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Text des Beschlusses
4 W 281/10;
Verkündet am:
29.07.2010
OLG Oberlandesgericht Jena
Vorinstanzen: 10 O 2125/09 Landgericht Erfurt; Rechtskräftig: unbekannt! Gibt es für die Bauausführung von Straßenbegrenzungspfosten keine verbindliche Bauvorschrift, kann sich ein geschädigter Verkehrsteilnehmer nicht auf Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht berufen Leitsatz des Gerichts: 1. Gibt es für die Bauausführung von Straßenbegrenzungspfosten keine verbindliche Bauvorschrift, mithin auch keine Unfallverhütungsvorschrift, kann sich ein geschädigter Verkehrsteilnehmer (hier Radfahrer), der sich bei einem Unfall durch Sturz auf einen solchen Pfosten (schwer) verletzt, nicht auf Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (einer Gemeinde) berufen. 2. Vielmehr hat sich der Straßen- und Verkehrswegebenutzer auf die gegebenen Straßenverhältnisse einzustellen und deren Zustand so hinzunehmen, wie er sich ihm erkennbar darbietet. 3. Der Wege- und damit Verkehrssicherungspflichtige (hier die Gemeinde) hat nur diejenigen Gefahren auszuräumen oder vor ihnen zu warnen, die für den (sorgfältigen) Benutzer bei zweckgerechter Benutzung nicht erkennbar sind und auf die er sich nicht einstellen kann. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht richtet sich dabei nach den örtlichen Gegebenheiten, den Bedürfnissen des Verkehrs und der Zumutbarkeit der Sicherungsmaßnahmen. Dabei dürfen die Sicherungserwartungen des Verkehrs nicht überspannt werden; eine vollständige Gefahrlosigkeit kann nicht erwartet werden. In dem Verfahren E. K. - Antragsteller und Beschwerdeführer - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte gegen Stadt K., vertr. d. d. Bürgermeister, - Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller als Einzelrichter gem. § 568 ZPO auf die Beschwerde des Antragstellers vom 26.05.2010 gegen den PKH versagenden Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 19.04.2010/Nichtabhilfe vom 30.06.2010 ohne mündliche Verhandlung am 29.07.2010 beschlossen: Die (sofortige) Beschwerde wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines am 13.03.2006 erlittenen Unfalls in Kölleda. Er stürzte an diesem Tag auf dem Radweg an der Straße „Brückentor“ auf Grund von Schneeglätte; bei dem Sturz prallte er mit dem Kopf auf einen den Radweg von der Straße abgrenzenden Metallpfosten und verletzte sich dadurch schwer. Die Metallpfosten waren zur Unfallzeit (von oben gesehen) hohl (s. Libis Bl. 7 u. 8 d.A.). Der Antragsteller meint, hierdurch habe sich die Verletzungsgefahr (dramatisch) erhöht, woraus er eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der beklagten Gemeinde ableiten will. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag wegen Erfolglosigkeit der (beabsichtigten) Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde unter Wiederholung des seinen Antrag begründenden Vortrags. Zu Recht hat das Landgericht bereits darauf verwiesen, dass sich aus dem (baulichen) Zustand der Pfosten keine Verkehrssicherungspflichtverletzung (der Gemeinde) herleiten lasse. Dem stimmt der Senat in der Sache unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zu. Bei den inkriminierten Begrenzungspfosten handelt es sich um eine übliche und in vielen Bereichen verwendete Abgrenzung, die per se nicht gefährlicher ist als geschlossene Pfosten. Die besondere Gefährlichkeit ergab sich im vorliegenden Fall aus den Besonderheiten des Fahrradunfalls und dem Umstand, dass der Antragsteller mit seinem Kopf auf einen der Pfosten prallte. Ob die hierdurch erlittenen Unfallverletzungen bei einer geschlossenen Bauweise (der Pfosten) erheblich geringer ausgefallen wären, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls gibt es keine verbindliche Bauvorschrift, mithin auch keine Unfallverhütungsvorschrift in Bezug auf die gerügte Bauweise (der Pfosten), die die Gemeinde verletzt haben und auf die sich der Antragsteller stützen könnte Im Übrigen muss sich ein Straßen- bzw. Radwegebenutzer auf die gegebenen Straßenverhältnisse einstellen und deren Zustand so hinnehmen, wie er sich ihm erkennbar darbietet. Der Wege- und damit Verkehrssicherungspflichtige hat nur diejenigen Gefahren auszuräumen oder vor ihnen zu warnen, die für den (sorgfältigen) Benutzer bei zweckgerechter Benutzung nicht erkennbar sind und auf die er sich nicht einstellen kann (st. Rechtsprechung des Senats unter Bezug auf die BGH-Rechtsprechung, z.B. BGHZ 108, 273; BGH VersR 1983, 39; BGH VersR 1981, 336). Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht richtet sich dabei nach den örtlichen Gegebenheiten, den Bedürfnissen des Verkehrs und der Zumutbarkeit der Sicherungsmaßnahmen. Dabei dürfen die Sicherungserwartungen des Verkehrs nicht überspannt werden; eine vollständige Gefahrlosigkeit kann nicht erwartet werden (BGH aaO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt eine Verletzung der (allgemeinen) Verkehrssicherungspflicht daher erst in Betracht, wenn sich eine für den achtsamen Verkehrsteilnehmer trotz der aufgewendeten Sorgfalt nicht meisterbare Gefahrensituation ergibt (vgl. z.B. OLG Jena NJW 1998, 247; OLG Jena DAR 2001, 311). An einer solchen Situation fehlt es vorliegend. Der Antragsteller hatte sich am Unfalltag auf die (behauptete) Glätte einzustellen und entsprechend vorsichtig zu fahren. Die Begrenzungspfosten stellten für sich zunächst keine besondere Gefahr dar. Erkennbar war zudem, dass man sich bei einem Sturz auf die Pfosten erheblich verletzen konnte. All das hat das Landgericht in zutreffender Weise berücksichtigt. Unter diesen Umständen ist die angefochtne Entscheidung nicht zu beanstanden. Eine Kostenentscheidung ist im PKH-Verfahren nicht veranlasst. Auf Grund der Zurückweisung seines Rechtsmittels fällt dem Antragsteller die Beschwerdegebühr (GKG-KV 1812) zur Last; im Übrigen findet eine Erstattung von Kosten und Auslagen nicht statt (( 127 Abs. 4 ZPO). (Müller) ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. 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