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Text des Urteils
6 AZR 922/07;
Verkündet am:
22.01.2009
BAG Bundesarbeitsgericht
Vorinstanzen: 17 Sa 14/07 Landesarbeitsgericht Niedersachsen; Rechtskräftig: unbekannt! Überstundenvergütung - Tarifauslegung: Begriff des Betriebs iSv. § 2 Abs. 2 Arbeitszeit-TV Niedersachsen vom 28. März 2006 Leitsatz des Gerichts: Überstundenvergütung - Tarifauslegung: Begriff des Betriebs iSv. § 2 Abs. 2 Arbeitszeit-TV Niedersachsen vom 28. März 2006 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. Oktober 2007 - 17 Sa 14/07 - wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. 1 Die Parteien streiten über Arbeitsvergütung und in diesem Zusammenhang über die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. 2 Der 1954 geborene Kläger ist seit 1976 bei der Beklagten als Gärtner im städtischen Fachbereich Stadtgrün beschäftigt. Er ist freigestelltes Personalratsmitglied und Vorsitzender des örtlichen Personalrats „Bauverwaltung“. In der Zeit vom 1. April 2006 bis zum 31. August 2006 arbeitete der Kläger regelmäßig 39 Stunden in der Woche. Er bezog hierfür eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.375,00 Euro. 3 Der Fachbereich Stadtgrün, dem der Kläger zugeordnet ist, gehört neben drei weiteren Fachbereichen zum Bau- und Umweltschutzdezernat (Dezernat III). Hierbei handelt es sich um eine verselbständigte Dienststelle iSv. § 6 Abs. 3 Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz (NPersVG). Der Fachbereich Stadtgrün ist dagegen keine verselbständigte Dienststelle iSd. Vorschrift. 4 Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der landesbezirkliche Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitszeit (Arbeitszeit-TV Niedersachsen) vom 28. März 2006 Anwendung. Darin ist bestimmt: „… § 2 Regelmäßige Arbeitszeit § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD und die abweichenden Regelungen der tariflichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit für besondere Beschäftigungsgruppen in den besonderen Teilen werden mit folgenden Maßgaben wieder in Kraft gesetzt: (1) In § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b TVöD wird die Zahl ‚38,5’ durch die Zahl ‚39’ ersetzt. (2) In den nachfolgend aufgeführten Bereichen beträgt die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit abweichend von Nr. 1 38,5 Stunden: a) für Beschäftigte in Krankenhäusern, b) für Beschäftigte in Kindertagesstätten, c) für Beschäftigte in aa) Müllentsorgungsbetrieben bb) Straßenreinigungsbetrieben cc) Abwasserbetrieben einschl. Klärwerken dd) Wertstoff- und Recyclingbetrieben ee) Deponien ff) Kompostierungsanlagen gg) Betrieben für die Unterhaltung von Oberflächengewässern hh) Bau- und Betriebshöfen ii) Betrieben der Grünpflege jj) Straßenbau- und Unterhaltungsbetrieben kk) der Gebäudereinigung die nicht überwiegend (mehr als 50 %) mit Verwaltungsaufgaben (Innendienst) befasst sind. … § 7 Öffnungsklausel Für die Bereiche nach § 2 Nr. 2c kann durch betriebsbezogenen Tarifvertrag für den Fall des zeitlich begrenzten Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bzw. von Privatisierungsmaßnahmen eine Erhöhung der Arbeitszeit sowie eine wettbewerbsfähige Eingruppierung Neueinzustellender erfolgen. …“ 5 Der Kläger hat geltend gemacht, seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrage gem. § 2 Abs. 2 Buchst. c Doppelbuchst. ii Arbeitszeit-TV Niedersachsen 38,5 Stunden. Da er in der Zeit vom 1. April 2006 bis zum 31. August 2006 wöchentlich 39 Stunden gearbeitet habe, könne er von der Beklagten eine weitere Arbeitsvergütung für 0,5 Stunden je Woche und damit - der Höhe nach unstreitig - weitere 153,96 Euro verlangen. 6 Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 153,96 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2006 zu zahlen. 7 Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, die Ausnahmeregelung des Arbeitszeit-TV Niedersachsen sei auf den Kläger nicht anwendbar, weil es sich bei dem Fachbereich Stadtgrün nicht um einen Betrieb iSd. Arbeitszeit-TV Niedersachsen handele. 8 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. 9 Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. 10 I. Die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit des Klägers betrug gem. § 2 Abs. 2 Buchst. c Doppelbuchst. ii Arbeitszeit-TV Niedersachsen im streitgegenständlichen Zeitraum 38,5 Stunden. 11 1. Der Arbeitszeit-TV Niedersachsen regelte bis zum 30. Juni 2008 ergänzend zu § 6 Abs. 1 Buchst. b TVöD-AT auf landesbezirklicher Ebene die Arbeitszeit für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber standen, der Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) Niedersachsen war, und die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 fielen. Mit Wirkung vom 1. Juli 2008 ist durch § 4 Nr. 4 des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 zum TVöD die in § 6 Abs. 1 Buchst. b TVöD zunächst eröffnete Befugnis zu landesbezirklichen Regelungen der Arbeitszeit entfallen und die Arbeitszeit der Beschäftigten der Mitglieder eines Mitgliedverbandes der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA) im Tarifgebiet West auf durchschnittlich 39 Stunden festgesetzt worden. 12 2. Nach § 2 Abs. 2 Arbeitszeit-TV Niedersachsen ist Voraussetzung einer regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden, dass der Beschäftigte in einem der dort aufgeführten Bereiche tätig und nicht überwiegend (mehr als 50 %) mit Verwaltungsaufgaben (Innendienst) befasst ist. Zu den in § 2 Abs. 2 Arbeitszeit-TV Niedersachsen genannten Bereichen gehören nach Buchst. c Doppelbuchst. ii Betriebe der Grünpflege. 13 a) Was ein „Betrieb“ iSd. Arbeitszeit-TV Niedersachsen ist, wird in diesem Tarifvertrag nicht erläutert. Im Allgemeinen versteht man unter einem Betrieb die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den vom ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (vgl. BAG 17. Januar 2007 - 7 ABR 63/05 - Rn. 15, BAGE 121, 7, 11; 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - EzA KSchG § 23 Nr. 23; Fitting BetrVG 24. Aufl. § 1 Rn. 64 mwN). 14 b) Dieser allgemeine Betriebsbegriff wird im TVöD in § 38 Abs. 2 TVöD aufgegriffen. Sofern auf die Begriffe „Betrieb“, „betrieblich“ oder „Betriebspartei“ Bezug genommen wird, gilt die Regelung für Verwaltungen sowie für Parteien nach dem Personalvertretungsrecht entsprechend, es sei denn, es ist etwas anderes bestimmt. Da in der öffentlichen Verwaltung dem Betriebsbegriff in der Regel der personalvertretungsrechtliche Begriff der Dienststelle entspricht, soweit sich aus dem Zweck der jeweiligen Regelung nichts anderes ergibt (vgl. zu § 23 Abs. 1 KSchG BAG 23. April 1998 - 2 AZR 489/97 - BAGE 88, 287; Benecke in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 3. Aufl. § 6 Rn. 8), hat die in § 38 Abs. 2 TVöD angeordnete entsprechende Geltung zur Folge, dass im Geltungsbereich des TVöD der Begriff Betrieb grundsätzlich dem der Dienststelle entspricht (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand August 2006 § 38 Rn. 17; KomTVöD/Hindahl Stand Februar 2006 § 38 TVöD Rn. 2) . Dementsprechend werden in § 4 Abs. 1 TVöD die Begriffe Betrieb und Dienststelle nebeneinander verwendet. Der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Buchst. c Doppelbuchst. ii Arbeitszeit-TV Niedersachsen deutet damit darauf hin, dass die 38,5-Stunden-Woche nur dann zur Anwendung kommen soll, wenn der Beschäftigte in einem Bereich tätig ist, der die Voraussetzungen des allgemeinen Betriebsbegriffs erfüllt bzw. der in der Verwaltungsorganisation als Dienststelle