Text des Urteils
1 U 84/09;
Verkündet am:
11.02.2010
OLG Oberlandesgericht Naumburg
Vorinstanzen: 9 O 527/04 Landgericht Halle; Rechtskräftig: unbekannt! Bei Werk- + Dienstleistungen, die ohne vertragliche Grundlage geleistet werden, ist als Wertersatz im Sinne von § 818 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung oder wo eine solche fehlt, eine angemessene Vergütung zu leisten Titelauswahl: Franz-Anton Plitt, Chisinau - Internet entrepreneurLeitsatz des Gerichts: 1. Bei Werk- und Dienstleistungen, die ohne vertragliche Grundlage geleistet werden, ist als Wertersatz im Sinne von § 818 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung (§§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB) oder wo eine solche fehlt, eine angemessene Vergütung zu leisten. 2. Ob die Tätigkeit erfolgreich ist, d.h. zu einer entsprechenden Mehrung des Empfängervermögens geführt hat, ist gleichgültig. Eine mangelhafte Tätigkeit ist allerdings objektiv weniger wert und daher mit einem entsprechend geringeren Betrag anzusetzen. Ist die Tätigkeit infolge des Mangels nicht einmal ansatzweise geeignet, dem anderen Vertragsteil Vorteile zu bringen, so ist sie bereits objektiv wertlos und daher nicht zu vergüten. In dem Rechtsstreit … hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 4.2.2010 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Zettel, den Richter am Oberlandesgericht Grimm und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tiemann für Recht erkannt: Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 26.6.2009 verkündete Schlussurteil des Landgerichts Halle (9 O 527/04) abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.960,09 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.2.2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des KfZ-Briefes für den PkW Mercedes Benz 450 SLC, Erstzulassung 4.6.1976, Ident-Nr.: ... . Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten gegen das am 26.6.2009 verkündete Schlussurteil des Landgerichts Halle (9 O 527/04) wird zurückgewiesen. Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 9 % und der Beklagte zu 91 %; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. und beschlossen: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.960,09 Euro festgesetzt. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen. Berufung und Anschlussberufung sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg, die Anschlussberufung ist in vollem Umfang begründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einem Verfahrensfehler soweit das Landgericht nicht über den vom Beklagten gestellten Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen K. entschieden hat. Es fehlt bereits an einem zu bescheidenden Antrag. Im Zeitpunkt als der Antrag im Schriftsatz vom 31.5.2007 (Bl. 27 III) gestellt wurde, lag überhaupt noch keine Entscheidung des Gerichts über die Bestellung von T. K. vor. Diese erging vielmehr erst mit Beschluss vom 14.1.2008 (Bl. 51 III). Zum einen heißt es in § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO, dass der Antrag bei dem Gericht zu stellen ist, das den Sachverständigen ernannt hat. Zum anderen beginnt die 2 Wochenfrist mit der Bekanntgabe der Bestellung. Da die Frist nachvollziehbar sein muss, kann nicht auf einen Zeitpunkt vor der Bestellung abgestellt werden. Da innerhalb der Frist aus § 406 Abs. 2 ZPO nach Bekanntgabe des Beschlusses vom 14.1.2008 (17.1.2008 – EB Bl. 53 I) kein Antrag gestellt wurde, bestand keine Veranlassung für das Landgericht insoweit eine Entscheidung zu treffen. Sollte die Rüge in der Berufungsbegründung als Antrag gewertet werden, so ist dieser als unzulässig zurückzuweisen. Der Beklagte macht in keiner Weise glaubhaft, dass er an der Einhaltung der Frist gehindert war (§ 406 Abs. 2 S. 2 ZPO). Insbesondere macht er nicht glaubhaft, dass in der Person des Sachverständigen Befangenheitsgründe bestehen, die über die hinausgehen, die der Beklagte im Schriftsatz vom 31.5.2007 vorgetragen hat, und die er innerhalb der Frist nach Bekanntgabe des Beschlusses vom 14.1.2008 dementsprechend auch hätte einwenden können. Im Übrigen wäre ein Antrag auch unbegründet, weil dem Schriftsatz vom 31.5.2007 kein Ablehnungsgrund zu entnehmen ist. Der Senat hat in seinem Urteil vom 29.5.2006 rechtskräftig festgestellt, dass dem Kläger hinsichtlich der streitgegenständlichen Arbeiten dem Grunde nach ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zusteht. Es entspricht der h.M. in Rechtsprechung und Literatur, dass sich bei Werk- und Dienstleistungen, die ohne vertragliche Grundlage geleistet werden, als Wertersatz i.S.v. § 818 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung (§§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB) oder, wo eine solche fehlt, eine angemessene Vergütung zu leisten ist (z.B. BGH NJW-RR 1986, 155; BGH NJW 2000, 1560, 1562; Staudinger/Lorenz BGB, Neubearbeitung 2007, § 818, Rn. 26; MK-Schwab BGB, 5. Aufl. (2009), § 818, Rn. 82). Es kann daher der Ansicht der Berufung nicht gefolgt werden, dass auf eine Werterhöhung des Fahrzeuges (die nach Ansicht des Beklagten nicht eingetreten ist) abzustellen ist. Ob die Tätigkeit erfolgreich ist, d.h. zu einer entsprechenden Mehrung des Empfängervermögens (= Beklagter) geführt hat, ist gleichgültig. Eine mangelhafte Tätigkeit ist allerdings objektiv weniger wert und daher mit einem entsprechend geringeren Betrag anzusetzen. Ist die Tätigkeit infolge des Mangels nicht einmal ansatzweise geeignet, dem anderen Vertragsteil Vorteile zu bringen, so ist sie bereits objektiv wertlos und nicht nach § 818 Abs. 2 BGB zu vergüten (MK-Schwab a.a.O., Rn. 83 m.w.N.). Ausgehend von diesen Grundlagen ist die Berufung unbegründet: Die Einwände der Berufung des Beklagten gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Umfang der durchgeführten Arbeiten greifen nicht durch. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte das Landgericht verfahrensfehlerfrei davon ausgehen, dass das abgerechnete Material auch verbaut wurde. Der Sachverständige hat eindeutig festgestellt, dass hinsichtlich der von ihm ermittelten Arbeiten – mit Ausnahme der vom Landgericht auch nicht berücksichtigten Arbeiten (Schottwände/Heckscheibe/Batterie) – der geltend gemachte Materialaufwand insgesamt nachvollziehbar ist (Gutachten S. 20). Es verstößt vor diesem Hintergrund nicht gegen § 286 ZPO den abgerechneten Materialaufwand als bewiesen anzusehen, selbst wenn der Sachverständige bei seiner Anhörung (wie BB S. 5 – 18 III – zitiert) einräumt, dass er nicht hundertprozentig sagen könne, ob alle Teile, wie sie sich aus den Rechnungen ergeben, eingebaut worden sind. Dies liegt bei der Fülle der abgerechneten Einzelteile in der Natur der Sache bei umfangreichen Arbeiten. Es genügt im vorliegenden Fall daher die Feststellung des Sachverständigen, dass bestimmte Arbeiten vorgenommen wurden und der abgerechnete Materialaufwand für diese Arbeiten nachvollziehbar ist. Nichts anderes kann den Aussagen der Zeugen N., Pr. und Sch. im Termin vom 5.12.2005 (Bl. 56 ff. II) entnommen werden. Zwar haben auch diese – naturgemäß – nicht jedes Einzelteil beschreiben können. Den Aussagen ist aber zu entnehmen, dass Arbeiten an dem Fahrzeug durchgeführt wurden. Die Aussagen stehen mithin nicht im Gegensatz zu den Feststellungen des Sachverständigen K.. Da der Sachverständige K. seine Feststellungen nach der Vernehmung der Zeugen getroffen hat und sich beide Beweisergebnisse nicht widersprechen, hätte die Berufung nunmehr konkret darlegen müssen, welche Teile nicht eingebaut wurden. Der Hinweis auf die Schriftsätze vom 19.5.2005 (Bl. 112 – 121 I) und 3.1.2006 (Bl.81 – 89 II) ist schon deshalb unzureichend, weil sie sich entweder überhaupt nicht (19.5.2005) oder nur teilweise (3.1.2006) mit dem späteren Beweisergebnis auseinandersetzen. Letztlich kann zugunsten des Beklagten auch nichts aus dem (Privat)gutachten Pt. (Bl. 48 ff. I) bzw. dessen Zeugenvernehmung (Bl. 62 ff. II) hergeleitet werden (auf den sich die Berufung zudem auch nicht bezieht). Das Landgericht (LGU S. 7) geht zutreffend davon aus, dass der Auftrag für das schriftliche Gutachten nicht den Gegenstand hatte zu beurteilen, ob die streitgegenständlichen Arbeiten durchgeführt und das Material eingebaut wurde. Gegenstand des Gutachtens war letztlich die Ermittlung des Aufwandes um einen exzellenten bzw. sehr guten Restaurierungszustand zu erreichen. Dies hatte mit den streitgegenständlichen Arbeiten, die im Zeitpunkt der Begutachtung bereits durchgeführt waren, nicht unmittelbar etwas zu tun. Zu den abgerechneten Arbeitsstunden hat der Sachverständige K. ausgeführt, dass beim Hersteller (Mercedes) die Arbeitsstunde in 12 Arbeitswerte (AW) unterteilt wird. Aus dem in der Rechnung genannten AW Betrag von 2,56 Euro folgt ein abgerechneter Stundensatz von (netto) 30,72 Euro, was dem vom Hersteller empfohlenen Wert entspricht (Gutachten S. 8/21). Gegen diese Feststellungen wendet sich die Berufung nicht. Soweit sie auch insoweit rügt, dass die abgerechnete Stundenzahl nicht bewiesen sei, gelten die Ausführungen zum Material in gleicher Weise. Von dem abgerechneten Arbeitslohn ist kein Abzug von 10 % (460,47 Euro) zu machen. Wie der Senat im Urteil vom 29.5.206 festgestellt hat, bestand gerade keine vertragliche Abrede zwischen dem Beklagten und dem Erblasser also auch nicht hinsichtlich einer Vergütung zum Freundschaftspreis. Wie bereits ausgeführt, schuldet der Beklagte im Rahmen von § 818 Abs. 2 BGB mithin die übliche bzw. die angemessene Vergütung. Insoweit hat der Sachverständige dargelegt, dass der abgerechnete Satz von 2,56 Euro/AV dem vom Hersteller empfohlenen Wert entspricht. Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht weiter hinsichtlich des Abzuges i.H.v. 400,-- Euro für Nacharbeiten am Schweller (LGU S. 9). Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten (S.13 unten) den Austausch der Einstiegsbleche festgestellt. Dass die Schweller abgedichtet werden müssen (dazu Anhörung Bl. 138 III), kann unterstellt werden. Der Beklagte hat gegen den Kläger indes keinen Gewährleistungsanspruch, sondern ein Mangel würde zu einer Reduzierung der angemessenen Entschädigung führen. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung (a.a.O.) dargelegt, dass es sich nur um einen geringfügigen Mangel handelt, der die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeuges nicht infrage stellte, sodass sich eine Verringerung der angemessenen Entschädigung nicht objektivieren ließe. Die Anschlussberufung daher auch hinsichtlich eines Betrages von 400,-- Euro begründet. Der Beklagte schuldet auch die in den Rechnungen der Autoservice St. GmbH ausgewiesene Umsatzsteuer. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UstG liegt ein steuerbarer Umsatz vor, wenn ein Unternehmer im Inland eine Lieferung oder sonstige Leistung im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Ob es sich bei dem Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB um nicht steuerbaren Schadensersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht, damit ein Leistungsaustausch stattgefunden hat (BGHZ 178, 16; 33 [Rn. 57]). Dies ist vorliegend eindeutig, weil im Verhältnis zwischen dem Erblasser und der GmbH ein Leistungsaustausch stattgefunden hat, der Erblasser steuerpflichtig war und die GmbH zur Abführung verpflichtet ist. Aus diesem Grund spielt es auch keine Rolle, ob der Umsatzsteuerbetrag bereits gezahlt wurde, weil die GmbH über die gesetzliche Steuerforderung nicht verfügen, sie insbesondere nicht erlassen kann. Der Vortrag des Beklagten zum Einwand der Entreicherung (BB S. 6 – Bl. 19 IV -) ist nicht recht verständlich. Der Wert der Arbeiten (incl. des Materials) befindet sich nach wie vor im Vermögen des Beklagten, was sich schon darin zeigt, dass der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt (S. 25), dass durch die Arbeiten des Erblassers eine Wertsteigerung von jedenfalls 3.000,-- Euro eingetreten ist. In diesem Zusammenhang ist noch einmal festzuhalten, dass dem Beklagten kein Gewährleistungsrecht zusteht, sondern eventuelle Mängel im Rahmen der angemessenen Entschädigung i.S.v. 818 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen sind. Dabei hat der Sachverständige die Qualität der Arbeiten jeweils beurteilt und als jedenfalls durchschnittlich bewertet. Damit ist weder nachvollziehbar, worüber das Landgericht noch hätte Beweis erheben sollen, noch ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen, dass die Arbeiten mangelhaft waren. Die Berufung des Beklagten ist damit zurückzuweisen. während die Anschlussberufung in vollem Umfang Erfolg hat. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Parteien haben im Senatstermin übereinstimmend klargestellt, dass der im Rubrum des erstinstanzlichen Urteils genannte K. A. zu keinem Zeitpunkt Partei des Rechtsstreits war. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen. Streitwert: Berufung 6.099,62 Euro Anschlussberufung 860,47 Euro 6.960,09 Euro gez. Dr. Zettel gez. Dr. Tiemann RiOLG Grimm Befindet sich im Urlaub und ist an der Unterschrift gehindert gez. Dr. Zettel ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. 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