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Text des Urteils
5 Sa 788/09;
Verkündet am: 
 16.09.2009
LAG Landesarbeitsgericht
 

München
Vorinstanzen:
36 Ca 10076/06
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Beruft sich der Arbeitgeber bei der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds auf Stilllegung einer Betriebsabteilung und beschäftigt er nach wie vor (auch) Arbeitnehmer, kann er sich gegenüber Betriebsratsmitglied nicht auf § 15 KSchG berufen
Leitsatz des Gerichts:
Beruft sich der Arbeitgeber bei der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds auf die Stilllegung einer Betriebsabteilung durch vollständige Übertragung der weiterhin wahrzunehmenden Funktionen auf freie Mitarbeiter und beschäftigt er entgegen der behaupteten unternehmerischen Entscheidung hierfür nach wie vor (auch) Arbeitnehmer, kann er sich gegenüber dem Betriebsratsmitglied nicht auf § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG berufen.
In dem Rechtsstreit
B. H.
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Frau J. M.
gegen
V. W. & V. GmbH
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T., W.

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Wanhöfer und die ehrenamtlichen Richter Tscharke und Angermeier für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 02.04.2008 abgeändert: Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 28.06.2006 unwirksam ist. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.


Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Änderungskündigung.

Die Beklagte ist eine 100 %-ige Tochter der S. V. H. F. GmbH. Sie produziert und vertreibt Fachzeitschriften im Marktsegment Werbung/Marketing. Erlösquellen der Beklagten sind hauptsächlich der Anzeigen- und Heftverkauf.

Die Klägerin wurde zunächst ab 05.01.2000 aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages beschäftigt. Ab 01.05.2000 wurde sie unbefristet als B. angestellt (zum undatierten Anstellungsvertrag im Einzelnen wird auf Bl. 9 ff. d. A. Bezug genommen). Mit Änderungsvertrag vom 22.07.2004 wurde die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin von 25 Stunden auf 30 Stunden zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von € 3.277,67 erhöht (Bl. 13 d.A.).

Seit 10.04.2006 ist die Klägerin Mitglied des Betriebsrates.

Jedenfalls ursprünglich bestand bei der Beklagten eine Bildredaktion, in der die Klägerin beschäftigt war (ob die Bildredaktion geschlossen wurde, ist zwischen den Parteien streitig). Die Aufgabe der Bildredaktion bestand im Wesentlichen in der kreativen Bildbeschaffung, daneben auch in nicht-kreativer Bildbeschaffung und in der Archivierung des Bildmaterials.

Mit Schreiben vom 22.12.2005 sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Beendigungskündigung aus. Mit Vergleich vor dem Arbeitsgericht München vom 18.05.2006 stellten die Parteien Einigkeit her, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht (Bl. 24 f. d.A.).

Eine Beschäftigung als Assistentin im Verkaufsinnendienst lehnte die Klägerin ab. Die Stelle wurde daraufhin mit der damaligen Sekretärin des Betriebsrats, Frau F., besetzt. Der Klägerin wurde daraufhin mehrfach, so mit Schreiben vom 06.06.2006 (Bl. 53 ff. d.A.) die freigewordene Stelle im Sekretariat des Betriebsrats angeboten. Die Klägerin nahm diese Stelle nicht an.

Mit Schreiben vom 19.06.2006 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, die Klägerin im Wege einer Änderungskündigung ins Sekretariat des Betriebsrats zu versetzen. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Kündigung (Bl. 22 f. d.A.).

Mit Schreiben vom 28.06.2006, der Klägerin am Folgetag übergeben, erklärt die Beklagte die (streitgegenständliche) ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2006 und bot der Klägerin gleichzeitig die Tätigkeit einer Sekretärin des Betriebsrats bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden an (Bl. 20 f. d.A.). Hierbei berief sie sich auf eine Schließung der Abteilung Bildredaktion und stellte die Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 30.09.2009 frei. Nach dem Angebot im Rahmen der Änderungskündigung sollte das Gesamtbruttogehalt unverändert bleiben. Da auf eine Tätigkeit als Sekretärin des Betriebsrates der für die Klägerin zuvor einschlägige Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften nicht (mehr) zur Anwendung kommt, sieht das Änderungsangebot ausgehend vom Tarifgehalt nach Gehaltsgruppe G 4/2 des Gehaltstarifvertrages für die Angestellten in Zeitschriftenverlagen in Bayern zusätzlich eine nichtverrechenbare Ausgleichszulage in Höhe von € 880,27 vor. Der Verlust des Status als Redakteur hat für die Klägerin zur Folge, dass eine Versicherung im Versorgungswerk der Presse entfällt.

Die Klägerin nahm die geänderten Arbeitsbedingungen mit Schreiben vom 19.07.2006 unter Vorbehalt an und erhob ebenfalls am 19.07.2006 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung.

Seit 01.10.2006 ist die Klägerin als Sekretärin des Betriebsrats tätig.

In der Bildredaktion waren ursprünglich – einschließlich der Klägerin – fünf Mitarbeiter beschäftigt. Drei dieser Mitarbeiter, einschließlich des damaligen Leiters der Bildredaktion Herrn v. S., sind ausgeschieden. Mit dem Mitarbeiter D. einigte sich die Beklagte im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Er betreut das Bildarchiv.

Die Arbeitsplatzrechner wurden von der Beklagten in den ursprünglichen Räumen der Bildredaktion abgebaut und im Großraumbüro der Layout-Abteilung wieder aufgebaut – die beiden letzten Rechner am 30.05.2006. Die nunmehr mit der kreativen Bildbeschaffung beschäftigten Mitarbeiter arbeiten – jedenfalls auch – an diesen Arbeitsplatzrechnern, weil sie für ihre Tätigkeit auf die Systeme und Datenbanken der Beklagten angewiesen sind.

Leiter der Abteilung Layout ist der „Art Director“ der Beklagten, der Zeuge K.. Die Beklagte beschäftigt mit der kreativen Bildbeschaffung mehrere Mitarbeiter in unterschiedlicher Häufigkeit. Ob es sich bei ihnen um freie Mitarbeiter (so die Beklagte) oder bei einigen von ihnen um Arbeitnehmer (so die Klägerin) handelt, ist zwischen den Parteien streitig.

Einer dieser Mitarbeiter ist der Zeuge B.. Dieser war zunächst vom 16.08.2004 bis 31.10.2005 in der Bildredaktion als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Ab Januar 2006 beschäftigte ihn die Beklagte wieder und wies ihm den Status eines freien Bildredakteurs zu. Spätestens ab August 2006 bis jedenfalls Mitte Oktober 2007 war der Zeuge B. regelmäßig an fünf Tagen die Woche für die Beklagte tätig, unterbrochen im August 2006 um 3 Wochen, im Dezember 2006 um 2 Wochen, Ende Juli/August 2007 um 4 Wochen und in Einzelfällen an einzelnen Tagen wie den 09.10.2006 (auf die Anlage K1 zum Berufungsbegründungsschriftsatz, Bl. 279 ff. d.A., mit den „Anwesenheitslisten“ für den angegebenen Zeitraum wird Bezug genommen).

Der Zeuge B. arbeitete in dieser Zeit in der Regel als Bildredakteur für die Zeitschrift „Werben und Verkaufen“. Weiter arbeitete er an einem Projekt Censhare. Auch erstellte er Organisationskonzepte (auf die Konzepte „Organisations-Struktur Abläufe Bildredaktion“ und „Neuorganisation der Abläufe für die Produktion von Kontakter und WUV-Specials“, Anlagen K3 und K4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 15.10.2008, Bl. 301 ff. d.A., wird Bezug genommen). Ein Formular „Verwendungsmeldung“ der „Europa-Fachpresse-Verlag GmbH Bildredaktion C. B.“ enthält die Unterschriftenzeile „C. B. Ltg. Bildredaktion“ (Anlage K2 zum Schriftsatz der Klägerin vom 15.10.2008, Bl. 300 d.A.). Ein E-Mail vom 30.11.2007 an die Mitarbeiter K. und D. mit Kopie an den Zeugen K. lautet:

„Guten Morgen Zusammen, leider müssen wir den Schulungstermin am heutigen Tage absagen. A. K. hat sich gestern den Magen verdorben und kann nicht ins Büro kommen. Wir verabreden nächste Wochen einen neuen Termin. E. ist persönlich von mir informiert worden. C. B. w&v – w. und v. Bildredaktion E. F. V. GmbH E.-N.-Str. 2E 8…. M…“

(Anlage K5 zum Schriftsatz der Klägerin vom 15.10.2008, Bl. 323 d.A.)

Für eine Beurteilung des Mitarbeiters D. stellte der Zeuge B. „Argumente E.“ zusammen (Anlage K6 zum klägerischen Schriftsatz vom 15.10.2008, Bl. 324 f. d.A.).

Die Klägerin hat ausgeführt, von einer Stilllegung der Bildredaktion könne nicht gesprochen werden. Es seien nach wie vor Mitarbeiter vor Ort für die Beklagte tätig, die ausschließlich vom Büro der Beklagten aus arbeiteten und feste Arbeitszeiten hätten. Maßgeblich seien die Mitarbeiter C. B., A. K., B. T. sowie S. S.. Bei den genannten Mitarbeitern liege aufgrund des Umfangs der Tätigkeit sowie der festen Einsatztage keine freiberufliche Tätigkeit, sondern eine Festanstellung vor. Es sei auch nicht so, dass die kreative Bildbeschaffung vom Layout gesteuert werde. Vielmehr nehme der von der Beklagten als „freier Mitarbeiter“ bezeichnete C. B. bzw. eine andere Mitarbeiterin an den Redaktionssitzungen teil. Seit Mai 2006 sei der Mitarbeiter B. regelmäßig 5 Tage pro Woche bei der Beklagten tätig, arbeite von 09:00 Uhr bis 18:30 Uhr mit etwa 1 Stunde Mittagspause und sei in den täglichen Redaktionsablauf fest eingebunden. Auch die übrigen Bildredakteure müssten an 3 bzw. 2 festen Wochentagen vor Ort anwesend seien und unterlägen auch fachlichen Weisungen (zum klägerischen Vortrag erster Instanz im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 19.07.2006, Bl. 2 ff. d.A., 05.02.2007, Bl. 58 ff. d.A., 10.05.2007, Bl. 106 ff. d.A., 30.05.2007, Bl. 124 ff. d.A., 13.02.2008, Bl. 168 ff. d.A., und 18.03.2008, Bl. 197 ff. d.A., nebst Anlagen Bezug genommen).

Die Klägerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 28.06.2006 unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgebracht, der Arbeitsplatz der Klägerin sei infolge der Stilllegung der Betriebsabteilung Bildredaktion – was mit Wirkung zum 31.05.2006 endgültig erfolgt sei – weggefallen. Man habe sich vor dem Hintergrund einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung entschlossen, unter anderem die Organisationsstruktur des Unternehmens der wirtschaftlichen Situation anzupassen. Einhergehend mit der Verschlankung der Redaktionsstruktur sei beschlossen worden, die Bildredaktion komplett zu schließen und die nicht-kreative Bildbeschaffung sowie die Verwaltung des Bildarchivs in die Redaktionsassistenz zu verlagern. Die Verantwortung für die kreative Bildbeschaffung/-bearbeitung sei dergestalt in das Layout verlegt worden, dass von dort aus externe Dienstleister gesteuert würden, die die zu erledigenden Arbeiten aufgrund Dienstleistungsvertrages erbrächten. Bei den Dienstleistern handele es sich um Unternehmen, wie z.B. „freie-Bildredakteure.de“ und um freiberufliche Bildredakteure, die in allen Fällen neben der Beklagten noch weitere Auftraggeber hätten. Die Steuerung, der Einsatz und das Budget für die Bildbeschaffung liege allein beim Zeugen K. und damit beim Leiter der Layoutabteilung. Der Pool freier Mitarbeiter, aus denen sich die Beklagte bediene, sei sehr groß und es finde eine ständige Fluktuation statt. Einige der freien Mitarbeiter seien wochenlang überhaupt nicht für sie tätig. Dass der Zeuge B. eine ganze Reihe von Aufgaben übernehme, spreche noch nicht für dessen persönliche Abhängigkeit. Es treffe nicht zu, dass dieser in die Position des vormaligen Leiters der Abteilung Bildredaktion aufgerückt sei, ebenso wenig, dass er seit Mai 2007 regelmäßig 5 Tage pro Woche bei der Beklagten tätig sei. Eine Personalführung durch Herrn B. hinsichtlich der freien Mitarbeiter finde nicht statt. Es existierten lediglich Einsatzpläne für die freien Mitarbeiter, um ein Mindestmaß an Koordination und Planungssicherheit für die Beklagte zu gewährleisten. Diese Einsatzpläne würden nicht von der Beklagten aufgestellt, sondern entstünden durch Absprache der freien Mitarbeiter untereinander. An den Redaktionskonferenzen nehme Herr B. – ebenso wie andere freie Mitarbeiter – nur von Zeit zu Zeit teil. Ohne eine Koordination auch der freien Mitarbeiter wäre allerdings ein geordneter Ablauf nicht zu bewerkstelligen. Der Zeuge B. sei nicht befugt, anderen freien Mitarbeitern Weisungen zu erteilen. Herr B. habe ebenso wie andere freie Mitarbeiter die Möglichkeit, selbst auszuwählen, ob er seine Arbeit von zu Hause aus, von dem von der Beklagten zu diesem Zweck eingerichteten Großraumbüro oder von einem anderen Arbeitsplatz aus erledige. Es sei jedoch aus technischen und organisatorischen Gründen erforderlich, dass ein Teil der Tätigkeiten von dem bei der Beklagten eingerichteten Großraumbüro ausgeübt würde. Insbesondere sei nur von dort aus ein Zugriff auf die benötigten Datenbanken möglich. Es treffe nicht zu, dass die übrigen freien Mitarbeiter ihre Urlaubswünsche vorab Herrn B. mitzuteilen und mit diesem zu koordinieren hätten. Der Bereich der nicht-kreativen Bildbeschaffung sowie das Bildarchiv seien der Redaktionsassistenz zugeordnet worden. Dort sollten 3 Redaktionsassistentinnen die entsprechenden Tätigkeiten künftig ausüben, wobei derzeit in diesem Bereich aufgrund eines Betriebsratswiderspruchs und eines erstinstanzlich erfolgreichen Kündigungsschutzprozesses Herr D. weiterbeschäftigt werden müsse (zum erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 20.11.2006, Bl. 37 ff. d.A., 28.02.2007, Bl. 77 ff. d.A., 14.06.2007, Bl. 137 ff. d.A., und 04.03.2008, Bl. 189 ff. d.A., nebst Anlagen Bezug genommen).

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K. und B.. Zum Inhalt der Vernehmung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2008 Bezug genommen (Bl. 173 ff. d.A.).

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.04.2008 die Klage abgewiesen. Die Bildredaktion habe eine Betriebsabteilung im Sinne von § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG dargestellt. Diese sei stillgelegt worden, weil sie dauerhaft aufgelöst worden sei. Die Beklagte habe schlüssig vorgetragen, dass eine besondere Leitung der Bildredaktion mit Ausscheiden des Herrn v. S. nicht mehr bestanden habe und die Aufgaben der kreativen und der sonstigen Bildbeschaffung unterschiedlichen Organisationseinheiten übertragen worden seien. Es stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass auch die von der Klägerin benannten Beschäftigten nicht die für Arbeitnehmer erforderlichen Merkmale aufwiesen. Insbesondere müssten sich die Beschäftigen weder Aufgaben zuteilen lassen, noch Urlaub absprechen oder sich von Herrn B. Weisungen erteilen lassen. Auch letzterer sei nicht zur regelmäßigen Anwesenheit verpflichtet. Der Zeuge K. habe bekundet, dass die Mitarbeiter in der Entscheidung frei seien, ob sie eine Aufgabe übernehmen wollten und dass sich die häufige Anwesenheit nach der Übernahme von Aufträgen durch die bekannten Produktionskonzepte und die vorgegebenen Fertigstellungstermine erklärten. Das Einwirken auf die Mitarbeiter hinsichtlich der Übernahme und der Durchführung von Aufgaben gehe nicht über das Maß hinaus, das bei wirtschaftlich überwiegend von Auftraggebern abhängigen Selbständigen als üblich anzusehen sei. Die Absprachen der Mitarbeiter untereinander oder mit Arbeitnehmern der Beklagten einschließlich der sog. Sprachrohrfunktion einzelner Mitarbeiter ergebe keine Einbindung in eine von der Beklagten geschaffene, von Weisungsbefugnissen geprägte Arbeitsorganisation (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen, auch zu einer im Berufungsverfahren von der Klägerin nicht weiterverfolgten Beschäftigungsmöglichkeit im Layout und zur Frage der Wirksamkeit der Betriebsratsanhörung, wird auf das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 02.04.2008, Bl. 204 ff. d.A., Bezug genommen).

In ihrer Berufungsbegründung rügt die Klägerin insbesondere, dass sich entgegen der vom Arbeitsgericht getroffenen Schlussfolgerungen aus den Zeugenaussagen der Zeugen K. und B. nicht ergebe, dass die von der Beklagten im Bereich Bildbeschaffung und –bearbeitung tätigen Personen als arbeitnehmerähnliche Personen einzuordnen seien. Außerdem seien zum Beweis dafür, dass nach wie vor bei der Beklagten eine Bildredaktion bestehe, weitere, vom Arbeitsgericht nicht berücksichtigte Zeugen benannt worden (zur Berufungsbegründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 15.10.2008, Bl. 271 ff. d.A., nebst Anlagen Bezug genommen).

Die Klägerin stellt den Antrag:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 02.04.2008, Az. 36 Ca 10076/06, abzuändern und nach ihren Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Sowohl der Zeuge K., als auch der Zeuge B., hätten eindeutig bestätigt, dass es sich bei den freien Mitarbeitern nicht um Arbeitnehmer handle. Das Arbeitsgericht habe zutreffend erkannt, dass die Betriebsabteilung Bildredaktion stillgelegt worden sei (zur Berufungserwiderung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 13.11.2008, Bl. 342 ff. d.A., Bezug genommen).

Auf den Hinweis- und Auflagenbeschluss der Berufungskammer vom 02.04.2009 (Bl. 352 f. d.A.) trägt die Beklagte weiter vor:

Sie habe die Betriebsabteilung, in der die Klägerin bisher tätig gewesen sei, stillgelegt. Eine eigenständige Organisationsstruktur bestehe nicht mehr, denn die ehemalige Betriebsabteilung „Bildredaktion“ sei organisatorisch in der Abteilung „Layout“ aufgegangen. Der Zeuge B. nehme keine Leitungsfunktionen war. Seine Bezeichnung als Leiter der Bildredaktion gegenüber außenstehenden Dritten vermöge nichts über die interne Organisationsstruktur auszusagen. Seine Rolle innerhalb der Gemeinschaft der Bildbearbeiter könne als die eines „primus inter pares“ beschrieben werden. Freilich setze auch die Bewältigung von bildredaktionellen Arbeiten durch freie Dienstverpflichtete ein gewisses Gefüge und ein Mindestmaß an Organisation voraus. Dem entspreche, dass der Zeuge B. eine Art Sprecher der Bildbearbeiter sei. Schon weil es sich bei sämtlichen Bildbearbeitern um freie Dienstverpflichtete handele, habe er insbesondere keinerlei Weisungsbefugnisse. Dass der Zeuge B. einen Ausdruck eines jeden Heftes nach Abschluss dem Art Director K. zur Abzeichnung und Archivierung vorlegen müsse, mache deutlich, dass Herr B. nicht ohne die jeweilige Mitwirkung des Art Directors eigenverantwortlich wesentliche Entscheidungen treffen dürfe. Es werde bestritten, dass der Zeuge B. für die personelle Planung der freien Kollegen verantwortlich sei. Die letztendliche Koordinierung der Einsatzzeiten übernehme der Leiter des Abteilung Layout K.. Die von der Klägerin vorgelegte Dokumentation (Bl. 302 ff. d.A.) sei ihr (der Beklagten) nicht zurechenbar, denn diese sei vom Zeugen B. erstellt worden, bei dem es sich um einen selbständigen Mitarbeiter handle. Folglich könnten seine Ideen über die Gestaltung der Organisation des Unternehmens nicht maßgeblich sein. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Zeuge B. nach wie vor Leitungsaufgaben innerhalb der Bildbearbeitung wahrnehme, könne deshalb eine die Betriebsabteilung begründende Organisationsstruktur nicht angenommen werden. Nach Sinn und Zweck von § 15 KSchG liege selbst bei Aufrechterhaltung einer ehemals von Arbeitnehmern geprägte Organisationsstruktur keine Betriebsabteilung mehr vor, wenn in dieser Struktur lediglich freie Mitarbeiter mitwirkten. Entscheidend sei, dass die Arbeits- und Produktionsgemeinschaft zwischen Unternehmer und Belegschaft der Betriebsabteilung aufgelöst werde. Im Übrigen handele es sich entgegen der Einschätzung der Klägerin beim Zeugen B. nicht um einen Arbeitnehmer, sondern um einen freien Dienstverpflichteten. Dieser bestimme seine Tätigkeit und seine Arbeitszeiten im Wesentlichen frei (zum weiteren Vortrag der Beklagten auf den Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 02.04.2009 hin wird auf ihre Schriftsätze vom 29.04.2009, Bl. 381 ff. d.A., und 29.06.2009, Bl. 425 ff. d.A., Bezug genommen).

Die Klägerin erwidert hierzu: Die Bildredaktion sei organisatorisch nicht in der Abteilung Layout aufgegangen, sondern bleibe zumindest als organisatorische Einheit innerhalb des Layouts bestehen. Der Zeuge B. übe tatsächlich Leitungsfunktionen aus, so dass die Abteilung „Bildredaktion“ organisatorisch abgrenzbar sei. Die Beklagte schreibe selbst, dass sie daran interessiert sei, den Zeugen B. in der Außendarstellung als für die Bildredaktion verantwortlichen Mitarbeiter darzustellen, es unerlässlich sei, dass ein herausgehobener Ansprechpartner für den Bereich Bildbearbeitung vorhanden sei und ein gewisses Gefüge und Mindestmaß an Organisation bestehen müsse. Dementsprechend werde in der der Dokumentation (Bl. 302 ff. d.A.) ein „Teamleiter“ benannt. Der Zeuge B. übernehme die Einsatzplanung der Mitarbeiter, neue Mitarbeiter müssten sich ihm vorstellen und er vergebe die Aufträge an die Mitarbeiter (zum ergänzenden Vortrag der Klägerin im Einzelnen auf den Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 02.04.2009 wird auf ihren Schriftsatz vom 22.06.2009, Bl. 413 ff. d. A., Bezug genommen).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Voraussetzungen für die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nach § 15 Abs. 5 KSchG liegen nicht vor.

Die Beklagte beruft sich darauf, sie habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Bildredaktion aufzulösen und die kreative Bildbeschaffung und –bearbeitung in die Abteilung Layout zu verlegen, von wo aus externe Dienstleistende gesteuert würden; die nicht-kreative Bildbeschaffung sowie die Verwaltung des Bildarchivs habe hiernach in die Redaktionsassistenz verlagert werden sollen.

Eine solche unternehmerische Entscheidung hat die Beklagte aber nicht umgesetzt.

Selbst wenn man von einer Stilllegung i. S. d. § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG ausginge, wäre die Klägerin als Bildredakteurin in der Betriebsabteilung Layout zu beschäftigen.

1. Eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG ist ein räumlich und organisatorisch abgegrenzter Teil eines Betriebes oder Betriebsteils, der eine personelle Einheit erfordert, dem eigene technische Betriebsmittel zur Verfügung stehen und der eigene Betriebszwecke verfolgt, die Teil des arbeitstechnischen Zwecks des Gesamtbetriebes sind, die aber auch in einem bloßen Hilfszweck für den arbeitstechnischen Zweck des Gesamtsbetriebs bestehen können (BAG vom 02.03.2006 – 2 AZR 83/05, NZA 2006, S. 988). Dass es sich bei der Bildredaktion jedenfalls ursprünglich um eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG gehandelt hat, wurde von der Klägerin nicht bestritten.

2. Kennzeichnend für den Begriff der Stilllegung ist, dass die Arbeits- und Produktionsgemeinschaft zwischen Unternehmer und Belegschaft der Betriebsabteilung aufgelöst wird und dies auf einem ernstlichen Willensentschluss des Arbeitgebers beruht. Grundsätzlich kann die Auflösung der bisherigen Betriebsorganisation auch darin bestehen, sämtliche Arbeitnehmer zu entlassen und die bisherigen betrieblichen Aktivitäten mit freien Mitarbeitern in entsprechend gestalteter Vertragsform fortzusetzen (vgl. BAG vom 13.03.2008 – 2 AZR 1037/06, NZA 2008, S. 878; vom 09.05.1996 – 2 AZR 438/95, NZA 1996, S. 1145; LAG Köln vom 28.06.1996 – 11(12) Sa 296/96, LAGE § 1 KSchG, betriebsbedingte Kündigung Nr. 40).

3. Die unternehmerische Entscheidung, eine Betriebsabteilung stillzulegen, ist nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckhaftigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist. Nach der gegenwärtigen Wirtschafts- und Sozialordnung trägt der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko für die zweckmäßige Einrichtung und Gestaltung des Betriebs. Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich bis an die Grenze der Willkür berechtigt, seine betrieblichen Aktivitäten einzuschränken und bestimmte bisher in seinem Betrieb verrichtete Arbeiten an Dritte fremd zu vergeben. Das gesetzliche Kündigungsschutzrecht kann den Arbeitgeber nicht dazu verpflichten, betriebliche Organisationsstrukturen und Abläufe oder Standorte beizubehalten und geplante Organisationsänderungen nicht durchzuführen. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber eine bessere betriebliche oder unternehmerische Organisationsstruktur vorzuschreiben (BAG vom 21.02.2002 – 2 AZR 556/00, DB 2002, S. 2276). Dass die Verlagerung insbesondere der kreativen Bildbeschaffung grundsätzlich offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich wäre, hat die Klägerin jedenfalls nicht substantiiert.

4. Auch die vollständige Verlagerung der Bildredaktion eines Verlagsunternehmens auf ein Drittunternehmen oder auf ausschließlich freie Mitarbeiter kann grundsätzlich den Tatbestand der Stilllegung einer Betriebsabteilung erfüllen, denn die Beendigung der Beschäftigung von Arbeitnehmern, die sich von freien Mitarbeitern durch ihre persönliche Abhängigkeit unterscheiden, hat eine Auflösung der Arbeits- und Produktionsgemeinschaft zur Folge. Der Arbeitgeber würde in diesem Organisationsbereich dann keine Arbeitnehmer mehr beschäftigen.

5. Die Beklagte hat die von ihr beschriebene Organisationsentscheidung, die Stilllegung der Bildredaktion durch Beschäftigung ausschließlich freier und von der Abteilung Layout gesteuerter Mitarbeiter aber nicht umgesetzt:

a) Zum einen beschäftigt die Beklagte für die Bildbeschaffung nicht ausschließlich freie Mitarbeiter. Jedenfalls der Zeuge B. wurde im Anschluss an die behauptete Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung von der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt.

