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Pressemitteilung
C-325/08;
Verkündet am:
16.07.2009
EuGH Europäischer Gerichtshof
Rechtskräftig: unbekannt! Generalanwältin Eleanor Sharpston ist der Ansicht, dass Bestimmungen, nach denen ein Fussballverein, der einen jungen Spieler verpflichtet, dessen Ausbildungsverein entschädigen muss, gerechtfertigt sein können Leitsatz des Gerichts: Generalanwältin Eleanor Sharpston ist der Ansicht, dass Bestimmungen, nach denen ein Fussballverein, der einen jungen Spieler verpflichtet, dessen Ausbildungsverein entschädigen muss, gerechtfertigt sein können Eine solche Entschädigung wäre aber nur dann verhältnismäßig, wenn sie anteilig anhand der vom Verein insgesamt für die Ausbildung von Spielern aufgewandten Kosten berechnet und angemessen unter allen an der Ausbildung des Spielers beteiligten Vereinen aufgeteilt würde. 1997 unterzeichnete Olivier Bernard mit dem französischen Fußballverein Olympique Lyonnais einen Vertrag als „joueur espoir“ für drei Spielzeiten mit Wirkung von 1. Juli 1997. Den ihm im Anschluss daran angebotenen Vertrag als Berufsspieler lehnte er ab und schloss stattdessen einen Profivertrag mit dem englischen Verein Newcastle United. Zum damaligen Zeitpunkt bestimmte die französische Berufsfußball-Charta, dass „joueurs espoir“ – viel versprechende Spieler im Alter von 16 bis 22 Jahren, die bei einem professionellen Verein im Rahmen eines befristeten Vertrags als Auszubildende beschäftigt sind – einen ihnen vom Ausbildungsverein angebotenen Profivertrag annehmen mussten. Wer ein solches Angebot ablehnte, durfte während eines Zeitraums von drei Jahren ohne schriftliche Zustimmung des Ausbildungsvereins zu keinem anderen französischen Club wechseln. Olympique Lyonnais hat Herrn Bernard und Newcastle United daraufhin vor französischen Gerichten auf Zahlung von 53.357,16 Euro verklagt. Dies entspricht dem Gehalt, das Herr Bernard nach Vertragsunterzeichnung bei Olympique Lyonnais in einem Jahr verdient hätte. In erster Instanz wurde Olympique Lyonnais die Hälfte dieser Summe zugesprochen, die Herr Bernard und Newcastle United als Gesamtschuldner zahlen sollten. Nach erfolgreichem Rechtsmittel der Beklagten legte Olympique Lyonnais seinerseits Rechtsmittel bei der französischen Cour de cassation ein. Diese hat den Gerichtshof gefragt, ob eine Bestimmung, nach der ein Auszubildender, der einen Profivertrag bei einem Club in einem anderen Mitgliedstaat abschließt, zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sein kann, die vom EG-Vertrag garantierte Arbeitnehmerfreizügigkeit beschränkt und, wenn ja, ob dies mit der Notwendigkeit gerechtfertigt werden kann, die Anwerbung und Ausbildung von Nachwuchsprofis zu fördern. Nach Ansicht von Frau Sharpston beschränkt eine Bestimmung, nach der ein Auszubildender, der einen Profivertrag bei einem Club in einem anderen Mitgliedstaat abschließt, zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sein kann, die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Ausübung des Sports falle insoweit unter das Gemeinschaftsrecht, als sie zum Wirtschaftsleben gehöre, was bei der entgeltlichen Beschäftigung professioneller Fußballer der Fall sei. Das Verbot von Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit erstrecke sich auch auf Vorschriften zur kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit, zu denen die von Fußballverbänden aufgestellten Regeln zählten. Die Generalanwältin erinnert überdies daran, dass Regeln die Freizügigkeit von Arbeitnehmern auch dann beeinträchtigen können, wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung finden und dass Bestimmungen, denen zufolge beim Transfer eines Berufsfußballers die Zahlung einer Transfer-, Ausbildungs- oder Förderungsentschädigung zwischen Vereinen zu entrichten ist, grundsätzlich eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit darstellen. Im Hinblick auf eine mögliche Rechtfertigung solcher Bestimmungen stellt Frau Sharpston fest, dass sie gewährleisten, dass die Vereine nicht dadurch von der Einstellung und Ausbildung abgehalten werden, dass ihre entsprechenden finanziellen Aufwendungen einem anderen Verein zugute kommen könnten, ohne dass sie selbst dafür entschädigt werden. In Anbetracht der gesellschaftlichen Bedeutung des Fußballs und des weitgehenden Konsenses in der Öffentlichkeit, dass die Ausbildung und Einstellung junger Spieler gefördert werden muss, hält Frau Sharpston es für plausibel, dass Bestimmungen, nach denen Vereine für ihre finanziellen Aufwendungen für die Ausbildung entschädigt werden, aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein können. Allerdings gehe die streitige französische Regelung im Hinblick auf die Entschädigung über das zur Erreichung des verfolgten Zieles erforderliche hinaus. Lediglich eine Maßnahme, durch die die Vereine entsprechend den ihnen tatsächlich entstandenen Ausbildungskosten entschädigt würden, sei angemessen und verhältnismäßig. Eine Entschädigung, die sich nach dem voraussichtlichen Einkommen des Spielers oder nach dem voraussichtlich entgangenen Gewinn des Vereins berechne, sei unzulässig, da keines dieser Kriterien eine besondere Sachnähe zu der Frage aufwiesen, wie die Anwerbung und Ausbildung junger Spieler gefördert werden kann. Da nur eine Minderheit der ausgebildeten Spieler später eine erfolgreiche Profikarriere verfolge, sei die bei Beschäftigung von in anderen Vereinen ausgebildeten Spielern zu zahlende Entschädigung nicht nach den Ausbildungskosten des einzelnen Spielers, sondern anteilig anhand der vom anderen Verein insgesamt für die Ausbildung von Spielern aufgewandten Kosten zu bemessen. Auch bestehe die Möglichkeit, dass die Ausbildung eines bestimmten Spielers bei mehreren Vereinen erfolgt sei, so dass eine etwa geschuldete Entschädigung anhand einer angemessenen Berechnungsmethode anteilig unter den betreffenden Vereinen aufgeteilt werden müsse. Schließlich hält es die Generalanwältin auch nicht für unangemessen, wenn unter bestimmten Umständen der Spieler selbst in irgendeinem Umfang zur Zahlung einer Ausbildungsentschädigung verpflichtet sein könnte, sofern sich der Betrag dann ausschließlich nach den Kosten für seine individuelle Ausbildung berechne, ohne dass es auf die Gesamtaufwendungen für Ausbildung ankomme. _________________________________________________________________________ HINWEIS: Die Ansicht des Generalanwalts ist für den Gerichtshof nicht bindend. Aufgabe des Generalanwalts ist es, dem Gerichtshof in völliger Unabhängigkeit einen Entscheidungsvorschlag für die betreffende Rechtssache zu unterbreiten. Die Richter des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften treten nunmehr in die Beratung ein. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet. ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |