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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 31.08;
Verkündet am:
30.09.2008
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
Rechtskräftig: unbekannt! Verwendung; Studium; Diplomprüfung; Promotion. Leitsatz des Gerichts: Das dienstliche Interesse an der Genehmigung für einen Offizier des Truppendienstes, eine Promotion im Wege der Kommandierung an eine Universität durchzuführen, wird nicht nur durch das Promotionsthema, sondern auch durch die Frage bestimmt, ob überhaupt Interesse an dieser zusätzlichen wissenschaftlichen Qualifikation des Offiziers in seinem Verwendungsgang besteht. Der Antragsteller ist Soldat auf Zeit in der Laufbahn des Truppendienstes. Er begehrte nach erfolglosem Beschwerdeverfahren die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, ihm im Anschluss an das mit der Diplomprüfung abgeschlossene Studium der Chemie die Durchführung einer Promotion in diesem Fach im Wege der Kommandierung an eine öffentlichen Hochschule zu genehmigen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: ... 20Die Entscheidung über die vom Antragsteller angestrebte Genehmigung der Promotion als Offizier an einer öffentlichen Hochschule stellt eine wehrdienstgerichtlich überprüfbare Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO dar. Mit ihr wird nicht über das Wehrdienstverhältnis oder den Status des Offiziers entschieden Bereiche, die im Streitfall gemäß § 82 Abs. 1 SG den allgemeinen Verwaltungsgerichten zugewiesen sind , sondern über die truppendienstliche Verwendung. 21Das Bundesministerium der Verteidigung hat das ihm in § 3 SG gesetzlich eingeräumte Verwendungsermessen hinsichtlich der wissenschaftlichen Ausbildung der Offiziere des Truppendienstes unter anderem in den „Richtlinien für das Studium von Offizieren des Truppendienstes an öffentlichen Hochschulen“ (BMVg PSZ I 1 <40> Az.: 11-03-10/10) vom 31. Mai 2007 dahin gebunden, dass zur Teilnahme am Studium ausgewählte Offiziere aus dienstlichen Gründen unter Nutzung einer Planstelle des z.b.V.-Schüleretats zu einer militärischen Dienststelle der Bundeswehr versetzt und von dort zum Studium an eine öffentliche Hochschule kommandiert werden (Nr. 4 der Richtlinien). Diese Kommandierung zur wissenschaftlichen Ausbildung betrifft die truppendienstliche Verwendung eines studierenden Offiziers, zumal dieser für die Dauer der Kommandierung dem Leiter der Dienststelle, zu der er versetzt ist, disziplinar sowie hinsichtlich der Überwachung des Studienfortschritts unterstellt bleibt (ebenso schon zur Kommandierung zu Hochschulen der Bundeswehr: Beschlüsse vom 12. Juli 1978 BVerwG 1 WB 107.77 BVerwGE 63, 96 und vom 29. April 2008 BVerwG 1 WB 11.07 ). Die Promotion ist nach Nr. 11 der Richtlinien grundsätzlich nicht Bestandteil des Studiums. Wird sie aber ausnahmsweise durch die dafür zuständige Amtsleitung des Personalamts der Bundeswehr genehmigt, ist sie im Rahmen der dann notwendigen weiteren Kommandierung ein zusätzlicher Teil der Ausbildung des Offiziers und damit zugleich Teil seiner truppendienstlichen Verwendung (ebenso: Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 8. Aufl. 2008, § 3 Rn. 5; Beschluss vom 19. Mai 1981 BVerwG 1 WB 123.79 ). 221. Der Haupt- und der Hilfsantrag sind unzulässig. (wird ausgeführt) ... 32Mit Rücksicht auf das ausführliche Vorbringen der Beteiligten zur Sache weist der Senat klarstellend darauf hin, dass der Bescheid des Personalamts vom 24. September 2007 in der Fassung des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 11. Februar 2008 rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Dieser hatte keinen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, im Anschluss an sein Studium der Chemie an einer öffentlichen Hochschule dort auch eine Promotion als Soldat auf Zeit durchzuführen. Deshalb hätte der Feststellungsantrag auch im Falle seiner Zulässigkeit keinen Erfolg gehabt. 