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Text des Urteils
3 UF 108/09;
Verkündet am: 
 17.11.2009
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
5 F 134/08
Amtsgericht
Stendal;
Rechtskräftig: unbekannt!
Durch Einreichung eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Zugewinnausgleichsverfahren tritt eine Hemmung der Verjährungsfrist ein
Leitsatz des Gerichts:
Durch Einreichung eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Zugewinnausgleichsverfahren tritt eine Hemmung der Verjährungsfrist ein (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB).
In der Familiensache
…
wegen: Zugewinn

hat der 3. Zivilsenat -1. Familiensenat - des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2009 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau und die Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und Thole für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts –Familiengerichts- Stendal vom 09.06.2009 (Az.: 5 F 134/08) aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht- zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten bleibt.

Die Revision ist nicht zugelassen.


und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 224.101,12 € festgesetzt.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat durch das am 09.06.2009 verkündete Urteil (Bl. 112 ff. d. A.) nach Vernehmung des im Scheidungsverfahren den Kläger vertretenen Zeugen Rechtsanwalt S. gemäß Beweisbeschluss vom 27.01.2009 (Bl. 84 d. A.) die Klage auf Zugewinn mit der Begründung abgewiesen, dass ein solcher Anspruch verjährt sei.

Die Klage auf Zahlung von 224.101,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, dem 03.09.2008, blieb daher ohne Erfolg. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf Bl. 114 ff. d. A. zur Meidung von Wiederholungen verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch hinsichtlich des Zugewinnausgleiches in Höhe von 224.101,12 € weiter. Der Beklagte vertritt im Wesentlichen die Ansicht, der Anspruch sei nicht verjährt, da ab Kenntnis innerhalb der Dreijahresfrist Klage erhoben worden sei.

Der Kläger beantragt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens, unter Abänderung des am 09.06.2009 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Stendal, Az.: 5 F 134/08 GÜ, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 224.101,12 € nebst Zinsen hieraus p.a. in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

und hilfsweise den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,

und ebenfalls hilfsweise den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt weiterhin die Auffassung, der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns sei verjährt.

II.

Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (§ 538 Abs. 2 Nr. 2 und 4 ZPO).

Die Zurückverweisung ist auf Antrag beider Parteien vorzunehmen, weil das erstinstanzliche Gericht im Rahmen der Verjährungsprüfung das Parteivorbringen sowie die Aussage des Zeugen S. und den Verfahrensablauf unvollständig und insoweit lediglich verkürzt einbezogen hat und infolge dessen entscheidungserhebliche Fragen unbeantwortet geblieben sind. Zudem hat das Amtsgericht den Anspruch dem Grunde nach durch das klagabweisende Urteil versagt.

Der Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers scheitert nicht bereits deswegen, weil die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat. Denn der Anspruch ist nicht verjährt, da die Verjährungsfrist mit Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags des Klägers vom 19.02.2008 - Gerichtseingang am 22.02.2008 - rechtzeitig vor deren Ablauf gehemmt wurde.

Die Zugewinnausgleichsforderung nach § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB verjährt, worauf das Amtsgericht zutreffend abgestellt hat, in 3 Jahren. Die Frist beginnt dabei mit dem Zeitpunkt, in dem der ausgleichsberechtigte Ehegatte -hier der Kläger- von der Beendigung des Güterstandes erfährt. Dabei verlangt § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB die Kenntnis des Klägers von der Beendigung des Güterstandes. Dafür ist neben dem positiven Wissen von den die Beendigung begründenden Tatsachen außerdem erforderlich, dass der Kläger diese Tatsachen in ihrer rechtlichen Bedeutung erkannt hat. Er muss vorliegend also positiv von der Scheidung einschließlich der Rechtskraft des Scheidungsurteils gewusst haben. Ein „Kennenkönnen“ oder ein „Kennenmüssen“ reicht nicht aus (BGH FamRZ 1997, 804).

Dahinstehen kann zunächst die Frage, wann der vormalige Prozessbevollmächtigte, der Zeuge S., tatsächlich Kenntnis von der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils bekommen hat und inwieweit sich der Kläger sein Wissen, sofern er den Prozessbevollmächtigten bereits vor der Scheidung zu einem Tätigwerden im Rahmen der Klärung des Zugewinnausgleichs bevollmächtigt hatte, zurechnen lassen muss.

Denn der Zeuge S. hat entsprechend seiner glaubhaften, vom Amtsgericht allerdings nicht gewürdigten Aussage „Ich selbst hatte zu diesem Zeitpunkt (12.02.2005; der Senat) aber nach meiner Erinnerung keine positive Kenntnis von der Rechtskraft (des Scheidungsurteils; der Senat)“ (Bl. 102 d. A.) bereits keine Kenntnis von der Rechtskraft des Scheidungsverfahrens bei Abfassung seines Hinweisschreibens vom 03.03.2005 an den Kläger gehabt. Er hatte zu diesem und zu einem früheren Zeitpunkt allenfalls durch Berechnung unter Bezugnahme auf den ihm bekannten Zustellzeitpunkt erahnen können, ab wann die Scheidung tatsächlich in Rechtskraft erwachsen könnte. Bei seiner Berechnung musste die Möglichkeit der Einlegung eines in Betracht kommenden Rechtsmittels durch die Beklagte bzw. eines weiteren Verfahrensbeteiligten außer Acht gelassen werden. Eine dem Kläger zurechenbare Kenntnis seines vormaligen Prozessbevollmächtigten scheidet folglich aus.

Selbst wenn der Kläger das Hinweisschreiben des Zeugen vom 03.03.2005 als rechtlich beachtlich eingestuft haben sollte, vermag dieses Schreiben ebenfalls nicht der Einrede zum Erfolg zu verhelfen. Denn die vorliegend den Verjährungsablauf hemmende Antragstellung zur Prozesskostenhilfe ist innerhalb von 3 Jahren in unverjährter Zeit erfolgt.

Dem Kläger kann auch nicht direkt oder über seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten ein früherer Zeitpunkt der Kenntniserlangung wegen eines unredlichen Verhaltens nach § 242 BGB zugeordnet werden. Aus dem bereits beigezogenen und im Termin vom 10.11.2009 erörterten Scheidungsverfahren 5 F 306/03, geführt vor dem Amtsgericht Stendal, ergibt sich auf Blatt 62 der Akte die verfügte Anfrage des Amtsgerichtes, ob beim Oberlandesgericht durch einen der Verfahrensbeteiligten Rechtsmittel eingelegt wurde. Am 22.02.2005 erteilte das Oberlandesgericht darauf die Mitteilung, dass kein Rechtsmittel eingegangen ist. Diese Mitteilung ging am 25.02.2005 beim Amtsgericht Stendal ein, in deren Folge am 28. Februar 2005 auf den bislang einzig vorliegenden zeitnahen Antrag der Beklagten das Rechtskraftattest auf ihre Urteilsausfertigung mit Verfügung vom gleichen Tag veranlasst wurde. Diese Urteilsausfertigung mit Rechtskraftattest wurde nach Fertigung unter dem 03.03.2005 der Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten im Scheidungsverfahren seitens des Gerichts übermittelt. Erst hiernach kann von einer tatsächlichen Kenntnisnahme von der Rechtskraft des Scheidungsverfahrens einer der Verfahrensbeteiligten des Scheidungsverfahrens, hier nämlich der Beklagten ausgegangen werden. Selbst wenn der Zeuge S. oder aber der Kläger persönlich ebenso zeitnah die Rechtskraftmitteilung erfordert hätte, wäre diese ihnen jedenfalls nicht früher als der Prozessbevollmächtigten der Beklagten – nämlich unmittelbar nach dem 03.03.2005 - zugegangen.

Da jedoch das vorliegende Verfahren betreffend den Zugewinnausgleich bereits am 22. Februar 2008, also unter Bezugnahme auf den 03.03.2005 innerhalb der Dreijahresfrist, eingeleitet wurde, und zudem der hierzu gestellte Prozesskostenhilfeantrag vollständig eingereicht wurde, ist letztlich dieser Tag der Anhängigmachung des Verfahrens in unverjährter Zeit maßgeblich. Unbeachtlich dabei kann bleiben, dass das Amtsgericht mit Zwischenverfügung vom 11.03.2008 (Bl. 18 d. A.) den Kläger zur Stellungnahme auf einen eventuellen in Betracht kommenden Prozesskostenvorschuss hingewiesen hat, da ein solcher auf Grund der Scheidung der Ehe seitens des Klägers nicht bestehen konnte. Unbeachtlich ist auch, dass das Zugewinnausgleichsverfahren im Weiteren ohne Einflussmöglichkeit des Klägers erst am 03.09.2008 (Bl. 46 d. A.) rechtshängig wurde. Da die Vollständigkeit der verfahrenseinleitenden Schriftstücke gegeben war, steht einer Rückbeziehung nach § 167 ZPO, da die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Zustellung ohne Verschulden des Klägers verzögert wurde, und damit die Zustellung als demnächst erfolgt anzusehen ist, einer vor Verjährungsablauf nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 und 14 BGB eingetretenen Verjährungshemmung nicht entgegen.

Der Senat sieht es, worauf nunmehr die Parteien übereinstimmend im Termin vom 10.11.2009 hingewiesen haben, nicht als sachdienlich an, in der Sache selbst zu entscheiden, da der zugrunde liegende Sachverhalt zum Zugewinnausgleich der weiteren inhaltlichen Aufklärung bedarf und sich bereits jetzt eine umfassende Beweiserhebung bezüglich des Wertes des Gesellschafteranteils der Beklagten an der R. GBR, der Bewertung sämtlicher Grundstücke und PKW’s der Parteien und sonstigen der Höhe nach streitigen beweglichen Endvermögensbestandteile abzeichnet.

Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung und die Kostenentscheidung im Urteil des Amtsgerichts Stendal vom 09.06.2009 aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Das Amtsgericht wird zudem im Rahmen seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden haben.

Der Streitwert richtet sich nach §§ 47 Abs. 1 GKG.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und während die Fortbildung des Rechts, noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

gez. Goerke-Berzau gez. Hellriegel gez. Thole
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