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Text des Beschlusses
1 U 124/09;
Verkündet am: 
 24.03.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
5 O 403/09
Landgericht
Halle;
Rechtskräftig: unbekannt!
Fährt ein PKW aus einer Einfahrt, wobei er einen Fuß- und Radweg überqueren müsste und kommt er nach einem Sturz eines Radfahrers noch vor dem Radweg zu stehen, so lässt sich kein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang herleiten
Leitsatz des Gerichts:
Fährt ein PKW aus einer Einfahrt, wobei er einen kombinierten Fuß- und Radweg überqueren müsste und kommt er nach einem Sturz eines Radfahrers auf diesem Radweg noch vor dem Radweg zu stehen, so lässt sich ohne weitere Anhaltspunkte kein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang herleiten. Der rein zeitliche und räumliche Zusammenhang beider Ereignisse erlaubt auch keinen Anscheinsbeweis anzunehmen. Deshalb kann offen bleiben, ob bei Unfällen im Zusammenhang mit einem behaupteten Verstoß gegen § 10 StVO ein solcher immer nur dann angenommen werden kann, wenn es auch zu einem Zusammenstoß gekommen ist.
In dem Rechtsstreit
…

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 24. März 2010 durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tiemann, den Richter am Oberlandesgericht Grimm und die Richterin am Oberlandesgericht Göbel beschlossen:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.11.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Halle (5 O 403/09) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 7.000,-- Euro festgesetzt.



Gründe

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel insbesondere keine Aussicht auf Erfolg hat.

Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Gründe in der angefochtenen Entscheidung sowie auf den Inhalt des Hinweises vom 11.2.2010 (Bl. 24 - 26 II). Der Inhalt des Schriftsatzes vom 19.3.2010 rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Anscheinsbeweises liegen nicht vor. Abgesehen davon, dass eine Mithaftung des aus einer Ausfahrt Ausfahrenden allenfalls dann in der Rechtsprechung diskutiert wird, wenn es zu einem Zusammenstoß gekommen ist (z.B.):

- OLG Celle MDR 2003, 928
- OLG Hamm NZV 1995, 152
- OLG München zfs 1997, 171
- OLG Schleswig r+s 1991, 261
- LG Dessau NZV 2006, 149

Etwas Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der im Schriftsatz vom 19.3.2010 zitierten Entscheidung des Kammergerichts (NZV 1991, 365), weil es auch im dortigen Fall zu einem Zusammenstoß gekommen ist. Es liegen aber auch grundsätzlich die Voraussetzungen für die Annahme eines Anscheinsbeweises nicht vor. Der Senat hatte bereits im Hinweis vom 11.2.2010 ausgeführt, dass die Umstände, die zu dem Sturz des Zeugen D. geführt haben, im wesentlichen ungeklärt sind. Es ist insbesondere nicht klar, wo sich das Fahrzeug des Beklagten zu 1) befand, als der Zeuge den Bremsvorgang einleitete. Fest steht damit nur, dass der Beklagte zu 1) aus einer Ausfahrt fahren wollte und der Zeuge D. auf dem Fahrrad ein Bremsmanöver einleitete. Ob zwischen diesen beiden Vorgängen ein ganz enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang besteht, bleibt demgegenüber unklar. Festzuhalten bleibt, dass sich das Fahrzeug des Beklagten zu 1) nicht einmal nach dem Unfallgeschehen auf dem Radweg befand, mithin objektiv für den Zeugen D. zu keinem Zeitpunkt ein Hindernis bestand. Aus diesem vagen zeitlichen, räumlichen Zusammenhang beider Ereignisse kann man keinen Anscheinsbeweis herleiten.

Aus diesem Grund kann entgegen der Annahme der Klägerin auch nicht angenommen werden, dass die Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 (insbesondere) Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Bereits der äußere Geschehensablauf lässt die Annahme eines Anscheinbeweises nicht zu, sodass es für den vorliegenden Fall letztlich auf die abstrakte Rechtsfrage, ob bei Unfällen im Zusammenhang mit einem behaupteten Verstoß gegen § 10 StVO ein Anscheinsbeweis immer nur dann angenommen werden kann, wenn es auch zu einem Zusammenstoß (hier: Fahrradfahrer/PkW) gekommen ist, nicht ankommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO.

Streitwert:

Zahlungsklage 232,07 Euro
Schmerzensgeld 5.000,-- Euro
Feststellungsantrag 1.000,-- Euro

6.232,07 Euro
(= Gebührenstufe bis 7.000,-- Euro)

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind zwar bei der Kostenquote, nicht aber beim Streitwert zu berücksichtigen (Senat, Urteil vom 4.6.2009 - 1 U 4/08 -).

gez. Dr. Tiemann gez. Grimm gez. Göbel
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