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Text des Beschlusses
10 Sch 2/10;
Verkündet am: 
 08.06.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Rechtskräftig: unbekannt!
Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren nach § 1060 ZPO ist kein Vollstreckungsverfahren, sondern ein besonderes Erkenntnisverfahren, das in erster Linie die rechtskräftige Feststellung der Unanfechtbarkeit des Schiedsspruches bezweckt
Leitsatz des Gerichts:
Das Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren nach § 1060 ZPO ist kein Vollstreckungsverfahren, sondern ein besonderes Erkenntnisverfahren, das in erster Linie die rechtskräftige Feststellung der Unanfechtbarkeit des Schiedsspruches bezweckt und ihn damit gerade gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichert.
In dem Verfahren
auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches
…

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Oberlandesgericht Göbel und die Richterin am Oberlandesgericht Wolter am 8. Juni 2010 beschlossen:

Der in Sachen H. GmbH gegen Dr. E. F. von dem Schiedsgericht bestehend aus dem Einzelrichter Dipl.-Ing. B. G. am 28. Mai 2009 mit folgendem Inhalt erlassene Schiedsspruch:

„Die Schiedsbeklagte zahlt an die Schiedsklägerin einen Betrag von 9.668,25 € innerhalb von vier Wochen nach Abschluss der Mängelbeseitigungen. Damit sind die Forderungen der Schiedsklägerin und die von beiden Parteien vorgetragenen Anträge zur Aufrechnung gemäß § 19 SGO Bau und die Forderung der Schiedsbeklagten zur Erstattung von Gutachterkosten abgegolten.

Die Schiedsbeklagte leistet gemäß BGB § 648a bis zum 30.07.2009 eine Sicherheit in Höhe von 9.668,25 €. Nach Leistung der Bürgschaft ist die Schiedsklägerin verpflichtet bis zum 31.10.2009 die vorhandenen Mängel wie folgt zu beheben:

- Nacharbeitung der senkrechten und waagerechten Risse und Fugen im Treppenhaus

- Verkleidung des Abflussrohres der Decke im Funktionsraum 1 im Erdgeschoss

- Erdgeschoss, Schwelle der Tür zum Wartezimmer - Abstellen des Wackelns

- Auf der Hofseite und am Nebengebäude Einbau von Standrohren für die Regenfallrohre

- KG-Rohre sind zu kürzen

- Austausch angerosteter Schrauben am Fußpunkt des Eingangsgeländers durch Schrauben aus Edelstahl

- Lüftungsöffnungen des Kellers müssen mit Insektenschutzgittern versehen werden

- einheitliche Gestaltung des Schlackepflasters im Bereich der Grundstückseinfahrt

- Verbretterung des Nordgiebels ist abzubauen und eine zusätzliche 4 cm dicke Dämmschicht aus Mineralwollmatten einzubauen und eine diffussionsoffene Unterspannbahn anzuordnen. Die Unterkonstruktion ist so zu verändern, dass die fachgerechte Hinterlüftung gesichert wird. Danach ist die Verbretterung wieder anzubringen. Entstehende Anstrichschäden sind nachzuarbeiten.

- Die Verbretterung auf der Ostseite ist abzubauen und eine diffussions-offene Unterspannbahn anzuordnen. Danach ist die Verbretterung wieder anzubringen. Entstehende Anstrichschäden sind nachzuarbeiten.

- Auf der Ostseite ist eine im Mittel 3 cm dicke Innendämmung entsprechend des Wärmeschutznachweises vom 17.03.2003 durch Einblasen von Dämmstoff zwischen Mauerwerk und Vorwand einzubauen. Das Einblasen soll von außen erfolgen.

- Die vorhandene Dielung im Dachgeschoss ist aufzunehmen und neu zu verlegen. Gleichzeitig ist die oberflächenbündig mit dem Fußboden eingebaute Gipskartonplatte zurück zu bauen und mit Dielung bis an den Treppenaustritt neu zu verlegen.

- Der schadhafte Außenputz auf der Marktseite ist nachzuarbeiten, insbesondere die Anschlüsse an die Fachwerkhölzer.

Die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Parteien tragen jeweils zur Hälfte die Kosten des Schiedsgerichts.

Der Schiedsspruch ist vollstreckbar.

Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist W. .“

wird für vollstreckbar erklärt, hinsichtlich der Hauptsache mit der Maßgabe, dass ein Betrag in Höhe von 7.948,25 € auf den durch den Schiedsspruch zuerkannten Restwerklohn gezahlt worden ist.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert dieses Verfahrens wird auf 1.720,00 € festgesetzt.



Gründe:


A.

Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches des Schiedsgerichtes bestehend aus dem Einzelschiedsrichter Dipl.-Ing. B. G. vom 28. Mai 2009 im Hinblick auf den noch offenen Restbetrag.

