur).

Entschließt sich der Unternehmer aufgrund irgendwelcher Umstände zur Beibehaltung der Betriebs- oder Organisationsstruktur, so können überhaupt nur außerbetriebliche Umstände (Umsatzrückgang) zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit führen und dies auch nur dann, wenn sich in einem nach individuellen Vorstellungen organisierten Betrieb diese Gründe evident auf ganz bestimmte Beschäftigungsmöglichkeiten beziehen oder wenn es sich um einen lediglich einfach strukturierten Betrieb handelt.

Die Unterscheidung zwischen inner- und außerbetrieblichen Umständen ist deswegen wichtig, da sich unterschiedliche Folgen daraus ergeben.

Dies gilt auch für betriebsbedingte Kündigungen im öffentlichen Dienst, mit der Besonderheit, dass eine Stellenplanreduzierung im Haushaltsgesetz durch Festlegung einer Zahl von konkret datierten KW-Vermerken, wonach diese Stellen künftig wegfallen sollen, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung ergeben kann, sofern ein auf den Stellenbedarf der jeweiligen Dienststelle zugeschnittenes Konzept der zuständigen Verwaltung vorliegt.

1.) Nach dem Sachvortrag der Beklagten kommt die im Haushaltsplan vorgesehene Reduzierung von Stellen bei Grundschullehrern und Erziehern allenfalls als Anlaß für die beabsichtigten Kündigungen infrage, da dem Vortrag des Beklagten zu entnehmen ist, dass er maßgeblich wegen der außerbetrieblichen Umstände, nämlich des Rückgangs der Schülerzahlen und eines damit etwa zurückgehenden Beschäftigungsbedarfes für Lehrer, die Rechtmäßigkeit der Kündigung begründen will. Im Kern handelt es sich bei dem vom Beklagten gewählten Verfahren um eine unternehmerische Entscheidung, die dazu führen soll, dass der in Folge des Rückgangs der Schülerzahlen verringerten Arbeitsmenge durch Abbau des Personals Rechnung getragen wird und somit die vorhandene Arbeitsmenge wieder in Deckung mit dem dazu erforderlichen Personal gebracht werden soll. Insoweit entspricht die Herangehensweise des Beklagten auch dem in der Privatwirtschaft gängigen und üblichen Prozedere.

Die Darlegungen des Beklagten zur Berechnung der Arbeitsmenge - des Unterrichtsbedarfs - waren für das Gericht jedoch nicht überzeugend und lassen demzufolge nicht den Schluß zu, dass beim Beklagten im kündigungsrelevanten

Umfang Personalüberhang besteht, der zu einer Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen berechtigen soll.

Die Bedarfsberechnung des Beklagten erfolgte aufgrund eines abstrakten Verfahrens, das zwar dem wissenschaftlichen Anspruch einer gut dotierten Unternehmensberatung gerecht werden mag, beantwortet aber nicht die entscheidende Frage, nämlich wie die tatsächlichen, den Bedarf bedingenden Umstände sind.

Die Planung mit einer Sollstärke von 28 Schülern mag beispielsweise für den Finanzbuchhalter interessant sein, entspricht aber nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Diese läßt der Beklagte geflissentlich offen.

Der Beklagte bedient sich bei der Berechnung des vermeintlichen Bedarfs im wesentlichen der Prognose, wobei er zum Teil selbst einräumen muß, dass diese zu falschen Ergebnissen führt, da beispielsweise die prognostizierte Schülerzahl für das Schuljahr 2000/2001 höher lag als vorausberechnet und somit fehlerhafte Bedarfsermittlung bereits im gewählten Verfahren vorprogrammiert ist.

Das sogenannte Sockel-Faktoren-Modell mag in der Vergangenheit regelmäßig zur Anwendung gekommen sein, hat aber nicht dazu beigetragen, den tatsächlichen Lehrerbedarf zu ermitteln, da entgegen den mit den Teilzeitkräften getroffenen Vereinbarungen Mehrarbeit anfiel und zur Abdeckung der Stundentafel erforderlich war.

Außerdem ist in größerem Umfang Unterrichtsausfall zu beklagen.