33Rechtsgrundlage für die angefochtene Ablehnungsentscheidung sind die zitierten Richtlinien des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Mai 2007. Nach Nr. 1 der Richtlinien erfordern bestimmte Verwendungen in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes eine wissenschaftliche Vorbildung. Diese wird in der Regel durch die Ausbildung der Offizieranwärter bzw. Offiziere im Rahmen eines Studiums an einer Universität der Bundeswehr nach Maßgabe der „Personellen Bestimmungen für das Studium von Offizieranwärtern/Offizieren an einer Universität der Bundeswehr“ (BMVg PSZ I 1 Az.: 16 26-00/8) vom 26. März 2002 gewährleistet. Erst dann, wenn der erforderliche Bedarf nicht durch Offiziere mit einem Abschluss an einer Universität der Bundeswehr oder durch Einstellung von Bewerbern und Bewerberinnen mit bereits abgeschlossenem wissenschaftlichen Studium gedeckt werden kann, besteht nach Nr. 1 der Richtlinien im Ermessenswege die Möglichkeit, Offiziere des Truppendienstes zu einem Studium an eine öffentliche Hochschule zu kommandieren. Das Studium endet nach Nr. 11 der Richtlinien regelmäßig mit der erfolgreich abgelegten Diplom- oder Magisterprüfung, dem Bachelor- oder Masterabschluss oder mit dem Ersten Staatsexamen. Eine Promotion ist nach Nr. 11 der Richtlinien grundsätzlich nicht Bestandteil des Studiums. Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn studierende Offiziere nicht militärisch, sondern wie etwa die Historiker des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes in einer speziellen wissenschaftlichen Verwendung eingesetzt werden sollen und ihr Studiengang in der Regel nicht mit einer der genannten Abschlussprüfungen beendet wird (vgl. hierzu Beschlüsse vom 19. Mai 1981 BVerwG 1 WB 123.79 BVerwGE 73, 182 <185> und vom 29. April 2008 BVerwG 1 WB 11.07 ). 34Eine Promotion kann nach Nr. 11 der Richtlinien nur bei dienstlichem Interesse im Ausnahmefall genehmigt werden, wenn die Gesamtstudiendauer dadurch nicht wesentlich erhöht wird und die bisherigen Studienleistungen Aussicht auf Erfolg versprechen. Die Entscheidung trifft die Leitung des Personalamts der Bundeswehr nach Abstimmung mit dem Führungsstab der Streitkräfte (Fü S/UniBw). Auf die Erteilung der Genehmigung zur Promotion an einer öffentlichen Hochschule hat ein Soldat mithin keinen Anspruch. Vielmehr steht die Genehmigung der Promotion im pflichtgemäßen Ermessen des Amtschefs des Personalamts als der zuständigen Stelle. 35Das Ermessen des Amtschefs war im vorliegenden Fall nicht durch eine rechtswirksame Zusicherung der Genehmigung einer Promotion gebunden. (wird ausgeführt) ... 39Das Ermessen des Amtschefs des Personalamts war ferner nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG dergestalt gebunden, dem Antragsteller ebenso wie Oberstleutnant Dr. H. und Major K. die Genehmigung zu einer Promotion zu erteilen. Der Gleichbehandlungsgrundssatz wäre zu Lasten des Antragstellers verletzt, wenn sich bei gleichgelagerten Sachverhalten kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für eine gleichwohl vorgenommene Differenzierung finden ließe (vgl. Beschluss vom 6. April 2005 BVerwG 1 WB 61.04 NZWehrr 2005, 212 ). Ein sachlicher Grund, den genannten Stabsoffizieren ausnahmsweise die Genehmigung zur Durchführung einer Promotion zu erteilen, liegt schon darin, dass es sich bei ihnen um Berufsoffiziere handelt. Für Berufsoffiziere steht in der Regel fest, dass sie mit ihren im Studium erworbenen wissenschaftlichen Kenntnissen und der zusätzlich in einer Promotion dokumentierten wissenschaftlichen Qualifikation der Bundeswehr in einer wesentlich längeren Nutzungszeit zur Verfügung stehen werden als die Soldaten auf Zeit. Deshalb bestimmt Nr. 2 der Richtlinien auch explizit, dass (schon) für ein Studium an einer öffentlichen Hochschule in erster Linie Berufsoffiziere (in der Laufbahn des Truppendienstes) und nur im Ausnahmefall auch Offiziere auf Zeit in Betracht kommen. (wird weiter ausgeführt) ... 