Die Parteien waren durch einen Bauvertrag miteinander verbunden, mit dem die Antragsgegnerin der Antragstellerin Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an ihrem Bauvorhaben in W. übertrug. Der Bauvertrag der Parteien vom 30. März 2003 enthielt eine Schiedsgerichtsvereinbarung, mit der die Vertragspartner alle Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis in erster Instanz unter Ausschluss des ordentlichen Rechts-weges der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt haben.
Wegen der Einzelheiten der Schiedsklausel wird auf die beglaubigte Abschrift der Schiedsgerichtsvereinbarung vom 30. März 2003 – Bl. 19 d. A. – Bezug genommen.

Nach Fertigstellung der Bauarbeiten kam es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten über verbliebene Baumängel, weshalb die Antragstellerin das vereinbarte Schiedsgericht anrief. Dieses erließ am 28. Mai 2009 auf Antrag der Parteien ein Schiedsspruch mit dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Inhalt.

Nachdem die Antragsgegnerin entsprechend dem Schiedsspruch eine Sicherheit nach § 648a BGB geleistet hatte, verrichtete die Antragstellerin verschiedene Mängelbeseitigungsarbeiten an dem Bauobjekt. Die Antragsgegnerin zahlte daraufhin vorbehaltlos einen Teilbetrag in Höhe von 7.948,25 € an die Antragstellerin. Einen weitergehenden Betrag in Höhe von 1.720,00 € hielt sie zurück im Hinblick auf die noch ausstehenden Nachbesserungsarbeiten an der vorhandenen Dielung im Dachgeschoss. Die Antragstellerin nahm bislang keine Mängelbeseitigungsarbeiten an der Dielung im Dachgeschoss vor, weil sie dafür hielt, dass es Sache der Antragsgegnerin sei, zuvor die dort angebrachten Einbauschränke zu beräumen und zu beseitigen. Sie forderte die Antragsgegnerin daher wiederholt auf, für Baufreiheit zu sorgen.

Unter Vorlage einer anwaltlich beglaubigten Ablichtung des Schiedsspruches hat die Antragstellerin unter dem 18. März 2010 dessen Vollstreckbarkeit unter Hinweis darauf beantragt, dass die Antragsgegnerin am 16. November 2009 einen Teilbetrag in Höhe von 7.948,25 € entrichtet habe.

Sie ist der Ansicht, dass sich die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Nachbesserungsarbeiten an der vorhandenen Dielung im Dachgeschoss im Annahmeverzug befinde, da sie der Antragsgegnerin die Ausführung der Arbeiten wiederholt angeboten habe, diese jedoch nicht für Baufreiheit durch Entfernung der Einbauschränke Sorge getragen habe.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung entgegen getreten. Sie trägt vor, der Antragstellerin fehle ein Rechtsschutzbedürfnis, weil sie selbst ihre Zahlungsverpflichtung aus dem Schiedsspruch ganz überwiegend erfüllt habe. Im Übrigen sei der Zahlungsanspruch in der Hauptsache erst nach vollständiger Beseitigung aller aufgeführten Mängel fällig. Den Betrag in Höhe von 1.720,00 € habe sie zurückbehalten, weil die Antragstellerin die Dielung im Dachgeschoss noch nicht neu verlegt habe. Sie befinde sich insoweit keineswegs im Annahmeverzug, denn die Antragstellerin verkenne, dass die Demontage der Einbauschränke als notwendiger Nacherfüllungsaufwand von ihr zu erbringen sei.


B.

Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches ist gemäß § 1060 Abs. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1063 ZPO mit der Einschränkung stattzugeben, dass die Antragsgegnerin Zahlungen in Höhe von 7.948,25 € auf den im Schiedsspruch zuerkannten Betrag geleistet hat.


I.

Die Zulässigkeit des Antrages begegnet keinen Bedenken.

Die Zuständigkeit des angerufenen Oberlandesgerichtes für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung folgt aus §§ 1025 Abs. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens im Bezirk des Oberlandesgerichts Naumburg liegt.

Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung haben die Antragsteller durch Vorlage einer anwaltlich beglaubigten Abschrift des Schiedsspruches erfüllt (§ 1064 Abs. 1 ZPO). Mit der Antragsschrift hat die Antragstellerin zugleich klargestellt, dass die beantragte Vollstreckbarerklärung nach vorbehaltloser Zahlung eines Teilbetrages von 7.948,25 € auf die noch offene Restforderung in Höhe von 1.720,00 € beschränkt werden soll. Denn sie hat in ihrer Antragsschrift mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin einen Teilbetrag der zu erbringenden Zahlung bereits zwischenzeitlich geleistet hat und diese Leistung damit zugleich – bei verständiger Würdigung – zum Gegenstand ihres Antrages auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches gemacht. Die Zahlungsanzeige in der Antragsschrift kann nämlich nur dahingehend verstanden werden, dass sich die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nur noch über den offenen Restbetrag zu verhalten hat.

Der Schiedsspruch selbst erfüllt die förmlichen Anforderungen des § 1054 Abs. 1 ZPO.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin entfällt das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin nicht deswegen, weil die Hauptsacheforderung nach dem Inhalt des Schiedsspruches vier Wochen nach Abschluss der Mängelbeseitigungsarbeiten fällig sein soll und die Nachbesserungsarbeiten an der vorhandenen Dielung im Dachgeschoss unstreitig noch ausstehen. Die Antragstellerin hat vielmehr auch schon vor Fälligkeit der im Schiedsspruch vorgenommenen ausgeurteilten Verpflichtungen einen Anspruch auf einen vollstreckungsfähigen Titel und kann nicht darauf verwiesen werden, zuzuwarten, bis alle Bedingungen für den Vollstreckungsbeginn erfüllt sind. Da es sich bei dem Vollstreckbarerklärungsverfahren nach § 1060 ZPO um kein Vollstreckungsverfahren, sondern um ein besonderes Erkenntnisverfahren handelt, finden schon aus diesem Grunde die für die Vollstreckung geltenden Vorschriften der §§ 751 ff. ZPO, hier insbesondere § 756 ZPO, keine Anwendung (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2007, 164 – 166, zitiert nach juris; Geimer in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 1060 ZPO, Rn 5; Schwab-Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 26, Rn 3, Kap. 27, Rn 1). Dieses besondere Erkenntnisverfahren eigener Art, hat mit der Zwangsvollstreckung selbst nichts zu tun, sondern schafft nur den Titel als Voraussetzung hierfür. Der Sinn der Vollstreckbarkeitserklärung erschöpft sich auch nicht in der Ermöglichung der Zwangsvollstreckung.

Es bezweckt vielmehr in erster Linie die rechtskräftige Feststellung der Unanfechtbarkeit des Schiedsspruches (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 26 Rn 3). Es wird dementsprechend in dem sich anschließenden Vollstreckungsverfahren Sache der Antragstellerin sein, die Vollstreckungsvoraussetzung der §§ 751, 756 ZPO nachzuweisen.

Die Vollstreckbarerklärung nach § 1060 Abs. 1 ZPO hängt im Übrigen auch nicht davon ab, dass der Schiedsspruch einen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweist. Die Vollstreckbarerklärung dient nämlich nicht nur dazu, die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen; sie soll den Schiedsspruch auch gerade gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern (vgl. BGH, MW 2006, 1121/1222; OLG München SchiedsVZ 2009, 127 – 128, zitiert nach juris).


II.

Der Antrag ist überdies begründet.

Versagens- oder Aufhebungsgründe i. S. v. § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Der Streitgegenstand – eine Zahlungsverpflichtung – ist schiedsfähig; er fällt unter die Bestimmungen der Schiedsvereinbarung; die Vollstreckung führt überdies nicht zu einem Ergebnis, das der öffentlichen Ordnung widerstreitet (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. 10, Nr. 2 Lit a und b ZPO). Eine Verletzung des materiellen ordre publik (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Lit b ZPO) liegt ersichtlich nicht vor. Für eine Überprüfung des Schiedsspruchs auf sachlich oder materiell-rechtliche Fehler ist im Verfahren nach § 1062 – 1064 ZPO kein Raum (vgl. BayObLG, DB 2003, 2545, zitiert nur juris; Geimer in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 1060 ZPO, Rn 24 m. w. N.).

Die von der Antragsgegnerin vorgebrachten Einwendungen stehen – wie bereits an anderer Stelle ausgeführt – einer Vollstreckbarkeitserklärung nicht entgegen. Der vor Anhängigkeit des Antrages geleisteten Teilzahlung hat die Antragstellerin durch eine entsprechende Einschränkung in der Antragsschrift hinreichend Rechnung getragen.

Die zwischen den Parteien im Übrigen streitige Frage, ob die Antragstellerin die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Nachbesserungsarbeiten an der Dielung im Dachgeschoss in Annahmeverzug gesetzt ist, ist im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung nicht zu entscheiden. Der Nachweis der Erbringung der nach dem Schiedsspruch vor Zahlung zu bewirkenden Leistung bzw. eines den Verzug der Annahme begründenden Leistungsangebotes bleibt nach § 756 ZPO dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 1064 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes findet ihre

Grundlage in § 48 Abs. 1 GKG in Verb. mit § 3 ZPO.

gez. Schubert Präsident des Oberlandesgerichts gez. Wolter Richterin am Oberlandesgericht gez. Göbel Richterin am Oberlandesgericht
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