. Die Berufungskammer geht von der Rechtsprechung des BAG zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters aus. Beide Vertragsverhältnisse unterscheiden sich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet, wobei eine wirtschaftliche Abhängigkeit weder erforderlich noch ausreichend ist. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Die vertraglich geschuldete Leistung ist im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Selbständig ist dagegen, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist das Letztere maßgebend. Dabei kommt es auf eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls an.

bb) Bei einer Gesamtwürdigung der Tätigkeit des Zeugen B. ist dieser Arbeitnehmer. Eine Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Zeugen B. lässt sich von der Berufungskammer nicht würdigen. Ein schriftlicher Vertrag ist nicht vorgelegt. Auch zum etwaigen Inhalt mündlicher Vereinbarungen ist nichts Näheres bekannt. Im Ergebnis beschränkt sich die Beklagte auf die pauschale Behauptung, dem Zeugen B. stünde es ja frei, Aufträge anzunehmen oder nicht. Die Berufungskammer hat deshalb die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses untersucht: Die Klägerin konnte durch Vorlage der „Anwesenheitslisten“ darlegen, dass dieser jedenfalls ab Mitte 2006 bis Ende 2007 jeweils von Montag bis Freitag anwesend war. Abwesend war er, bis auf seltene einzelne Tage, nur für nach Zeitpunkt und Umfang typische Urlaubszeiten. Hatte die Beklagte den entsprechenden klägerischen Vortrag mit Schriftsatz vom 30.05.2007 mit Schriftsatz vom 14.06.2007 noch bestritten, tritt die Beklagte dem eindeutigen Bild, das sich aus der Vorlage der Anwesenheitslisten mit Berufungsbegründungsschriftsatz ergibt, offensichtlich nicht mehr entgegen (vgl. insbesondere Seite 7 des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 13.11.2008, Bl. 348 d. A.).

Eine Weisungsabhängigkeit in zeitlicher Hinsicht ist gegeben, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also die Arbeitzeiten letztlich „zugewiesen“ werden. Die ständige Dienstbereitschaft kann sich sowohl aus den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen der Parteien als auch aus der praktischen Durchführung der Vertragsbeziehungen ergeben. Insofern stellt die Einteilung eines Mitarbeiters in Dienstpläne ohne vorherige Absprache ein starkes Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft dar (BAG vom 14.03.2007 – 5 AZR 499/06, NZA-RR 2007, S. 424). Eine regelmäßige Einteilung des Zeugen B. im Sinne einer Erwartung der Beklagten, dass dieser – allenfalls unterbrochen durch typische Urlaube – regelmäßig und verlässlich für sie tätig wird, ist schon durch dessen tatsächliche Beschäftigung bei der Beklagten über 1 ½ Jahre indiziert. Dass es sich dabei um mit dem Zeugen B. einzeln abgestimmte Einsätze handeln soll, wird von der Beklagten nicht dargelegt. Dementsprechend spricht der Zeuge B. selbst davon, er sei „gebucht“ worden und „gut gebucht“ bedeutet offensichtlich, möglichst oft von den Beklagten eingesetzt. Der Vortrag der Klägerin, dass der Zeuge B in diesem Zeitraum an allen Wochentagen von Montag bis Freitag, also an 5 Tagen die Woche von etwa 09.00 Uhr bis 18.30 Uhr, unterbrochen von 1 Stunde Mittagspause, für die Beklagte tätig geworden ist, wird von dieser nicht substantiiert bestritten und letztlich auch durch die Beweisaufnahme bestätigt. So führt der Zeuge K. aus, dass bei der W & V der Zeitablauf relativ streng sei, so dass „häufige Anwesenheit erforderlich“ sei. Man könne vielleicht noch am Mittwochnachmittag gehen, dafür könne es dann am Montag wieder umso länger werden. Wer die W & V federführend betreue, der müsse praktisch arbeitstäglich ran. Auch der Zeuge B. spricht von einer Erforderlichkeit der Anwesenheit „zu den normalen Arbeitszeiten“. Ausweislich der Anlage K1 zum klägerischen Schriftsatz vom 15.10.2008 wurde der Zeuge B. in dem hier erfassten Zeitraum nahezu ausschließlich für W & V, das Hauptprodukt der Beklagten, gebucht. Nimmt man die Betreuung des Projektes Censhare hinzu, ergibt sich für den Zeugen B. eine erhebliche Arbeitsbelastung. Bei einer solchen vollschichtigen Tätigkeit über lange Zeiträume bleibt die von der Beklagten behauptete Möglichkeit, Einsätze bei der Beklagten abzulehnen und auch für andere Auftraggeber zu arbeiten, ohne inhaltliche Substanz. Es ergibt sich vielmehr ein Bild, dass der Zeuge B. ganz regelmäßig eingeplant war. Der Zeuge B. ist darüber hinaus voll in den Betrieb der Beklagten eingegliedert. Das gilt zum einen räumlich, denn er arbeitet offensichtlich nahezu ausschließlich in den Räumen der Beklagten mit deren Arbeitsmitteln. Was der Zeuge B. im Rahmen der ihm übertragenen Funktionen, z.B. zu Hause mit eigenen Arbeitsmitteln, für Leistungen erbringen soll, vermag die Beklagte nicht zu erläutern. Er ist offensichtlich für seine Tätigkeit auf die Systeme und Datenbanken der Beklagten sowie auf eine Abstimmung mit den anderen Mitarbeitern angewiesen. Dabei wird anscheinend auch eine gewisse Anwesenheit erwartet. Bezogen auf die Mitarbeiterin S. bekundet der Zeuge K., er habe sie – auf Zuruf des Zeugen B., diese sei weniger anwesend als erforderlich – darauf angesprochen, dass sie die erforderliche Zeit anwesend sein müsse. Eine Eingliederung liegt aber auch im funktionalen Sinne vor. Der Zeuge B. hat ganz offensichtlich gegenüber den übrigen Mitarbeitern im Bereich der Bildredaktion eine herausgehobene Stellung und übt dabei Funktionen aus, die für einen frei zuarbeitenden Bildredakteur eher untypisch sind. So schreibt er Organisationskonzepte für den Bereich der Bildredaktion. Dass die Beklagte in diesem Zusammenhang die Behauptung aufstellt, die Dokumentation sei ihr nicht zurechenbar (Schriftsatz vom 29.04.2009, Seite 7 unten, Bl. 387 d.A.) vermag die Berufungskammer nicht nachzuvollziehen. Es ist völlig lebensfremd, dass der Zeuge B. außerhalb der ihm bei der Beklagten eingeräumten Stellung quasi „privat“ solche Organisationskonzepte entworfen haben soll. Ohnehin spricht viel dafür, dass es sich um die „Dokumentationen“ handelt, die der Zeuge B. in seiner Vernehmung dem Zeugen K. zurechnet. Im Übrigen tritt der Zeuge B. sowohl nach außen, als auch gegenüber den anderen Mitarbeitern in mancherlei Hinsicht als Repräsentant der Bildredaktion auf. Auf die Anlage K2 zum klägerischen Schriftsatz vom 15.10.2008, wonach eine Verwendungsmeldung die Unterschrift des Zeugen B. als „Ltg. Bildredaktion“ trägt, die Anlage K3, eine E-Mail mit dem der Zeuge B. eine Schulung absagt, die Anlage K18 zum klägerischen Schriftsatz vom 13.02.2008, ein Organigramm, in dem der Zeuge B. als „Bild – Chef“ erfasst ist und die Telefon- und E-Mail-Liste (Anlage K19 zum klägerischen Schriftsatz vom 13.02.2008), die als „Einsatzgebiet“ des Zeugen B. „Leitung; Bildredaktion; Fotografie“ erfasst, wird Bezug genommen.

Auch hat der Zeuge B. im erfassten Zeitraum in der Regel als federführender Redakteur für W & V auch an den Redaktionskonferenzen teilgenommen. Schließlich spricht auch die Tatsache, dass der Zeuge B. „als zentrale Sammelstelle für sämtliche Rechnungen im Bereich Bildbearbeitung“, wie es die Beklagte im Schriftsatz vom 29.04.2009 ausdrückt, für dessen Eingliederung. Ihm sind bei der Beklagten eben bestimmte Funktionen zugewiesen, die typischerweise einem echten freien Mitarbeiter, dessen Anwesenheit ja offen ist, nicht zugewiesen werden.

Insgesamt ergibt sich für die Berufungskammer bei der rechtlichen Einordnung des Vertragsverhältnisses des Zeugen B. mit der Beklagten das Bild einer Arbeitnehmerstellung, dem auch die Aussagen der beiden erstinstanzlich vernommenen Zeugen nicht entgegenstehen.

. An einer Stilllegung der Betriebsabteilung Bildredaktion ist auch deshalb zu zweifeln, weil nach wie vor eine zumindest relative organisatorische Verselbständigung des Bereichs Bildredaktion vorliegt. Das lässt sich unschwer dem Organisationskonzept „Organisations-Struktur Abläufe Bildredaktion“ (Anlage K3 zum klägerischen Schriftsatz vom 15.10.2008, Bl. 301 ff. d.A.), das der Zeuge B. erstellt hat, entnehmen. Die „Bildredaktion“ wird von der Beklagten nach wie vor nicht nur als Begrifflichkeit verwendet, sondern taucht auch in einem Organigramm als Organisationseinheit mit einem „Bild – Chef C. B.“ auf (vgl. Anlage K18 zum klägerischen Schriftsatz vom 13.02.2008, Bl. 169 d. A.). Die Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 13.02.2008 unwidersprochen vorgetragen, dieses Organigramm befinde sich in den Redaktionsräumen der Beklagten. Auch wenn der Zeuge K. betont, der Zeuge B. dürfe anderen Mitarbeitern gar keine Weisungen hinsichtlich der Arbeitszeit geben, ist diese relative Verselbständigung mit einer Art Leitungsstruktur hinterlegt. Das Organisationskonzept (Anlage K3) weist einen Teamleiter aus, der Zeuge K. bezeichnet den Zeugen B. als „Sprachrohr“, die Beklagte bezeichnet den Zeugen B. im Schriftsatz vom 29.04.2009 als „primus inter pares“, die Verwendungsmeldung (Anlage K2 zum klägerischen Schriftsatz vom 15.10.2008, Bl. 300 d.A.) unterschreibt der Zeuge B. als „Ltg. Bildredaktion“ und ein Organigramm (K18) bezeichnet den Zeugen B. als „Bild-Chef“.

c) Schließlich hat die Beklagte auch nicht nachvollziehbar dargestellt, wie sie die behauptete unternehmerische Entscheidung, die nicht-kreative Bildbeschaffung und das Archiv auf die Redaktionsassistenz zu verlagern, tatsächlich umsetzen wollte. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, die Redaktionsassistentinnen würden ohnehin bereits Überstunden machen. Die Beklagte hat hierzu erwidert, es sei irrelevant, ob in der Redaktionsassistenz Überstunden bestünden und es habe Mehrarbeit in der Redaktionsassistenz nicht erst seit Schließung der Bildredaktion gegeben (Schriftsatz vom 28.02.2007, dort Seite 2, Bl. 78 d. A.). Die Beklagte, die sich auf eine Unternehmerentscheidung beruft, hat diese aber auch hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit zu verdeutlichen. Der zitierte Vortrag der Beklagten geht an dieser Anforderung vorbei. Es geht nämlich um die Frage, wie eine Aufgabe, die jetzt wiederum von der auch schon früher in der Bildredaktion tätigen Vollzeitkraft D. wahrgenommen wird, rein praktisch auf die Redaktionsassistenz verlagert werden kann, wenn letztere bereits vor der Verlagerung der Aufgabe ausweislich der Überstunden bereits überlastet ist. Dass hier eine Neueinstellung geplant war, hat die Beklagte nicht vorgetragen und würde ohnehin auch zu der Frage führen, warum man eine solche Stelle der Klägerin nicht angeboten hat. Dies gilt umso mehr, als diese bereits mit Schriftsatz vom 05.02.2007 vorgetragen hat, sie sei seit 14.09.2004 neben dem Mitarbeiter D. auch für das Archiv zuständig gewesen (was die Beklagte nicht bestritten hat).

d) Beruft sich der Arbeitgeber bei der Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes auf die Stilllegung einer Betriebsabteilung aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung, insbesondere durch vollständige Übertragung der weiterhin wahrzunehmenden Funktionen auf freie Mitarbeiter, und beschäftigt er entgegen der behaupteten unternehmerischen Entscheidung im Rahmen des weiterhin wahrgenommenen Betriebszwecks der ursprünglichen Betriebsabteilung nach wie vor (auch) Arbeitnehmer, kann er sich gegenüber dem Betriebsratsmitglied nicht auf § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG berufen. § 15 Abs. 4 und Abs. 5 KSchG regeln eng begrenzte Ausnahmen vom Ausschluss der ordentlichen Kündigung eines vom Schutzbereich des § 15 KSchG erfassten Arbeitnehmers. Die ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeit beruht darauf, dass es, ausgehend von der Organisationsfreiheit des Arbeitgebers, bei einem vollständigen Wegfall der Arbeitsplätze einer ursprünglichen Organisationseinheit diesem nicht abverlangt werden kann, allein den Arbeitsplatz des Betriebsratsmitglieds aufrecht zu erhalten. Dem vollständigen Wegfall der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit muss sich auch das Betriebsratsmitglied beugen. Hält sich der Arbeitgeber aber selbst nicht an die behauptete unternehmerische Entscheidung, indem er für angeblich vollständig auf Dritte übertragene Funktionen (auch) Arbeitnehmer einsetzt, ist bereits fraglich, ob von einer Stilllegung einer Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG die Rede sein kann. Der Wegfall der Arbeitsplätze wird von der Beklagten mit sog. innerbetrieblichen Gründen, nämlich einer organisatorischen Unternehmerentscheidung, gerechtfertigt, die sie so gar nicht umsetzt, insbesondere weil sie für die kreative Bildbeschaffung entgegen der behaupteten Entscheidung doch nicht ausschließlich freie Mitarbeiter einsetzt.

1. Selbst wenn man aber dennoch davon ausgehen wollte, dass eine Stilllegung im Sinne des § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG vorliegt, wäre die Klägerin nach eben dieser Vorschrift in die Abteilung Layout zu übernehmen. Es läge eine Eingliederung der Funktion Bildredaktion in die Betriebsabteilung Layout vor und durch die Beschäftigung des Zeugen Born als Arbeitnehmer kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass eine Übernahme der Klägerin in die Abteilung Layout aus betrieblichen Gründen im Sinne des § 15 Abs. 5 Satz 2 KSchG nicht möglich wäre. Das gilt schon, weil die Beklagte dann im Bereich Layout einen angestellten Bildredakteur beschäftigt und sich ihrerseits darauf beruft, dass dieser keine Leitungsfunktionen ausübt. Unter dieser Voraussetzung ist in der Abteilung Layout ein Arbeitsplatz für einen Bildredakteur vorhanden und die Beklagte hätte diesen vorrangig mit der Klägerin als Betriebsratsmitglied zu besetzen. Eine Einstellung des Zeugen B. als Bildredakteur – wie tatsächlich geschehen – käme dann nicht in Betracht. Selbst wenn man den Zeugen B. trotz des Bestreitens der Beklagten, dass dieser Leitungsfunktionen ausübt, aber auf einer anderen hierarchischen Ebene ansiedeln würde, beruft sich die Beklagte auf kein schlüssiges unternehmerisches Konzept, im Bereich Layout keine angestellten Bildredakteure zu beschäftigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen, § 72 Abs. 1 ArbGG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann die Beklagte Revision einlegen.

Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Die Revision muss beim Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1 99084 Erfurt Postanschrift: Bundesarbeitsgericht 99113 Erfurt Telefax-Nummer: 0361 2636-2000 eingelegt und begründet werden.

Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Es genügt auch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten der Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von Zusammenschlüssen solcher Verbände

. für ihre Mitglieder
. oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder

oder

von juristischen Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der im vorgenannten Absatz bezeichneten Organisationen stehen,
. wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt
. und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In jedem Fall muss der Bevollmächtigte die Befähigung zum Richteramt haben.

Zur Möglichkeit der Revisionseinlegung mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hingewiesen. Einzelheiten hierzu unter http://www.bundesarbeitsgericht.de/.

Dr. Wanhöfer Tscharke Angermeier
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