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Text des Beschlusses
BVerwG 6 B 52.08;
Verkündet am:
01.10.2008
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
Rechtskräftig: unbekannt! Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts führt zum Erfolg. Die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einer fehlerhaften Übertragung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht auf den Einzelrichter bleibt ... hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 1. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Dr. Graulich beschlossen: Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 29. April 2008 wird aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt. 1Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts führt zum Erfolg. Die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einer fehlerhaften Übertragung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht auf den Einzelrichter bleibt zwar ohne Erfolg (1.). Zu Recht macht der Kläger aber den Verfahrensmangel der rechtsfehlerhaften Abweisung der Klage durch Prozessurteil (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend (2.). 21. Der Kläger hält die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. April 2008 erfolgte Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter für verfahrensfehlerhaft i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil die in § 6 Abs. 1 VwGO hierfür genannten Voraussetzungen offensichtlich nicht vorgelegen hätten. Insbesondere habe es sich nicht um eine Sache gehandelt, die „keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist“. Es dränge sich vielmehr der Eindruck auf, dass die Übertragung auf den Einzelrichter „schlicht der subjektiven Arbeitserleichterung dienen soll(te)“. 3Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Ein vom Revisionsgericht zu beachtender Verstoß gegen § 6 VwGO liegt nicht vor. Der Beschluss vom 10. April 2008, durch welchen die Kammer des Verwaltungsgerichts den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Einzelrichter übertragen hat, ist gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VwGO unanfechtbar. Ein derartiger unanfechtbarer Beschluss entzieht sich grundsätzlich der Überprüfung durch das Revisionsgericht (§ 173 VwGO i.V.m. § 548 ZPO). Aus der in § 6 Abs. 4 VwGO getroffenen Gesamtregelung, wonach die Übertragung auf den Einzelrichter ebenso wie die Rückübertragung auf die Kammer unanfechtbar ist (Satz 1) und auf eine unterlassene Übertragung ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden kann (Satz 2), ist ersichtlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Verstöße gegen § 6 VwGO allein nicht zum Erfolg eines Rechtsmittels führen sollen. Dieses bereits durch Auslegung des Gesetzestextes gewonnene Ergebnis wird durch die Gesetzesmaterialien ausdrücklich bestätigt (BTDrucks 12/1217 S. 54; BTDrucks 13/1433 S. 14). Angesichts dessen ist ein Verstoß gegen § 6 VwGO im Rechtsmittelverfahren nur beachtlich, wenn er zugleich eine Verletzung der prozessualen Gewährleistungen der Verfassung darstellt (vgl. Urteil vom 10. November 1999 BVerwG 6 C 30.98 Buchholz 448.0 § 3 WPflG Nr. 21 = BVerwGE 110, 40). Zu erwägen sind in diesem Zusammenhang Verstöße gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) sowie gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat allerdings keinerlei Hinweise gegeben, die einen derartigen Verstoß als möglich erscheinen lassen. 42. Einen weiteren Verfahrensfehler sieht der Kläger darin, dass das Verwaltungsgericht die Klage durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen habe. Weist das Verwaltungsgericht wie hier die Klage durch Prozessurteil als unzulässig ab, statt über sie durch Sachurteil zu entscheiden, kann darin ein Verfahrensmangel liegen, wenn die Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht (Beschlüsse vom 4. Juli 1968 BVerwG 8 B 110.67 BVerwGE 30, 111 <113> = Buchholz 448.0 § 34 WPflG Nr. 7 und vom 24. Okto¬ber 2006 BVerwG 6 B 61.06 Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 2; Beschluss vom 7. Juli 2008 BVerwG 6 B 29.08 Rn. 2). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Entscheidung über den Rechtsstreit hätte in der Sache nötigenfalls nach Durchführung einer Beweisaufnahme ergehen müssen. 5Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für den Zivildienst vom 5. Januar 2006 insoweit, als darin der Kläger als nur vorübergehend nicht zivildienstfähig eingestuft worden ist, und darüber hinaus die Verpflichtung der Beklagten, ihn als nicht zivildienstfähig bzw. nicht wehrdienstfähig einzustufen. Das Verwaltungsgericht hat das Rechtsschutzinteresse für eine Sachentscheidung über diesen Antrag mit Erwägungen verneint, die im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehen, an der festgehalten wird. 6Wird der Wehrpflichtige behördlicherseits als wehrdienstfähig oder vorübergehend nicht wehrdienstfähig eingestuft, so kann er Verpflichtungsklage darauf erheben, dass die Beklagte seine Wehrdienstunfähigkeit feststellt (Beschluss vom 8. Juni 1993 BVerwG 8 B 39.93 Buchholz 448.0 § 9 WPflG Nr. 15 juris Rn. 2). Eine solche Klage kann sich nur dadurch erledigen, dass die Beklagte den Wehrpflichtigen ausmustert. Dass sie ihm lediglich eine erneute gesundheitliche Überprüfung anbietet, reicht nicht aus. Ebenso wenig entfällt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Wehrpflichtige wegen Fehlens einer vollziehbaren Verfügbarkeitsentscheidung gegenwärtig nicht einberufen werden kann. Denn sein Ausmusterungsbegehren geht darüber hinaus. Wer nicht wehrdienstfähig ist, wird gemäß § 9 WPflG nicht zum Wehrdienst herangezogen und unterliegt gemäß § 24 Abs. 3 Nr. 1 WPflG nicht der Wehrüberwachung (Urteil vom 30. September 1971 BVerwG 8 C 114.70 Buchholz 448.0 § 9 WPflG Nr. 2 juris Rn. 7 ff.). 73. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der ihm in § 133 Abs. 6 VwGO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. 84. Die Kostenentscheidung ist der Schlussentscheidung vorzubehalten. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 VwGO. Dr. Bardenhewer Büge Dr. Graulich ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |