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Text des Urteils
10 Sa 140/09;
Verkündet am: 
 04.11.2009
LAG Landesarbeitsgericht
 

München
Vorinstanzen:
27 Ca 4367/08
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Keine Auswirkung auf variable Sonderzahlungen nach TV bei Verringerung der Bettenzahl aufgrund geringer Auslastung
Leitsatz des Gerichts:
Eine Erlösminderung bei gleichzeitiger Verringerung der Bettenzahl in einer Privatklinik wirkt sich auf die Berechnung einer variablen Sonderzahlung nach dem Tarifvertrag Nr. 1 vom 01.11.2005 zur Zahlung einer Jahressonderzahlung für Beschäftigte in den Privatkrankenanstalten in Bayern auch dann nicht aus, wenn die Ver- ringerung der Bettenzahl Folge einer zu geringen Auslastung ist.
In dem Rechtsstreit
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. August 2009 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Moeller und die ehrenamtlichen Richter Frick und Schmid für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12.12.2008 (Az.: 27 Ca 4367/08) wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.


Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Bezahlung einer tariflichen Jahressonderzahlung für das Jahr 2006.

Die 1956 geborene Klägerin ist seit 01.01.1982 bei der Beklagten, die Privatkliniken betreibt, als Anästhesieschwester beschäftigt. Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist ein zwischen ihnen geschlossener Anstellungsvertrag vom 01.12.1981 (Bl. 6 bis 12 d. A.), in dem u.a. auf die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeitnehmer in Privatkrankenanstalten und den Vergütungs- und Lohntarifvertrag für Arbeitnehmer in Privatkrankenanstalten in Bayern in der jeweils gültigen Fassung verwiesen ist.

Am 26.10.2005 wurde zwischen dem Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di der Tarifvertrag Nr. 1 vom 01.11.2005 zur Zahlung einer Jahressonderzahlung für Beschäftigte in den Privatkrankenanstalten in Bayern (Bl. 26 bis 31 d. A.) geschlossen, der u.a. folgende Bestimmungen enthält:

§ 2 Sonderzahlung

1. Die Beschäftigten erhalten zusätzlich zu ihren monatlichen Vergütungen eine jährliche Sonderzahlung nach Maßgabe dieses Tarifvertrages. Diese Sonderzahlung ersetzt die bisher gültigen tariflichen Regelungen zu Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

2. Die Sonderzahlung besteht aus einem festen Anteil sowie aus einem variablen, ergebnisabhängigen Anteil.

3. Die Summe des festen und des variablen, ergebnisabhängigen Anteils der Sonderzahlung beträgt für ein Geschäftsjahr maximal 110 % der individuellen durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung nach § 3 Abs. 1 dieses Tarifvertrages.

§ 3 Fester Anteil

1. Der feste Anteil der Sonderzahlung beträgt 50 von Hundert des individuell dem
anspruchsberechtigten Beschäftigten zustehenden Bruttomonatsentgelts. . . .

. . .

2. Der feste Anteil der Jahressonderzahlung kommt mit dem Novembergehalt des jeweiligen Geschäftsjahres zur Auszahlung.

§ 4 Variabler, ergebnisabhängiger Anteil

1. Der variable Teil der Sonderzahlung besteht aus einer Ergebnisbeteiligung nach Maßgabe der nachfolgenden Berechnungssystematik:

a. Das Unternehmensergebnis ist die Summe der Erlöse des Unternehmens aus medizinischen Versorgungsleistungen, insbesondere aus voll- und teilstationärer oder ambulanter Versorgung (Institutsleistungen), akutstationärer oder rehabilitationsmedizinischer Versorgung, welche durch Fallpauschalen, DRG’s (Diagnosis Related Groups), Pflegesätze und Vergütungen für ambulante Leistungen erzielt werden. Andere Erlöse des Unternehmens, wie z.B. Erlöse aus Zimmerzuschlägen, Kosten erstattungen der Chefärzte oder Vermietung & Verpachtung bleiben bei der Betrachtung unberücksichtigt.

