Text des Beschlusses
2 W 67/10;
Verkündet am:
26.07.2010
OLG Oberlandesgericht Naumburg
Vorinstanzen: 7 O 47/10 Landgericht Magdeburg; Rechtskräftig: unbekannt! Gerichtliche Geltendmachung von Gebührenansprüchen eines Patentanwalts auf Grund seiner Tätigkeit in Patentsachen ist zugleich eine Patentstreitigkeit i. S. von § 143 Abs. 1 PatG Leitsatz des Gerichts: Die gerichtliche Geltendmachung von Gebührenansprüchen eines Patentanwalts auf Grund seiner Tätigkeit in Patentsachen ist zugleich eine Patentstreitigkeit i. S. von § 143 Abs. 1 PatG. In dem Rechtsstreit … hier: wegen Kostenfestsetzung in I. Instanz hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann als Einzelrichter am 26. Juli 2010 beschlossen: Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Magdeburg vom 11. Juni 2010 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen. Die Klägerin, eine Sozietät aus Rechtsanwälten und Patentanwälten, hat im vorliegenden Rechtsstreit gegen den Beklagten Ansprüche auf Honorar für diverse außergerichtliche patentanwaltliche Tätigkeiten geltend gemacht. Sie hat ihre Klage bei dem für Patentstreitigkeiten zuständigen Gericht eingereicht und sich wegen der Abweichung vom allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten auf § 143 Abs. 1 PatG i.V.m. VO v. 5. Dezember 1995 (GVBl. LSA 1995, 360) gestützt. Sie hat die Mitwirkung eines Patentanwalts angezeigt. Der Beklagte hat den Anspruch – ohne Rüge der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit – anerkannt. Das Landgericht hat am 11. März 2010 ein Anerkenntnisurteil in Höhe der Klageforderungen erlassen. Auf Antrag der Klägerin hat die Rechtspflegerin durch Beschluss vom 11. Juni 2010 die vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten in Höhe von 2.889,00 € festgesetzt. Der Ausgleichsbetrag beinhaltet u.a. eine 1,3-fache Verfahrensgebühr nach § 143 Abs. 3 PatG i.V.m. §§ 2 und 13 RVG und Nr. 3100 VV RVG zuzüglich Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG sowie eine 1,2-fache Terminsgebühr nach § 143 Abs. 3 i.V.m. §§ 2 und 13 RVG und Nr. 3104 VV RVG für die Mitwirkung eines Patentanwalts am Rechtsstreit. Die Kosten der Mitwirkung des Patentanwalts betragen insgesamt 1.335,00 €. Gegen diesen, ihm am 17. Juni 2010 zugestellten Beschluss wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde vom 1. Juli 2010, soweit die Kosten des Patentanwalts für erstattungsfähig angesehen worden sind. Die Beschwerdeschrift ist vorab per Fax beim Landgericht am 1. Juli 2010 eingegangen; beim Oberlandesgericht Naumburg mit einfacher Post am 2. Juli 2010. Der Beklagte meint, dass die Angelegenheit keine Patentstreitigkeit i.S.v. § 143 PatG sei. Daher sei § 143 Abs. 3 PatG, der die Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltsgebühren unabhängig von der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Patentanwalts anordne, hier nicht einschlägig. Die Hinzuziehung des Patentanwalts sei hier zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung von Honoraransprüchen nicht erforderlich gewesen. Die Sache ist dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt worden; eine Entscheidung im Abhilfeverfahren ist nicht ergangen. Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde nach §§ 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, es ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Zur Wahrung der Beschwerdefrist genügte auch der Eingang der Beschwerdeschrift beim Landgericht (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst bereits entscheiden. Zwar ist das Abhilfeverfahren noch nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Anhörung insbesondere der Klägerin im Abhilfeverfahren und die Übersendung der Akten an das Oberlandesgericht haben sich zeitlich überschnitten. Eine Rückgabe der Akten an das Landgericht zur Nachholung der Entscheidung im Abhilfeverfahren ist zwar üblich, aber nicht erforderlich i.S. einer Verfahrensvoraussetzung für die Entscheidung des Senats (vgl. Heßler in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 572 Rn. 4). Im vorliegenden Fall ist eine Abhilfe nicht zu erwarten, so dass dem Zweck der Prozessökonomie ausnahmsweise besser durch eine unmittelbare Entscheidung des Beschwerdegerichts Rechnung getragen wird. Die gerichtliche Geltendmachung von Gebührenansprüchen eines Patentanwalts auf Grund seiner Tätigkeit in Patentsachen ist zugleich eine Patentstreitigkeit i.S.v. § 143 Abs. 1 PatG. Allerdings ist es in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob eine solche Honorarklage vom Begriff der Patentstreitigkeit erfasst wird. Einigkeit besteht jedoch darüber, dass der Begriff der Patentstreitigkeit weit auszulegen ist (vgl. Kühnen in: Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, § 143 Rn. 8 m.w.N.; Rogge/Grabinski in: Benkard, PatG, 10. Aufl. 2006, § 143 Rn. 1). Anerkannt ist weiter, dass eine Patentstreitigkeit auch dann vorliegt, wenn sich ein selbst nicht patentrechtlicher Anspruch zumindest auf patentrechtliche Erwägungen stützt (vgl. Kühnen a.a.O., § 143 Rn. 9). Denn auch in einer solchen Konstellation ist die Zuweisung der Angelegenheit an einen auf patentrechtliche Sachverhalte spezialisierten Spruchkörper sowie die Mitwirkung eines Patentanwaltes ohne erhöhte Kostenrisiken zweckdienlich. Diese Voraussetzung ist bei Honoraransprüchen aus patentanwaltlicher Tätigkeit erfüllt (so auch Kühnen a.a.O., § 143 Rn. 10, dort Ziffer 20; Anschluss an OLG Karlsruhe, Urteil v. 11. Dezember 1996, 6 U 163/96 – NJW-RR 1997, 1016 – hier zitiert nach juris, insbes. Rn. 26). Gerade die vorliegende Angelegenheit zeigt, dass es im Falle einer streitigen Auseinandersetzung zur Ermittlung des Umfangs der Einzelaufträge des Beklagten an die Klägerin darauf angekommen wäre, die Mitwirkungshandlungen des Patentinhabers in den einzelnen Patentverfahren einschließlich der fristgerechten Einzahlung der jeweiligen amtlichen Gebühren sowie bei der Überwachung der Schutzrechtsabläufe zu vereinzeln und zu untersetzen. Hinzu kommt hier, dass die Klägerin die Angelegenheit von Anfang an als Patentstreitigkeit behandelt und der Beklagte dieser Vorgehensweise bis zur Rechtskraft des Anerkenntnisurteils nicht widersprochen hat. Dies lässt darauf schließen, dass die Parteien selbst, also auch der Beklagte, vom Vorliegen einer Patentstreitigkeit ausgegangen sind, bis diese Frage im Kostenfestsetzungsverfahren erheblich geworden ist. Die Mitwirkung eines Patentanwalts am Rechtsstreit ist nicht zweifelhaft. Die Klägerin hat die Mitwirkung eines bestimmten Patentanwalts mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010 – noch vor einer inhaltlichen Stellungnahme des Beklagten – angezeigt; mit dieser Anzeige ist die Erstattungsfähigkeit der Gebühren des Patentanwalts bereits eingetreten. Hierfür ist es auch unerheblich, dass der Patentanwalt der Klägerin angehört (vgl. nur OLG Dresden, Beschluss v. 27. April 2007, 10 W 0389/07 – hier zitiert nach juris). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. gez. Wiedemann Richter am Oberlandesgericht ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. 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