Das Modell mag geeignet sein, unter wissenschaftlich abstrakten Gesichtspunkten einen theoretischen Bedarf festzustellen, jedoch hat es ganz offensichtlich erhebliche Ungenauigkeiten im Ergebnis, da es den tatsächlichen Umständen unzureichend gerecht wird.

Es ist fragwürdig, inwieweit zur Deckung des Gesamtbedarfes, wie vom Beklagten behauptet, tatsächlich alle Lehrkräfte, die Bedienstete des beklagten Freistaates sind, deren Stammdienststelle eine Grundschule des jeweiligen Schulamtsbereiches ist, zur Verfügung stehen, denn die an das TKM, das THILLM, ein staatliches Schulamt oder eine andere Schule außerhalb des Schulamtsbereiches oder eine andere Schulart abgeordnete Lehrkräfte sind gerade nicht in dem jeweiligen Schulamtsbereich im Unterricht sowie mit Hilfs- und Begleitleistungen eingesetzt, sondern üben andere Tätigkeiten aus, die jedenfalls keine Unterrichtstätigkeiten in den Grundschulen des jeweiligen Schulamtsbereiches sind. Sofern sie bei einer zukünftigen Bedarfsberechnung berücksichtigt werden, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sie auch dann tatsächlich im Unterricht eingesetzt werden und nicht weiterhin mit anderen Tätigkeiten betraut sind.

Sollten sie allerdings im Unterricht eingesetzt werden, würde dann jedoch für die anderweitigen Tätigkeiten wiederum Bedarf bestehen, da nicht unterstellt werden kann, dass sie für die Zeit der Tätigkeit in anderen Bereichen mit sinnlosen Arbeiten betraut worden sind.

Der Beklagte stellt letztlich das Ergebnis seiner Berechnung unbewußt selbst in Frage, wenn er vorträgt, dass eine konkrete Einsatzplanung, wie sie zu Beginn eines jeden Schuljahres von jeder Schule vorzunehmen sei, noch nicht erfolgen konnte und wenn er anmerkt, dass die Berechnungen der Bedarfsanforderungen noch nicht abgeschlossen sind. Zwar kann es während der Berechnung des Bedarfes nach einem bestimmten Stichtag noch zu Veränderungen kommen, beispielsweise durch das Ableben von Bediensteten oder Veränderungen des Arbeitsvertrages im Einzelfall, jedoch ändert dies nicht die grundsätzlich zugrunde liegenden Tatsachen für die Bedarfsberechnung.

Wenngleich der Beklagte meint, die Richtigkeit der Berechnungsmethode beweisen zu können, ist dies allerdings nicht erheblich, da es darauf nicht ankommt. Es kommt vielmehr darauf an, ob das Berechnungsergebnis, also der festgestellte Bedarf, richtig ist. Hier scheint der Beklagte selbst im Zweifel zu sein, da er davon ausgeht, dass wohl Mehrarbeit notwendig ist. Wie sollen seine diesbezüglichen Anfragen an Teilzeitbeschäftigte sonst gewertet werden? Schließlich trägt er vor, dass in nachrangigen Fächern nur 50% des Unterrichtsbedarfes gedeckt werden können und findet sich damit ab.

Die sicher mit großem Arbeitsaufwand und Bemühen angefertigten Darlegungen des Beklagten lassen im Ergebnis mehr Fragen offen, als sie beantworten.

Ob dem Bildungsauftrag nach der Thüringer Verfassung, also letztlich pädagogischen Aspekten, ausreichend Rechnung getragen wurde, darf angezweifelt werden, da nicht etwa eine haushaltsplanmäßige Stellenstreichung beschlossen wurde nachdem ein konkreter nachvollziehbarer, also meßbarer Lehrerüberhang unter Zugrundelegung tatsächlicher Umstände festgestellt wurde, sondern umgekehrt nach haushaltsplanmäßiger Festschreibung von Stellenstreichung eine abstrakte Berechnungsmethode gesucht und gefunden wurde, um genau annähernd den Überhang an Lehrerpersonal behaupten zu können, der den vorgegebenen Stellenstreichungen entspricht.

Eine konkret nachvollziehbare Kündigungslage vermochte die Kammer darin jedenfalls nicht zu sehen.

2.) Der Beklagte verkennt im weiteren den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

In der gesetzlichen Formulierung, dass die in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG dargelegten Umstände Gründe sein können, die eine Kündigung bedingen, liegt eine Anerkennung des das gesamte Kündigungsschutzrecht beherrschenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (ultima ratio). Danach ist eine Beendigungskündigung nur zulässig, wenn keine Möglichkeit zu einer anderweitigen Beschäftigung besteht.

Der Arbeitgeber muß nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine beiden Parteien zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Bedingungen anbieten. Da der Beklagte selbst zum Ausdruck gebracht hat, dass eine betriebsbedingte Beendigungskündigung nicht erfolgt wäre, wenn die Klägerin seinerzeit das Änderungsangebot zum sogenannten "Floating-Modell" angenommen hätte, wäre es nunmehr zwingend erforderlich gewesen, dass der Beklagte zur Abwendung der Kündigung ein nochmaliges Änderungsangebot mit Fristsetzung zur Annahme unterbreitet hätte. Bei entsprechender vorbehaltlicher Annahme hätte der Beklagte sodann zumindest von seinem Gestaltungsmittel der Änderungskündigung Gebrauch machen können. Dies hat der Beklagte aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterlassen und begibt sich damit bereits in Widerspruch zur eigenen, auch öffentlichen, über die Medien verbreiteten Einlassung.

Warum nunmehr, wie von dem Beklagten in der Vergangenheit jedenfalls regelmäßig praktiziert, ein Beschäftigungsangebot zu geänderten Bedingungen im Rahmen einer anderen Schulart (z.B. Swingmodell) nicht mehr in Betracht kommt, läßt sich den Einlassungen des Beklagten überzeugend nicht entnehmen.

Soweit der Beklagte meint, dass vormals noch bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Schularten nicht mehr bestehen würden, allerdings der entsprechende Bedarf für das kommende Schuljahr noch nicht abschließend berechnet sei, läßt er einen Widerspruch zum eigenen Sachvortrag erkennen.

In der Anlage 12 zum Schriftsatz des Beklagten wird seitens des Kultusministers gegenüber dem Hauptpersonalrat eine Prognose des Lehrerbedarfes im Bereich Förderschule, Regelschule und Gymnasium mitgeteilt und konstatiert, dass keine freien Arbeitsplätze in diesen Schularten bestünden und unabhängig davon Grundschullehrer nicht geeignet seien, diese Tätigkeiten auszuüben. Offensichtlich hat hier ein Sinneswandel stattgefunden, da in der Vergangenheit die Qualifikation von Grundschullehrern für Tätigkeiten sowohl in Förderschulen, als auch in Regelschulen, Gymnasien und Berufsschulen zumindest in den unteren Klassenstufen sowie in einigen bestimmten Fächern als ausreichend angesehen wurde.

Darüber hinaus wurde bei der Feststellung des Bestandes in allen Schularten auch bei Teilzeitbeschäftigten ein Beschäftigungsumfang von 100 % angenommen, es wird davon gesprochen, dass der Bedarf auf der Grundlage der Annahme einer Erhöhung des Beschäftigungsumfanges . . . auf 100 % erfolgte. Da allerdings ein Großteil der Beschäftigten beim Beklagten in sämtlichen Schularten in Teilzeitmodellen tätig sind, ist davon auszugehen, dass der tatsächliche Bestand von Lehrern geringer als deren Bedarf ist.

Die künstliche Hochrechnung sämtlicher Teilzeitbeschäftigter auf 100 % bei der Bestandsfeststellung wird nur vor dem Hintergrund, sich der Argumentationsnot hinsichtlich dargestellter Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten von Grundschullehrern in anderen Schularten, so wie in der Vergangenheit jedenfalls praktiziert, entziehen zu wollen, nachvollziehbar.

Ein derartiges Verfahren überzeugt nicht und läßt offen, wie der tatsächliche Bedarf in den jeweiligen Schularten nunmehr zukünftig abgedeckt werden soll.

Wenn es den Grundschullehrern und auch dem Freistaat in der Vergangenheit zumutbar war, die Beschäftigung zur Abdeckung des Bedarfes in anderen Schularten vorzunehmen, ist nicht ersichtlich, warum dies auch nicht zukünftig der Fall sein soll. Dem entgegenstehende Argumente läßt der Beklagtenvortrag nicht erkennen. Schließlich muß der Arbeitgeber wegen des in einer Kündigung bestehenden schwerwiegenden Eingriffs in Beachtung des sozialen Schutzprinzips auf die Interessen des gekündigten Arbeitnehmers soweit wie möglich Rücksicht nehmen.

3.) Selbst wenn dem Beklagten ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Seite stehen würde, wäre die Kündigung unwirksam, da sie gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstößt.

Danach ist die Kündigung trotz des Vorliegens eines dringenden betrieblichen Erfordernisses sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das vom Gesetzgeber aufgestellte Prinzip der Sozialauswahl bedeutet im Grundsatz, dass die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers in der Weise bestimmt ist, dass sie nach dem Maßstab der jeweils geringsten sozialen Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer zu erfolgen hat. Dazu hat der Arbeitgeber zunächst den Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer konkret zu bestimmen.

Die soziale Rangfolge verschiedener Arbeitnehmer kann nur über einen Vergleich ihrer sozialen Schutzwürdigkeit erfolgen, so dass zunächst festzustellen ist, welche Arbeitnehmer in diesen Vergleich einzubeziehen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung sind die Arbeitnehmer vergleichbar, die gegenseitig austauschbar sind, wobei die Austauschbarkeit nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen festgestellt wird. Dabei hat sich die Auswahl auf den gesamten Betrieb zu erstrecken, wobei im öffentlichen Dienst die jeweilige Dienststelle im Zusammenhang mit den im Arbeitsvertrag getroffenen Regelungen (Stichwort Direktionsrecht) maßgeblich ist.

Bei der Feststellung der vergleichbaren Arbeitnehmer ist der arbeitsvertraglich vereinbarte Einsatzbereich zugrunde zu legen. Aus dem jeweiligen Arbeitsvertrag ergibt sich, wie der konkrete betrieblich funktionelle Einsatzbereich des Arbeitnehmers definiert ist.

Funktionell bezieht sich die Sozialauswahl auf alle Arbeitsplätze, die von dem Arbeitsvertrag des jeweiligen Arbeitnehmers erfaßt sind. Vorstehend von Bedeutung ist insoweit auch die tarifvertragliche Regelung im § 12 BAT-O, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, zumutbaren Abordnungen nachzukommen.

Soweit es sich bei vergleichbaren Arbeitnehmern um Teilzeitkräfte handelt, sind auch diese in die soziale Auswahl einzubeziehen. Die betriebliche Organisation des Beklagten läßt dies zu (vgl. insoweit auch BAG, 2 AZR 341/98 = BAGE 90,236-245). Die soziale Auswahl hätte sich auf sämtliche Grundschullehrer beziehen müssen, die nicht einem gesetzlichen Kündigungsschutz unterliegen und somit von vornherein aus der Sozialauswahl herausfallen.

Die Beschränkung der Sozialauswahl auf die sogenannten kündbaren Arbeitnehmer im jeweiligen Schulamtsbereich greift zu kurz.

Grundsätzlich geht aufgrund zwingenden Rechtes, § 1 Abs. 3 KSchG, dass weder einzelvertraglich, noch tarifvertraglich abbedungen werden kann, die gesetzliche Verpflichtung zur Sozialauswahl dem tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Kündigungsschutz vor.

Umstritten sind allerdings die Folgen des Ausschlusses tarifvertraglich und einzelvertraglich geschützter Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl. Die eine, auch vom Gericht vertretene Position, führt dazu, dass durch den Ausschluß die tarifvertraglich oder einzelvertraglich geschützten Arbeitnehmer zwar durch Sozialauswahl nicht gekündigt werden können, jedoch auch nicht die sozial nachrangigen Arbeitnehmer, da deren Kündigung gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstoßen würde, was in der Konsequenz dazu führt, dass sich der Arbeitgeber, so auch im vorliegenden Fall, der Möglichkeit betriebsbedingter Kündigung unter Umständen begibt.

Da die Klägerin insoweit die vom Beklagten vorgenommene Sozialauswahl rügt, hätte der Beklagte die Sozialdaten sämtlicher vergleichbarer Arbeitnehmer vortragen müssen, damit die Klägerin ihrerseits die Möglichkeit hat, sozial vorrangige Arbeitnehmer zu benennen. Es ist nochmals klarzustellen, dass nicht der Arbeitgeber die soziale Rangfolge der vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmt, sondern das Gesetz, also § 1 Abs. 3 KSchG und der Arbeitgeber das Gesetz letztlich nur umsetzen muß.

Es steht nicht im Ermessen des Arbeitgebers, welche Arbeitnehmer er als vergleichbar ansieht und es steht nicht in seinem Ermessen, welche soziale Rangfolge er den Arbeitnehmern zuerkennen will, mit der Folge, dass jede tarifliche oder einzelvertragliche Vereinbarung unwirksam ist, die bestimmte Arbeitnehmer ausdrücklich aus der Sozialauswahl ausnimmt und somit den Schutzzweck der gesetzlichen Sozialauswahl aushöhlen würde.

Ungeachtet dessen, kann sich der einzelne Arbeitnehmer, der ggf. mit dem Arbeitgeber individuellen Kündigungsschutz vereinbart hat, im Falle seiner Auswahl bei einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl auf die vertragliche Vereinbarung berufen, so dass der Arbeitgeber trotz ordnungsgemäßer Sozialauswahl den sozial vorrangig zu kündigenden Arbeitnehmer infolge zugesagten Kündigungsschutzes nicht kündigen darf. Dies wird der Beklagte zukünftig beachten müssen.

Die dem entgegenstehende Auffassung des Beklagten überzeugt nicht. Sie verkennt, dass § 1 KSchG zwingendes Recht ist und aufgrund der allgemeingültigen Normenhierarchie ein einzelvertraglich vereinbarter Kündigungsausschluß eine gesetzliche soziale Auswahl nicht ausschließen kann (so auch Hueck, v. Hoyningen-Huene, KSchG Rn. 459; Löwisch KSchG § 1 Rn. 324; Link Sozialauswahl Seite 46).

Da die vom Beklagten durchgeführte Sozialauswahl offensichtlich in Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises erfolgte und insbesondere der weitere auswahlrelevante Personenkreis einschließlich der entsprechenden Sozialdaten nicht vom Beklagten vorgetragen wurde, bedurfte es seitens der Klägerin keiner weitergehenden Konkretisierung, außer der Rüge der fehlerhaften Sozialauswahl, da sie hierzu, aufgrund der Darlegungen des Beklagten, nicht in der Lage war, so dass eine vom Arbeitgeber auszuräumende tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass die Auswahl im Ergebnis sozialwidrig ist (so auch BAG am 18.10.1984, EZA § 1 KSchG betriebsbedingte Kündigung Nr. 33).

Die Kündigung ist folglich auch aus diesem Grund unwirksam, § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG.

4.) Die streitgegenständliche Kündigung stellt außerdem einen Verstoß gegen § 612 a BGB dar.

Hierbei handelt es sich um eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB und ein sonstiges Kündigungsverbot im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG. Rechtsgeschäfte, so auch die streitgegenständliche Kündigung, die gegen die Vorschrift verstoßen, sind nichtig.

Die von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin vorgetragenen Tatsachen erwecken den Anschein, dass die Kündigung, im Zusammenhang mit dem von ihr zulässig ausgeübten Recht - der Beharrung auf dem ursprünglich abgeschlossenen Arbeitsvertrag im Zusammenhang mit der Ablehnung eines vom Arbeitgeber unterbreiteten Teilzeitangebotes ("Floating-Modell") - steht.

Der Beklagte hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die streitgegenständliche Kündigung nicht ausgesprochen worden wäre, wenn die Klägerin seinerzeit das angebotene Teilzeitmodell angenommen hätte. Ob andere Gründe, ggf. die vorstehend behaupteten betriebsbedingten Gründe, die Kündigung rechtfertigen würden, ist unerheblich, da sich der Beklagte nicht auf eine "Reserverechtfertigung" berufen kann. Weil die Klägerin das "Floating-Angebot" nicht angenommen hat, wurde ihr nunmehr gekündigt. Dieser Umstand tritt als Motiv deutlich hervor.

5.) Ob die Kündigung auch wegen nicht ordnungsgemäßer Beteiligung der Personalvertretung rechtsunwirksam ist, war für die Entscheidung wegen der bereits oben getroffenen Feststellung ohne Belang.

