Text des Urteils
4 Ca 24/01;
Verkündet am:
25.02.2002
ArbG Arbeitsgericht Jena
Rechtskräftig: unbekannt! § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfasst nur Kündigungen in Vollzug der Betriebsänderung, über die der Interessenausgleich mit Namensliste zustande gekommen ist Leitsatz des Gerichts: 1. § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfasst nur Kündigungen in Vollzug der Betriebsänderung, über die der Interessenausgleich mit Namensliste zustande gekommen ist. 2. Ist nur eine Betriebsänderung Gegenstand des Interessenausgleiches, wird dieser Kausalzusammenhang zwischen Betriebsänderung und Kündigung in der Regel vermutet (in Anlehnung an BAG vom 7. Mai 1998 - 2 AZR 536/97 - BAGE 88,363 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 94). 3. Regelt der Interessenausgleich mehrere Betriebsänderungen oder eine mehrgliedrige Betriebsänderung, die entweder nicht gleichzeitig oder einheitlich oder von der eine oder ein Teil schließlich gar nicht durchgeführt wird, ist vom Arbeitgeber im Prozess darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die Kündigung gerade in Vollzug der tatsächlich durchgeführten bzw. des tatsächlich durchgeführten Teils der Betriebsänderung ausgesprochen wurde. Dieser Kausalzusammenhang nimmt in einem solchen Falle nicht an der Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO teil. 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 28.11.2001, zugegangen am 29.11.2001, nicht zum 28.02.2002 aufgelöst worden ist. 2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den im Arbeitsvertrag vom 18.03.1999 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu 1. weiterzubeschäftigen. 3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.564,59 € festgesetzt. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe ausgesprochenen Kündigung. Am 31. Juli 2001 beschloss das Amtsgericht Gera die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über T (fortan: Schuldnerin). Es bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter. Der zum Zeitpunkt der Kündigung 54 Jahre alte Kläger war seit dem 18. März 1999 bei der Schuldnerin beschäftigt und erhielt für seine Tätigkeit zuletzt ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 6.391,15 €. Am 28. September 2001 schlossen der Beklagte und der bei der Schuldnerin eingerichtete Betriebsrat einen Interessenausgleich. Gegenstand des Interessenausgleichs waren die Schließung des Teilbereiches "Schalterproduktion" spätestens zum 30. November 2001 sowie die Frage, was mit dem Teilbereich "Keramische Produktion" geschehen solle. Diesbezüglich formulierten die Betriebspartner im Interessenausgleich wörtlich: "Hinsichtlich des Teilbereichs ‚Keramische Produktion' sind der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat bestrebt, diesen zu erhalten und fortzuführen. Dieses soll durch die Gewinnung eines Investors ermöglicht werden. Eine Entscheidung über die Fortführung wird durch die Gläubigerversammlung am 16.10.2001 getroffen werden. Sollte die Gläubigerversammlung zu der Entscheidung kommen, den Teilbereich ‚Keramische Produktion' ebenfalls einstellen zu müssen, prüft der Betriebsrat gegenwärtig die Möglichkeit einer Fortführung des Teilbereiches durch die Belegschaft als ‚Management-Buy-Out'. Ein entsprechender Antrag wird ggf. am 16.10.2001 gestellt werden." In § 2 des Interessenausgleiches verwiesen die Betriebspartner unter Bezugnahme auf § 125 InsO auf eine als Anlage 1 bezeichnete Personalliste, in der die vom Personalabbau betroffenen Arbeitnehmer aufgeführt sein sollten. Diese Personalliste war unterteilt in die Bereiche "Schalterproduktion" und "Keramische Produktion". In dieser Liste war der Kläger auf Seite 3 unter der Rubrik "Keramische Produktion/allgemeine Verwaltung - gegenwärtig freigestellt - Gehaltsempfänger" unter der lfd. Nr. 3 aufgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Interessenausgleichs wird auf die als Anlage zu Protokoll der mündlichen Verhandlung genommene Telefaxkopie hiervon (Bl. 48 - 55 d. A.) verwiesen. Mit Schreiben vom 28. November 2001, dem Kläger am Tage darauf zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28. Februar 2002. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 18. Dezember 2001 eingegangenen und dem Beklagten aufgrund richterlicher Verfügung vom 21. Dezember 2001 am 3. Januar 2002 zugegangenen Klage. Er behauptet, er sei nicht in der Abteilung Einkauf, die es überhaupt nicht gebe, sondern sei als Werkleiter beschäftigt gewesen. Zu seiner Tätigkeit habe die Leitung der Bereiche Produktion, Entwicklung, Organisation F & E sowie Informationswesen gehört, mit den einzelnen Aufgaben, die sich aus der als Anhang 1 zum Anstellungsvertrag vom 18.03.1999 festgelegten Tätigkeitsbeschreibung ergäbe. Wegen der Einzelheiten des Inhaltes dieser Tätigkeitsbeschreibung wird auf die als Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 14.02.2002 zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 39 und 40 d. A.) verwiesen. Seine, des Klägers, Stelle sei auch nicht weggefallen, denn sie sei durch jemand anderes, Herrn B, besetzt worden, der nunmehr seine, des Klägers, vormaligen Aufgaben ausübe. Er bestreitet die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung und hält den Vortrag des Beklagten hierzu für nicht einlassungsfähig substantiiert. Er beantragt, 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 28.11.2001, zugegangen am 29.11.2001, nicht zum 28.02.2002 aufgelöst worden ist. 2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1 zu den im Arbeitsvertrag vom 18.03.1999 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag hinaus weiterzubeschäftigen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er behauptet, der Kläger sei bislang in der Abteilung "Einkauf" beschäftigt gewesen. Diese Abteilung sei vollständig geschlossen worden. Eine soziale Auswahl sei angesichts der beabsichtigten Stilllegung der Abteilung nicht zu treffen gewesen. Der Betriebsrat sei über alle erforderlichen Daten informiert gewesen. Er habe im Rahmen des Interessenausgleichs - bzw. Sozialplanverfahrens - Einsicht in sämtliche Unterlagen gehabt. Er sei im Vorfeld fortlaufend über die beabsichtigte Schließung einzelner Betriebsteile informiert gewesen. Die Klage ist begründet. Die Kündigung vom 28. November 2001 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet, weil sie rechtsunwirksam ist. Sie ist nicht sozial gerechtfertigt. Das KSchG ist anwendbar. Die Schuldnerin beschäftigte mehr als 5 Arbeitnehmer i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG und das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand zum Zeitpunkt der Kündigung länger als 6 Monate. Der Kläger hat rechtzeitig innerhalb der Fristen der §§ 4 KSchG und 113 InsO Kündigungsschutzklage erhoben. Gemäß § 270 Abs. 3 ZPO a. F. reicht es zur Wahrung der Frist aus, dass die Klage rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist, wenn sie außerhalb der Frist erst erhoben, mithin zugestellt worden ist. Der Klageeingang am 18. Dezember 2001 lag innerhalb von 3 Wochen nach dem Kündigungszugang am 29. November 2001. Sie ist in Ansehung der besonderen Umstände gegen Jahresende (Weihnachtsfeiertage) jedenfalls alsbald zugestellt worden. Der gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat nicht genügend Tatsachen beigebracht, die die soziale Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigung ergeben. Eine Kündigung ist gem. § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Nach Abs. 2 der Vorschrift ist sie sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Auf Letzteres beruft sich der Beklagte, ohne dies substantiiert darzulegen. Die Betriebsbedingtheit der Kündigung im vorbezeichneten Sinne wird nicht gem. § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO vermutet. Die Voraussetzungen der Norm sind nicht erfüllt. Dem äußeren Anschein nach scheint dies zunächst so zu sein. Es liegt ein Interessenausgleich vor. Dieser enthält als Anlage eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer, in der der Kläger auftaucht. § 125 Abs. 1 InsO geht erkennbar davon aus, dass die geplante Betriebsänderung, der Interessenausgleich und die auszusprechenden Kündigungen nicht beziehungslos nebeneinander stehen. Die Vorschrift begründet die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung nur, wenn die Kündigung in Vollzug der im Interessenausgleich niedergelegten Betriebsänderung ausgesprochen wird. § 125 Abs. 1 InsO gilt nur für Kündigungen aufgrund der Betriebsänderung, über die der Interessenausgleich mit Namensliste zustande gekommen ist. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift. Im Insolvenzverfahren sind häufig Betriebsänderungen erforderlich, die mit der Entlassung einer größeren Zahl von Arbeitnehmern verbunden sind. Deren zügige Durchführung soll nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass der Insolvenzverwalter einer Fülle von langjährigen Kündigungsschutzprozessen ausgesetzt ist. In diesem Interesse soll der Kündigungsschutz des einzelnen Arbeitnehmers eingeschränkt werden (vgl. dazu Ascheid/ Preis/Schmidt[fortan APS]/Dörner § 125 InsO Rz. 7). Dieser Normzweck rechtfertigt nur, und das ist von der Norm auch nur gemeint, Kündigungen aufgrund der vom Interessenausgleich erfassten Betriebsänderung der Vermutungswirkung zu unterwerfen. Insofern ist § 125 Abs. 1 InsO genauso gemeint, wie § 1 Abs. 5 KSchG in seiner vom 1. Oktober 1996 bis 31. Dezember 1998 geltenden Fassung, in der ausdrücklich von einer "Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung" die Rede war. Regelt ein Interessenausgleich nur eine Betriebsänderung, so nimmt sogar dieser Kausalzusammenhang zwischen Betriebsänderung und Kündigung an der Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO teil (arg. aus BAG Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 AZR 536/97 - BAGE 88, 363 = AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 94). Regelt der Interessenausgleich mehrere Betriebsänderungen, die nicht gleichzeitig und/oder nicht sämtlichst tatsächlich durchgeführt werden, so muss sich der Zusammenhang zwischen Kündigung und konkreter Betriebsänderung unmittelbar unzweifelhaft aus dem Interessenausgleich ergeben oder vom Arbeitgeber im Prozess dargelegt und ggf. bewiesen werden. M. a. W.: Es muss auf eine der beiden Arten festgestellt werden können, dass die angegriffene Kündigung der tatsächlich bzw. tatsächlich zum in Rede stehenden Zeitpunkt durchgeführten Betriebsänderung zuzuordnen ist. Hier ergibt sich aus dem Interessenausgleich nicht, dass der Kläger aufgrund einer Betriebsänderung, die tatsächlich durchgeführt wurde, gekündigt wurde, weshalb seine Aufnahme in eine der Namenslisten des Interessenausgleichs auch nicht die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO zeitigt. Der Interessenausgleich vom 28.09.2001 hat mehrerlei Dinge zum Gegenstand. Zum einen die definitive Schließung des Teilbereiches "Schalterproduktion" zum 31. Oktober bzw. spätestens 30. November 2001. Ferner ist Gegenstand des Interessenausgleichs das Schicksal des Teilbereiches "Keramische Produktion". Diesbezüglich ist im Interessenausgleich allerdings noch nicht definitiv festgelegt, ob weiterhin versucht wird, diesen aufrechtzuerhalten, ob dieser ggf. veräußert wird oder aber ob dieser tatsächlich geschlossen wird. Entsprechend dieser Regelung in § 1 des Interessenausgleiches, der hinsichtlich des Teilbereiches "Keramische Produktion" offen lässt, was geschehen soll, ist in § 2 des Interessenausgleiches angekündigt, dass sich die Namensliste der vom Personalabbau betroffenen, d. h. der zu kündigenden Personen, in die Bereiche "Schalterproduktion" und "Keramische Produktion" unterteilt. Dies kann nur bedeuten, dass die in den Listen den einzelnen Bereichen zugeordneten Arbeitnehmer auch von den diese Bereiche betreffenden Betriebsänderungen erfasst sind. Damit stellt dieser Interessenausgleich keinerlei Zusammenhang zwischen der Betriebsänderung "Schließung der Schalterproduktion" und der Kündigung eines der Keramischen Produktion zugeordneten Arbeitnehmers dar. Nach den oben dargestellten Grundsätzen erfolgt eine Kündigung eines Mitarbeiters der Keramischen Produktion auch nicht "aufgrund" der Betriebsänderung "Schließung der Schalterproduktion". Es ist nicht Sinn von § 125 Abs. 1 InsO Kündigungen von Arbeitnehmern leichter gerichtlich durchsetzbar zu machen, die nicht im Zusammenhang der vom Interessenausgleich erfassten Betriebsänderung stehen und nicht auf ihr beruhen. Der Interessenausgleich vom 28.09.2001 begründet daher die gesetzliche Vermutung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur für die Arbeitnehmer, die in der dem Bereich "Schalterproduktion" zugeordneten Liste bezeichnet sind, denn diese Betriebsänderung ist durchgeführt worden. Die Regelungen im § 2 Abs. 2 bis 4 des Interessenausgleiches machen deutlich, dass sich die Betriebspartner noch nicht darüber im Klaren waren, welche der Arbeitnehmer aus der dem Bereich "Keramische Produktion" zugeordneten Liste nun tatsächlich gekündigt werden müssen oder nicht, für den Fall, dass dieser Bereich nicht vollständig stillgelegt wird. Insofern handelt es sich dabei um eine vorsorgliche Liste, die offenbar schon für den Fall der Schließung auch dieses Teilbereiches aufgestellt wurde. Ob diese Art von "Vorratsbeschluss" im Rahmen eines Interessenausgleichs nach § 125 Abs. 1 InsO überhaupt möglich ist, kann offen bleiben für die Entscheidungsfindung (vgl. dazu Kiel/Koch, Die betriebsbedingte Kündigung, München 2000, Rn. 507). Der Teilbereich Keramische Produktion wurde unstreitig nicht eingestellt. Der Kläger ist nicht in der Arbeitnehmerliste, die dem Bereich Schalterproduktion zugeordnet ist, aufgeführt, sondern in der Liste, die dem Bereich Keramische Produktion zugeordnet ist. Dass seine Kündigung auf der Durchführung der Betriebsänderung "Schließung der Schalterproduktion" beruht und hierdurch betrieblich bedingt ist, wird durch diesen Interessenausgleich nicht vermutet. Es wird auch nicht vermutet, dass diese aufgrund der im Bereich Keramische Produktion durchgeführten Betriebsänderung beruht, weil nach dem Interessenausgleich nicht einmal klar ist, welche Art der Betriebsänderung denn letztendlich hier stattfinden soll, und nicht dargelegt ist, ob überhaupt und wenn ja, welche Betriebsänderung in diesem Bereich tatsächlich stattgefunden hat. Danach hätte es gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG dem Beklagten oblegen, substantiiert und unter Beweisantritt Tatsachen beizubringen, aus denen sich das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Dazu hätte es der Darlegung der außerbetrieblichen Ursachen und ihrer Auswirkungen innerhalb des Betriebes bzw. der innerbetrieblichen Ursache und ihrer Auswirkung auf den Arbeitsplatz des Klägers bedurft, wie sich dies aus Ziffer 3 des Auflagenbeschlusses vom 9. Januar 2002 (Bl. 9 d.A.) auch ergibt. Hierzu hat der Beklagte nicht genügend vorgetragen. Die Kammer lässt dabei offen, ob es entscheidungsrelevant ist, dass