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Text des Beschlusses
8 W 1224/07;
Verkündet am: 
 26.10.2007
OLG Oberlandesgericht
 

Dresden
Vorinstanzen:
3 O 1470/06
Landgericht
Leipzig;
Rechtskräftig: unbekannt!
Der zusätzliche Antrag festzustellen, dass das Zahlungsbegehren wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung des Beklagten begründet ist, erhöht den Streitwert um höchstens 5 % der bezifferten Klageforderung
Leitsatz des Gerichts:
1. Der zusätzliche Antrag festzustellen, dass das Zahlungsbegehren wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung des Beklagten begründet ist, erhöht den
Streitwert – allenfalls – um höchstens 5 % der bezifferten Klageforderung.

2. Legt das im Zuständigkeitskonflikt zwischen Amts- und Landgericht angerufene Oberlandesgericht der Bestimmung des (sachlich) zuständigen Gerichtes einen bestimmten Streitwert zugrunde, ist diese “Festsetzung“ später grundsätzlich auch für die Berechnung der Gebühren maßgeblich.
In dem Rechtsstreit
F S
-Kläger-
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
- Beschwerdeführer -
gegen
1. F GmbH & Co. KG, GmbH,
2. F GmbH,
3. M T
-Beklagte-
Prozessbevollmächtigte zu 1 bis 3: Rechtsanwälte
- Beschwerdeführer -
wegen Schadenersatz aus Anlageberatung; Streitwert

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Richter am Oberlandesgericht B als Einzelrichter beschlossen:

Auf die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten wird die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 18.09.2007 abgeändert:

Der Gebührenstreitwert beträgt 6.813,00 EUR.


G r ü n d e :


I.


Der Kläger, der eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter an der F S AG bereut und sich zunächst mit dieser Gesellschaft gestritten und verglichen hatte, nahm die drei Beklagten im Zusammenhang mit der Vermittlung dieser Beteiligung auf Ersatz des restlichen Schadens von 3.785,00 EUR sowie auf Feststellung in Anspruch, dass die Beklagten ihm aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zu Schadensersatz verpflichtet seien. Den Feststellungsantrag bewertete die zum Landgericht eingereichte Klageschrift mit 80 % des Zahlungsantrages (Gesamtstreitwert also: 6.813,00 EUR). Das Landgericht hielt das Feststellungsbegehren für nicht streitwerterhöhend, verwies den Rechtsstreit (zuletzt) an das Amtsgericht Eilenburg und legte die Sache nach Ablehnung der Übernahme durch dieses Gericht dem Oberlandesgericht Dresden zur Zuständigkeitsbestimmung vor. Dieses bestimmte das ursprünglich angerufene Landgericht als sachlich und örtlich zuständig.

In der mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien einen Vergleich. Danach hat das Landgericht den Gebührenstreitwert auf 3.785,00 EUR festgesetzt. Dagegen richten sich die Beschwerden der Anwälte beider Seiten, denen das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.


Die Rechtsmittel haben im Ergebnis Erfolg und führen zur antragsgemäßen Heraufsetzung des Gebührenstreitwertes auf 6.813,00 EUR.

1. Beide Beschwerden sind zulässig, § 68 Abs. 1 GKG. Insbesondere haben die aus eigenem Recht (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG) einlegungsberechtigten Prozessbevollmächtigten der Parteien sie jeweils form- und fristgerecht erhoben und kommt es infolge ausdrücklicher Beschwerdezulassung im angegriffenen Beschluss nicht darauf an, ob die andernfalls maßgebliche Beschwergrenze von 200,00 EUR überschritten ist.

2. Die Beschwerden sind begründet.

a) Auch wenn es sich dabei letztlich nur um obiter dicta handelt, hält der erkennende Richter allerdings die inhaltlichen Erwägungen der Rechtsmittelführer für verfehlt; vielmehr tritt er der im Kern überzeugend begründeten Auffassung des Landgerichts, der mit dem Zahlungsbegehren verknüpfte Feststellungsantrag habe keine (relevante) Streitwerterhöhung bewirkt, mit folgenden ergänzenden Bemerkungen ausdrücklich bei:

Den gewissen Vorteilen, die für einen Kläger die begehrte ausdrückliche Feststellung des Prozessgerichts, dass der gleichzeitig zuerkannte Schadensersatzanspruch auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten beruht, in der anschließenden Zwangsvollstreckung (§ 850f Abs. 2 ZPO) und womöglich "vorwirkend" auch bei späterer Insolvenz des Schuldners (vgl. §§ 302 Nr. 1, 174 Abs. 2 InsO) haben kann, ist bei der Streitwertbemessung allenfalls mit einem geringfügigen Aufschlag von höchstens fünf Prozent auf den Wert des Zahlungsanspruchs Rechnung zu tragen. Eine solche Feststellung verbessert nämlich bestenfalls und auch nur gegenüber bestimmten natürlichen Personen als Schuldnern in geringem Umfang die Aussichten des Gläubigers, den zu titulierenden Zahlungsanspruch tatsächlich erfüllt zu erhalten. Dies mit zusätzlich 80 % des Wertes des Zahlungsantrages zu bewerten, wie es die Beschwerdeführer wohl in Anlehnung an den Streitwert isolierter positiver Feststellungsklagen für richtig halten, liegt in bemerkenswert hohem Maße fern. Daran ändert nichts, dass in der Vergangenheit manche Instanzgerichte entsprechenden anwaltlichen Berechnungen bzw. (Wunsch-)Vorstellungen unkritisch entsprochen und dadurch zu einer Festsetzung deutlich überhöhter Gerichts- und vor allem Anwaltskosten zum Nachteil von Parteien bzw. Rechtsschutzversicherungen beigetragen haben. Gerade die Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers, die für etliche andere Anleger gegen dieselben drei Beklagten im ganzen Bundesgebiet Prozesse mit identisch kombinierten Zahlungsund Feststellungsbegehren anhängig gemacht und dabei regelmäßig auf Streitwertfestsetzung nach der Formel "bezifferter Schadensersatz + 80 %" gedrungen hat, scheint sich insoweit hohe "Verdienste" erworben zu haben.

Eine danach in Betracht zu ziehende Streitwerterhöhung um bis zu fünf Prozent würde den Beschwerdeführern mangels Gebührensprunges nichts nützen. Abgesehen davon schiede hier nach den Umständen des Streitfalles sogar jegliche Streitwerterhöhung aus. Im Verhältnis zu den Beklagten zu 1 und zu 2, einer GmbH & Co. KG als (Vermittlungs-/Beratungs-)Vertragspartnerin des Klägers und ihrer Komplementär-GmbH, sind wirtschaftlich messbare Vorteile der erstrebten Feststellung - wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der Klageerwiderung noch zutreffend selbst bemerkt hatte - schlechterdings nicht erkennbar; als juristische Personen des Privatrechts genießen sie keinen an Arbeitskommen anknüpfenden Pfändungsschutz und haben im Falle der Insolvenz auch keine Aussicht auf Restschuldbefreiung. Im Verhältnis zum Beklagten zu 3, dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2, gegenüber dem die Zahlungsklage ausschließlich auf ein Vorsatzdelikt gestützt war und ersichtlich auch allein mit dieser Begründung Erfolg versprach, konnte die begehrte Feststellung dem Kläger ebenfalls von vornherein keinen relevanten Vorteil bringen. Denn eine wirkungsgleiche "Verlautbarung" hätte nach Lage des Falles - wie der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der Klageerwiderung ebenfalls bereits richtig erkannt hatte - schon ein zwangsläufig entsprechend begründeter Zahlungsausspruch des Gerichts bedeutet; eine in den Entscheidungsgründen vorgenommene entsprechende Qualifizierung des Schadensersatzanspruchs reicht ohne weiteres aus, um dem Gläubiger später den ihm gegenüber dem Vollstreckungsgericht obliegenden Nachweis einer Vollstreckungsprivilegierung gem. § 850f Abs. 2 ZPO zu ermöglichen (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 05.04.2005 - VII ZB 17/05, www.bundesgerichtshof.de, Tz. 7).

Selbst bei einer Zahlungsklage gegen eine natürliche Person ist es daher nur dann gerechtfertigt, einen gesonderten Feststellungsantrag maßvoll streitwerterhöhend zu berücksichtigen, wenn nach dem Klagevorbringen - anders als es hier der Fall war - auch ein anderer Rechtsgrund als ein solcher aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung in Betracht kommt. Denn in einer solchen Konstellation ist das Prozessgericht lediglich bei gleichzeitigem Feststellungsantrag gezwungen, über den Zahlungsanspruch auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt "Farbe zu bekennen"; (nur) auf diese Weise kann ein durch vorsätzliche unerlaubte Handlung geschädigter Kläger sicher erreichen, dass ihm der Inhalt des obsiegenden Urteils die gewünschten Vollstreckungsvorteile verschafft.

b) Aus einem anderen, bislang von keiner Seite erkannten Grund müssen die Beschwerden jedoch letztlich gleichwohl Erfolg haben:

Nach § 62 Satz 1 GKG ist der Zuständigkeitsstreitwert, sofern festgesetzt, grundsätzlich auch für die Berechnung der Gebühren maßgebend. Dementsprechend hat eine (abweichende) Gebührenstreitwertfestsetzung nach Gesamterledigung des Verfahrens gem. § 63 Abs. 2 GKG nur zu erfolgen, soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 GKG nicht ergeht (bzw. ergangen ist) oder nicht - gegebenfalls nicht mehr - bindet.

Im Streitfall ist durch die im Zuständigkeitskonflikt zwischen dem Landgericht Leipzig und dem Amtsgericht Eilenburg ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 02.03.2007 - 1 AR 11/07 ein Zuständigkeitsstreitwert von 6.813,00 EUR angenommen und der verbindlichen Bestimmung des Landgerichts als sachlich zuständiges Gericht ausdrücklich zugrunde gelegt, also in jedenfalls entsprechender Anwendung von § 62 Satz 1 GKG "festgesetzt" worden (vgl. Beschlussgründe S. 4, GA 324). Diese Festsetzung ist nunmehr für die Berechnung der Gebühren nach §§ 62 Satz 1, 63 Abs. 2 GKG maßgeblich und bindend, weil zum einen der Streitgegenstand seit der Zuständigkeitsbestimmung unverändert geblieben ist, zum anderen die zivilprozessualen und die GKG-Vorschriften zu der vorliegenden Streitwertproblematik keine unterschiedlichen Regelungen aufweisen.

Der "Festsetzung" des Zuständigkeitsstreitwertes ist die - von Amts wegen und deshalb im Beschwerdeverfahren auch ohne entsprechende Rüge zu berücksichtigende - Bindungswirkung für den Gebührenstreitwert schließlich auch nicht deshalb abzusprechen, weil der erkennende Richter die Streitwertüberlegungen im zitierten Beschluss des Oberlandesgerichts vom 02.03.2007 für unzutreffend hält.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 68 Abs. 3 GKG.
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