Mi, 14. Mai 2025, 17:21    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
Arbeitsplattform NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Text des Beschlusses
1 UF 70/10;
Verkündet am: 
 31.05.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Jena
Vorinstanzen:
2 F 550/09
Amtsgericht
Heilbad Heiligenstadt;
Rechtskräftig: unbekannt!
Einstweilige Anordnung kann die Entscheidung präjudizieren - deshalb müssen die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten möglichst ausgeschöpft werden
Leitsatz des Gerichts:
5. Eine einstweilige Anordnung kann die Entscheidung präjudizieren; deshalb müssen die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten möglichst ausgeschöpft werden.

4. Im einstweiligen Anordnungsverfahren kommt die Einholung eines Sachverständigengutachtens in der Regel nicht in Betracht.

3. Das einstweilige Anordnungsverfahren kann aufgrund der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten das Hauptsacheverfahren nicht ersetzen.
In der Familiensache des minderjährigen Kindes A., geboren am 04.08.2008, an der beteiligt sind:
1. der Kindesvater C. H.,
- Antragsteller und Beschwerdeführer -
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin
2. die Kindesmutter C. M.,
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat der 1. Familiensenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 29.01.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Heilbad Heiligenstadt vom 20.01.2010, zugestellt am 27.01.2010, durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Parteina, Richterin am Oberlandesgericht Martin und Richter am Oberlandesgericht Knöchel beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert wird 1.500,- € festgesetzt.



Gründe:


I.

Die Beteiligten zu 1) und 2), die nicht miteinander verheiratet waren, sind die leiblichen Eltern des am 04.08.2008 geborenen Kindes A.. Die Parteien haben am 12.08.2008 eine Urkunde über die gemeinsame elterliche Sorge vor dem Jugendamt H. des Landkreises des E. errichtet (Az.; Beurk. – Reg. – Nr. ).

Die Parteien haben bis zu ihrer Trennung am 15.10.2009 in einer gemeinsam bewohnten Wohnung im Hause der Eltern des Kindesvaters in G. gewohnt; die Kindesmutter hat die Trennung vollzogen, indem sie ausgezogen ist.

Die Kindesmutter hat die Tochter aufgrund gemeinsamer Übereinkunft der Parteien in der Obhut des Kindesvaters zurückgelassen. Die Parteien haben am 15.10.2009 eine privatschriftliche Vereinbarung geschlossen, wonach der Hauptwohnsitz für A. bis zum 12. Lebensjahr bei ihrem Vater sein soll.

Die Parteien haben weiter am 05./11.11.2009 eine Aufenthalts- und Umgangsvereinbarung getroffen. Demnach soll A. weiter in ihrer gewohnten Wohnung bei dem Vater wohnen. Am Schluss heißt es: „Sollten die getroffenen Absprachen aus nachvollziehbaren Gründen nicht eingehalten werden können, wird der andere Elternteil rechtzeitig darüber informiert. Diese Regelung ist gültig, bis Frau M. ihre Wohnung in D. eingerichtet hat und ein Kindergartenplatz für A. zur Verfügung steht. Dann kann darüber gesprochen werden, den Aufenthalt von A. bei der Mutter festzulegen“.

Der Beteiligte zu 1) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Tochter auf sich.

Er verweist darauf, dass es dem Kindeswohl diene, wenn A. weiterhin in ihrer gewohnten Umgebung verbleibe und ihren Großeltern als Bezugsperson zur Verfügung stehe. Er arbeite 40 Stunden in der Woche im Zweischichtsystem. Seine Dienstzeiten seien so geregelt, dass er sich täglich regelmäßig um das Kind kümmern könne, während die Kindesmutter im Stadthotel in H. beschäftigt sei und dort meist abends arbeiten müsse.

Die Kindesmutter habe nicht adäquat reagiert, als sich das Kind am 02.01.2010 ein Bein gebrochen habe. Sie habe auch in der Vergangenheit nicht immer darauf geachtet, dass dem Kind die Windeln in angemessenen Abständen gewechselt werden.

Die Kindesmutter habe A. am 13.01.2010 eine verordnete Medizin gegen Durchfall nicht gegeben. Sie habe angegeben, einen anderen Arzt aufgesucht zu haben. Auch habe sie die Schwangerschaft so lange verdrängt, bis A. wegen Schwangerschaftsvergiftung vorzeitig per Kaiserschnitt habe geholt werden müssen. Auch nach der Geburt habe die Kindesmutter das gemeinsame Kind nach der Morgenflasche und auch nach dem Mittagsschlaf bei seiner Mutter abgegeben und nur zum Mittagsschlaf geholt.

Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das am 04.08.2008 geborene Kind A. H. zu übertragen.

Sie führt an, dass der Unfall, bei dem das Kind sich das Bein gebrochen habe, sich erst kurz vor der Übergabe ereignet haben müsse. Sie sei an dem fraglichen Tage mit dem Kind die Treppe heruntergefallen. Sie sei davon ausgegangen, dass dem Kind nichts passiert sei. Sie sei im Laufe des Nachmittags mit dem Kind Schlitten gefahren; dabei sei das Kind vom Schlitten gefallen. Sie gehe aber nicht davon aus, dass bei diesem Vorfall schon der Beinbruch erfolgt sei.

Soweit der Antragsteller ihr vorhalte, sie habe einen Hasen unversorgt zurückgelassen, der dann verstorben sei, sehe sie ein, dass es nicht ausreichend gewesen sei, eine Nachbarin mit der Versorgung zu beauftragen.

Sie habe nach der Trennung der Eltern das Kind an zwei Tagen die Woche betreut und versorgt. Sie habe bis jetzt auch 40 Stunden pro Woche gearbeitet. Es sei ihr auf Grund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber aber möglich, zukünftig lediglich noch zwanzig Stunden zu arbeiten. Sie sei nunmehr zum 20.01.2010 arbeitslos geworden und daher in der Lage, sich vollständig um die gemeinsame Tochter zu kümmern.

Das Jugendamt hat berichtet, dass es in Anbetracht des geringen Alters des Kindes und aufgrund der bisherigen Erfahrungen der Eltern mit dem Kind schwierig sei, eine Prognose abzugeben. In der Vergangenheit hätten beide Eltern auf die Betreuungsleistungen der Großmutter väterlicherseits Rückgriff genommen.

Falls beide Eltern zustimmten, wäre ein Wechselmodell eine Möglichkeit, den Aufenthalt des Kindes zu regeln, da die Parteien in ihrer Vereinbarung bereits, ohne dies genauer zu benennen, ein Wechselmodell vereinbart hätten.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Kindeseltern und des Jugendamtes mit Beschluss vom 06.01.2010, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, den Antrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und dem Antrag der Beteiligten zu 2) stattgegeben.

Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass keine erheblichen Bedenken bezüglich der Erziehungseignung der Kindesmutter bestehen. Dass die Kindesmutter bewusst die Versorgung der Beinverletzung unterlassen habe, könne nicht angenommen werden. Der Eigenbetreuung sei der Vorzug vor der Fremdbetreuung zu geben, vor allem weil das Kind mit 1 ½ Jahren ein geringes Alter habe. Aufgrund des Alters des Kindes und der erst kurzen Trennung der Eltern greife der Kontinuitätsgedanke im üblichen Sinne nicht.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner Beschwerde. Er wiederholt seinen Vortrag I. Instanz, die Kindesmutter habe es unterlassen, die Windeln zu wechseln, habe den Beinbruch verspätet versorgen lassen und wenig Interesse an dem Kind gezeigt. Immer dann, wenn er sich nicht allein oder gemeinsam mit der Kindesmutter um das Kind gekümmert habe, habe seine Mutter die Betreuung des Kindes übernommen.

Die Kindesmutter nutze den Umgang mit dem Kind willkürlich und auch als Mittel, um ihn zu belohnen oder zu bestrafen.

Grundlage der vom Amtsgericht für die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter zugrunde gelegten Vereinbarung sei, dass sie ihre eigene Wohnung finde und ihr Leben ordne. Die von ihr angemietete Wohnung sei gekündigt worden. Dies habe sie bereits bei ihrer Anhörung am 06.01.2010 gewusst. Demgegenüber biete der Kindesvater dem Kind ein geordnetes Leben mit geregelten Abläufen. Er kümmere sich persönlich um das Kind. Dass er dabei die Hilfe seiner Eltern in Anspruch nehme, stelle keinen Nachteil dar.

Die Beteiligte zu 2) verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie führt an, die Eltern des Kindesvaters hätten ihr nach der Trennung das Wohnen im Wohnhaus bis zum Finden einer eigenen Wohnung untersagt. Ihr sei Zugang zur Tochter bewilligt worden, jedoch immer unter der „Beobachtung“ der Großfamilie. Insoweit habe das Jugendamt versucht, im Oktober die vorläufige Regelung zu schaffen. Sie habe sehr unter dem Druck der Familie des Kindesvaters gestanden.

Sie sei in der Lage, das gemeinsame Kind der Parteien ordnungsgemäß zu versorgen, zu betreuen und zu erziehen. Sie habe das Kind auch während der ausbildungsbedingten bzw. berufsbedingten Abwesenheit der Kindeseltern häufig bei den Großeltern belassen. Zwischenzeitlich habe sie ihre Ausbildung beendet, habe zunächst eine Tätigkeit aufgenommen, sei jedoch nunmehr arbeitslos geworden, so dass sie ganztags das Kind betreuen könne.

Die Kontakte auf der Elternebene fänden im Zuge der notwendigen Abstimmungen auf einem vernünftigen Niveau statt. Sie versuche im Interesse des Kindes einen regelmäßigen Umgang.

Es sei nie geklärt worden, woran der Hase gestorben sei.

Sie bewohne nach wie vor die Wohnung in Dingelstädt. Die Angelegenheit sei längst erledigt.

Zwischenzeitlich habe sich A. in den Kindergarten „Bummi“ in D. eingewöhnt und werde diesen ab dem 01.04.2010 besuchen.


II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 57 Satz 2 Nr. 1, 58 Abs. 1 FamFG statthaft und im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere ist sie fristgerecht (§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) eingelegt worden.

Sie führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

Gemäß § 49 Abs. 1 FamFG kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme getroffen werden, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht. Ein derartiges Regelungsbedürfnis ist anzunehmen, wenn ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht möglich ist, weil diese zu spät kommen würde, um die zu schützenden Interessen zu wahren (Keidel/Giers, FamFG, § 49, Rdn. 13; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Auflage, § 49, Rdnr. 8). Ein solches Regelungsbedürfnis war vorliegend schon deshalb gegeben, weil die Eltern räumlich getrennt voneinander leben. Da im Fall der räumlichen Trennung der Aufenthalt der Kinder nur bei jeweils einem von ihnen möglich ist, besteht mit Rücksicht auf das Herausgabebegehren der Eltern (§ 1632 Abs. 1 BGB) auch von daher ein Bedürfnis für die vorläufige Regelung zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts.

Im Rahmen der summarischen Prüfung ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht den Lebensmittelpunkt zumindest vorläufig bei der Beteiligten zu 2.) angenommen hat.

Bereits für das vor der Reform vom 01.09.2009 geltende Recht war anerkannt, dass die Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung das Rechtsschutzbedürfnis für ein Hauptsacheverfahren nicht entfallen lässt (BGH, FamRZ 1982, 788).

Beide Wege sind nicht vergleichbar, da dem einstweiligen Anordnungsverfahren bereits durch die verfahrensrechtliche Gestaltung (summarisches Verfahren, in dem Glaubhaftmachung ausreicht, nur ausnahmsweise Anfechtbarkeit) eine deutlich geringere Richtigkeitsgewähr als dem Hauptsacheverfahren zukommt. Nur in dem Hauptsacheverfahren kann eine rechtskräftige Entscheidung über den Streitgegenstand herbeigeführt werden. Die einstweilige Anordnung trifft aufgrund summarischer Prüfung nur eine vorläufige Regelung, die jederzeit durch eine im Hauptsacheverfahren ergehende Endentscheidung abgelöst werden kann (§ 56 Abs. 1 S. 1 FamFG; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Auflage, § 49 FamFG, Rdnr. 4).

Hieran hat sich auch nach dem Inkrafttreten des FamFG und der damit verbundenen verfahrensmäßigen Trennung von Hauptsache und einstweiliger Anordnung (§ 51 Abs. 3 FamFG) im Wesentlichen nichts geändert. Nach dem Willen des Gesetzgebers bedeutet die Ermöglichung einer von der Hauptsache unabhängigen einstweiligen Anordnung keine Verringerung des Rechtsschutzes: In Antragsverfahren steht den Beteiligten die Einleitung des Hauptsacheverfahrens frei; in Amtsverfahren hat das Gericht die Pflicht zu überprüfen, ob die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens von Amts wegen erforderlich ist. § 52 Abs. 1 FamFG regelt darüber hinaus, dass in Amtsverfahren auf Antrag eines von der einstweiligen Anordnung Betroffenen das Gericht das Hauptsacheverfahren einzuleiten hat. In Antragsverfahren kann der Betroffene nach § 52 Abs. 2 FamFG beantragen, dass dem Antragsteller unter Fristsetzung aufgegeben wird, Antrag im Hauptsacheverfahren zu stellen (BT-Drucksache 16/6308, S. 199).

Es reicht demnach aus, wenn bezüglich der Voraussetzungen einer Übertragung von Teilen des Sorgerechts nach § 1671 BGB nach Ausschöpfung der im Verfahren zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten (BVerfG, FamRZ 2002, 1021) die Vor- und Nachteile einer vorläufigen Regelung für die Eltern sowie die Kinder abgewogen und nach dem Ergebnis der Interessenabwägung entschieden wird. Erforderlich ist eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung des Umstands, dass eine einstweilige Anordnung die Endentscheidung präjudizieren kann (BVerfG, FamRZ 2009, 189). Wegen dieser Gefahr müssen die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten möglichst ausgeschöpft werden (BVerfG; FamRZ 2002, 1021).

Für das Verfahren verweist § 51 Abs. 2 Satz 1 FamFG zwar auf die Verfahrensvorschriften, die für eine entsprechende Hauptsache anwendbar sind. § 51 Abs. 2 S. 1 stellt aber auch klar, dass dies nur insoweit gilt, als sich aus den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes nichts anderes ergibt. Dazu gehören typischerweise die Eilbedürftigkeit des Verfahrens und dessen summarischer Zuschnitt (vgl. Zöller/Feskorn, a.a.O., § 51 Rdn. 6 m.w.N.). Aus diesem Grunde wird etwa die Anordnung des Ruhens des Verfahrens oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Regelfall nicht in Betracht kommen (BT-Drucksache, a.a.O., S. 200). Ohne die Einholung eines Sachverständigengutachtens, vor allem dann, wenn – wie hier – die Erziehungsfähigkeit der Eltern respektive eines Elternteils in Frage gestellt wird, können allerdings die Voraussetzungen einer Sorgerechtsregelung nach § 1671 BGB nicht abschließend geprüft werden. Das einstweilige Anordnungsverfahren kann schon von daher aufgrund der eingeschränkten Aufklärungsmöglichkeiten das Hauptsacheverfahren nicht ersetzen.

Es ist von daher nicht zu beanstanden, wenn das Amtsgericht, das beide Elternteile für erziehungsgeeignet gehalten hat, vorläufig den Aufenthalt der Kinder bei der Kindesmutter geregelt hat.

Dem Kontinuitätsgrundsatz kommt im vorliegenden Verfahren keine erhebliche Bedeutung zu, da erst nach Abschluss des Kleinstkindalters der Verlust des bisherigen Umfeldes von Kindern einschneidender wahr genommen wird (OLG Köln, FamRZ 1999, 181, 182).

Der Senat teilt weiter die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Kindesmutter derzeit das Kind besser fördern wird. Da A. am 04.06.2010 zwei Jahre alt werden wird, ist der persönlichen Betreuung des Kleinkindes durch einen Elternteil der Vorzug vor Fremdbetreuung durch Großeltern, Tagesmütter oder den neuen Lebenspartner des Elternteils zu geben (OLG Hamburg, FamRZ 2001, 1088, 1089). Nach der Unterhaltsreform ist der betreuende Elternteil erst ab dem 3. Lebensjahr des Kindes gehalten, staatlich angebotene – möglichst ganztägige – Fremdbetreuung in Anspruch zu nehmen. Dieses Alter hat A. noch nicht erreicht.

Auch lebt A. seit dem 27.01.2010 bei der Kindesmutter und besucht dort seit dem 01.04.2010 den Kindergarten. Wenn – wie hier – sich derzeit noch keine konkreten Anhaltspunkte für eine sichere Prognose ergeben, ist es auch deshalb gerechtfertigt sein, dem Kind zumindest vorläufig einen weiteren Wohnsitzwechsel zu ersparen.

Die Entscheidung, welcher der beiden möglichen Aufenthaltsorte dem Kindeswohl besser dient, ist letztlich daran zu messen, ob sich das Kind dort wohl und geborgen fühlen bzw. ob ein Wechsel zum anderen Elternteil die Situation des Kindes wesentlich verbessern würde.

Der Beteiligte zu 1.) behauptet jedenfalls nicht, dass sich das Kind bei der Kindesmutter nicht wohl fühle, sie nicht ordnungsgemäß versorgt und betreut würde oder eine wesentliche Verbesserung der Situation des Kindes bei einem Aufenthaltswechsel zu ihm eintreten würde. Dass die Kindesmutter die Windeln nach der Vorstellung des Kindesvaters nicht häufig genug wechselt, stellt im Ergebnis eine Ansichtssache dar. Die Kindesmutter hat weiter nachvollziehbar erklärt, dass der Bruch des Beines erst kurz vor der Übergabe an den Kindesvater passiert sein muss, da er von ihr unbemerkt geblieben ist. Der Kindesmutter stand es auch frei, mit A. am 13.01.2010 einen Arzt aufzusuchen, um deren Durchfall behandeln zu lassen. Die Kindesmutter war nicht gehalten, die von dem Kindesvater mitgebrachte Medizin zu geben, solange die Gesundheitsfürsorge zwischen den Parteien nicht geregelt ist.

Der Senat vermag jedenfalls aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes, nicht abschließend zu beurteilen, welchem Elternteil letztlich der Vorzug im Rahmen des § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu geben sein wird. Es verbietet sich deshalb bereits, den Aufenthalt des Kindes ohne sachlichen Grund zu wechseln, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass es im Ergebnis eines möglichen Hauptsacheverfahrens dann erneut seinen Lebensmittelpunkt wechseln müsste (vgl. OLG Köln, FamRZ 1999, 181 f.; OLG Brandenburg, FamRZ 2004, 210 jeweils m.w.N.).

Von einer nochmaligen Anhörung der Beteiligten hat der Senat gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, da hiervon keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG; die Wertfestsetzung auf §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 1, 41 FamGKG.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Parteina Knöchel Martin
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).