der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vortragen ließ, es könne nicht abschließend beantwortet werden, welchen Arbeitsplatz der Kläger denn nun tatsächlich innegehabt habe. Weiß der kündigende Arbeitgeber nicht, welchen Arbeitsplatz der zu Kündigende innehat, so ist es nicht besonders überzeugend, im Prozess darlegen zu wollen, dieser Arbeitsplatz (welcher?) sei durch irgendwelche Umstände entfallen. Hierauf kommt es nicht an. Der Beklagte legt dar, dass der Bereich "Schalterproduktion" zum 31. Oktober 2001 geschlossen worden sei und ebenfalls der Bereich "Einkauf". Der Kläger war unstreitig nicht im Bereich "Schalterproduktion" beschäftigt, so dass die Schließung dieses Bereiches allein die Kündigung des Klägers nicht rechtfertigt. Die Schließung des Teilbereichs "Einkauf" ist - abgesehen davon, dass der Kläger durch Vorlage eines Organigramms untermauert behauptet, eine solche Abteilung habe gar nicht existiert - nicht substantiiert genug dargelegt und auch nicht plausibel. Es bleibt z. B. nach den Darlegungen des Beklagten offen, wie ohne Einkauf die Keramische Produktion fortgeführt wird. Aber auch hierauf kommt es nicht entscheidend an, denn der Kläger war überhaupt nicht in der angeblich geschlossenen Abteilung "Einkauf" beschäftigt. Hiervon hat die Kammer für ihre Entscheidungsfindung aus folgenden Gründen auszugehen: Der Kläger behauptet schon im ersten Satz der Begründung seiner Klage, er sei Werkleiter gewesen. Der Beklagte behauptet in seiner Klageerwiderung, der Kläger sei im Bereich "Einkauf" beschäftigt gewesen. Damit ist diese Behauptung streitig und beweisbedürftig. Der Beklagte ist hierfür beweisfällig, denn er hat kein ordnungsgemäßes Beweisangebot gebracht. Das Beweisangebot "Zeugnis von N. N." ist - ohne dass dies hier näher erläutert werden muss - unzweifelhaft kein ordnungsgemäßes Beweisangebot. Hierauf musste der Beklagte nicht hingewiesen werden, denn dies haben er und sein Prozessbevollmächtigter zu wissen. Ein entsprechender Hinweis konnte aber auch deshalb unterbleiben, weil die Entscheidung alternativ von der Kammer darauf gestützt wird, dass sie ohnehin davon überzeugt ist, dass der Kläger Werkleiter und nicht Einkäufer war. Der Kläger legt zu Stützung seiner Behauptung die Kopie eines Arbeitsvertrages und die Kopie einer Tätigkeitsbeschreibung vor, aus der sich ergibt, dass und mit welchen Aufgaben er Werkleiter war. Eine Fälschung dieser Kopien ist nirgendwo behauptet. Die Kammer kann deshalb in freier Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO davon ausgehen, dass ein entsprechendes Original existierte. Auch dies unterliegt der freien Beweiswürdigung. § 286 Abs. 1 ZPO macht deutlich, dass das Gericht die Überzeugungsbildung aufgrund des gesamten Inhaltes der mündlichen Verhandlung zu treffen hat und aufgrund einer "etwaigen" Beweisaufnahme. Das macht deutlich, dass eine Überzeugungsbildung auch ohne Beweisaufnahme möglich ist. Bei lebensnaher Betrachtung des Sachverhaltes kann die Vorlage der Kopien des Arbeitsvertrages und der Tätigkeitsbeschreibung sowie das unstreitige hohe Gehalt des Klägers nur bedeuten, dass dieser tatsächlich einen Arbeitsvertrag als Werkleiter hatte. Ein Schriftsatznachlass war dem Beklagten nicht einzuräumen. Ein solcher kommt nur in Betracht, wenn bei der die Prozessförderungspflichten beachtenden ordnungsgemäßer Prozessführung der Partei eine Einlassung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht zumutbar ist oder nach § 139 Abs. 5 ZPO, wenn nach einem gerichtlichen Hinweis der Partei eine sofortige Erklärung nicht möglich ist. Die Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Bei einer ordnungsgemäßen, auch auf die Prozessförderungspflicht bedachtnehmenden Prozessführung hätte der Beklagte schon ausweislich