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Text des Urteils
4 U 353/09 ;
Verkündet am: 
 10.02.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Jena
Vorinstanzen:
2 O 190/08
Landgericht
Gera;
Rechtskräftig: unbekannt!
Der Investitionszuschlag für die Krankenhausbehandlung in den NBL ist keine Sozialleistung im Sinne der SGB I und X
Leitsatz des Gerichts:
1. Erbringt eine Krankenkasse für ihren Versicherten Krankenhausbehandlungskosten, dann geht der vom Krankenhaus mit der Behandlung in den neuen Bundesländern für jeden Tag des Krankenhausaufenthaltes gemäß § 14 Abs. 8 Satz 1 BPflV, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GSG zusätzlich berechnete Investitionszuschlag nicht kraft Gesetzes gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger über. Denn bei diesem Investitionszuschlag handelt es sich nicht um eine Sozialleistung i.S. der §§ 11, 21 SGB I, die dem Versicherten unmittelbar zugute kommt, sondern um ein der Allgemeinheit zugute kommendes Finanzierungsinstrument.

2. Dem Investitionszuschlag fehlt aber nicht nur der Sozialleistungscharakter, sondern darüber hinaus auch die von § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geforderte sachliche Kongruenz, weil der erhobene Zuschlag eben nicht der Schadensbehebung und der Wiederherstellung der Gesundheit dient, sondern als Finanzierungshilfe für die Krankenhäuser verwendet wird.

3. Schuldner des Investitionszuschlages sind die Benutzer des Krankenhauses oder ihre Kostenträger. Da die Kostenseite von dem privatrechtlichen (schuldrechtlichen) Behandlungsverhältnis völlig losgelöst, das (kostenrechtliche) Band zwischen Kassenpatient und Krankenkasse im übrigen öffentlichrechtlich – sozialrechtlich gemäß §§ 1 ff SGB V – geregelt ist, scheidet auch ein Gesamtschuldverhältnis nach §§ 421 BGB zwischen dem hier Leistungsverpflichteten und einem in dem Behandlungsverhältnis für eine ärztliche Fehlleistung haftenden Krankenhausträger aus.
In dem Rechtsstreit
Klinikum A. L. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
D.-Krankenkasse, vertreten durch den Vorstand,
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Dautert & Dr. Dieblich, Kastanienallee 20, 26121 Oldenburg

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Billig und Richterin am Oberlandesgericht Friebertshäuser aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2010 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 25.03.2009 – Az.: 4 U 353/09 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.930,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von für Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2005 sowie weitere 229,55 € (vorgerichtliche Anwaltskosten) nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5.

Die Kosten der zweiten Instanz trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils gegnerischen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des vollstreckbaren Betrages / Kostenbetrages abzuwenden, wenn nicht die (vollstreckende) Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert der ersten Instanz bleibt bei 8.820,75 €; für die die zweite Instanz wird der Streitwert auf 6.013,40 € festgesetzt.


Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit einem ärztlichen Behandlungsfehler (grob fehlerhafte Geburtsleitung) aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht auf restlichen Schadensersatz in Anspruch.

Im Krankenhaus der Beklagten kam am 05.04.2003 das Kind D. J. C. zur Welt. Wegen einer durch die grob fehlerhafte Geburtsleitung erlittenen schweren Hirnschädigung musste das Kind bis zu seinem Tod im März 2006 stationär behandelt werden.

Für die gut dreijährige Behandlung hat die Beklagte der Klägerin – der (gesetzlichen) Krankenkasse des Kindes – rund 270.000 € in Rechnung gestellt.

Der überwiegende Teil der angefallenen und von ihr auch bezahlten Kosten ist der Klägerin später wieder erstattet worden; dass die Beklagte wegen des groben Behandlungsfehlers dem Grunde nach auf Schadensersatz haftet, steht außer Streit.

Verweigert hat die Beklagte lediglich die Erstattung stationärer Behandlungskosten i. H. v. 2.020,83 € (hier handele es sich um auch bei einer ordnungsgemäß verlaufenden Geburt anfallende Sowieso-Kosten) sowie die Erstattung der Kosten einer von ihr verordneten Kopforthese i. H. v. 288,32 €, eines 498,20 € teuren Privatgutachtens und des von ihr mit insgesamt 6.013,40 € berechneten Investitionszuschlages.

Nur um letztere Kosten bzw. deren Erstattung streiten die Parteien in der zweiten Instanz (noch); in Übrigen ist das erstinstanzliche Urteil vom 25.03.2009 (Bl. 98 ff.) in Rechtskraft erwachsen. Soweit das Landgericht (Gera) also die zum Ersatz begehrten Gutachterkosten abgewiesen, bzw. die restlichen Behandlungskosten bis auf einen Teilbetrag von 378,80 € und die Hilfsmittelkosten für die Kopforthese zur Erstattung zugesprochen hat, ist dies nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Den in der zweiten Instanz nur (noch) streitgegenständlichen Investitionszuschlag hat das Landgericht der Klägerin in der Gesamthöhe von 6.013,40 € zum Ersatz zugesprochen.

Zur Begründung heißt es insoweit im Urteil, dass „die Leistung bereits dem gesetzlichen Forderungsübergang aus § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X unterliegt. Selbst wenn man einen gesetzlichen Forderungsübergang nicht annehmen wollte, wäre die Beklagte auf Grund der Abtretungserklärung der Eltern des verstorbenen Kindes Inhaberin der Forderung geworden. Auf Grund der Abtretung könnte die Klägerin auch nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation die Investitionskosten erstattet verlangen.“

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigtem am 06.04.2009 zugestellte (Bl. 103 a) Urteil hat die Beklagte am 06.05.2009 Berufung eingelegt (Bl. 113) und diese innerhalb bis dahin verlängerter Frist am 06.07.2009 begründet (Bl. 131 f.).

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte – bezogen auf den Investitionszuschlag – ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügt die Verletzung des materiellen Rechts.

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht einen gesetzlichen Forderungsübergang angenommen; bei dem Investitionszuschlag handele es sich nicht um eine Sozialleistung im Sinne von § 116 SGB X, die der Wiederherstellung der Gesundheit diene, sondern nur um ein reines Finanzierungsinstrument im Gesundheitssystem der neuen Bundesländer. Erst recht fehle es an der (erforderlichen) sachlichen Kongruenz zwischen dem Zuschlag und dem Gesundheitsschaden des versicherten – nun verstorbenen – Kindes.

Auch ein Forderungsübergang nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB habe nicht stattgefunden. Zwischen dem Patienten und dem Kostenträger bestünde keine den Investitionszuschlag betreffende Gesamtschuldnerschaft. Bei Kassenpatienten – wie hier dem verstorbenen Kind – sei § 14 Abs. 1 GSG, wonach entweder der (Krankenhaus-)Benutzer oder der Kostenträger zahlungspflichtig sei, dahin zu verstehen, dass nur der Kostenträger zahlungspflichtig sei. Nur bei Selbstzahlern sei eine originäre Zahlungspflicht des Patienten denkbar.

Auch die nur pauschal in den Raum gestellte Hilfsbegründung des Landgerichts trage nicht.

Eine wirksame Abtretung scheitere jedenfalls daran, dass die (abtretenden) Eltern bzw. das verstorbene Kind gar nicht Forderungsinhaber gewesen seien. Unstreitig sei die (undatierte) Abtretung erst erfolgt, als die Klägerin die Investitionszuschläge bereits gezahlt und bei der Beklagten zum Regress angemeldet habe. Nur dann aber, wenn der Patient – wie hier nicht – den Investitionszuschlag selbst bezahlt habe und ihm so auch ein Schaden entstanden sei, sei in dessen Person ein abtretbarer Schadensersatzanspruch entstanden.

Schließlich sei auch die (widersprüchliche) Argumentation, die Klägerin könne aufgrund der Abtretung zumindest nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation Erstattung verlangen, unzutreffend. Die Klägerin verfolge keinen fremden, sondern – wegen der von ihr beglichenen Kosten – einen eigenen Schaden zum Ersatz.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen (nur) verurteilt wird, an die Klägerin 1.930,35 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.12.2005 sowie weitere 229,55 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 09.03.2008 zu zahlen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete (§§ 517, 519, 520 Abs. 2, 3 ZPO) Berufung der Beklagten ist zulässig und auch in der Sache erfolgreich. Sie führt zu der beantragten (Teil-)Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in eine Zahlungsverurteilung von – bezogen auf die Hauptforderung – nur 1.930,35 €.

Soweit das Landgericht der Klägerin den in einer Gesamthöhe von 6.013,40 € gezahlten Investitionszuschlag zum Ersatz zugesprochen hat, ist dies nicht frei von Rechtsfehlern und daher abzuändern.

Originär eigene Ersatzansprüche hat die Klägerin nicht. Sie kann die Beklagte nur insoweit auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, als vertragliche oder deliktische Ersatzansprüche des in Nachfolge der grob fehlerhaften Geburtsleitung letztlich verstorbenen Kindes auf sie übergegangen sind. An einem solchen Forderungsübergang fehlt es in Bezug auf den allein noch streitgegenständlichen Investitionszuschlag aber.

Zunächst scheidet ein gesetzlicher Forderungsübergang aus.

Eine cessio legis nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X scheitert bereits daran, dass es sich bei dem Investitionszuschlag nach Art. 14 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetzt oder GSG) nicht um eine Sozialleistung im Sinne der einschlägigen sozialrechtlichen Vorschriften handelt.

Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X findet ein Forderungsübergang auf den Kostenträger statt, „soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen.“

Was unter dem Begriff der „Sozialleistungen“ zu verstehen ist, legt das Gesetz – für den hier interessierenden Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung – in § 11 SGB I i. V. m. §§ 21 SGB I, 11 ff., 27 ff. SGB V fest. Nur bei den dort genannten Dienst-, Sach- und Geldleistungen, die allesamt dem Versicherten bzw. dessen Gesundheit unmittelbar zugute kommen, handelt es sich um Sozialleistungen, die einen Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X begründen können.

Vor diesem Hintergrund kann die vom Landgericht zitierte Auffassung des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts (THOLG), bei dem Investitionszuschlag nach Art. 14 GSG handele es sich um eine Sozialleistung, weil „der Versicherte nach § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB V Anspruch auf eine Krankenhausbehandlung“ habe (THOLG, Urteil vom 19.08.2003, Az.: 8 U 263/03; OLGR Jena 2003, 487), nicht überzeugen.

Tatsächlich ist der Investitionszuschlag kein unmittelbares Entgelt für die Krankenhausbehandlung eines bestimmten Patienten, sondern ein der Allgemeinheit zugute kommendes Finanzierungsinstrument.

Art. 14 Abs. 1 GSG formuliert dies unmissverständlich. Der Investitionszuschlag wird „zur zügigen und nachhaltigen Verbesserung des Niveaus der stationären Versorgung der Bevölkerung in den neuen Bundesländern und zur Anpassung an das Niveau im übrigen Bundesgebiet“ erhoben (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GSG) und „zur Finanzierung von Zinskosten von Darlehen oder von entsprechenden Kosten anderer privatwirtschaftlicher Finanzierungsformen oder für eine unmittelbare Investitionsfinanzierung“ verwendet (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GSG).

Den reinen Finanzierungscharakter des Investitionszuschlages betont (ebenso eindeutig) auch § 2 Abs. 2 des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost vom 23.06.1993 (BGBl. I S. 944), wonach die Finanzhilfen nach Art. 14 GSG Bestandteil der Wirtschaftsförderung Ost sind.

Auch die einschlägigen Vorschriften des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz oder KHG), des Gesetztes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetzt oder KHEntgG) und der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung oder BPflV) führen zu keinem anderen Ergebnis; den – auf die allgemeine Krankenhausversorgung bezogenen – Finanzierungscharakter des Investitionszuschlages stellen sie nicht in Frage. So zählt das KHEntgG den Investitionszuschlag nicht zu den Entgelten für die (allgemeinen) Krankenhausleistungen (§ 8 Abs. 1 KHEntgG), sondern unterscheidet ihn ausdrücklich hiervon (§ 8 Abs. 3 KHEntgG). Ebenso verfährt die BPflV, die zwischen den Pflegesätzen zum Einen (§ 14 Abs. 1 und 2) sowie dem Investitionszuschlag zum Anderen (§ 14 Abs. 3) differenziert. Da aber mit den Pflegesätzen „alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet werden“ (§§ 10 Abs. 2 BPflV, 2 Nr. 4 und 127 Abs. 3 Nr. 1 KHG ), stellt der hiervon verschiedene Investitionszuschlag keine Vergütung für die Heilbehandlung (Pflege) des Patienten dar, sondern eine – wie der 8. Zivilsenat zutreffend ausführt – „mehr dem Abgabenrecht zuzuordnende Subvention“ (THOLG a. a. O.), mit der die allgemeine Verbesserung der stationären Situation in den neuen Bundesländern bezweckt wird.

Mit dem aus der Gesamtschau der einschlägigen Vorschriften folgenden Subventionscharakter lässt es sich nicht vereinbaren, den Investitionszuschlag als Sozialleistung einzuordnen. Als Subvention für das allgemeine Krankenhauswesen in den neuen Bundesländern kann der Investitionszuschlag nicht zugleich eine Sozialleistung gegenüber dem einzelnen Versicherten bzw. Patienten darstellen. Dies schließt sich vielmehr gegenseitig aus.

Dem Investitionszuschlag fehlt aber nicht nur der Sozialleistungscharakter, sondern darüber hinaus auch die von § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geforderte sachliche Kongruenz. In diesem Punkt schließt sich der (erkennende) Senat der Auffassung des 8. Zivilsenats (THOLG a. a. O.) an.

Nur wenn der Kostenträger – hier die Krankenkasse – eine „der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienende“ Sozialleistung erbracht hat, löst dies den Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X aus. Daran fehlt es hier.

Der innere Zusammenhang mit der Heilbehandlung (die sog. sachliche Kongruenz) fehlt beim Investitionszuschlag deshalb, weil er als (bloße) Krankenhaussubvention (s. o.) nicht dazu dient, die Erkrankung eines bestimmten Patienten zu heilen. Hieran ändert es nichts, dass der Investitionszuschlag regelmäßig – wie auch hier (vgl. z.B. die Zwischenrechnung Nr. 34166 v. 10.07.2003 im Anlagensonderband) – in die Krankenhausrechnung aufgenommen wird oder – mit den Worten des 8. Zivilsenats (THOLG a. a. O.) – „im Gewande der Krankenhausrechnung erscheint“. Den (materiellen) Subventionscharakter lässt dies unberührt. Die Krankenhäuser verlangen den Investitionszuschlag – wie o. dargestellt – nicht als Entgelt für die Heilbehandlung des Patienten, sondern zur allgemeinen Verbesserung des Krankenhauswesens in den neuen Bundesländern.

Scheitert damit der vom Landgericht angenommene gesetzliche Forderungsübergang (auch) daran, dass der von der Klägerin gezahlte Investitionszuschlag nicht als sachlich kongruent im Sinne des § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X angesehen werden kann, kommt eine cessio legis auch nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht in Betracht. Ein Forderungsübergang nach dieser Vorschrift scheidet aus, weil die Klägerin den Investitionszuschlag nicht als Gesamtschuldnerin gezahlt hat.

Schuldner des Investitionszuschlages sind nach dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 GSG „die Benutzer des Krankenhauses oder ihre Kostenträger“.

Trotz des Gesetzeswortlautes („oder“) kann aber nicht von einer gleichstufigen (gleichrangigen) Verpflichtung des Kassenpatienten und seiner (gesetzlichen) Krankenversicherung und damit nicht von einer Gesamtschuld im Sinne des § 421 BGB ausgegangen werden; das folgt aus einer systematischen und teleologischen Betrachtung der (komplexen) Dreier-Beziehung in der stationären Behandlung des Kassenpatienten.

Bei der stationären Krankenhauspflege für den Kassenpatienten liegt zwar dem Behandlungsverhältnis zwischen dem Kassenpatienten und dem Krankenhausträger ein privatrechtlicher Behandlungsvertrag zugrunde. Neben dieser privatrechtlichen Ebene (des schuldrechtlichen Behandlungsvertrages zwischen dem Kassenpatienten und dem Krankenhausträger) gibt es aber zwei weitere Ebenen; zum Einen die zwischen Kassenpatient und Krankenkasse und zum Anderen die zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger. Diese beiden Ebenen sind öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Im Band zwischen Kassenpatient und Krankenkasse ist Rechtsgrundlage das öffentlich-rechtliche Versicherungsverhältnis (§§ 1 ff. SGB V). Die Krankenkassen ihrerseits sind durch gleichfalls öffentlich-rechtliche Gesamtverträge ihrer Verbände mit den zur Krankenhauspflege zugelassenen Krankenhäusern verbunden (§§ 107 ff. SGB V).

Das (verstorbene) Kind D. J. C. war bei der Klägerin gesetzlich pflichtversichert und damit Kassenpatient. Das – durch seine Eltern vertretene – Kind war zwar durch einen schuldrechtlichen Behandlungsvertrag mit der Beklagten verbunden. Deren Honoraranspruch richtet sich aber hiervon abgekoppelt ausschließlich gegen die Krankenkasse, d.h. gegen die Klägerin. Der Honoraranspruch des Krankenhausträgers unterfällt allein dem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zwischen der Krankenkasse und dem Krankenhausträger; er ist im Streitfall seiner öffentlich-rechtlichen Natur wegen auch nicht vor den Zivil-, sondern den Sozialgerichten zu verfolgen (BGH NJW 2000, 3429; 1997, 1636; BSG NJW-RR 1998, 273).

Für einen privatrechtlichen Anspruch des Krankenhausträgers (direkt) gegen den Kassenpatienten ist nur dann Raum, wenn eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (§§ 27 ff. SGB V) nicht besteht und der Kassenpatient daher keinen Anspruch (gegen seine Krankenkasse) auf eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus gemäß § 39 SGB V hat oder wenn der Patient mit dem Krankenhausträger vom öffentlich-rechtlichen Leistungsrahmen abweichende privatrechtliche Vereinbarungen trifft (BSG a. a. O.).

Beide Ausnahmefälle liegen hier nicht vor. Es bleibt beim Grundsatz, dass die Beklagte nur die gesetzliche Krankenkasse – also die Klägerin – auf Zahlung in Anspruch nehmen konnte. Damit fehlt es bereits am (ersten) Merkmal des § 421 BGB, dass sich der Gläubigeranspruch gegen mehrere Schuldner richtet.

Ebenso wie ein gesetzlicher Forderungsübergang nach alledem nicht stattgefunden hat, hat die Klägerin einen auf Erstattung des Investitionszuschlages gerichteten Schadensersatzanspruch auch nicht abtretungsweise erworben.

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Abtretung durch die Eltern des verstorbenen Kindes erst lange Zeit nach Ende der Behandlung im März 2006 und – entscheidend – auch erst lange nach dem Ausgleich der Krankenhausrechnungen durch die Klägerin erfolgt ist. Deshalb verweist die Beklagte zu Recht darauf, dass von einer wirksamen Abtretung nicht die Rede sein könne.

Ungeachtet dessen, dass das Kind D. J. C. bezogen auf den Investitionszuschlag ohnehin gar nicht zahlungspflichtig war, ist bereits deshalb in seiner Person kein – mit dem Tod des Kindes auf dessen Eltern übergegangener – Schadensersatzanspruch entstanden, weil die – allein zahlungspflichtige – Klägerin auch tatsächlich gezahlt hat. Wegen des auf der Patientenseite folglich gar nicht angefallenen Schadens ist auch ein Schadensersatzanspruch, der an die Klägerin hätte abgetreten werden können, nicht entstanden. Die Abtretung der tatsächlich – jedenfalls in Person der Zedenten – nicht bestehenden Forderung ist damit ins Leere gegangen.

Schließlich kann das Schadensersatzverlangen auch nicht auf das Institut der Drittschadensliquidation gestützt werden. Auch dies ist – wie die Berufung mit Recht rügt – dogmatisch verfehlt. Denn die Drittschadensliquidation setzt schon begrifflich eine Schadensverlagerung, d.h. ein Auseinanderfallen von Gläubigerstellung und Schaden voraus. Derjenige, in dessen Person alle Anspruchsvoraussetzungen mit Ausnahme des Schadens vorliegen, „zieht“ den Schaden zum Anspruch und verlangt Leistung an sich oder den Geschädigten (BGH NJW 1989, 452; NJW-RR 1996, 724).

So liegt der Fall hier aber nicht. Die Klägerin macht keinen fremden, sondern einen eigenen Schaden geltend. Nicht der bei ihr versicherte Kassenpatient, sondern sie als die allein zahlungspflichtige gesetzliche Krankenkasse hat die – nun als Schaden geltend gemachten – Zahlungen erbracht.

Steht der Klägerin nach alledem keine Erstattung des gezahlten Investitionszuschlages (6.013,40 €) zu, kann sie die vorgerichtlichen Anwaltskosten nur aus dem insoweit reduzierten Gebührenstreitwert, d.h. aus der nur in Höhe von 1.930,35€ begründeten Hauptforderung verlangen. Auch in Bezug auf die Nebenforderung war das erstinstanzliche Urteil daher wie beantragt auf (nur) 229,55 € abzuändern.

III.

Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus § 92 Abs. 1 und für die zweite Instanz aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Insbesondere wegen der höchstrichterlich noch nicht geklärten, über den hier vorliegenden Einzelfall hinaus aber grundsätzlich – für die neuen Bundesländer – bedeutsamen Rechtsfrage, ob der Investitionszuschlag nach Art. 14 GSG Gegenstand einer cessio legis nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X sein kann, hat der Senat die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der dem Berufungsantrag entsprechende Berufungsstreitwert wurde nach §§ 3 ZPO, 47 Abs. 1, 2; 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

(Müller) (Billig) (Friebertshäuser)
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