Bedenklich ist, dass der Personalrat die Auffassung vertritt, nicht umfassend über die tatsächlichen, der Bedarfsermittlung zugrunde liegenden Umstände informiert worden zu sein und zudem auch nicht über die nach Ansicht des Personalrates bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten informiert wurde.

Die Einwendungen, wonach bereits die Zuständigkeit des Bezirkspersonalrates verkannt wurde, greifen allerdings nicht zwingend durch.

Sofern sich das Kultusministerium zunächst die Kündigungsbefugnis vorbehalten hat, wurde zumindest mit Schreiben vom 08.01.2001 zum Ausdruck gebracht, dass speziell in den nunmehr durchzuführenden Kündigungsverfahren die Staatlichen Schulämter entsprechende Befugnisse haben sollten. Dies war zumindest für den Bezirkspersonalrat erkennbar, so dass die Maßnahme bei der Dienststelle des Staatlichen Schulamtes durchgeführt werden sollte und somit auch der Bezirkspersonalrat als zuständige Personalvertretung zu beteiligen war, wobei auch eine andere Auffassung mit guten Argumenten vertretbar erscheint.

6.) Die Rüge der fehlenden Kündigungsbefugnis war ebenfalls für die Entscheidung des Rechtsstreites ohne Belang, wobei äußerst fraglich ist, ob aus § 4 Abs. 3 ThürSchAG eine gesetzliche Kündigungsbefugnis des Schulamtsleiters abgeleitet werden kann.

Die beamtenrechtliche Kategorie der "Dienstaufsicht" umfasst vordergründig die Kontrolle einwandfreier Dienstausübung und hat eine Beobachtungs- und Berichtigungsfunktion.

Leitende (Personal-) Maßnahmen gehen regelmäßig über Dienstaufsicht im eigentlichen Sinne hinaus.

Personalmaßnahmen, wie Einstellungen und Entlassungen von Angestellten, dürften davon jedenfalls nicht erfasst sein.

Dies ergibt sich bereits aus dem Beschluss der Thüringer Landesregierung vom 07.11.1999 (GVBl, S. 610).

Danach sind dem Thüringer Kultusministerium neben der Aufsicht über das gesamte allgemeinbildende Schulwesen . . . die Personalangelegenheiten der Lehrer, der Erzieher usw. . . . zugeordnet.

Das ThürSchAG trifft jedoch nur Regelungen zur (Dienst) -Aufsicht, hingegen nicht zu Befugnissen in Personalangelegenheiten, die damit beim Thüringer Kultusminister verbleiben.

Sofern er die Kündigungsbefugnis auf die Schulämter delegieren kann (Schreiben vom 08.01.2001) würden diese in rechtsgeschäftlicher Vollmacht handeln, so dass es zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes - der Kündigung - der Vorlage einer Vollmachtsurkunde bedarf.

Eine solche lag unstreitig der Kündigung nicht bei.

II.


Die Klägerin macht zurecht einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend. Sowohl der beim Staatlichen Schulamt bestehende Bezirkspersonalrat als auch der beim Thüringer Kultusministerium bestehende Hauptpersonalrat haben rechtlich relevante Einwendungen gegen die Kündigung erhoben. Der Hinweis auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, auch in einer anderen Schulart, sowie nach Fortbildungsmaßnahmen, erscheint als ausreichend, um einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach Zustimmungsverweigerung des Personalrates auszulösen, § 78 Abs. 2 ThürPersVG.

Die Klägerin kann sich zudem darauf berufen, dass sie nach erstinstanzlichem Obsiegen einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens besitzt.

Er folgt aus §§ 611, 614, 242 BGB.

Entsprechend dem Beschluß des Großen Senates des BAG vom 27.02.1985 (EZA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9) besteht ein Anspruch auf vertragsgemäße Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses, wenn die Kündigung durch feststellendes Instanzurteil unwirksam ist und keine Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers begründen, den Arbeitnehmer nicht weiter zu beschäftigen. Entsprechende Tatsachen sind nicht ersichtlich, so daß der Weiterbeschäftigungsanspruch begründet ist.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 495 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 ArbGG. Der Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Seine Höhe folgt aus § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 3-5 ZPO.
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