Do, 18. Dezember 2025, 04:01    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
Arbeitsplattform NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Text des Beschlusses
11 TaBV 3/10;
Verkündet am: 
 11.08.2010
LAG Landesarbeitsgericht
 

München
Vorinstanzen:
2 BV 105/09
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Personalüberleitungsvertrag bei privatem Übernehmer von öff. Arbeitgeber bei Fortgeltung des öff.-rechtl. Tarifrechts + (fehlende) Antragsbefugnis des Betriebsrats gegen Kündigung desselben
Leitsatz des Gerichts:
Kündigt ein privater Klinikbetreiber einen Personalüberleitungsvertrag (Vertrag zugunsten Dritter), den er mit einem öffentlichen Arbeitgeber geschlosen hat und der u. a. die dynamische Fortgeltung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst nach einem Betriebsübergang vorsieht, fehlt dem Betriebsrat die Antragsbefugnis zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung, wenn er damit allein die Fortgeltung der Individualansprüche der Arbeitnehmer verfolgt.
In dem Beschlussverfahren
mit den Beteiligten
1. Betriebsrat der A. S. B. T. GmbH
- Antragsteller und Beteiligter zu 1 -
Verfahrensbevollmächtigte:
#2. Firma A. S. B. T. GmbH
- Beteiligte zu 2 und Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigte:

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 11.08.2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Müller und die ehrenamtlichen Richter Dr. Prael und Gerstandl für Recht erkannt:

1. Auf die Beschwerde des Arbeitgebers (Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 28.10.2009 - 2 BV 105/09 -, unter Verwerfung der Beschwerde im Übrigen, abgeändert:

Die Anträge des Betriebsrats werden als unzulässig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.



Gründe:


I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beteiligte zu 2 (fortan: Arbeitgeberin) einen von ihr abgeschlossenen Personalüberleitungsvertrag wirksam gekündigt hat.

Der Antragsteller ist der bei der Arbeitgeberin, die eine Klinik in B. T. betreibt, gebildete Betriebsrat. In der Klinik werden ca. 370 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie sieben Beamte der Stadt B. T. beschäftigt.

Die Arbeitgeberin hat zum 01.01.2002 auf der Basis eines „Vertrages über die Übernahme und Fortführung des Städtischen Krankenhauses B. T. und die Bestellung eines Erbbaurechts“ das bisher von der Stadt B. T. betriebene Städtische Krankenhaus übernommen.

In diesem Zusammenhang wurde zwischen der Stadt B. T. und der damals in Gründung befindlichen Arbeitgeberin unter Beteiligung des im Städtischen Krankenhauses bestandenen Personalrats ein Personalüberleitungsvertrag vom 12.11.2001 (Bl. 9/14 d. A.) nebst zwei Nachträgen, jeweils vom 23.11.2001, (Bl. 399/400 d. A.) geschlossen.

Der Personalüberleitungsvertrag (fortan: PÜV) lautet auszugsweise wie folgt:

„Personalüberleitungsvertrag
zwischen der

Stadt B. T.,
vertreten durch Herrn 1. Bürgermeister N.

und

der Asklepios Stadtklinik Bad Tölz GmbH i. G.,
vertreten durch den alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer,
Herrn W.,
- im Folgenden A. genannt -


Die Parteien schließen im Zusammenhang mit der Übernahme des Städtischen Krankenhauses B. T. durch A. nach Beteiligung des Personalrates folgenden Vertrag:

Präambel

Allgemeine Bestimmungen/Gegenstand der Vereinbarung

1. Die Stadt B. T. beabsichtigt die rechtsgeschäftliche Übertragung von bisher durch das Städt. Krankenhaus B. T. sowie der dazugehörigen Berufsfachschule wahrgenommenen Aufgaben auf A.

2. Die erforderlichen Immobilien werden an A. im Erbbaurecht übertragen. Die Übertragung und Personalüberleitung dieser Einrichtungen wird zum 01.01.2002 erfolgen; sie findet auch nur gemeinsam statt. Die Übergabe der M.-L.-Klinik an A. soll zum 01.01.2005 erfolgen; die notarielle Beurkundung für die Übertragung aller drei Einrichtungen hat zeitgleich zu erfolgen.

Dieser Vertrag regelt in Ergänzung und Konkretisierung des § 613 a BGB die arbeitsrechtlichen Fragen des Übergangs der Beschäftigten des Städt. Krankenhaus B. T. unter Einschluss der Berufsfachschule im Rahmen der Maßnahmen nach Satz 1.

3. Soweit dieser Vertrag Ansprüche Dritter (insbesondere der Beschäftigten, des Personalrats, des künftigen Betriebsrats) regelt, sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass der begünstigte Dritte hierdurch unwiderruflich selbst das Recht eingeräumt bekommt, von der jeweils ihm gegenüber verpflichteten Vertragspartei unmittelbar Erfüllung verlangen zu können.

4. Die Stadt und A. sind sich darüber einig, dass dem von diesem Vertrag erfassten Personenkreis durch die Überleitung keine Rechtsnachteile gegenüber der Rechtsposition, die dem Personenkreis bis zum Stichtag gegenüber der Stadt zustehen bzw. die sich ohne die Überleitung ergeben hätte, entstehen dürfen.

Teil 1
Angestellte, Arbeiter und Auszubildende


§ 1
Übergang der Arbeitsverhältnisse

…

(3) A. sichert zu, dass sich die Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisse der Arbeitnehmer weiterhin aus dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 - einschließlich der einschlägigen Sonderregelungen - sowie den den BAT ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung und dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung ergeben, sowie den Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes ausgebildet werden, anzuwenden.

(4) Die Verpflichtungen enden erst, wenn ein anderes Tarifmodell entsprechend den Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 11 dieses Personalüberleitungsvertrages vereinbart wird.

(5) Die tarifliche Bindung aus den Absätzen 1, 2 und 3 gilt auch für die nach dem Übernahmestichtag einzustellenden Arbeitnehmer.

…

(9) Bisherige bei der Stadt B. T. erworbene Dienst-, Beschäftigungs- und Jubiläumszeiten (gem. §§ 19, 20, 39 BAT und §§ 6, 7, 37 BMT-G II) und von dieser anerkannte weitere Dienst-, Beschäftigungs- und Jubiläumszeiten werden von A. anerkannt und bei der weiteren Berechnung einbezogen.

(10) Ebenso gelten auch die bestehenden Dienstvereinbarungen sowie sonstige Regelungen gemäß der als Anlage 2 beigefügten Aufstellung zugunsten der Bediensteten fort, soweit und solange keine gegenläufigen Betriebsvereinbarungen oder Regelungsabreden getroffen werden. Die Inhalte der Dienstvereinbarungen sichert die Gesellschaft höchst vorsorglich in dem hier genannten Umfang zu, unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Dienstvereinbarungen nach dem Betriebsübergang.

(11) Die bestehende Tarifbindung aus § 1 Abs. 3 kann frühestens ab dem 01.01.2007 und dann erst nach einer Beendigung der Mitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband Bayern (KAV) beendet werden, wenn mehr als 50 % der zum geplanten Beendigungszeitpunkt beschäftigten Angestellten und Arbeiter für die Ablösung stimmen und in Bezug auf die Einführung eines neuen Tarifs ein den dann geltenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Verfahren zur Ablösung des Tarifs eingehalten wird.

Eine Ablösung kann bereits ab dem 01.01.2005 erfolgen, wenn unter sonst gleichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 11, 1. Unterabs. 1 mindestens 66 % der zum geplanten Beendigungszeitpunkt beschäftigten Angestellten und Arbeiter für die Ablösung stimmen …

§ 2
Erweiterter Kündigungsschutz

(1) A. erkennt an, dass die in § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB genannte Jahresfrist für alle Arbeitnehmer auf drei Jahre verlängert wird.

(2) Für Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs das 55. Lebensjahr überschritten haben, wird diese Frist auf fünf Jahre verlängert. Satz 1 gilt nicht für Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse, die zum Übergabestichtag befristet abgeschlossen sind.

(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Betriebsübergang (Präambel Ziffer 2, Satz 1) ist jeglicher Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen ausgeschlossen.

…

Teil 3
Ergänzende Bestimmungen

§ 1
Ausschluss des Neugründungsprivilegs des § 112 a Abs. 2 BetrVG bei Betriebsänderungen/Verzicht auf Anwendung des § 118 BetrVG

(1) A. verpflichtet sich unwiderruflich, sich nicht auf § 118 BetrVG (Tendenzschutz) zu berufen.

(2) A. verpflichtet sich unwiderruflich, sich nicht auf § 112 a Abs. 2 BetrVG zu berufen.

§ 2
Dienstvereinbarungen und Zusatzleistungen

(1) A. tritt in die bei der Stadt B. T. zum Übergabestichtag gültigen Dienstvereinbarungen ein. Soweit keine ausdrückliche Kündigungsmöglichkeit vorgesehen ist, gilt § 77 Abs. 5 BetrVG.

(2) Ebenso gelten auch die bestehenden Dienstvereinbarungen als Betriebsvereinbarungen sowie sonstige Regelungen gemäß der als Anlage 2 beigefügten Aufstellung zugunsten der Bediensteten fort, soweit und solange keine gegenläufigen Betriebsvereinbarungen oder Regelungsabreden getroffen werden. Die Inhalte der Dienstvereinbarungen sichert A. höchst vorsorglich in dem hier genannten Umfang zu, unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Dienstvereinbarungen nach dem Betriebsübergang.

(3) A. verpflichtet sich dem neu gewählten Betriebsrat gegenüber anzubieten, die bisherigen Dienstvereinbarungen als Betriebsvereinbarungen abzuschließen.

(4) A. tritt weiterhin in die bei der Stadt B. T. zum Übergabestichtag gewährten Zusatzleistungen (gem. Anlage 3) ein. Die Gewährung dieser Zusatzleistungen endet mit einem Beendigungszeitpunkt bei der Stadt B. T.

…

§ 5
Übergangsregelung Personalrat

(1) Die Parteien sind sich einig in ihrer Auffassung, dass der am Stichtag amtierende Personalrat längstens für die Dauer von sechs Monaten ein Übergangsmandat hat, d. h. die Aufgaben wie ein ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat mit allen für diesen nach dem BetrVG geltenden Rechten und Pflichten wahrnimmt.

(2) Die Parteien sind sich einig in ihrer Auffassung, dass die aufgrund Übergangsmandats amtierende Personalvertretung befugt ist, die notwendigen Maßnahmen zur Einleitung von Betriebsratswahlen, insbesondere die Bestellung des Wahlvorstands vorzunehmen.

...

§ 8
Bestandteil der Arbeits- und Ausbildungsverträge

(1) Soweit in dieser Vereinbarung Ansprüche Dritter (insbesondere der Beschäftigten) geregelt sind, sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass der begünstigte Dritte hierdurch unwiderruflich selbst das Recht eingeräumt bekommt, von der jeweils ihm gegenüber verpflichteten Vertragspartei unmittelbar Erfüllung verlangen zu können.

(2) Dieser Personalüberleitungsvertrag wird Bestandteil eines jeden mit den betroffenen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen und den Vertragsparteien bereits abgeschlossenen und fernerhin abzuschließenden Einzelarbeitsvertrages. Der Personalüberleitungsvertrag ist vom Personalrat, A. und der Kommune zu unterschreiben und den Arbeitnehmern auszuhändigen.

…

§ 10
Schlussbestimmungen

…

(3) Über Streitigkeiten oder Unklarheiten aus diesem Vertrag und für den Fall, dass es in den Verhandlungen über nicht geregelte Tatbestände zu keiner Einigung kommt, ist vor der Inanspruchnahme des Rechtsweges eine Schlichtungsstelle anzurufen. Auch der Personalrat/Betriebsrat ist berechtigt, die Schlichtungsstelle anzurufen. Die Schlichtungsstelle setzt sich zusammen aus einem unabhängigen stimmberechtigten Vorsitzenden sowie je zwei Vertretern von A. und dem Personalrat/Betriebsrat. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn der Präsident des für die Stadtklinik zuständigen Landesarbeitsgerichtes. Für die Schlichtungsstelle finden die Vorschriften des BetrVG und des ArbGG über die Einigungsstelle Anwendung sowie nachfolgender Absatz 4.

(4) Nach dem Spruch der Einigungsstelle steht jeder Partei innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Bekanntgabe des Einigungsspruches der Rechtsweg offen.