der Klageschrift erkennen müssen, dass die Behauptung, der Kläger sei im Einkauf beschäftigt gewesen, nicht unstreitig ist. Schließlich hätte sich der Beklagte hierzu erklären können müssen, denn als Insolvenzverwalter rückt er in die Stellung des Arbeitgebers ein und hat zu wissen, welche Aufgaben welcher Arbeitnehmer hat. Gerade als kündigender Arbeitgeber hat er dies zu wissen, weil er rechtswirksam nur kündigen kann, wenn er darlegt, dass der Arbeitsplatz des zu Kündigenden entfallen ist und dass ein Beschäftigungsbedürfnis für den zu Kündigenden nicht mehr vorhanden ist. Das setzt die Kenntnis dessen, mit was der zu Kündigende beschäftigt ist, zwingend notwendig voraus. Schließlich bleibt nicht unberücksichtigt, dass das persönliche Erscheinen des Beklagten angeordnet war und dieser nicht persönlich erschienen ist. Er ließ sich - soweit zulässig - gem. § 141 ZPO durch seine Prozessbevollmächtigte auch diesbezüglich vertreten. Diese konnte die gestellte Frage abschließend nicht beantworten. Bei dieser Sachlage hat das Gericht alles Erforderliche und Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhaltes versucht. Dass dies im ersten Rechtszug nicht gelungen ist, liegt am Prozessverhalten des Beklagten. Weiterer Schriftsatznachlass war nicht zu gewähren. Weitere Tatsachen, die die Kündigung des Klägers bedingen könnten, sind nicht vorgetragen. Der bisherige Vortrag war unsubstantiiert. Der Klage war daher ohne weiteres stattzugeben. Dabei kommt es nicht mehr darauf an, dass die Darlegungen zur Betriebsratsanhörung ebenfalls unsubstantiiert sind. Auch unter Zuhilfenahme des Interessenausgleichs ist aufgrund des Prozessvortrages des Beklagten nicht erkennbar, welchen Kenntnisstand der Betriebsrat in Bezug auf die Kündigung des Klägers hatte. Ziffer 3 der Auflage aus dem Gütetermin umreißt die Anforderungen an den Sachvortrag diesbezüglich hinreichend deutlich, so dass hierauf auch nicht noch einmal hingewiesen werden musste. Bei dieser Sachlage ist der für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1 gestellte Weiterbeschäftigungsantrag zur Entscheidung angefallen. Auch dieser ist begründet. Der Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits nach Ausspruch einer Kündigung ist gegeben, wenn eine umfassende Interessenabwägung ein überwiegendes Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers gegenüber dem wirtschaftlichen Betätigungsinteresse des Arbeitgebers ergibt. In der Regel überwiegt das Beschäftigungsinteresse eines Arbeitnehmers nach erstinstanzlicher Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung, wie hier geschehen. In dieser Prozesssituation ist vom beklagten Arbeitgeber Tatsachenvortrag zu seinen Interessen, die einer solchen Weiterbeschäftigung entgegenstehen, zu halten. Entsprechender Sachvortrag erfolgte nicht. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 ZPO. Der gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Wert des Streitgegenstandes bemisst sich in Höhe von 4 Bruttomonatsentgelten. Drei Bruttomonatsentgelte werden für den Kündigungsschutzantrag gem. § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG als Bruttovierteljahresverdienst mangels anderer Angaben angesetzt. Ein Bruttomonatsverdienst ist gem. § 3 ZPO für den Weiterbeschäftigungsantrag festzusetzen. Das ergibt die in € austenorierte Summe. Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung war entbehrlich, weil auch bei nur eingeschränkter Berufungseinlegung des Beklagten sich in die Statthaftigkeit einer solchen wertunabhängig aus dem Umstand ergibt, dass es sich um eine Bestandsschuldstreitigkeit handelte, oder aber aus dem Wert des weiteren Teils des Streitgegenstandes, des Weiterbeschäftigungsantrages. ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |