|
Text des Urteils
8 U 478/0;
Verkündet am:
28.04.2010
OLG Oberlandesgericht Jena
Vorinstanzen: 2 O 775/06 Landgericht Gera; Rechtskräftig: unbekannt! Auch die Personen, die auf ein Anderkonto des Notars eine Einzahlung leisten, sind Auftraggeber des Notars und unmittelbare Beteiligte eines Verwahrungsgeschäfts nach § 23 BNotO Leitsatz des Gerichts: 1. Auch die Personen, die auf ein Anderkonto des Notars eine Einzahlung leisten, sind Auftraggeber des Notars und unmittelbare Beteiligte eines Verwahrungsgeschäfts nach § 23 BNotO. 2. Der Rechtsverkehr bringt der Tätigkeit eines Notars, die für das öffentliche Amt spezifisch ist, ein besonderes Vertrauen entgegen. Mit den Amtspflichten eines Notars ist es daher im Allgemeinen nicht zu vereinbaren, dass er als bloße Zahlstelle auftritt (Anschluss an OLG Frankfurt, Urteil vom 27.02.1989 – 19 U 97/79 – nicht veröffentlicht; OLG Zweibrücken VersR 1997, 324 – zitiert nach juris; OLG Bremen OLGR 2000, 64 – zitiert nach juris). 3. Zahlungen an den Notar sind keine gesetzliche Hinterlegung und haben ohne besondere Vereinbarung der beteiligten Personen keine Erfüllungswirkung. 4. Der Notar hat von einer Auszahlung abzusehen und alle an dem Verwahrungsgeschäft beteiligten Personen über die an ihn herangetragene Auszahlungsaufforderung zu unterrichten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die Auszahlung des verwahrten Geldes ein unwiederbringlicher Schaden droht oder er an einer unerlaubten oder unredlichen Zwecken dienenden Handlung teilnimmt, wenn er der Weisung Folge leistet. In dem Rechtsstreit Stadt J, vertr. d. d. Oberbürgermeister, - Klägerin und Berufungsklägerin - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte K & Kollegen, gegen XY - Beklagter und Berufungsbeklagter - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt S., hat der 8. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weber, Richter am Oberlandesgericht Linsmeier und Richterin am Oberlandesgericht Langer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2010 für Recht erkannt: Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 05.06.2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.770,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2006 sowie weitere 976,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Von den Kosten beider Rechtszüge haben die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3 zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs: 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen. Teilweise ist die Berufung auch begründet, im Übrigen ist sie unbegründet. Entgegen der Feststellung des Landgerichts ist der Beklagte der Klägerin aus § 19 Abs. 1 BNotO zum Schadensersatz verpflichtet, weil er ihr gegenüber schuldhaft seine Amtspflichten verletzt hat. 1. Die Klägerin gehört zum Kreis der durch § 19 Abs. 1 BNotO geschützten Personen. Bei Verwahrungsgeschäften nach § 23 BNotO gehören zu den unmittelbar Beteiligten nicht nur die Personen, die um die Verwahrungstätigkeit ersucht haben, sondern auch Hinterleger, insbesondere der Einzahler auf ein Anderkonto des Notars (OLG Frankfurt Urteil vom 27.02.1980, Az.: 19 U 97/79; OLG Zweibrücken VersR 1997, 324, Rz. 11 – zitiert nach juris; Hanseatisches OLG in Bremen, OLGR Bremen 2000, 64, Rz. 24 – zitiert nach juris; Haug, Die Amtshaftung des Notars, 2. Aufl., Rz. 688; Schippel/Bracker, BNotO, 8. Aufl., § 19, Rz. 25;). Ein Verwahrungsgeschäft im Sinne des § 23 BNotO liegt hier vor. Die Klägerin ist auch Beteiligte eines solchen Verwahrungsgeschäfts. Indem die Klägerin den streitgegenständlichen Betrag von 16.156,23 € auf das Anderkonto des Beklagten bei der Sparkasse J, Konto-Nr. …85 eingezahlt und auf dem Überweisungsträger als Verwendungszweck „KS-B..“ und einzelne Rechnungsnummern angegeben hat, hat sie dem Beklagten die einseitige Verwahrungsanweisung erteilt, die Zahlung zur Erfüllung der genannten Forderungen der KS-B…GmbH zu verwenden. 2. Mit Erfolg rügt die Klägerin die Feststellung des Landgerichts, dass der Beklagte seine Pflichten gegenüber der Klägerin nicht verletzt habe. Schon die Überweisung auf ein Konto des Notars, zumal auf ein Anderkonto, löst Amtspflichten des Notars aus (OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Zweibrücken a.a.O.; Hanseatisches OLG im Bremen a.a.O.). Der Notar muss davon ausgehen, dass ihm ein Überweisungsbetrag zur Verwendung nach dem angegebenen treuhänderischen Zweck überlassen wird. Der treuhänderische Zweck ergibt sich im Streitfall aus dem auf dem Überweisungsträger angegebenen Verwendungszweck. Ist somit ein Treuhandverhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin begründet worden, kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, nur seinen Auftraggebern, also der KS B…GmbH und der DC Bgesellschaft mbH gegenüber, verpflichtet und weisungsgebunden zu sein. Die Anweisung der Klägerin die streitgegenständliche Zahlung zur Tilgung der Forderung der .. Bgesellschaft mbH aus den genannten Rechnungen zu verwenden stand in Widerspruch zu der Anweisung, welche dem Beklagten am 02.11.2005 (Anlage B4) von K, dem Vertreter des DC GmbH, erteilt worden war. Danach sollte er das gesamte Guthaben auf dem genannten Anderkonto an die DC GmbH auszahlen. Der Beklagte hätte daher von einer Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages an die DC GmbH absehen und eine Klärung herbeiführen müssen. Dies folgt aus § 54d BeurkG. Danach hat der Notar von einer Auszahlung abzusehen und alle an dem Verwahrgeschäft beteiligten Personen im Sinne des § 54a BeurkG hiervon zu unterrichten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei Befolgung der unwiderruflichen Weisung an der Erreichung unerlaubter oder unredlicher Zwecke mitwirken würde, oder einem Auftraggeber im Sinne des § 54a BeurkG durch die Auszahlung des verwahrten Geldes ein unwiederbringlicher Schaden erkennbar droht. Dies ist hier unabhängig davon zu bejahen, ob dem Beklagten zum Zeitpunkt der Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages an die DC GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der .. B…gesellschaft mbH bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Denn aufgrund der widersprüchlichen Anweisung musste er damit rechnen, dass der Klägerin durch die Auszahlung des von ihr angenommenen Geldes ein unwiederbringlicher Schaden drohen könnte. Darüber hinaus lagen Anhaltspunkte vor, die bei dem Beklagten den Verdacht hätte erwecken müssen, dass mit der Verwahrung unlautere Zwecke verfolgt werden sollten. Diese ergeben sich aus dem Fehlen eines berechtigten Sicherungsinteresses. Gemäß § 54a Abs. 2 Nr. 1 BeurkG darf der Notar Geld zur Verwahrung nur annehmen, wenn hierfür ein berechtigtes Sicherungsinteresse besteht. Dies ist vornehmlich dann zu bejahen, wenn die Verwahrung im Zusammenhang mit einer Beurkundung steht. Ist dies – wie hier – nicht der Fall, so muss der Notar besonders genau prüfen, ob ein berechtigtes Sicherungsinteresse an der Verwahrung besteht (Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 1634). Die pauschale Behauptung des Beklagten, er habe ein derartiges Sicherungsinteresse angenommen, genügt in Anbetracht des zulässigen Bestreitens der Klägerin nicht, § 138 Abs. 2 ZPO. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich nicht bereits aus dem übereinstimmenden Wunsch der Hinterlegungsbeteiligten, hier der .. B..gesellschaft mbH und der DC Bgesellschaft mbH, auf ein berechtigtes Sicherungsinteresse schließen. Ein berechtigtes Sicherungsinteresse ist auch nicht dem Vortrag des Beklagten zu entnehmen, der Geschäftsführer K habe ihm erklärt, das Anderkonto sei erforderlich, weil sowohl die .. B..gesellschaft mbH, als auch die DC B GmbH Forderungen gegen Dritte hätten, deren Aufteilung unter den beiden Firmen streitig sei, hierüber solle zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt und entschieden werden. Dass dies nicht der wahre Anlass für die Errichtung des Anderkontos sein konnte, ergibt sich bereits aus der Personenidentität zwischen den Geschäftsführern beider Unternehmen. Darüber hinaus folgt dies auch aus der Hinterlegungsanweisung vom 01.09.2005 (Anlage B1). Denn danach sollte ein Betrag von 50.000,00 € sofort nach dessen Hinterlegung an die DC Bgesellschaft ausbezahlt werden. Aus der Hinterlegungsanweisung vom 01.09.2005, welche K als Geschäftsführer sowohl der .. B..gesellschaft mbH, als auch der DC GmbH abgegeben hat, gibt sich ebenso wenig ein berechtigtes Sicherungsinteresse. Darin heißt es lapidar: „Die Hinterlegung eines Betrages von 90.000,00 € auf dem Notaranderkonto wird gewünscht und unwiderruflich vereinbart.“ Weder der wirtschaftliche Sinn noch die „Quelle“ dieses Geldflusses gehen aus der Hinterlegungsanweisung hervor. Untauglich ist auch die Begründung in der Änderung vom 20.09.2005: „Hintergrund der Änderung der Hinterlegungsanweisung sind erwartete Zahlungseingänge in Höhe von rund 250.000,00 €.“ Diese Begründung ist nichtssagend. Zudem fehlt auch hier jeder Hinweis auf die „Quelle“. 3. Der Schaden der Klägerin besteht darin, dass sie die Rechnung der .. B..gesellschaft mbH vom 15.09.2005 (Anlage BK1) in Höhe von 16.156,23 € ein zweites Mal gezahlt hat. Ein weiterer Schaden ist der Klägerin dadurch entstanden, dass sie an den Insolvenzverwalter den durch die verspätete Zahlung der Werklohnforderung entstandenen Verzugsschaden bestehend aus den Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von netto 807,80 € sowie Verzugszinsen für den Zeitraum 25.10.2005 bis 03.04.2006 in Höhe von 656,35 € zahlen musste. 4. Die Amtspflichtverletzung des Beklagten war für den geltend gemachten Schaden auch kausal. Bei einem pflichtgemäßen Verhalten des Beklagten, also eines Absehens von der Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages und einer Unterrichtung der Beteiligten über die widersprüchlichen Anweisungen, wäre die Klägerin durch die erste Überweisung am 25.10.2005 von ihrer Verbindlichkeit gegenüber der .. B..gesellschaft mbH frei geworden und hätte den Rechnungsbetrag nicht noch einmal zahlen müssen. Denn hätte der Beklagte angesichts der widersprüchlichen Anweisungen von einer Auszahlung an die DC GmbH am 02.11.2005 abgesehen, hätte er spätestens am 04.11.2005 durch das Schreiben des Insolvenzverwalters von dem laufenden Insolvenzverfahren erfahren. Er hätte dann vor einer Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages geklärt, an wen er die zum Zwecke der Begleichung der Rechnung der .. B..gesellschaft mbH vom 15.09.2005 geleistete Überweisung der Klägerin weiterzuleiten hat. Der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang entfällt auch nicht dadurch, dass der Schaden erst durch eine weitere Handlung der Klägerin ausgelöst worden ist (nochmalige Zahlung des Rechnungsbetrages nunmehr an den Insolvenzverwalter), welche diese nach der schadensstiftenden Handlung des Beklagten vorgenommen hat. Handlungen des Geschädigten lassen den Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Notars und dem Schaden des Beteiligten oder geschützten Dritten nur dann entfallen, wenn der Geschädigte in ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 2218). Diese Voraussetzung für eine Unterbrechung der von einem Notar ausgelösten Ursachenkette liegt dann nicht vor, wenn für die Zweithandlung des Geschädigten ein rechtfertigender Anlass bestand oder diese durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf dieses Ereignis darstellt (BGH WM 2001, 1204, 1206; BGHZ 183, 359, 364; BGH NJW 1993, 2744; BGH NJW 1993, 1587, 1589 – zitiert nach Zugehör, a.a.O.). Danach hat die nochmalige Zahlung des Rechnungsbetrages durch die Klägerin den Zurechnungszusammenhang nicht entfallen lassen. Denn das Verhalten der Klägerin, also die wiederholte Zahlung ist erst durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten herausgefordert worden und stellt keine ungewöhnliche Reaktion hierauf dar. Es liegt außerdem ein rechtfertigender Anlass vor. Denn die Klägerin ist durch ihre Überweisung an den Beklagten am 25.10.2005 nicht von ihrer Schuld befreit worden. Diese Leistung hatte keine Erfüllungswirkung. Sie war daher verpflichtet, der Aufforderung des Insolvenzverwalters Folge zu leisten und den Rechnungsbetrag ein zweites Mal, nunmehr zur Insolvenzmasse, zu zahlen. Die abweichende Auffassung des Beklagten trifft nicht zu. Zahlungen an den Notar sind in der Regel keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 2 BGB. Denn sie sind keine Hinterlegung im Sinne der §§ 372 ff BGB. Die Vorschrift des § 378 BGB, wonach die Hinterlegung schuldbefreiende Wirkung hat, wenn die Rücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen ist, ist hier unanwendbar. Die Schuld wird erst mit Auszahlung an den Gläubiger getilgt (BGHZ 87, 156; BGH NJW-RR 2007, 845). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt dann, wenn die Parteien vertraglich vereinbaren, dass der Zahlung auf ein Notaranderkonto Erfüllungswirkung zukommen soll (BGHZ 87, 156; BGH NJW-RR 2007, 845). Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Die als Bitte gekleidete Anweisung der .. B..gesellschaft mbH an die Klägerin, den Rechnungsbetrag aufgrund einer Factoringvereinbarung mit den Banken der .. B..gesellschaft mbH auf das streitgegenständliche Notaranderkonto zu überweisen, stellt allenfalls eine Ermächtigung des Gläubigers im Sinne des §§ 362 Abs. 2, 185 BGB dar, die Leistung mit schuldbefreiender Wirkung an den Notar zu erbringen. Ob auch bei einer entsprechenden Ermächtigung des Gläubigers Zahlungen an einen Notar Erfüllungswirkung haben können und ob ein solche Ausnahmefall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vorliegend zu bejahen ist, kann letztlich dahin gestellt bleiben. Dies folgt aus § 82 InsO. Danach wird der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gläubigers nur durch eine Leistung an die Insolvenzmasse von seiner Verbindlichkeit frei, es sei denn, er kannte zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht. Zwar ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der .. B..gesellschaft mbH erst mit Beschluss vom 01.11.2005 angeordnet worden (Anlage K5), mithin erst nach der streitgegenständlichen Überweisung vom 25.10.2005. Die Vorschrift des § 82 InsO findet über § 24 InsO aber auch dann Anwendung, wenn das Insolvenzgericht als Sicherungsmaßnahme eine Anordnung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO getroffen hat. Dies ist ausweislich des Schreibens des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 10.10.2005 (Anlage K4) der Fall. Darin informiert dieser die Klägerin über seine Bestellung und weist sie darauf hin, dass sie die streitgegenständliche Leistung mit schuldbefreiender Wirkung nur noch auf sein Anderkonto leisten kann. 5. Das Verschulden des Beklagten wird durch die Pflichtverletzung indiziert (Zugehör/Ganter/Hertel, a.a.O., Rz. 356). Danach fällt dem Beklagten mindestens Fahrlässigkeit zur Last. 6. Die Haftung des Beklagten ist nicht wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes in § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO ausgeschlossen. Denn das Privileg der subsidiären Haftung gilt nicht gegenüber dem Auftraggeber einer Betreuungstätigkeit nach § 23 BNotO (Schipper/Bracker, BNotO, § 19, Rz. 106, 120; § 23, Rz. 21). Auftraggeber sind primär, aber nicht nur die Personen, welche den Notar um Verwahrung ersuchen, sondern auch diejenigen, die auf das Konto einzahlen und damit dem Notar ihr Geld anvertrauen (Schippel/Bracker, BNOtO; § 19, Rz. 121 unter Hinweis auf RG DNotVO 1932, 253; OLG Frankfurt Urteil vom 27.02.1980, Az.: 19 U 98/79). 7. Die Klägerin trifft jedoch ein Mitverschulden. Gemäß § 254 BGB kann ein Schadensersatzanspruch entfallen oder gemindert werden, wenn den Geschädigten ein Mitverschulden bei der Entstehung oder Entwicklung eines Schadens trifft. Auch das Unterlassen eines Rechtsbehelfs, der nicht unter § 839 Abs. 3 BGB fällt, kann unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens gewürdigt werden (BGH NJW 1991, 1172). Zwar ist der Klägerin nicht zum Vorwurf machen, dass sie sich nicht bemüht hat, Rückzahlungsansprüche gegenüber dem Insolvenzverwalter oder der DC Bgesellschaft mbH geltend zu machen. Ein Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Insolvenzverwalter (wegen der zweiten Zahlung am 04.04.2006) scheitert daran, dass die Klägerin ihm gegenüber mit Rechtsgrund geleistet hat. Ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegenüber der DC Bgesellschaft mbH besteht ebenfalls nicht. Denn es liegt eine sog. Bereicherungskette vor. Denn der Beklagte hat als Treuhänder die Leistung der Klägerin empfangen und diese aufgrund eines selbstständigen Rechtsgeschäfts an die DC Bgesellschaft mbH weiter geleitet. Damit ist ein unmittelbarer Durchgriff der Klägerin gegen die DC Bgesellschaft mbH ausgeschlossen. Anspruchsmindernd ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Schaden erst durch die Fehlüberweisung einer Mitarbeiterin der Klägerin entstehen konnte. Indem diese am 25.10.2005 den Rechnungsbetrag auf das Anderkonto des Notars überwiesen hat, obwohl sie ausweislich des Eingangsstempels auf dem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 10.10.2005 (Anlage K4) seit dem 12.10.2005 Kenntnis von dem neuen Einzahlungskonto hatte, hat sie diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren. Der Geschädigte, hier also die Klägerin, muss sich das Fehlverhalten seines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen entsprechend § 278 BGB zurechnen lassen (Schippel/Bracker, BNotO, 8. Aufl., § 19, Rz. 105). Allerdings wiegt das Verschulden der Klägerin gegen sich selbst nicht so schwer wie das Verschulden des Beklagten. Denn während die Fehlüberweisung auf einem Versehen beruht („Da jedoch fälschlicherweise noch die Bankverbindung des bei Ihnen geführten Anderkontos in dem Buchhaltungsprogramm von der KIL vermerkt war,...“), hat der Beklagte „sehenden Auges“ gehandelt. Hinzu kommt, dass sich die Klägerin bemüht hat, den Eintritt des Schadens noch zu verhindern. Vor diesem Hintergrund hält der Senat ein zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigendes Mitverschulden von 1/3 für angemessen, aber auch ausreichend, § 287 ZPO. Dies führt zu einer Kürzung des Anspruchs der Klägerin von 16.156,23 € auf 10. 770,82 € und von 1.464,15 € (807,80 € + 656,35 €) auf 976,10 €. 8. Der Zinsanspruch resultiert aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 2,291 BGB. Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 15.03.2006 ist der Beklagte hinsichtlich des Betrages von 10.770,82 € zum 23.03.2006 in Verzug gesetzt worden. Die für den Zinsanspruch im Übrigen erhebliche Zustellung der Klage ist am 31.05.2006 erfolgt, §§ 261 Abs.1, 253 Abs. 1 ZPO. 9. Der nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung eingegangene Schrittsatz des Beklagten vom 22.04.2010 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO. Das Schriftformerfordernis in § 54 a Abs. 4 BeurkG bedeutet nicht, dass der Notar an eine ohne Einhaltung der Schriftform erteilte Verwahrungsanweisung nicht gebunden ist, wenn er sie nicht zurückweist (Winkler, Kommentar zum BeurkG, 16. Aufl., Rz. 93, 52). Die Entscheidung des BGH vom 25.10.2001 (DNotZ 2002, 269) steht nicht im Widerspruch zu den Feststellungen des erkennenden Senats, da ihr ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde liegt. Die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 27.02.1980 (nicht veröffentlicht, zitiert in Haug, Amtshaftung des Notars, Rz. 688) steht entgegen der Auffassung des Beklagten im Einklang mit den Feststellungen des Senats. Auch hier erfolgte die Einzahlung durch einen dem Notar unbekannten Dritten, der Klägerin. Und auch hier sollte letztendlich nicht der Notar der Empfänger der Zahlung sein. Das war der Klägerin bei Einzahlung auch bekannt, da ihr gegenüber K, der Geschäftsführer der Gläubigerin .. B..gesellschaft mbH, eine „Factoringvereinbarung mit der Bank“ als Grund für das geänderte Empfangskonto genannt hatte. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision ist mangels Vorliegens eines Zulassungsgrundes nicht zuzulassen, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Weber Linsmeier Langer. ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |