Text des Beschlusses
1 W 7/10;
Verkündet am:
16.02.2010
OLG Oberlandesgericht Naumburg
Vorinstanzen: 23 O 348/09 Landgericht Stendal; Rechtskräftig: unbekannt! Wie bei der Eigentumsstörung ist auch bei der Besitzstörung der Streitwert nach dem Unterlassungsinteresse des Klägers zu bemessen Leitsatz des Gerichts: Wie bei der Eigentumsstörung ist auch bei der Besitzstörung der Streitwert nach dem Unterlassungsinteresse des Klägers zu bemessen. Die dem Beklagten bei Befolgen des Unterlassungsanspruchs entstehenden Nachteile bleiben dagegen unberücksichtigt. In Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung liegt der Streitwert im Allgemeinen unter dem der Hauptsache, weil das Eilverfahren im Regelfall nur der Sicherung und nicht der vollen Befriedigung des zu Grunde liegenden Klägerinteresses dient. In Anbetracht der Tatsache, dass einer einstweiligen Verfügung im Bereich der saisonabhängigen Landwirtschaft kaum weniger wirtschaftliche Bedeutung zukommt, als einer entsprechenden Hauptsacheklage, kann in einem solchen Fall nur ein geringer Abschlag vorzunehmen sein (hier: Streitwertfestsetzung auf 9/10 des Hauptsachewertes). In der Beschwerdesache … hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Grimm als Einzelrichter am 16. Februar 2010 beschlossen: Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 17.12.2009 gegen den Streitwertbeschluss der Zivilkammer 3 – Einzelrichterin – des Landgerichts Stendal vom 04.11.2009 wird zurückgewiesen. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die von dem Antragsgegner am 17.12.2009 eingelegte Beschwerde ist nach §§ 63 Abs. 2 S. 1, 68 Abs. 1 S. 1 GKG statthaft und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 €, die Frist nach §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG ist gewahrt. Auch den Formerfordernissen wird das Rechtsmittel gerecht, nachdem der Antragsgegner die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle wiederholt hat. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung ist im Ergebnis richtig. Die Streitwertbestimmung richtet sich nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Entgegen der Ansicht des Landgerichts im Beschluss vom 03.02.2010 ergibt sich der Wert des Verfahrens allerdings nicht aus dem Interesse des Antragsgegners. Wie bei der Eigentumsstörung ist auch bei der Besitzstörung der Streitwert nach dem Unterlassungsinteresse des Klägers, hier also der Antragstellerin, zu bemessen (vgl. BGH, KoRspr, ZPO § 3 Nr. 1134; BGH, NJW 1998, 2368; Zöller-Herget 28. Aufl. 2010, § 3 Rdn. 16, Stichwort „Besitzstörungsklage“). Die dem Beklagten bei Befolgen des Unterlassungsanspruchs entstehenden Nachteile bleiben dagegen unberücksichtigt (vgl. OLG Köln, JurBüro 1990, 246). Zu Recht ist die Einzelrichterin noch im Beschluss vom 04.11.2009 selbst davon ausgegangen, für die geltend gemachten Ansprüche auf Besitzstörung komme es nach § 3 ZPO auf das Interesse der Verfügungsklägerin an der Unterlassung an. Dieses Interesse hat das Landgericht allerdings in seinem Streitwertbeschluss vom 04.11.2009 zunächst fehlerhaft anhand des Ertragswertes der Gesamtfläche von 86,232 ha bemessen. Denn sowohl der Antrag vom 01.10.2009 als auch die hierauf erlassene einstweilige Verfügung vom 02.10.2009 erstreckten sich nicht auf die gesamte Pachtfläche, sondern ausdrücklich nur auf Teilflächen von 25 ha, wie der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel vom 11.11.2009 zu Recht gerügt hat. Im Ergebnis wirkt sich dieser Fehler jedoch nicht aus. Denn unstreitig lag das wesentliche wirtschaftliche Interesse der Verfügungsklägerin an den Pachtflächen in dem Anspruch auf die Grünlandprämie von 100 €/ha und auf weitere 400 €/ha an EU-Förde¬rung. Für den Bezug dieser Fördermittel kommt es entgegen der Ansicht des Antragsgegners sehr wohl darauf an, dass der Antragsteller über die Flächen auch tatsächlich verfügen kann. Auch wenn zum Nachweis des Besitzrechts in der Regel zunächst die Vorlage der Pachtverträge ausreicht, verlöre der Antragsteller seine Prämie, wenn ihm sein Besitzrecht mit Erfolg streitig gemacht würde. Zu dem Interesse an den Fördermitteln von insgesamt 12.500 € (500 € x 25 ha) kommt der Wert der gewonnenen Heuballen hinzu. Er betrüge selbst nach den Preisvorstellungen des Antragsgegners, der nur 8 € pro Ballen anstelle der behaupteten 20 € für realistisch hält, noch 1.600 € (8 € x 200 Ballen). Insgesamt wäre also der Streitwert einer entsprechenden Hauptsacheklage mit mindestens 14.100 € zu bemessen. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung liegt der Streitwert im Allgemeinen aber unter dem der Hauptsache, weil das Eilverfahren im Regelfall nur der Sicherung und nicht der vollen Befriedigung des zu Grunde liegenden Klägerinteresses dient. In Anbetracht der Tatsache, dass einer einstweiligen Verfügung im Bereich der saisonabhängigen Landwirtschaft kaum weniger wirtschaftliche Bedeutung zukommt, als einer entsprechenden Hauptsacheklage, erscheint es sachgerecht, wenn das Landgericht in einem solchen Fall nur einen geringen Abschlag vornimmt und den Wert mit 9/10 der Hauptsache bemisst. Dies entspräche im vorliegenden Fall einem Wert von 12.690 €. Aber selbst wenn man nur einen Bruchteil von ¾ für sachgerecht hielte, wäre die Grenze zur niedrigeren Gebührenstufe von bis zu 10.000 € nicht unterschritten. Die Bemessung des Streitwertes auf bis zu 13.000 € ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG. Eine weitere Beschwerde findet nicht statt, §§ 66 Abs. 3 S. 3, 68 Abs. 1 S. 4 GKG. gez. Grimm Richter am Oberlandesgericht ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |