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Text des Beschlusses
2 Ws (Reh) 22/10;
Verkündet am:
05.05.2010
OLG Oberlandesgericht Naumburg
Vorinstanzen: 12 Reh (B) 9639/09 Landgericht Halle; Rechtskräftig: unbekannt! Für den Beginn der Zahlung der monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer kommt es gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 StrRehaG ausschließlich auf den Zeitpunkt der Antragstellung und nicht der Rehabilitierung an Leitsatz des Gerichts: Für den Beginn der Zahlung der monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer kommt es gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 StrRehaG ausschließlich auf den Zeitpunkt der Antragstellung und nicht der Rehabilitierung an (Vorlagebeschluss an den Bundesgerichtshof). In dem Ausgleichsleistungsverfahren … Betroffener, Antragsteller und Beschwerdeführer, Verfahrensbevollmächtigter: … gegen … Antragsgegner und Beschwerdegegner, hat der Senat für Rehabilitierungssachen des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Braun, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie der Richterin am Oberlandesgericht Ewald am 5. Mai 2010 beschlossen: Die Sache wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt: Ist für den Beginn der Zahlung der monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG unabhängig vom Zeitpunkt der Rehabilitierung allein die Antragstellung maßgebend (§ 17a Abs. 4 Satz 1 StrRehaG)? Im Oktober 2007 stellte der Betroffene beim Landkreis A. einen „Antrag auf Gewährung einer monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR“ nach § 17a StrRehaG wegen auf Verurteilungen durch das Kreisgericht Quedlinburg beruhenden Freiheitsentziehungen. Als sich im Zuge der Bearbeitung des Antrages durch den Landkreis A. herausstellte, dass der Betroffene über keine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG verfügt, wies ihn die Behörde mit Schreiben vom 24. Januar 2008 auf die Notwendigkeit einer Rehabilitierung und die Zuständigkeit des Landgerichts, in dessen Bezirk „seinerzeit das erstinstanzliche Straf- oder Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde“, hin. Am 11. Februar 2008 ging beim Landgericht Halle der Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung des Betroffenen ein. Die Rehabilitierung des Betroffenen erfolgte durch einstimmigen Beschluss der Kammer für Rehabilitierungssachen des Landgerichts Halle vom 17. September 2008. Für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben wurde das Urteil des Kreisgerichts Quedlinburg vom 06. April 1983 (Aktenzeichen: S 37/83) in der Fassung der Entscheidung des Bezirksgerichts Halle vom 12. Mai 1983 (Aktenzeichen: 1 BSB 81/83), wonach der Betroffene wegen Vorbereitung des ungesetzlichen Grenzübertritts im schweren Fall nach § 213 StGB/DDR für schuldig befunden und von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wurde. Die Dauer der zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung stellte die Rehabilitierungskammer für die Zeit vom 10. November 1982 bis zum 11. Mai 1983 fest. Mit Schreiben vom 06. Oktober 2008 gab der Landkreis A. den Antrag des Betroffenen vom 17. Oktober 2007 an den Antragsgegner ab. Da keine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG vorliege, sei die Landesjustizverwaltung zuständig, in deren Bereich die Rehabilitierungsentscheidung ergangen sei. Eine solche Entscheidung liege nunmehr mit dem Beschluss des Landgerichts Halle vom 17. September 2008 vor, sodass der Antrag an den Antragsgegner weitergeleitet werde. Der Antragsgegner bestätigte dem Betroffenen mit Schreiben vom 10. Juni 2009 den Eingang des Antrages am 17. Oktober 2007 und bat um Darlegung der Einkommensverhältnisse. Nachdem auch die Angaben des Betroffenen zu seinem Einkommen vorlagen, prüfte der Antragsgegner die Voraussetzungen der Opferpension. Hierbei ging er vom Eingang des Antrages vom 28. Oktober 2007 am 01. November 2007 aus. Da der Rehabilitierungsbeschluss vom 17. September 2008 stammt, nahm der Antragsgegner den Leistungsbeginn erst im Oktober 2008 an, sodass die Bedürftigkeitsprüfung nur für die Zeit zwischen Oktober 2008 und Mai 2009 stattfand (vgl. Bl. 45 des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners 823 099 StrRehaG-OP). Der Antragsgegner gewährte dem Betroffenen durch Bescheid vom 30. Juni 2009 eine monatliche Opferpension in Höhe von 250,00 EUR ab dem 01. Oktober 2008. Gegen den Bescheid wandte sich der Betroffene mit dem am 30. Juli 2009 beim Landgericht Halle eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel, die Opferpension bereits vom Oktober 2007 an zu erhalten. Schließlich stamme sein Antrag aus dieser Zeit. Der Antragsgegner hat dementgegen die Auffassung vertreten, ein zulässiger Antrag des Betroffenen liege erst seit der Rehabilitierung durch das Landgericht Halle im September 2008 vor. Die Kammer für Rehabilitierungssachen des Landgerichts Halle hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Betroffenen zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Anspruch auf die Opferpension setze die rechtskräftige Rehabilitierung voraus, sodass erst mit der Rehabilitierung ein zulässiger, die Folgen des § 17a Abs. 4 Satz 1 StrRehaG auslösender Antrag gestellt werden könne. Gegen diese, seinem Bevollmächtigten am 19. November 2009 zugestellte Entscheidung wenden sich sowohl der Vertreter des Betroffenen als auch der Betroffene selbst mit am 18. Dezember 2009 und am Montag, den 21. Dezember 2009 eingegangenen Beschwerdeschriften und machen geltend, der Betroffene habe aufgrund der Bearbeitung seines Antrages auf die Gewährung der Opferpension ab Oktober 2007 vertrauen können. Erst im Januar 2008 habe er überhaupt erfahren, dass eine Rehabilitierungsentscheidung notwendig sei. Insoweit werde der Betroffene durch die Auslegung des Landgerichts im Vergleich zu anderen Antragstellern schlechter gestellt, was gegen Art. 3 GG verstoße. Zumindest sei die Opferpension ab dem Zeitpunkt der Antragstellung im Rehabilitierungsverfahren zu gewähren, da der Betroffene die Bearbeitungszeit der Rehabilitierungskammer nicht habe beeinflussen können. Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen und meint, der Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen setze die rechtskräftige Rehabilitierung voraus. Außerdem sei als Monat der Antragstellung erst der Oktober 2008 zu werten, da der Antrag am 08. Oktober 2008 vom Landkreis A. beim Landesverwaltungsamt eingegangen sei (Bl. 1 des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners 823099 StrRehaG-OP). Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg ist ebenfalls dieser Auffassung. Aus §§ 3 Abs. 1, 16 Abs. 1 StrRehaG folge, dass die Rehabilitierung Voraussetzung für den Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen sei. Erst nach der Rehabilitierung könne mithin ein wirksamer Antrag auf soziale Ausgleichsleistungen gestellt werden. Alles andere würde die auf Gewährung einer Opferpension gerichtete Antragstellung ins Blaue hinein ermöglichen. Soweit sich sowohl der Betroffene selbst als auch sein Bevollmächtigter mit Beschwerdeschriften gegen die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung wenden, liegt ein einheitliches Rechtsmittel vor. 2. Die Beschwerde führt zunächst zur Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß §§ 25 Abs. 1 Satz 4, 13 Abs. 4 StrRehaG und § 121 Abs. 2 GVG. a) Die Kammer für Rehabilitierungssachen des Landgerichts Halle ist der Auffassung, dass ein zulässiger Antrag auf Gewährung der monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG erst dann gestellt werden könne, wenn eine rechtskräftige Rehabilitierungsentscheidung vorliege. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Naumburg (vgl. Beschluss vom 29. Januar 2009, 1 Ws Reh 45/09) in seiner Eigenschaft als Senat für Rehabilitierungssachen, an der der Senat, nachdem die Zuständigkeit für die Beschwerden in Rehabilitierungssachen auf ihn übergegangen ist, nicht mehr festhält. Die Rehabilitierung des Betroffenen ist keine gesetzliche Zulässigkeitsvoraussetzung für den Antrag auf Gewährung der monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer i.S.v. §§ 16 Abs. 3, 17a StrRehaG. Das Gesetz enthält keine besonderen formellen Antragsanforderungen. Der Antrag auf soziale Ausgleichsleistungen kann jederzeit von jedermann gestellt werden. Der Beschluss der Rehabilitierungskammern, wonach eine strafrechtliche Entscheidung deutscher Gerichte im Beitrittsgebiet aus der Zeit vom 08. Mai 1945 bis 02. Oktober 1990 rechtsstaatswidrig und aufzuheben ist (Rehabilitierung – vgl. §§ 1 Abs. 1, 12 StrRehaG), „begründet“ die Folgeansprüche (§ 3 Abs. 1 StrRehaG) nach §§ 16 Abs. 1, Abs. 3 StrRehaG. Die Rehabilitierung ist damit materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung, weil sich aus ihr der Status als ehemaliger politischer Häftling ergibt (BT-Drs.: 16/4842 S. 6). Erst mit ihr verliert die erlittene Freiheitsentziehung mit dem Entfallen der strafrechtlichen Gerichtsentscheidung ihre formelle Legitimation (vgl. Art. 18 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages) und wird die Dauer der zu Unrecht erlittenen Haft nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 StrRehaG festgestellt. Mit dem Antrag auf soziale Ausgleichsleistungen hat dies nur insoweit etwas zu tun, als allein die Rehabilitierung zu belegen vermag, dass der Betroffene Opfer einer mit den wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbaren Freiheitsentziehung wurde und deshalb grundsätzlich soziale Ausgleichsleistungen in Anspruch nehmen kann. Ohne diesen bescheinigten Status kann der Betroffene einen Antrag auf sozialen Ausgleich stellen, dieser wäre aber mangels nachgewiesener Berechtigung unbegründet und nicht unzulässig. Aus § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 StrRehaG i.V.m. § 1 StrRehaGDV ST ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zwar knüpft danach die behördliche Zuständigkeit an die Rehabilitierungsentscheidung an. Gemeint ist aber nur „die Gewährung der Leistungen“, für die auch in der Sache eine Rehabilitierung erfolgt sein muss. Dass zuvor mangels zuständiger Behörde überhaupt kein zulässiger Antrag gestellt werden kann, folgt hieraus nicht. Die auf die Gewährung der Opferpension gerichteten Anträge sind bei der für die Entscheidung zuständigen Stelle einzureichen. Lediglich zum Zeitpunkt der Entscheidung muss die Rehabilitierung erfolgt und die Zuständigkeit begründet sein. Der Antrag gilt dann als mit seinem tatsächlichen Eingang gestellt (§ 130 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 BGB), da es sich um ein einheitliches Verfahren handelt. b) Ist die Rehabilitierung danach keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Antrag auf soziale Ausgleichsleistungen, richtet sich der Beginn der Auszahlung der besonderen Zuwendung für Haftopfer, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung der nach § 25 Abs. 1 Satz 1 u. 2 StrRehaG i.V.m. § 2 Abs. 1 StrRehaGDV ST zuständigen Behörde die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, allein nach § 17a Abs. 4 Satz 1 StrRehaG, da es für den Beginn der Entschädigung dann allein noch auf die gesetzlichen Zahlungsmodalitäten (vgl. BT-Drs.: 16/4842 S. 7) und nicht auf den Zeitpunkt der Rehabilitierungsentscheidung ankommt. Auch wenn nach dem Wortlaut der §§ 3 Abs. 1, 16 Abs. 1 StrRehaG die Rehabilitierung einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen „begründet“, bedeutet dies nicht, dass erst die Entscheidung der Rehabilitierungskammer nach §§ 1 Abs. 1, 12 StrRehaG den Ausgleichsanspruch ex nunc entstehen lässt. Der Ausgleich wird dem Betroffenen für die mit der rechtsstaatswidrigen Freiheitsentziehung verbundenen Nachteile gewährt (§§ 16 Abs. 1, 17a Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 StrRehaG; BT-Drs.: 16/4842 S. 5). Diese Nachteile sind nicht vom Zeitpunkt der Rehabilitierung abhängig. Es erscheint mit Sinn und Zweck der Regelung, der Systematik sowie Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar, den Beginn der Auszahlung der Opferpension, über die Zahlungsmodalitäten des § 17a Abs. 4 Satz 1 StrRehaG hinaus, auch an das Vorliegen einer Rehabilitierungsentscheidung zu knüpfen. Die Rehabilitierung kassiert die strafrechtliche Entscheidung, die den Rechtsgrund für die auszugleichende Freiheitsentziehung bildete. Diese