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Text des Beschlusses
1 W 2/10;
Verkündet am: 
 27.01.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
7 O 2025/09
Landgericht
Magdeburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Erfordernis einer Abmahnung wird iRv. § 93 ZPO nur im Hinblick auf Wettbewerbsverfahren diskutiert, stellt aber keinen allgemeinen Grundsatz dar
Leitsatz des Gerichts:
Das Erfordernis einer Abmahnung wird im Rahmen von § 93 ZPO nur im Hinblick auf Wettbewerbsverfahren diskutiert, stellt aber keinen allgemeinen Grundsatz dar. Veranlassung zur Anrufung des Gerichts hat ein Beklagter vielmehr dann gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen.
In der Beschwerdesache
…

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 27. Januar 2010 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Zettel, den Richter am Oberlandesgericht Grimm und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tiemann beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landgerichts Madgeburg vom 4.12.2009 (7 O 2025/09) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Gebührenstufe bis
900,-- Euro festgesetzt.


Gründe

I.

Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung will der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner erreichen, dass dieser bestimmte Äußerungen und Handlungen unterlässt.

Unstreitig hat der Antragsgegner den Antragsteller (u.a,) beim Aufbau einer Web-Site unterstützt.

Nachdem diese Zusammenarbeit im Streit beendet wurde, machte der Antragsgegner gegen den Antragsteller vor dem Landgericht Magdeburg im Klagewege den Anspruch geltend, dem Anspruchsteller zu untersagen, auf der vom Antragsgegner mitgestalteten Web-Site im Impressum die Namensnennung des Antragsgegners herauszulassen.

In dieser Sache schlossen die Parteien am 13.10.2009 einen Vergleich, in dem es u.a. heißt (Bl. 12/13):

Der Beklagte (= Antragsteller) verpflichtet sich, die vom Kläger (= Antragsgegner) gestaltete Webseite nicht mehr zu nutzen und dabei insbesondere es zu unterlassen, urheberrechtlich geschützte Werke des Klägers ohne dessen Nennung als Urheber im Internet oder sonst öffentlich zugänglich zu machen oder öffentlich zugänglich machen zu lassen, insbesondere, wenn dies geschieht wie auf der Domain

www. ... , die in der bisherigen Form bis zum Juli 2009 und zwar (seit) Anfang Juli bestand. ...

Nach dem Vortrag des Antragstellers hat er die Web-Site seit Anfang Juli 2009 nicht genutzt, sondern gelöscht.

In der Folgezeit hat sich der Antragsgegner in wenigstens zwei Fällen an Druckunternehmen gewandt (Schreiben vom 8.11.2009 [Bl. 14] / Schreiben vom 15.11.2009 [Bl. 85]) und darin behauptet, dass ihm an vom Antragsteller verwendeten Dateien Urheberrechte zustehen.

Dies hat zumindest in einem Fall dazu geführt, dass sich ein Druckunternehmen geweigert hat, Anzeigen des Antragstellers zu drucken (Bl. 84).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde dem Antragsgegner am 20.11.2009 zugestellt (Bl. 77).

Mit am 27.11.2009 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsgegner den Verfügungsanspruch unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt.

Auf Antrag des Antragstellers hat das Landgericht ein Anerkenntnisurteil erlassen und darin dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens gemäß § 93 ZPO auferlegt.

Zur Begründung hat es unter Hinweis auf § 12 UWG ausgeführt, dass der Antragsteller gehalten gewesen sei, vor Beantragung der einstweiligen Verfügung den Antragsgegner abzumahnen.

Gegen diese Kostenentscheidung hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 99 Abs. 2, 567 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO) ist auch begründet.

Die Voraussetzungen von § 93 ZPO liegen nicht vor.

Hinsichtlich des Erfordernisses einer vorherigen Abmahnung hat sich das Landgericht ersichtlich von § 12 Abs. 1 UWG bzw. § 97a UrhG leiten lassen.

Diesem Ansatz kann nicht gefolgt werden, weil dem Antragsteller weder Ansprüche nach § 8 UWG noch nach § 97 UrhG zustehen:

Ein Anspruch aus § 8 Abs. 1 UWG scheitert daran, weil ein solcher nur einem Mitbewerber zustehen kann (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG).

Nach der Definition aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist ein Mitbewerber ein Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Dies trifft auf die Parteien des Rechtsstreits indes nicht zu. Der Antragsgegner ist nicht wie der Antragsteller im Bestattungswesen tätig, sondern entsprechend seinem Briefkopf arbeitet er im Bereich Mediengestaltung. Er hat lediglich gegenüber dem Antragsteller bei der Erstellung einer Web-Site gegen Entgelt Dienstleistungen erbracht.

Ein Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG.

Der Antragsteller behauptet nicht einmal, an dem vom Antragsgegner erstellten Werk ein Urheberrecht oder ein (ausschließliches) Nutzungsrecht zu haben, sondern hat in dem vor dem Landgericht Magdeburg geschlossenen Vergleich das Gegenteil zugestanden. Insoweit kann der Antragsteller schon nicht Verletzter (dazu: Dreier/Schulze UrhG, 3. Aufl., § 97, Rn. 16) i.S.v. § 97 Abs. 1 UrhG sein.

Der Verfügungsanspruch des Antragstellers kann nur aus § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) folgen.

Durch seine – unberechtigten – Behauptungen hat der Antragsgegner zumindest in einem Fall dafür gesorgt, dass sich ein Druckunternehmen konkret geweigert hat, einen Auftrag des Antragstellers auszuführen.

Dies ist für die Annahme einer unmittelbaren Beeinträchtigung des Betriebes (dazu: Palandt/Sprau BGB, 69. Aufl., § 823, Rn. 128) ausreichend.

Als am Markt tätiger Unternehmer ist der Antragsteller auch darauf angewiesen, dass er Anzeigen zu Werbezwecken schalten kann, was der Antragsgegner zumindest in einem Fall vereitelt hat.

Das Erfordernis einer Abmahnung wird im Rahmen von § 93 ZPO lediglich im Hinblick auf Wettbewerbsverfahren diskutiert (z.B. Zöller/Herget ZPO, 28. Aufl., § 93, Rn. 6 [Wettbewerbsstreitigkeiten]) stellt aber keinen allgemeinen Grundsatz dar.

Veranlassung zur Anrufung des Gerichts hat der Beklagte vielmehr dann gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (Zöller/Herget a.a.O., § 93, Rn. 3).

Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die dafür sprechen würden, dass der Antragsgegner von seinem Tun im Hinblick auf eine Aufforderung des Antragstellers abgelassen hätte.

Vielmehr zeigt der Vorprozess, dass – auch soweit dieser durch Vergleich beendet wurde – dass das Verhältnis der Parteien in einer Weise beschaffen war, dass der Antragsteller davon ausgehen musste, nur über ein gerichtliches Verfahren zu seinem Recht zu kommen.

Mit dem Schriftsatz vom 27.11.2009 konnte der Antragsteller den Anspruch nicht mehr i.S.v. § 93 ZPO sofort anerkennen, weil er Veranlassung zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gegeben hatte. Vor diesem Hintergrund hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren orientiert sich am Interesse des Antragstellers, nicht mit den Kosten des Verfahrens belastet zu werden.

gez. Dr. Zettel gez. Dr. Tiemann gez. Grimm
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