anzusehen ist. 15 3. Die an den Wortlaut anknüpfende Differenzierung nach der Organisationsform der Beschäftigungsbereiche kann bei verschiedenen Arbeitgebern trotz gleichartiger Beschäftigung (zB als Gärtner) zu unterschiedlichen Arbeitszeitregelungen führen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung grundsätzlich nach eigenem Ermessen über die Einrichtung eigenständiger Dienststellen sowie nach Maßgabe von §§ 108 ff. Niedersächsische Gemeindeordnung (NGO) über die Errichtung von Eigenbetrieben entscheiden. Fordert man mit der Beklagten, dass in den in § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen aufgeführten Bereichen, die auf das Bestehen eines Betriebs abstellen, die Voraussetzungen des allgemeinen Betriebsbegriffs einschließlich des einheitlichen Leitungsapparats erfüllt sein müssen, hatte der bei der Beklagten beschäftigte Kläger eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden, während für einen bei einer anderen Kommune beschäftigten Gärtner im Geltungsbereich desselben Tarifvertrags eine 38,5-Stunden-Woche gegolten hätte, wenn die Gemeinde einen Eigenbetrieb Gartenbau errichtet hätte. 16 4. Die am Wortlaut des § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen haftende Auslegung ist mit dem im tariflichen Gesamtzusammenhang und der Tarifgeschichte zum Ausdruck kommenden Zweck der Arbeitszeitregelung nicht vereinbar. 17 a) In § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen sind nicht nur Betriebe, sondern auch Bereiche aufgeführt, die nach dem Wortlaut der Tarifbestimmung nicht die Anforderungen des allgemeinen Betriebsbegriffs einschließlich der einheitlichen Leitungsmacht erfüllen müssen, wie Deponien, Kompostierungsanlagen, Bau- und Betriebshöfe sowie die Bereiche der Gebäudereinigung. Nachvollziehbare Gründe für die unterschiedlichen Anforderungen an die Organisationsform der Beschäftigungsbereiche sind nicht erkennbar. Soweit die Revision zur Begründung dieser Unterscheidung geltend macht, der Begriff Betrieb regele Bereiche, die bei den Mitgliedern des KAV Niedersachsen sowohl in privater als auch in öffentlich-rechtlicher Form organisiert seien, ist damit nicht zugleich gesagt, dass dies auf die anderen Bereiche nicht auch zutrifft. Die von der Beklagten geäußerte Befürchtung, jeder Betriebsteil der in § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen genannten Bereiche würde von der Verkürzung der Arbeitszeit erfasst werden, wenn der Begriff Betrieb nicht im Sinne der allgemeinen Definition gebraucht werde, mag zutreffen, erklärt jedoch nicht die Unterscheidung zwischen Beschäftigungsbereichen und Betrieben iSd. allgemeinen Betriebsbegriffs. Soweit die Beklagte zur Rechtfertigung der Unterscheidung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf einen von ihr behaupteten unterschiedlichen gewerkschaftlichen Organisationsgrad der Beschäftigten in Betrieben und sonstigen Bereichen abgestellt hat, ist hierauf schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil das Landesarbeitsgericht hierzu keinerlei Feststellungen getroffen hat (§ 559 Abs. 1 ZPO) . Es handelt sich hierbei vielmehr um neuen, nicht unstreitigen Tatsachenvortrag, der in der Revision unbeachtlich ist. 18 b) Der allgemeine Zweck des Verbandstarifvertrags Arbeitszeit-TV Niedersachsen steht unterschiedlichen Anforderungen an die Organisationsform der Beschäftigungsbereiche entgegen. Der Arbeitszeit-TV Niedersachsen verfolgte - wie die Revision zutreffend dargelegt hat - ua. das Ziel, eine einheitliche Ordnung der Arbeitszeit für die tarifgebundenen Beschäftigten und die im KAV Niedersachsen organisierten Arbeitgeber herzustellen. Hiervon ausgehend kann es nicht darauf ankommen, in welcher Form die jeweiligen kommunalen Arbeitgeber die in § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen aufgeführten Aufgaben erfüllten. Ansonsten hätte - wie bereits ausgeführt - ein Gärtner, der in einem kommunalen Eigenbetrieb beschäftigt ist, eine regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden gehabt, während der Kläger 39 Stunden in der Woche zu arbeiten gehabt hätte, um den gleichen Verdienst zu erzielen. 