Aufhebung wirkt ex tunc; sie lässt die Entscheidung ersatzlos entfallen. In Bezug auf die sozialen Ausgleichsleistungen können die Wirkungen der Rehabilitierung keine anderen sein. Mit ihr steht fest, dass der Betroffene Opfer einer rechtsstaatswidrigen Freiheitsentziehung wurde, deren Tragweite nicht von der Rehabilitierung abhängig ist. Derjenige, der sich frühzeitig rehabilitieren lässt, darf dementsprechend nicht besser gestellt werden, als der mit seinem auf die Rehabilitierung gerichteten Antrag Zögernde. Seine Nachteile sind nicht schwerwiegender, seine wirtschaftliche Lage ist nicht mehr als besonders beeinträchtigt und seine Ausgleichsansprüche sind nicht mehr wert. Er hat sich den Status eines Haftopfers nur zu einem früheren Zeitpunkt bescheinigen lassen. Dies gilt insbesondere auch im Vergleich zu Personen, die im Besitz einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG sind (vgl. § 25 Abs. 2 StrRehaG). In diesem Sinne führt die Rehabilitierungsentscheidung den Ausgleichsanspruch nur insoweit herbei, als sie es dem Betroffenen, ähnlich der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG, ermöglicht, seinen Status als Haftopfer zu belegen, woran das Gesetz den Ausgleich für das im Einzelfall erlittene Unrecht knüpft. Dies vorausgesetzt ist es - entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg - nicht zu beanstanden, wenn Haftopfer zur Wahrung ihrer Ansprüche schon vor ihrer Rehabilitierung einen Antrag auf die Besondere Zuwendung stellen. Schließlich sollen sie entschädigt werden und das Maß der Entschädigung hängt gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 StrRehaG vom Zeitpunkt der Antragstellung ab. Mit dem von §§ 16 Abs. 2, 17a Abs. 1 StrRehaG geforderten Antrag bleibt es dem Betroffenen überlassen, frühzeitig auf den Ausgleich der eigenen Nachteile hinzuwirken. Der angegangenen Behörde ist es grundsätzlich unbenommen, dem Antragsteller eine Frist zur Beibringung der Rehabilitierungsentscheidung zu setzen und anschließend seinen Antrag zurückzuweisen. Tut sie dies, wie es unter Gleichheits- und Sozialstaatsgesichtspunkten geboten sein dürfte, allerdings nicht und kommt es zur Rehabilitierung, löst der Antrag die Zahlung der Opferpension ab dem, ihm folgenden Monat aus. Denn mit der Rehabilitierung objektiviert sich der Opferstatus ex tunc. c) Der Senat beabsichtigt, die angefochtene Entscheidung der Kammer für Rehabilitierungssachen sowie den Bescheid des Antragsgegners vom 30. Juni 2009, soweit er implizit den Antrag des Betroffenen für die Zeit zwischen November 2007 und September 2008 ablehnt, aufzuheben und dem Betroffenen gemäß §§ 25 Abs. 1 Satz 4, 15 StrRehaG i.V.m. § 309 Abs. 2 StPO die Opferpension auch für die Zeit zwischen November 2007 und September 2008 zuzuerkennen. Denn der Betroffene ist, nachdem er eine mit den wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung von mindestens sechs Monaten erlitten hat, in seiner wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt (§ 17a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StrRehaG). Der Antragsgegner hat aufgrund der Annahme der Unzulässigkeit des für diesen Zeitraum gestellten Antrages nicht geprüft und in den Akten festgehalten, inwieweit die wirtschaftliche Situation des Betroffenen auch zwischen November 2007 und September 2008 eine Opferpension rechtfertigte. Diese Prüfung hat der Senat nachgeholt (§§ 308 Abs. 2, 309 Abs. 2 StPO, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO analog). Danach ist der Betroffene gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 StrRehaG auch während dieser Zeit in seiner wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt gewesen (§ 17a Abs. 2 Satz 1 StrRehaG), weil sein nach § 17a Abs. 2 Satz 2 StrRehaG i.V.m. § 82 SGB XII ermitteltes Einkommen das Dreifache des Eckregelsatzes nach §§ 28 Abs. 2, 40 SGB XII i.H.v. 1.041,00 EUR (vgl. § 1 Nr. 1 RegelSatzV ST 2008) bzw. 1.077,00 EUR (vgl. § 1 Abs. 1 RegelSatzV ST 2009) oder 1.053,00 EUR (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB12RegSV ND 2008) nicht überstieg. Unter Einschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verfügte der Betroffene im November 2007 über 856,76 EUR, im Dezember 2007 über 810,96 EUR, im Januar 2008 über 785,94 EUR, im Februar 2008 über 736,75 EUR, zwischen März und Mai 2008 über 882,76 EUR, im Juni 2008 über 680,96 EUR sowie in den Monaten Juli und August 2008 über 932,03 EUR. Im September 2008 bezog der Betroffene ein Nettoeinkommen von 947,56 EUR. d) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners in seiner Stellungnahme vom 16. April 2010 kommt es nicht auf den Antragseingang beim Landesverwaltungsamt am 08. Oktober 2008 an. Zunächst hat die zuständige Behörde dem Betroffenen den Antragseingang bisher stets auf den 17. Oktober 2007 bestätigt (vgl. Schreiben vom 10. Juni 2009 – Bl. 32 des Vorgangs 823099-OP). Ob sie hieran unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gebunden ist, kann offen bleiben. Dieses Eingangsdatum ist ohnehin das Maßgebliche. Ein Antrag wird in der Regel erst dann wirksam, wenn er bei der zuständigen Behörde eingeht. Etwas anderes kann sich hier bereits aus dem Sozialstaatsprinzip und §§ 25 Abs. 1 Satz 4; 7 Abs. 2 Satz 1 StrRehaG ergeben. Sozial Schwache sind bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche zu unterstützen. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn sie für ein erlittenes Unrecht entschädigt werden sollen. Für das gerichtliche Verfahren ist ausdrücklich vorgesehen, dass der Rehabilitierungsantrag bei jedem Gericht gestellt werden kann (§ 7 Abs. 2 Satz 1 StrRehaG). Eine entsprechende Vorschrift für das Verwaltungsverfahren vor der nach § 25 Abs. 1 StrRehaG zuständigen Behörde fehlt. Im gerichtlichen Verfahren nach § 25 Abs. 1 Satz 3 StrRehaG geltend die Vorschriften des Abschnitts 2 dann wieder unmittelbar (§ 25 Abs. 1 Satz 4 StrRehaG). Es spricht danach vieles für eine hieran angelehnte Empfangszuständigkeit jeder Landesjustizverwaltung oder der an ihrer Stelle von den Landesregierungen bestimmten Behörden. Abschließend muss der Senat auch dies nicht entscheiden, denn der Landkreis A. war nach § 25 Abs. 2 Satz 2 StrRehaG i.V.m. § 10 Abs. 2 HHG zuständig. Im Rahmen dieser Zuständigkeit musste der Landkreis den Antrag des Betroffenen prüfen und hierüber entscheiden, womit das Verfahren begann (§§ 22 Satz 2 Nr. 1, 9 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA). In dem laufenden Verfahren hat der Landkreis den Antrag nach der Begründung der Zuständigkeit des Landesverwaltungsamtes (§ 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 StrRehaG i.V.m. § 1 StrRehaGDV ST) an die nunmehr zuständige Behörde weitergeleitet. Der Antrag des Betroffenen ging danach erstmals beim Landkreis A. und zwar am 17. Oktober 2007 ein. Muss die annehmende Stelle schon eigene Entscheidungen auf Grund des Antrags treffen, tritt die Wirksamkeit des Antrags schon mit Eingang bei dieser Stelle ein (Schmitz, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 22 Rn. 54). e) An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich der Senat durch den Beschluss des 2. Strafsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. März 2009 (2 Ws (Reha) 62/08) gehindert. Dort wird dem Gesetz in Anlehnung an den Wortlaut der §§ 3 Abs. 1, 16 Abs. 1 StrRehaG der Grundsatz entnommen, dass erst die Rehabilitierung einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen entstehen lässt. Vor der Rehabilitierung habe der Betroffene keinen Anspruch auf Ausgleich, sodass er bis dahin keinen Antrag auf die Opferpension stellen könne. Tue er das trotzdem, komme es für den Beginn der Zahlung auf das Datum der Rechtskraft der Rehabilitierungsentscheidung an. Dies widerspricht bei gleicher Problemstellung in dem die Entscheidung tragenden Gesichtspunkt der oben (Bst. a), b)) dargestellten Auffassung des Senats, weshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen ist (§§ 25 Abs. 1 Satz 4, 13 Abs. 4 StrRehaG, § 121 Abs. 2 GVG; vgl. auch Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Jena 1 Ws Reha 28/09 = 2 ARs 594/09). gez. Braun gez. Ewald gez. Krause ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. 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