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Pressemitteilung
C-62/09;
Verkündet am: 
 22.04.2010
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Staatliche Behörden dürfen Ärzten finanzielle Vorteile anbieten, um Anreize für die Verschreibung preisgünstigerer Arzneimittel zu schaffen
Leitsatz des Gerichts:
Staatliche Behörden dürfen Ärzten finanzielle Vorteile anbieten, um Anreize für die Verschreibung preisgünstigerer Arzneimittel zu schaffen

Die Behörden müssen jedoch sicherstellen, dass die entsprechende Regelung auf objektiven, nichtdiskriminierenden Kriterien beruht, und insbesondere die ihr zugrunde liegenden therapeutischen Bewertungen öffentlich machen
Die Richtlinie über Humanarzneimittel verbietet es, im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei Ärzten oder Apothekern diesen finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen.

Um die öffentlichen Ausgaben für Arzneimittel zu senken, haben die für die Gesundheit der Bevölkerung zuständigen nationalen Behörden in England und Wales finanzielle Anreize geschaffen, um die Ärzte dazu zu bewegen, ihren Patienten Arzneimittel zu verschreiben, die preisgünstiger sind als andere Arzneimittel derselben therapeutischen Klasse. Allerdings könnte die Wahl eines preisgünstigeren Arzneimittels, das einen anderen Wirkstoff enthält, in bestimmten Fällen negative Folgen für den Patienten haben. Im vorliegenden Fall geht es hauptsächlich um die Verschreibung von Statinen, d. h. Wirkstoffen, die zur Senkung des Cholesterins eingesetzt werden.

Der High Court of Justice (England and Wales) fragt den Gerichtshof, ob das in der Richtlinie enthaltene Verbot finanzieller Anreize der Regelung entgegensteht, die in England und Wales angewandt wird.

In seinem Urteil vom heutigen Tag stellt der Gerichtshof fest, dass das in der Richtlinie enthaltene Verbot hauptsächlich die Verkaufsförderungsmaßnahmen der Pharmaindustrie betrifft und darauf abzielt, Verkaufsförderungspraktiken zu verhindern, die geeignet sind, bei Ärzten ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung von Arzneimitteln zu wecken.

Dieses Verbot gilt dagegen nicht für die nationalen Behörden, die für die Gesundheit der Bevölkerung zuständig und selbst damit betraut sind, für die Anwendung der Richtlinie zu sorgen und die Handlungsprioritäten der Gesundheitspolitik festzulegen, insbesondere bezüglich der Begrenzung der öffentlichen Ausgaben für diese Politik.

Hierzu stellt der Gerichtshof fest, dass mit der von einem Mitgliedstaat definierten Gesundheitspolitik und den öffentlichen Ausgaben in diesem Bereich kein Erwerbszweck oder kaufmännischer Zweck verfolgt wird. Daher kann bei den hier untersuchten finanziellen Anreizen, die in den Bereich dieser Politik fallen, nicht davon ausgegangen werden, dass sie die kommerzielle Verkaufsförderung für Arzneimittel bezwecken. Zudem ist bei dieser Regelung keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung erkennbar, da der therapeutische Nutzen der bevorzugten Arzneimittel von den staatlichen Behörden ständig kontrolliert wird.

Daher steht es diesen Behörden frei, auf der Grundlage von Bewertungen der therapeutischen Eigenschaften von Arzneimitteln unter Berücksichtigung ihrer Kosten für den öffentlichen Haushalt zu bestimmen, ob gewisse Arzneimittel, die einen bestimmten Wirkstoff enthalten, aus Sicht der öffentlichen Finanzen gegenüber anderen Arzneimitteln vorzugswürdig sind, die einen anderen Wirkstoff enthalten, aber zu derselben therapeutischen Klasse gehören.

Die staatlichen Behörden sind jedoch verpflichtet, der Pharmaindustrie Informationen zur Verfügung zu stellen, die belegen, dass die fragliche Regelung auf objektiven Kriterien beruht und inländische Arzneimittel und solche aus anderen Mitgliedstaaten nicht unterschiedlich behandelt werden. Außerdem müssen die Behörden diese Regelung öffentlich machen und der Pharmaindustrie die Bewertungen zur Verfügung stellen, anhand deren die therapeutische Gleichwertigkeit der verfügbaren Wirkstoffe, die zu derselben, unter diese Regelung fallenden therapeutischen Klasse gehören, festgestellt wird.

Nach alledem stellt der Gerichtshof fest, dass die untersuchten finanziellen Anreize mit der Richtlinie vereinbar sind und darüber hinaus die Objektivität der verschreibenden Ärzte nicht beeinträchtigen.

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HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
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Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).