Fr, 19. Dezember 2025, 04:57    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
Arbeitsplattform NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Pressemitteilung
VIII ZR 56/08;
Verkündet am: 
 15.07.2009
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
13 U 152/07
Oberlandesgericht
Celle;
Rechtskräftig: unbekannt!
AGB-Preisanpassungsklausel in Gasversorgungssondervertrag eines kommunalen Versorgungsunternehmens unwirksam
Der Bundesgerichtshof hatte heute darüber zu entscheiden, ob ein Gasversorgungsunternehmen die folgende Klausel in einem Sonderkundenvertrag verwenden darf:

"k. [= Bekl.] darf den Festpreis und den Verbrauchspreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden. Soweit sich der Festpreis oder der Verbrauchspreis ändert, können Sie den Vertrag entsprechend § 20 GasGVV kündigen."

Der klagende Verbraucherschutzverband hat von der Beklagten mit der Begründung, die Klausel benachteilige die Kunden der Beklagten unangemessen, die Unterlassung der Verwendung der vorformulierten Preisanpassungsklausel verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Verbraucherschutzverband gemäß § 1 UKlaG von der Beklagten verlangen kann, die Verwendung der beanstandeten Preisanpassungsklausel zu unterlassen, weil sie die Sonderkunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

Der Senat hat ausgeführt, dass allerdings § 5 Abs. 2 der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) ebenso wie die Vorgängerregelung des § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) dem Gasversorger im Bereich der Grundversorgung (Tarifkundenverhältnis) ein gesetzliches Preisänderungsrecht zuerkennt. Er hat weiter entschieden, dass eine Preisanpassungsklausel, die das im Bereich der Grundversorgung bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, einer Inhaltskontrolle standhält. § 5 Abs. 2 GasGVV kommt ebenso wie § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV für Sonderkundenverträge mit Haushaltskunden "Leitbildfunktion im weiteren Sinne" zu. Der Gesetzgeber des AGB-Gesetzes (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, jetzt § 310 Abs. 2 Satz 1 BGB) wollte es den Versorgungsunternehmen freistellen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechend den Allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten, weil Sonderabnehmer, auch wenn sie Verbraucher sind, keines stärkeren Schutzes bedürfen als Tarifabnehmer.

Der Senat ist jedoch anders als das Berufungsgericht der Auffassung, dass die beanstandete Preisanpassungsregelung der Beklagten – jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung - § 5 Abs. 2 GasGVV inhaltlich nicht in vollem Umfang entspricht und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Denn die Klausel enthält - anders als § 5 Abs. 2 GasGVV in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich – nur ein Preisanpassungsrecht der Beklagten und nicht zugleich auch die Verpflichtung, gefallenen Gasbezugskosten nach gleichen Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen.

Die Formulierung ("darf anpassen") lässt eine Auslegung zu, nach der die Beklagte lediglich berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung nach gleichen Maßstäben unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich die Gasbezugskosten seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit aus dem Verweis auf § 5 Abs. 2 GasGVV und die einseitige Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen.

Die Einräumung eines Kündigungsrechts entsprechend § 20 GasGVV ist nicht geeignet, die unangemessene Benachteiligung durch die Preisanpassungsklausel auszugleichen, weil dem Grundversorgungskunden dieses Kündigungsrecht selbst dann zusteht, wenn eine Preisanpassung in unmittelbarer Anwendung des § 5 Abs. 2 GasGVV erfolgt. Nach dem Leitbild der Gasgrundversorgungsverordnung steht daher schon eine für sich genommen angemessene Preisanpassungsregelung in untrennbarem Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht.
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).