b. Für Verbandsmitglieder, deren Erlöse gem. Buchstabe a) überwiegend aus DRG-Vergütungen stammen, wird der Unternehmenserfolg nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen ermittelt: Die Erlöse des Unternehmens für das Geschäftsjahr 2004 – bzw. das in 2004 zu Ende gegangene Geschäftsjahr im Falle eines vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahres – zuzüglich einer Steigerung von 3 % bilden den Basiswert für die Ermittlung des Unternehmenserfolges der Folgejahre (Basiswert). Übersteigen diese tatsächlichen Erlöse des Unternehmens nach der vorstehenden Definition (Gesamterlöse) den Basiswert in einem auf das dem Jahr 2004 folgenden Geschäftsjahr, so erhalten die Beschäftigten für jede 0,25 % der Ergebnisverbesserung eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 1,5, % des monatlichen Bruttogehaltes nach § 3 Abs. 1 dieses Tarifvertrages. Eine Aufrundung findet nicht statt.

c. . . .

d. Die Höhe der jeweiligen Gesamterlöse eines Unternehmens aus medizinischen Versorgungsleistungen ist auf Anforderung einer tarifschließenden Gewerkschaft oder eines im Unternehmen vertretenen Betriebsrats durch den steuerlichen Berater des Unternehmens jeweils zu bestätigen.
. . .

2. Die variable, ergebnisabhängige Sonderzahlung wird mit dem Vorliegen der entsprechenden Jahresdaten des Unternehmens, spätestens aber mit dem Gehalt des 4. auf das Ende des jeweiligen Geschäftsjahres folgenden Kalendermonat ausbezahlt. . . .

3. Verändert sich die Unternehmensstruktur der jeweiligen Einrichtung durch Erweiterung oder Einschränkung der medizinischen Aktivitäten, insbesondere durch die Inbetriebnahme oder Schließung von Betten, so ist der Vergleichswert für die auf die Änderung folgenden Sonderzahlungen im Verhältnis dieser Änderungen zur bisherigen Unternehmensstruktur anzupassen.
. . .

Bei der Beklagten ist zum 31.12.2005 eine Bettenverringerung im Krankenhausplan um 35 auf 130 Planbetten festgelegt worden.

Die Klägerin erhielt im November 2006 ein Weihnachtsgeld i.H.v. € 1.640,08.

In einem Schreiben vom 17.10.2007 (Bl. 12a d. A.) teilte die Beklagte der Gewerkschaft ver.di folgendes mit:

Auskunft gem. § 4 Ziff. 1d TV Jahressonderzahlung

. . .

Wir nehmen Bezug auf Ihre o. g. Anfrage und teilen Ihnen die Höhe der jeweiligen Gesamterlöse aus medizinischen Versorgungsleistungen der Jahre 2004 bis 2006 wie folgt mit:

Jahr Gesamterlöse
2004 € 10.515.402,31
2005 € 10.514.259,29
2006 € 9.443.584,21
. . .

Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe über den bezahlten Teil der Sonderzuwendung noch ein zusätzlicher variabler Teil zu. Es sei zwar richtig, dass sich die Gesamterlöse der Beklagten seit 2004 verringert hätten. Dies sei aber nach § 4 Abs. 3 des Tarifvertrags unerheblich. Denn aufgrund der Bettenverringerung um 35 auf 130 sei von einem relativen Zugewinn von 14 % auszugehen, wie sich aus einer Gegenüberstellung der Erlöse im Verhältnis zur verringerten Bettenzahl ergebe (Bl. 14 d. A.). Damit stehe der Klägerin jedenfalls der von der Beklagten unter Berücksichtigung des Zahlenwerks selbst errechnete Betrag von € 1.953,11 zu.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.953,11 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, ein Anspruch auf Bezahlung eines variablen Teils einer Jahressonderzahlung bestehe nicht. Die Erlöse der Beklagten seien nicht angestiegen. Eine Änderung der Unternehmensstruktur liege nicht vor. Denn die Reduzierung der Bettenzahl sei nicht freiwillig sondern als erzwungene Reaktion auf eine fehlende Auslastung erfolgt.

Dagegen seien keine medizinischen Aktivitäten eingeschränkt worden. Tatsächlich habe sich die Erlössituation daher verschlechtert. Selbst unter Zugrundelegung der Berechnung der Klägerin ergebe sich zudem nur ein Anspruch i.H.v. € 1.953,11.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Bettenreduzierung der Beklagten stelle eine Veränderung der Unternehmensstruktur im Sinne des Tarifvertrags dar, so dass eine Anpassung des Erlöses der Beklagten i.S.v. § 4 Abs. 3 des Tarifvertrags vorzunehmen sei. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten am 29.01.2009 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 20.02.2009 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und ihr Rechtsmittel durch einen am 02.04.2009 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie trägt vor, eine Strukturänderung liege nur bei Veränderung der medizinischen Aktivitäten vor. Diese hätten sich bei der Beklagten aber nicht verändert. Die Bettenschließung sei nur eine Reaktion auf eine fehlende Auslastung. Sinn der Regelung der Jahressonderzahlung sei eine Beteiligung der Mitarbeiter am Erlös. Die Erlössituation der Beklagten habe sich jedoch verschlechtert, zumal ein Großteil der Mitarbeiter trotz Bettenabbau weiterbeschäftigt worden sei.

Die Beklagte beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 14.11.2008 (Az.: 27 Ca 4367/08) wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, zu einer Veränderung von medizinischen Aktivitäten bestimme der Tarifvertrag nichts. Bettenschließungen beträfe den Risikobereich des Arbeitgebers, der nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden sollte. Die Gründe für eine Bettenverringerung seien dabei unerheblich. Der relative Zugewinn habe sich gesteigert.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 02.04.2009 (Bl. 129 bis 134 d. A.) und 07.07.2009 (Bl. 187 bis 189 d. A.), der Klägerin vom 29.04.2009 (Bl. 161 bis 165 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 05.08.2009 (Bl. 190 bis 191 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen variablen Teil einer tariflichen Jahressonderzahlung für das Jahr 2006 in zwischen den Parteien unstreitiger Höhe von € 1.953,11 brutto zu bezahlen.

Das Berufungsgericht folgt der überzeugenden Begründung des Arbeitsgerichts und sieht von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:

2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte neben einem festen Anteil eines Halbmonatsgehalts gem. § 3 Abs. 1 gem. § 2 Abs. 2 nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 Nr. b) i.V.m. § 4 Abs. 3 des Tarifvertrags Nr. 1 vom 01.11.2005 zur Zahlung einer Jahressonderzahlung für Beschäftigte in den Privatkrankenanstalten in Bayern (im Folgenden: Tarifvertrag Nr. 1) ein zusätzlicher variabler Anteil zu.

a) Der Tarifvertrag Nr. 1 findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien schon offensichtlich aufgrund beiderseitige Tarifbindung (§§ 3 Abs 1, 4 Abs. 1 TVG), jedenfalls aber aufgrund Verweisung im Arbeitsvertrag Anwendung.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Erlöse der Beklagten überwiegend aus DRG-Vergütungen stammen, so dass der einer Berechnung der Ergebnisbeteiligung zugrunde zulegende Erlös gem. § 4 Abs. 1 Nr. b) des Tarifvertrages Nr. 1 zu bestimmen ist. Die Erlöse der Beklagten in den Jahren 2004 bis 2006 sind zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig und betragen im Jahr 2004 € 10.515.402,31, im Jahr 2005 € 10.514.259,29 und im Jahr 2006 € 9.443.584,21. Sie sind zudem durch die Beklagte gemäß den Bestimmungen des § 4 Abs.1d des Tarifvertrags Nr. 1 bestätigt worden (Bl. 54 d. A.). Damit übersteigt der im Jahr 2006 erzielte Gesamterlös von € 9.443,584,21 zwar nicht den im Jahr 2004 erzielten Gesamterlös um das nach dem Tarifvertrag erforderliche Maß. Dies ist aber dann der Fall, wenn der im Jahr 2004 erzielte Gesamterlös der im Jahr 2006 gesunkenen Bettenzahl angepasst wird. Davon ist hier auszugehen.

b) § 4 Abs. 3 des Tarifvertrags Nr. 1 bestimmt, dass wenn sich die Unternehmensstruktur der jeweiligen Einrichtung durch Erweiterung oder Einschränkung der medizinischen Aktivitäten, insbesondere durch die Inbetriebnahme oder Schließung von Betten, verändert, der Vergleichswert für die auf die Änderung folgenden Sonderzahlungen im Verhältnis dieser Änderungen zur bisherigen Unternehmensstruktur anzupassen ist.

Nach dieser Regelung liegt ein derartiger Fall auch dann vor, wenn die Veränderung der Unternehmensstruktur allein in der Reduzierung der Betten liegt, selbst wenn dies lediglich eine Reaktion auf eine geringere Auslastung ist.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags erfolgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln.

Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut.

Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. BAG vom 23.04.2008 – 10 AZR 258/07; BAG vom 30.09.2004 – AP Nr. 275 zu § 613 a BGB; BAG vom 22.10.2003 – AP Nr. 21 zu § 1 TVG „Rückwirkung“; BAG vom 31.07.2002 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG „Tarifverträge: Wohnungswirtschaft“).

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt eine Veränderung der Unternehmensstruktur auch bei bloßer Verringerung der Bettenzahl vor.

(1) Denn schon nach dem Wortlaut der Regelung genügt für eine Änderung der Unternehmensstruktur jede Einschränkung der medizinischen Aktivitäten.

Dies ist bei rein quantitativer und nach dem Tarifwortlaut gerade ausreichender Betrachtungsweise schon bei einer Bettenreduzierung der Fall. Aber damit nicht genug, haben die Tarifvertragsparteien durch die Erläuterung mit dem Wort „insbesondere“ dies gerade für die Schließung von Betten nochmals klargestellt. Durch die Formulierung „insbesondere“ haben die Tarifvertragsparteien als einen – ohne jede weitere Voraussetzung völlig ausreichenden – Fall einer Einschränkung von medizinischen Aktivitäten den bloßen Bettenabbau genannt. Dass dies nur bei planerischen Maßnahmen des Arbeitgebers aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen der Fall sein soll, ergibt sich aus dem Tarifvertrag nicht. Hätten die Tarifvertragsparteien eine solche Einschränkung gewollt, hätten sie dies in der Tarifnorm zum Ausdruck bringen müssen. Damit folgt schon aus dem Wortlaut der tariflichen Regelung, dass eine Anpassung der Erlössituation bereits bei einem reinen Bettenabbau erfolgt, ohne dass es auf die Ursachen dafür ankommt.

(2) Auch aus Sinn und Zweck der Regelung folgt nichts anderes. Die Beklagte trägt selbst – zutreffend – vor, dass Grund der variablen Bemessung der Sonderzahlung die Beteiligung der Arbeitnehmer am Erfolg des Unternehmens sein soll.

Diesen messen die Tarifvertragsparteien allein an der Erlössituation des Unternehmens. Steigert sich diese Situation über das im Tarifvertrag geforderte Maß hinaus, führt dies zu einer Beteiligung der Mitarbeiter. Bleibt die Situation gleich oder verändert sie sich zu Ungunsten des Unternehmens, entfällt jede variable Vergütung. Den Tarifvertragsparteien war dabei allerdings bekannt, dass die Erlössituation sowohl steigernd als auch mindernd für das Unternehmen auch von Faktoren beeinflusst werden kann, die mit der Arbeitsleistung der Mitarbeiter und daher mit dem Beitrag ihrer Beteiligung an der Erlössituation nichts zu tun haben. Deshalb haben sie durch § 4 Abs. 3 des Tarifvertrags klargestellt, dass derart für die Arbeitsleistung der Mitarbeiter neutrale Faktoren außer Ansatz bleiben. Ergibt sich demnach trotz Einschränkung oder Erweiterung der unternehmerischen Faktoren dennoch eine – relative – Verbesserung der Erlössituation in dem vom Tarifvertrag geforderten Maß, soll es auch in diesem Fall bei einer Beteiligung der Mitarbeiter verbleiben.

c) Daher steht der Klägerin ein Anspruch auf einen variablen Teil der Sonderzahlung auch hier zu.

Setzt man die Erlössituation im Jahr 2006 von € 9.443.584,21 mit einer Bettenzahl von 130 ins Verhältnis zur Erlössituation von € 10.515.402,31 im Jahr 2004 zuzüglich einer Steigerung von 3 % mit einer Bettenzahl von 165, wird der Basiswert für das Jahr 2004 im Jahr 2006 deutlich überschritten. Für die Klägerin hat dies zur Folge, dass sich daraus ein Anspruch auf eine variable Vergütung für das Jahr 2006 in – unstreitiger – Höhe von € 1.953,11 brutto ergibt.

III.

Die Berufung der Beklagten war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat für die Beklagte die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann die Beklagte Revision einlegen.

Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Die Revision muss beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, Postanschrift: Bundesarbeitsgericht, 99113 Erfurt, Telefax-Nummer: 0361 2636-2000, eingelegt und begründet werden.

Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Es genügt auch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten der Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von Zusammenschlüssen solcher Verbände

- für ihre Mitglieder
- oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder

oder

von juristischen Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der im vorgenannten Absatz bezeichneten Organisationen stehen,

- wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt
- und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In jedem Fall muss der Bevollmächtigte die Befähigung zum Richteramt haben.

Zur Möglichkeit der Revisionseinlegung mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hingewiesen. Einzelheiten hierzu unter http://www.bundesarbeitsgericht.de

Moeller Frick Schmid
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Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).