19 c) Auch der Zweck der Arbeitszeitverkürzung für die Beschäftigten, die in den in § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen aufgeführten Bereichen tätig waren, rechtfertigt diese unterschiedliche Behandlung nicht. 20 aa) Wie dem von den Tarifvertragsparteien am 14. März 2006 unterzeichneten Eckpunktepapier zu entnehmen ist, sollte die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit grundsätzlich 39 Stunden betragen. Im Abschnitt B. dieser Vereinbarung sind Sonderregelungen für Teilbereiche vorgesehen. Dort heißt es: „… 3. Für den Bereich der Müllabfuhr/Straßenreinigung einschließlich vergleichbarer belastender Arbeitsplätze im Bereich der Entsorgung wird vereinbart (Öffnungsklausel) dass auf betrieblicher Ebene für den Fall des zeitlich begrenzten Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bzw. von Privatisierungsmaßnahmen eine Erhöhung der Arbeitszeit sowie eine wettbewerbsfähigere Eingruppierung Neueinzustellender erfolgen kann. …“ 21 bb) Diese Vereinbarung macht deutlich, dass die kürzere Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden als Ausgleich für bestimmte belastende Tätigkeiten vorgesehen war. Dass im Zuge der weiteren Verhandlungen der Kreis der begünstigten Arbeitnehmer von Gewerkschaftsseite über die in dem Eckpunktepapier genannten Personen hinaus ausgedehnt wurde, mag aus Sicht der Revision verständlicherweise beklagt werden. Der KAV Niedersachsen hat aber letztendlich den Tarifvertrag unterzeichnet und damit die Ausdehnung dieses Personenkreises zur Abwendung weiterer Arbeitskampfmaßnahmen gebilligt. Dieser aus der Entstehungsgeschichte des Arbeitszeit-TV Niedersachsen feststellbare Wille der Tarifvertragsparteien hat in § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen seinen Niederschlag gefunden, indem dort geregelt ist, dass für die in dieser Bestimmung genannten Personengruppen die verkürzte Arbeitszeit von 38,5 Stunden nur dann gilt, wenn sie nicht überwiegend (mehr als 50 %) mit Verwaltungsaufgaben (Innendienst) befasst sind. 22 cc) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass es weitere Bereiche gibt, in denen belastende Arbeiten verrichtet werden (Friedhöfe, Forstbetriebe) und in denen nicht die verkürzte Arbeitszeit galt. Gleiches gilt für den Einwand der Beklagten, in den in § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen aufgeführten Bereichen gebe es auch eine Reihe von wenig belastenden Tätigleiten. Dies mag zutreffen. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die in § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen genannten Personengruppen keine besonders belastende Tätigkeit ausüben. Insoweit steht den Tarifvertragsparteien ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der vorliegend nicht überschritten ist. 23 5. Soweit die Revision mit Hinweis auf differenzierte Regelungen in Flächentarifverträgen für Ärzte und Versorgungsbetriebe meint, der Zweck des Verbandstarifvertrags bestehe nicht darin, bei allen im KAV Niedersachsen organisierten Arbeitgebern gleiche Arbeitsbedingungen zu schaffen, übersieht sie, dass es vorliegend nicht um die Differenzierungen zwischen einzelnen Berufsgruppen (zB Ärzte und Beschäftigte in Versorgungsbetrieben) geht, sondern um die Gleichbehandlung von Beschäftigten, welche die gleiche Tätigkeit in unterschiedlich organisierten Bereichen ausübten. Insoweit muss die Auslegung und Anwendung der Tarifregelung dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG genügen. Die von der Beklagten vorgenommene Tarifauslegung ist jedoch mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. 