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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WDS-VR 13.08;
Verkündet am: 
 01.09.2008
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Beurteilung; Neufassung
Leitsatz des Gerichts:
1. Nach der Aufhebung einer planmäßigen Beurteilung ist deren Neufassung grundsätzlich geboten.

2. Zu den Voraussetzungen des Verzichts auf die Neufassung einer aufgehobenen planmäßigen Beurteilung.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr, mit der sein Antrag abgelehnt wurde, auf die Neufassung einer aufgehobenen planmäßigen Beurteilung zu verzichten.

Sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb erfolglos.

Aus den Gründen:
...

25Grundlage der angefochtenen Entscheidung ist Nr. 1204 Buchst. a ZDv 20/6 in der Fassung vom 17. Januar 2007 (n.F.). Danach entscheidet die personalbearbeitende Stelle hier das Personalamt der Bundeswehr , ob die Neufassung einer aufgehobenen Beurteilung (oder Stellungnahme) unterbleiben kann. Die Entscheidung über den Verzicht auf die Neufassung einer aufgehobenen Beurteilung steht danach im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Stelle. Diese Ermessensentscheidung kann vom Senat nur daraufhin überprüft werden, ob die personalbearbeitende Stelle die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO in entsprechender Anwendung). Hat das Bundesministerium der Verteidigung oder eine von ihm beauftragte Stelle das ihm bzw. ihr eingeräumte Ermessen in Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften gebunden, ist vom Senat auch zu prüfen, ob diese unter dem Blickwinkel des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) eingehalten worden sind.

26Die angefochtene Entscheidung des Personalamts weist keine Ermessensfehler auf; insbesondere ist auch keine Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens festzustellen.

27Nr. 1204 Buchst. a ZDv 20/6 beruht ebenso wie die im Kontext dieser Bestimmung stehenden Nr. 1201, 1202, 1203 und 1204 Buchst. b ZDv 20/6 auf der Ermächtigung in § 2 Abs. 2 SLV. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SLV sind Eignung, Befähigung und Leistung der Soldatinnen und Soldaten regelmäßig, oder wenn es die dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse erfordern, zu beurteilen. § 2 Abs. 2 SLV ermächtigt das Bundesministerium der Verteidigung zu näheren Regelungen (Satz 1) sowie dazu, Ausnahmen von dem Grundsatz der regelmäßigen/planmäßigen Beurteilung zuzulassen (Satz 2).

28§ 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SLV schreibt die regelmäßige Beurteilung für Soldatinnen und Soldaten als Grundsatz vor. Der Begriff der Regelmäßigkeit oder im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SLV i.V.m. Nr. 202 Buchst. a ZDv 20/6 der Begriff der Planmäßigkeit der Beurteilung bedeutet, dass die Beurteilung zu gemeinsamen feststehenden Stichtagen und für den gleichen Beurteilungszeitraum oder aus bestimmten Anlässen einheitlich für alle Soldaten eines Dienstgrades oder einer Dienstgradgruppe ohne Bezug zu einer konkreten Personalmaßnahme durchgeführt wird (Beschluss vom 22. September 2005 BVerwG 1 WB 4.05 Buchholz 236.110 § 2 SLV Nr. 6). Dementsprechend war für den Antragsteller nach Nr. 204 Buchst. a (5) ZDv 20/6 in der Fassung vom 13. Mai 1998 (a.F.) nach zwölfmonatiger Dienstleistung in einer seinem Dienstgrad entsprechenden Verwendung eine planmäßige Beurteilung zu erstellen. Dieses Erfordernis legt in inhaltlich unveränderter Form auch Nr. 204 Buchst. a (6) ZDv 20/6 n.F. fest.

29Da die (planmäßigen) Beurteilungen einen lückenlosen Spiegel des militärischen Werdegangs eines Soldaten gewährleisten sollen, darf eine regelmäßige bzw. planmäßige Beurteilung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen unterbleiben. Eine Lücke in der Abfolge der Beurteilungen ist nur zulässig und hinnehmbar, wenn dies aus besonderen Gründen nicht vermieden werden kann (stRspr, Beschlüsse vom 14. Januar 1997 BVerwG 1 WB 86.96 Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 3, vom 3. Juli 2001 BVerwG 1 WB 23.01 Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 17 und vom 3. Juli 2001 BVerwG 1 WB 28.01 ). Das Gebot der Lückenlosigkeit von Beurteilungen schützt und fördert deren maßgeblichen Zweck, im Rahmen der Verwirklichung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Leistungsgrundsatzes (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) aussagekräftige Grundlage für Entscheidungen über die Verwendung von Soldaten insbesondere auf förderlichen oder Beförderungs-Dienstposten und über ihr dienstliches Fortkommen zu sein (Beschluss vom 22. September 2005 a.a.O. m.w.N.).

30Das Prinzip der Lückenlosigkeit von Beurteilungen prägt auch die Anordnung in Nr. 1202 Buchst. a ZDv 20/6 (a.F. und n.F.), die die Neufassung einer Beurteilung - wie der Antragsteller ebenfalls zugesteht - als Regelfall voraussetzt und zugrunde legt. Hiernach ist die Neufassung einer planmäßigen Beurteilung nach deren Aufhebung grundsätzlich geboten (Beschlüsse vom 15. März 1994 BVerwG 1 WB 6.94 NZWehrr 1994, 165 und vom 14. Januar 1997 a.a.O.).

31Soweit demgegenüber in Nr. 1204 Buchst. b ZDv 20/6 n.F. Beispiele für die Möglichkeit eines Verzichts auf die Neufassung einer aufgehobenen Beurteilung formuliert sind, handelt es sich dabei - angesichts des dargestellten systematischen und teleologischen Zusammenhangs mit Nr. 1202 Buchst. a ZDv 20/6 und § 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SLV - um eine eng auszulegende Ausnahmebestimmung (vgl. Beschluss vom 15. März 1994 a.a.O.).

32Die angefochtenen Bescheide halten diese normativen Vorgaben ein und gehen ohne Rechtsfehler davon aus, dass auf die Neufassung der aufgehobenen planmäßigen Beurteilung vom 18. April 2006 im Falle des Antragstellers nicht verzichtet werden kann.

33Für den Senat ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht substanziiert geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für einen Verzicht nach Nr. 1204 Buchst. b 1. bis 3. Spiegelstrich ZDv 20/6 vorliegen. Insbesondere stellt der Umstand, dass die Neufassung einer Beurteilung dem Vorgesetzten zugewiesen ist, der die ursprüngliche (aufgehobene) Fassung erstellt hat (Nr. 1202 Buchst. a ZDv 20/6), für sich allein keinen Grund dar, in der Person dieses Vorgesetzten Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit anzunehmen (Beschluss vom 19. November 1998 BVerwG 1 WB 45.98 ). (wird ausgeführt) ...

34Ohne Erfolg macht der Antragsteller unter Berufung auf Nr. 1204 Buchst. b 4. Spiegelstrich ZDv 20/6 n.F. geltend, dass der Zeitraum zwischen der ursprünglichen Erstellung und der Neufassung der Beurteilung zu groß sei. Dieser Zeitraum, nach dessen Ablauf eine Neufassung der Beurteilung nicht mehr sinnvoll ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Senats nicht generell bestimmen, sondern ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (Beschluss vom 5. November 1985 BVerwG 1 WB 20.85 NZWehrr 1986, 130; vgl. auch Beschluss vom 15. März 1994 a.a.O.). Im Falle des Antragstellers liegt zwischen der ursprünglichen Erstellung und der Neufassung der Beurteilung ein Zeitraum von etwa zwei Jahren und drei Monaten. Diese Zeitspanne ist schon deshalb nicht als zu groß zu qualifizieren, weil dem Antragsteller in der Zwischenzeit keine aktuellere (planmäßige) Beurteilung erteilt worden ist. Nach wie vor besteht in dieser Zeitspanne also die von § 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SLV grundsätzlich nicht gewünschte Lücke in der Dokumentation des Eignungs- und Leistungsbildes des Antragstellers für einen Beurteilungszeitraum, dem Nr. 204 Buchst. a (6) ZDv 20/6 n.F. eine besondere Bedeutung für die Werdegangsplanung eines Offiziers zuschreibt. Überdies bestehen keine objektiven Anhaltspunkte für die Annahme, dass nach gut zwei Jahren die Erinnerung der beurteilenden Vorgesetzten an das Eignungs- und Leistungsbild des Antragstellers verlorengegangen sei.

35Unabhängig davon, ob der Katalog der Verzichtsgründe in Nr. 1204 Buchst. b ZDv 20/6 n.F. als abschließend bezeichnet werden kann oder nicht, verkennt der Antragsteller im Übrigen, dass für die Neufassung seiner planmäßigen Beurteilung im Interesse eines lückenlosen Spiegels der von ihm erbrachten Leistungen weiterhin ein Bedürfnis besteht.

36Zutreffend hat das Personalamt im angefochtenen Ausgangsbescheid betont, dass die letzte planmäßige Beurteilung dem Antragsteller im Jahr 2002 im Dienstgrad Seekadett und damit noch nicht in der Offizierlaufbahn erteilt worden ist. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Personalamt zur Dokumentation der Kontinuität des Leistungsbildes eines Offiziers der ersten Beurteilung als Offizier eine nicht zu unterschätzende Bedeutung beimisst. Für weitere Auswahlentscheidungen im Werdegang des Antragstellers ist entgegen seiner Auffassung nicht nur die aktuellste Beurteilung maßgeblich. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist es zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität zulässig, in Auswahlentscheidungen auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen (Beschluss vom 18. Oktober 2007 BVerwG 1 WB 6.07 DokBer 2008, 155 m.w.N.). Dabei stellen ältere Beurteilungen nicht lediglich Hilfskriterien für eine zu treffende Auswahlentscheidung dar. Vielmehr handelt es sich bei diesen Beurteilungen um Erkenntnisse, die bei einem Bewerbervergleich bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung des betroffenen Soldaten ermöglichen. (wird ausgeführt) ...

Dr. Frentz Dr. Müller Dr. Langer
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