40Die danach nur durch die Grenzen pflichtgemäßer Ausübung gebundene Ermessensentscheidung des Amtschefs des Personalamts, ein dienstliches Interesse an der Promotion des Antragstellers im Fach Chemie nicht anzuerkennen, ist ohne Rechts- und Ermessensfehler zustande gekommen. 41Der Begriff des dienstlichen Interesses stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Das dienstliche Interesse an einer Promotion wird nicht nur wie der Antragsteller meint durch das Interesse an einem bestimmten Promotionsthema determiniert. Vielmehr erstreckt sich der Begriff des dienstlichen Interesses weitergefasst auch auf die Frage, ob überhaupt Interesse an einer Promotion des Offiziers im Sinne einer allgemeinen zusätzlichen wissenschaftlichen Qualifikation besteht. Dabei ist der fachliche Verwendungsbereich des antragstellenden Offiziers ebenso zu berücksichtigen wie die Frage, ob in diesem Verwendungsbereich bestimmte Dienstposten eine Promotion voraussetzen. Das dienstliche Interesse hängt anders gewendet davon ab, ob ein vorrangiger militärisch-personeller Bedarf der angestrebten Promotion entgegensteht; zusätzlich ist maßgeblich, ob der Erwerb dieser erweiterten wissenschaftlichen Qualifikation in einem angemessenen zeitlichen und fachlichen Verhältnis zu ihrem Nutzeffekt für die Bundeswehr steht (vgl. dazu Beschlüsse vom 7. August 1980 BVerwG 1 WB 159.78 RiA 1981, 100, vom 19. Mai 1981 BVerwG 1 WB 123.79 BVerwGE 73, 182 <184> und vom 29. April 2008 BVerwG 1 WB 11.07 ). In diesem Rahmen gewinnt die Bedarfs- und Personallage des jeweiligen Verwendungsbereichs erhebliche Bedeutung. 42Unter Beachtung dieser Vorgaben ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass im angefochtenen Beschwerdebescheid ein dienstliches Interesse an einer Promotion des Antragstellers überhaupt abgelehnt wird. Insoweit hat der Bundesminister der Verteidigung im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt, dass es in der ABC-Abwehrtruppe derzeit keinen Dienstposten gibt, der vom Befähigungsprofil her eine abgeschlossene Promotion (im Fach Chemie) erfordere. Dem ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten. 43Ohne Rechtsfehler geht der Bundesminister der Verteidigung im Beschwerdebescheid ferner davon aus, dass der gegenwärtige militärisch-personelle Bedarf in der ABC-Abwehrtruppe einer Genehmigung der Promotion entgegensteht. (wird ausgeführt) ... Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, speziell bei Soldaten auf Zeit der personellen Bedarfslage in einem bestimmten fachlichen Verwendungsbereich gegenüber den persönlichen Promotionsinteressen eines einzelnen Offiziers den Vorrang einzuräumen. Denn schon bei Berufssoldaten verlangt das Gebot des möglichst sparsamen Einsatzes von Haushaltsmitteln, dass die durch ein Studium veranlasste Abwesenheit von der Truppe nicht über das durch die Truppendienstbezogenheit des Studiums bedingte notwendige Maß hinaus andauert (Beschluss vom 19. Mai 1981 a.a.O.). Dies muss erst recht für Soldaten auf Zeit wie den Antragsteller gelten. ... Golze Dr. Frentz Dr. Langer ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. 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