24 a) Die Tarifvertragsparteien haben bei der tariflichen Normsetzung den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Ihnen steht dabei allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie brauchen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt vielmehr, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht. Der Gleichheitssatz wird in einer Tarifnorm nur verletzt, wenn es die Tarifvertragsparteien versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind insbesondere dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfG 28. Januar 2003 - 1 BvR 487/01 - BVerfGE 107, 133, 141; Senat 25. Oktober 2007 - 6 AZR 95/07 - Rn. 24 mwN, ZTR 2008, 380) . 25 b) Daran gemessen läge ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, wenn die Geltung des § 2 Abs. 2 Buchst. c Doppelbuchst. ii Arbeitszeit-TV Niedersachsen davon abhinge, in welcher Form die jeweilige Kommune die Grünpflege organisiert. Für diese Unterscheidung gibt es keinen sachlich vertretbaren Grund. 26 aa) Soweit die Beklagte geltend macht, die unterschiedliche Behandlung sei gerechtfertigt, weil die Kommunen bei der Wahl der jeweiligen Organisationsform ihre verfassungsrechtlich geschützte unternehmerische Freiheit ausübten, lässt sie den Zweck der Arbeitszeitverkürzung zu Unrecht unberücksichtigt. Die Unterscheidung zwischen den einzelnen Normadressaten hat sich hieran zu orientieren, weil sich nur hieraus sachliche Gründe für die Unterscheidung ergeben können. Da die Erschwernisse bei der Arbeitsleistung nicht von der Organisationsform des jeweiligen Bereichs abhängen, ist eine Differenzierung hiernach nicht sachlich begründbar. 27 bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob das Direktionsrecht in Betrieben - wie sie meint - nicht so weit reicht wie in anderen Bereichen des Arbeitgebers. Zum einen hängt dies von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung ab, zum anderen fehlt auch insoweit der Bezug zum Zweck der Arbeitszeitverkürzung in den in § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen aufgeführten Bereichen. 28 cc) Aus der Öffnungsklausel in § 7 Arbeitszeit-TV Niedersachsen lassen sich keine Gründe für eine Differenzierung herleiten. Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, gerade bei eigenständigen Betrieben kämen die in § 7 Arbeitszeit-TV Niedersachsen aufgeführten Tarifregelungen in Betracht, ist dem - wie bereits das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - entgegenzuhalten, dass in sog. firmenbezogenen Verbandstarifverträgen grundsätzlich auch Regelungen für nur einzelne Betriebsbereiche getroffen werden können (zur Zulässigkeit solcher Tarifverträge Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 184 ff.) . 29 dd) Nach § 2 Abs. 2 Buchst. c Arbeitszeit-TV Niedersachsen betrug daher die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit auch in solchen Betrieben 38,5 Stunden, die nicht die Anforderungen des Betriebsbegriffs erfüllten und damit in der Verwaltungsorganisation nicht als Dienststelle anzusehen waren. 30 6. Der Anwendung des § 2 Abs. 2 Buchst. c Doppelbuchst. ii Arbeitszeit-TV Niedersachsen steht vorliegend nicht entgegen, dass der Kläger als freigestelltes Personalratsmitglied im Innendienst überwiegend mit Verwaltungsaufgaben befasst war. Dies haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt. Von der Revision werden insoweit auch keine Rügen erhoben. 31 II. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Fischermeier Linck Spelge Buschmann Oye ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? 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