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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 23.08;
Verkündet am:
30.09.2008
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
Rechtskräftig: unbekannt! Aussagegenehmigung; Strafantrag Leitsatz des Gerichts: 1. Für Streitigkeiten um die Erteilung einer Aussagegenehmigung für einen Soldaten ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet. 2. Wird eine Aussagegenehmigung beantragt, um wegen einer nur auf Antrag verfolgbaren Tat einen Strafantrag stellen zu können, so beginnt die Frist von drei Monaten zur Stellung des Strafantrags (§ 77b StGB) erst zu laufen, wenn über den Antrag auf Erteilung der Aussagegenehmigung bestands- bzw. rechtskräftig entschieden ist. Der Antragsteller ist Berufssoldat. Er sieht sich durch den Inhalt einer gegen ihn erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde in seiner Ehre verletzt. Seinen Antrag auf Erteilung einer Aussagegenehmigung, um gegen die Verfasser der Dienstaufsichtsbeschwerde Strafantrag wegen Beleidigung stellen zu können, lehnte das Bundesministerium der Verteidigung ab. Gegen den hierauf vom Antragsteller eingelegten Antrag auf gerichtliche Entscheidung wandte der Bundesminister der Verteidigung (unter anderem) ein, dieser sei bereits unzulässig, weil die von dem Antragsteller angestrebte strafrechtliche Ahndung nicht mehr erreicht werden könne, nachdem inzwischen die dreimonatige Frist zur Stellung des Strafantrags abgelaufen sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für zulässig erachtet, ihn jedoch in der Sache zurückgewiesen. Aus den Gründen: ... 14Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. 15Der Antragsteller hat keinen bestimmten Sachantrag gestellt. Sinngemäß beantragt er, den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, ihm, dem Antragsteller, eine Aussagegenehmigung zu erteilen, um gegen Herrn Dr. V. und dessen Ehefrau im Zusammenhang mit der Dienstaufsichtsbeschwerde des Dr. V. vom 13. September 2007 Strafantrag wegen Beleidigung (§§ 185 ff. StGB) stellen zu können. 16Für dieses Rechtsschutzbegehren ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet (vgl. Beschluss vom 3. Oktober 1974 BVerwG 1 WB 1.74 BVerwGE 46, 303 <305> = NZWehrr 1975, 104). Das Bundesverwaltungsgericht ist sachlich zuständig, weil die Aussagegenehmigung durch den hierzu allein befugten (§ 14 Abs. 2 Satz 3 SG, § 62 Abs. 4 BBG) Bundesminister der Verteidigung versagt wurde (§ 21 Abs. 1 WBO). 17Der Streit um die Erteilung einer Aussagegenehmigung für einen Soldaten betrifft eine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO). Der Antragsteller hat insoweit eine Verletzung seiner Rechte bzw. eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber geltend gemacht, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes (mit Ausnahme der der §§ 24, 25, 30 und 31) geregelt sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1 WBO i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), nämlich eine Verletzung seines Anspruchs darauf, dass ihm die Genehmigung zur Aussage in eigener Sache vor Strafverfolgungsbehörden und Gerichten nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen versagt werden darf (§ 14 Abs. 2 Satz 3 SG i.V.m. § 62 Abs. 1 und 3 BBG; vgl. hierzu auch Beschluss vom 3. Oktober 1974 a.a.O. S. 305 ff.). 18Der Antrag ist schließlich auch nicht deshalb mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil die Tat, die Gegenstand der Aussagegenehmigung ist, nicht mehr verfolgt werden kann. 19Zwar wird eine Tat, die wie ein Beleidigungsdelikt (siehe § 194 Abs. 1 Satz 1 StGB) nur auf Antrag verfolgbar ist, nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte hier: der Antragsteller als Verletzter (§ 77 Abs. 1 StGB) es unterlässt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen (§ 77b Abs. 1 Satz 1 StGB). Die für den Beginn der Antragsfrist maßgebliche Kenntnis von der Tat und der Person des Täters (§ 77b Abs. 2 Satz 1 StGB) hatte der Antragsteller spätestens am 2. Oktober 2007, als er zu der Dienstaufsichtsbeschwerde des Dr. V. vom 13. September 2007 eine dienstliche Erklärung abgab. Ein die Strafverfolgung ausschließendes „Unterlassen“ liegt jedoch nicht vor, wenn der Antragsberechtigte aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen gehindert ist, den Strafantrag zu stellen; in diesem Fall beginnt die Frist nicht zu laufen bzw. wird eine schon in Lauf gesetzte Frist durch den Eintritt des Hindernisses gehemmt (vgl. Schmid, in: Leipziger Kommentar zum StGB, Bd. 3, 12. Aufl. 2008, § 77b Rn. 12; Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, § 77b Rn. 19, jeweils m.w.N.). 20Vorliegend war der Antragsteller dadurch, dass er nicht über die erforderliche Aussagegenehmigung verfügte, gehindert, den Strafantrag zu stellen. Ein Soldat hat über die ihm bei seiner dienstlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SG). Er darf ohne Genehmigung über solche Angelegenheiten weder vor Gericht noch außergerichtlich - also etwa auch nicht gegenüber Polizei oder Staatsanwaltschaft - aussagen oder Erklärungen abgeben (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SG). Der Inhalt der Dienstaufsichtsbeschwerde des Dr. V. vom 13. September 2007, einschließlich der darin geschilderten oder in Bezug genommenen Vorgänge aus der Befragung von Frau V. im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung, ist eine Angelegenheit, die dem Antragsteller bei seiner dienstlichen Tätigkeit bekannt geworden ist. Es ist nicht ersichtlich, auf welche Weise der Antragsteller den Gegenstand des Strafantrags hätte hinreichend bezeichnen können, ohne dabei Tatsachen, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, zu offenbaren. 21Die Drei-Monats-Frist zur Stellung des Strafantrags beginnt deshalb erst zu laufen, wenn über den Antrag auf Erteilung der Aussagegenehmigung bestands- bzw. rechtskräftig entschieden ist. Ob etwas anderes gilt, wenn der Strafantragsberechtigte eine erforderliche Aussagegenehmigung nicht binnen angemessener Frist beantragt (insbesondere, wenn er mehr als drei Monate verstreichen lässt, nachdem er Kenntnis von der Tat und der Person des Täters erlangt hat), kann hier offenbleiben, weil der Antragsteller den Antrag auf Erteilung einer Aussagegenehmigung bereits am 5. Oktober 2007, also unmittelbar nach Kenntnis von der Dienstaufsichtsbeschwerde des Dr. V., gestellt hat. 22Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. (wird ausgeführt) Golze Dr. Frentz Dr. Langer ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. 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