…“


Im Nachtrag vom 23.11.2001 wurde der PÜV vom 12.11.2001 in § 1 Abs. 11 Unterabs. 4 wie folgt neu gefasst:

„Der gemäß § 17 des Erbbaurechtsvertrages zu bildende Beirat ist hinsichtlich einer beabsichtigten Beendigung der Tarifbindung rechtzeitig zu beteiligen.

Geeignete Übergangsregelungen werden durch die dann beteiligten Tarifparteien verhandelt und im neuen Tarifvertrag festgeschrieben.

Ungeachtet dessen wird aber schon jetzt unwiderruflich vereinbart, dass im Rahmen eines neuen Tarifvertrages der Status der Unkündbarkeit gemäß BAT §§ 53, 55 für alle Angestellten und Arbeiter auch zukünftig zugesichert wird, die

a) zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges das 40. Lebensjahr vollendet, aber die Bedingungen zum Erreichen der Unkündbarkeit noch nicht erfüllt haben, diese aber bis zum Zeitpunkt der Einführung des neuen Tarifvertrages erfüllen werden bzw. erfüllt haben.

b) die den Status der Unkündbarkeit schon zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges erlangt haben.“


Sowohl der PÜV vom 12.11.2001 wie auch die beiden Nachträge vom 23.11.2001 wurden jeweils für die Stadt B. T. von deren 1. Bürgermeister, für die Arbeitgeberin von deren Geschäftsführer und für den örtlichen Personalrat des Städtischen Krankenhauses B. T. von dessen Personalratsvorsitzenden unterzeichnet.

Mit Schreiben vom 16.06.2008 erklärte die Arbeitgeberin gegenüber der Stadt B. T. die Kündigung des PÜV mit Wirkung zum 31.12.2008, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Alle sonstigen, insbesondere mit der Stadt B. T. bestehenden Verträge sollten von dieser Kündigung nicht betroffen sein.

Die Arbeitgeberin begründet die Kündigung mit einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, die einen akuten Veränderungsbedarf zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Klinik und der Sicherung der Arbeitsplätze erfordere.

Ebenfalls mit Schreiben vom 16.06.2008 erklärte die Arbeitgeberin gegenüber dem in ihrem Betrieb bestehenden Betriebsrat die Kündigung des PÜV samt den beiden Nachträgen zum 30.09.2008, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Dabei wies sie darauf hin, dass die Kündigung vorsorglich erfolge, da sie davon ausgehe, dass der Betriebsrat nicht Vertragspartner des PÜV geworden sei.

Mit Schreiben der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts München vom 04.03.2009 (Bl. 134/135 d. A.) lehnte diese die Benennung einer/eines Vorsitzende(n) einer Schlichtungsstelle nach Teil III § 10 Abs. 3 PÜV ab, weil es sich bei den Fragen der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung und der Fortgeltung der Tarifbindung um reine Rechtsfragen, nicht aber um Regelungsfragen handle.

Zudem wies sie darauf hin, dass durch diese Weigerung der Betriebsrat bzw. die von ihm repräsentierte Belegschaft nicht rechtlos gestellt sei, da die Frage der (Fort-)Geltung der einschlägigen Tarifverträge - auch inzident - in einem ordentlichen Gerichtsverfahren geklärt werden könne.

Nachdem weitere Gespräche zwischen den Beteiligten ergebnislos verliefen, machte der Betriebsrat mit Antragsschriftsatz vom 20.03.2009, der beim Arbeitsgericht München am 23.03.2009 eingegangen ist, die Rechtsunwirksamkeit der von der Arbeitgeberin erklärten Kündigungen des PÜV geltend.

Er habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Fortbestands der streitgegenständlichen Vereinbarung, da in dieser zum einen auch Verpflichtungen ihm gegenüber geregelt seien, zum anderen aber auch relevant sei, welche zugunsten der Arbeitnehmer bestehenden Regelungen gelten und damit vom Betriebsrat zu überwachen seien.

Der PÜV stelle einen echten Vertrag zugunsten Dritter dar, wobei Dritte sowohl der Betriebsrat als auch die Beschäftigten seien. Die Auslegung des PÜV ergebe zwingend, dass eine Änderung nur mit Zustimmung der Drittbegünstigten erfolgen könne.

Der Betriebsrat hat vor dem Arbeitsgericht folgenden Antrag gestellt:

Es wird festgestellt, dass weder durch die Kündigungserklärung vom 16.06.2008 gegenüber dem Betriebsrat noch durch die Kündigungserklärung gegenüber der Stadt B. T. der Personalüberleitungsvertrag vom 12.11.2001 samt Nachträgen vom 23.11.2001 wirksam gekündigt wurde.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass weder durch die Kündigungserklärung vom 16.06.2008 gegenüber dem Betriebsrat noch durch die Kündigungserklärung gegenüber der Stadt B. T. die im Personalüberleitungsvertrag vom 12.11.2001 samt Nachträgen vom 23.11.2001 die zugunsten der Arbeitnehmer und dem Betriebsrat enthaltenen Regelungen wirksam beendet wurden.

Die Arbeitgeberin hat demgegenüber beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Betriebsrat bereits dem Grunde nach keinerlei Ansprüche aus dem PÜV herleiten könne, da er diesen samt den beiden Nachträgen nicht unterzeichnet habe und folglich auch nicht Vertragspartner geworden sei.

Dem Betriebsrat fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich seines Haupt- und Hilfsantrags. Soweit er etwaige Rechte der Stadt B. T. bzw. der in der Klinik beschäftigten Arbeitnehmer geltend mache, sei er nicht antragsbefugt.

In der Sache selbst hat die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten, dass ihr entsprechend dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung aus § 624 BGB eine Kündigungsmöglichkeit des PÜV zustehe.

Das Arbeitsgericht München hat mit Beschluss vom 28.10.2009, auf den wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie der Beschlussgründe Bezug genommen wird, dem Hauptantrag des Betriebsrats stattgegeben.

Es hat den Betriebsrat als antragsbefugt angesehen, da dieser aus dem PÜV eigene Rechte herleiten könne. Inhaltlich handle es sich um einen zulässigen Vertrag zugunsten Dritter, der mangels ordentlicher Kündigungsmöglichkeit vorliegend nicht wirksam durch die Kündigungserklärung der Arbeitgeberin beendet worden sei.

Gegen diesen der Arbeitgeberin am 10.12.2009 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 07.01.2010 - eingegangen am selben Tage beim Landesarbeitsgericht München - Beschwerde einlegen lassen und diese innerhalb der bis zum 09.03.2010 verlängerten Frist mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten ebenfalls vom 09.03.2010 - eingegangen am selben Tage beim Landesarbeitsgericht München - begründet.

Sie hält an ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung hinsichtlich des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses sowie der fehlenden Antragsbefugnis fest.

Zudem sei keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, aufgrund derer der PÜV auf den Betriebsrat übergegangen sein könnte. Die Beteiligte zu 2, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des PÜV noch nicht Arbeitgeberin gewesen sei, könne dem Betriebsrat als Organ der Betriebsverfassung wirksam keine Rechte zubilligen, insbesondere als im Zeitpunkt des Abschlusses des PÜV der Betriebsrat noch überhaupt nicht existent gewesen sei.

Schließlich stünden dem Betriebsrat aus dem PÜV auch keine Rechte zu, da die erklärte Kündigung wirksam gegenüber dem Vertragspartner der Stadt B. T. erfolgt sei. Gleiches gelte für die rein vorsorglich dem Betriebsrat gegenüber erklärte Kündigung.

Die Arbeitgeberin stellt zuletzt folgende Anträge:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 28.10.2009 - Az.: 2 BV 105/09 - wird abgeändert.

2. Die Anträge werden abgewiesen.

Im Rahmen der „Widerklage“ wird beantragt:

3. Es wird festgestellt, dass der Antragsteller nicht Vertragspartei des am 12.11.2001 geschlossenen Personalüberleitungsvertrages samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 geworden ist.

Sofern das Gericht den Antrag unter Ziff. 1 und 2 abweist, beantragt die Arbeitgeberin im Weiteren hilfsweise:

4. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber dem Antragsteller ohne Nachwirkung am 30.09.2008 beendet worden ist.

5. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber dem Antragsteller ohne Nachwirkung am 31.12.2010 endet.

6. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber dem Antragsteller ohne Nachwirkung am 31.12.2012 endet.

7. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber dem Antragsteller ohne Nachwirkung am 31.12.2014 endet.

8. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber dem Antragsteller ohne Nachwirkung am 31.12.2018 endet.

9. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber dem Antragsteller ohne Nachwirkung am 31.12.2024 endet.

10. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber dem Antragsteller ohne Nachwirkung am 31.12.2027 endet.

11. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 zu einem durch das Gericht zu bestimmenden Zeitpunkt ohne Nachwirkung gegenüber dem Antragsteller beendet worden ist/endet.

12. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber der Stadt B. T. am 31.12.2008 beendet worden ist.

13. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber der Stadt B. T. am 31.12.2010 endet.

14. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber der Stadt B. T. am 31.12.2012 endet.

15. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber der Stadt B. T. am 31.12.2014 endet.

16. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber der Stadt B. T. am 31.12.2018 endet.

17. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber der Stadt B. T. am 31.12.2021 endet.

18. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber der Stadt B. T. am 31.12.2024 endet.

19. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 durch die Kündigung der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 gegenüber der Stadt B. T. am 31.12.2027 endet.

20. Es wird festgestellt, dass der am 12.11.2001 geschlossene Personalüberleitungsvertrag samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 zu einem durch das Gericht zu bestimmenden Zeitpunkt gegenüber der Stadt B. T. beendet worden ist/endet.

Der Betriebsrat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er widersetzt sich den nunmehr gestellten Wideranträgen, die er für nicht sachdienlich erachtet und beantragt deren Abweisung.

Der Betriebsrat verteidigt den erstinstanzlichen Entscheid.

Seine Antragsbefugnis folge daraus, dass ihm einerseits eigene Rechte im PÜV eingeräumt worden seien, die zwar derzeit aktuell nicht strittig seien, er müsse andererseits aber zur Wahrnehmung seiner Überwachungsfunktion gem. § 80 Abs. 1 BetrVG auch Rechtsklarheit darüber gewinnen, ob die zugunsten der Mitarbeiter im PÜV vereinbarten Regelungen nach der erklärten Kündigung noch fortgelten.

Schließlich trägt der Betriebsrat vor, dass er nie behauptet habe, dass er selbst Vertragspartner des PÜV geworden und vertragsschließende Partei gewesen sei. Durch den PÜV sei er allerdings in Form eines Vertrages zugunsten Dritter Begünstigter geworden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auf die in der Beschwerdeinstanz ausgetauschten Schriftsätze vom 09.03.2010 und 16.05.2010 Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist, soweit sie sich gegen den erstinstanzlichen Entscheid richtet, zulässig und auch begründet, da dem Betriebsrat für sein Rechtsbegehren die erforderliche Antragsbefugnis fehlt.

Der von der Arbeitgeberin erstmals in der Beschwerdeinstanz unbedingt gestellte Widerantrag ist mangels Feststellungsinteresses unzulässig, die übrigen bedingt gestellten Wideranträge sind nicht zur Entscheidung angefallen, da die prozessuale Bedingung des erfolglosen Rechtsmittels der Arbeitgeberin in der Hauptsache nicht eingetreten ist.

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig, soweit sie sich gegen den erstinstanzlichen Entscheid richtet.

Sie ist insoweit gem. § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und auch sonst zulässig, da form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 89 Abs. 1 u. Abs. 2 ArbGG; § 87 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).

2. Die Stadt B. T. war nicht als sonstiger Beteiligter von Amts wegen zum Verfahren hinzuzuziehen.

Ein sonstiger Beteiligter ist beteiligungsbefugt, wenn ihm die Beteiligungsbefugnis ausdrücklich durch Gesetz eingeräumt ist oder wenn er durch die zu erwartende Entscheidung in seiner Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden kann. Unmittelbare Betroffenheit ist zu bejahen, wenn dem Gericht eines Nachfolgeprozesses für den Fall, dass im Vorprozess die Entscheidung rechtskräftig würde, die Prüfungskompetenz in mindestens einer entscheidungserheblichen Frage entzogen wäre (vgl. Schwab/Weth, ArbGG, 2. Aufl., § 83 Rn. 57). Eine unmittelbare Betroffenheit der Stadt B. T. ist trotz ihrer Vertragspartnereigenschaft des PÜV nicht gegeben. So bestand zwischen der Stadt und dem im vorliegenden Verfahren antragstellenden Betriebsrat zu keinem Zeitpunkt eine betriebsverfassungsrechtliche Verbindung, insbesondere hatte die Stadt B. T. nicht (mehr) die Arbeitgeberposition gegenüber dem Antragsteller inne.

Die Beteiligtenfähigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller mit seinen Anträgen auch die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der gegenüber der Stadt B. T. erklärten Kündigung begehrt. Dies setzt jedoch nach Auffassung der Kammer die insoweit gegebene Antragsbefugnis des Antragstellers voraus, da andernfalls über eine entsprechende Antragstellung die materielle Beteiligtenfähigkeit mit einer entsprechenden Rechtskraftwirkung auch gegen den Willen des Dritten begründet werden könnte.

Vorliegend fehlt es jedoch - wie nachfolgend darzulegen ist - an einer derartigen Antragsbefugnis seitens des Betriebsrats.

3. Der Widerantrag, mit dem die Arbeitgeberin festgestellt wissen will, dass der Betriebsrat nicht Vertragspartei des am 12.11.2001 geschlossenen PÜV samt den beiden Nachträgen vom 23.11.2001 geworden ist, ist unzulässig, da es an dem hierzu erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.

Dem negativen Feststellungsantrag fehlt das hierzu erforderliche Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO.

Ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung des als spezielle Ausgestaltung bei jeder Rechtsverfolgung erforderlichen Rechtsschutzinteresses ist nur dann gegeben, wenn das Rechtsverhältnis durch eine tatsächliche Unsicherheit gefährdet ist. Bei der negativen Feststellungsklage muss sich der Gegner der Inhaberschaft der abgelehnten Rechtsposition berühmen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Betriebsrat hat bis zuletzt (vgl. Schriftsatz vom 16.05.2010, S. 2 unter II. 2.) erklärt, dass er nie behauptet habe, dass er Vertragspartner des PÜV geworden sei. Damit steht die fehlende Vertragspartnereigenschaft außer Streit - mit der Folge des fehlenden Feststellungsinteresses für die Arbeitgeberin.

4. Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch begründet, da dem Betriebsrat für die von ihm mit Haupt- und Hilfsantrag verfolgten Feststellungsanträge nicht die erforderliche Antragsbefugnis gegeben ist.

Die im Beschlussverfahren erforderliche Antragsbefugnis ist nach den Regeln über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zu bestimmen (vgl. BAG 18.08.1987, AP Nr. 6 zu § 81 ArbGG 1979 und Schwab/Weth, aaO, § 81 Rn. 52 m. w. N.).

Danach ist im Beschlussverfahren antragsbefugt die Person oder Stelle, der das Gesetz diese Befugnis ausdrücklich eingeräumt hat. Darüber hinaus ist antragsbefugt, wer durch die gerichtliche Entscheidung in seiner Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden kann (vgl. BAG vom 18.08.1987, aaO und BAG vom 23.02.1988, AP Nr. 9 zu § 81 ArbGG 1979).

Durch die Formulierung, die Antragsbefugnis sei gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung betroffen werden könne, soll zum Ausdruck kommen, dass die Rechtsstellung nur berührt wird, wenn dem Antrag stattgegeben wird. Ein bloß rechtliches Interesse an der begehrten Entscheidung reicht daher nicht aus. Die Betroffenheit richtet sich nach dem Streitgegenstand, der durch den Antrag bestimmt wird, und den dazu geltenden Rechtsvorschriften (vgl. Schwab/Weth, aaO, § 81 Rn. 55 m. w. N.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die bestehenden Meinungsverschiedenheiten über die Kündigung des PÜV, insbesondere über die Frage einer einzelvertraglichen Fortgeltung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes, nicht in dem vom Betriebsrat angestrengten Beschlussverfahren, sondern in etwaigen Urteilsverfahren zwischen der Arbeitgeberin und den Arbeitnehmern zu bereinigen.

5. Soweit der Betriebsrat mit seinem Hauptantrag festgestellt wissen will, dass weder durch die Kündigungserklärung vom 16.06.2008 gegenüber dem Betriebsrat noch durch die Kündigungserklärung gegenüber der Stadt B. T. der PÜV wirksam gekündigt wurde, fehlt ihm die Antragsbefugnis, bezogen auf den Vertragspartner des PÜV - der Stadt B. T. -, schon deshalb, weil der Betriebsrat insoweit keine eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechte behauptet und solche auch nicht ersichtlich sind.

Eine Prozessführungsbefugnis für die Stadt B. T. ist weder vorgetragen noch wegen der Besonderheiten des Beschlussverfahrens rechtlich vorstellbar.

6. Der Betriebsrat hat - auch in der Anhörung vor der Kammer am 11.08.2010 - unstreitig gestellt, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um die Durchsetzung etwa ihm übertragener kollektiver Rechte aus dem PÜV, wie z. B. den Abschluss von Dienstvereinbarungen ersetzenden neuen Betriebsvereinbarungen, geht, sondern dass er zur Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Überwachungsverpflichtungen gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG Rechtsklarheit über die Wirkung der erklärten Kündigungen gewinnen müsse.

a) Vorliegend kann der Betriebsrat mit dieser Argumentation bereits deshalb nicht gehört werden, da der PÜV als echter Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 Abs. 1 BGB lediglich individualrechtliche Einzelansprüche der Arbeitnehmer schafft und insoweit nicht dem Überwachungsbereich der in § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG genannten Kollektivnormen unterfällt.

Hinzu kommt, dass selbst bei einem bestehenden betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung von den durch sie begründeten individualrechtlichen Ansprüchen eine Trennung vorzunehmen ist (vgl. BAG vom 21.08.2001, BAGE 98, 354, 360). Diese individualrechtlichen Ansprüche kann der Betriebsrat nicht im eigenen Namen geltend machen. Das Betriebsverfassungsrecht hat ihm nicht die Rolle eines gesetzlichen Prozessstandschafters zugewiesen. Dementsprechend darf der Individualrechtsschutz nicht auf das Verhältnis Arbeitgeber/Betriebsrat verlagert werden (vgl. BAG vom 17.10.1989, BAGE 63, 152, 158 f).

Die Arbeitnehmer können nicht die Kosten für die Geltendmachung ihrer Individualrechte durch Einschaltung des Betriebsrats auf den Arbeitgeber abwälzen. Für die Abgrenzung sind auch nicht die Formulierungskünste des Antragstellers ausschlaggebend. Entscheidend ist, was der Betriebsrat „mit seinem Antrag letztlich begehrt“ (vgl. BAG vom 17.10.1989, aaO). Dies sind vorliegend aber ausschließlich die (Fort-)Geltung einzelvertraglicher Ansprüche.

b) Der Betriebsrat kann - selbst bei Unterstellung einer originären Drittberechtigung aus dem PÜV - keine Antragsbefugnis ableiten.

aa) Soweit ihm über den PÜV überhaupt eigenständige kollektivrechtliche Ansprüche rechtswirksam zugewiesen sind, stehen diese - unbeschadet der erklärten Kündigungen - zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

So hat der Betriebsrat ausdrücklich in der Anhörung vor der Kammer erklärt, dass gem. Teil 3 § 2 Abs. 3 PÜV keine noch in Betriebsvereinbarungen zu transferierende Dienstvereinbarungen vorhanden seien.

bb) Auch aus der rein verfahrensrechtlichen Schlussbestimmung des Teil 3 § 10 Abs. 3 PÜV zur Anrufung einer dort vereinbarten Schlichtungsstelle kann nichts anderes abgeleitet werden.

Zum einen verfolgt der Betriebsrat mit seinem Antrag nicht (mehr) die Durchführung des dort geregelten Schlichtungsverfahrens, wobei dahinstehen kann, ob die Bestellung eines Vorsitzenden rechtswirksam abgelehnt werden konnte. Zum anderen eröffnet die vorgenannte Bestimmung die Inanspruchnahme einer Schlichtungsstelle nur für den Fall, dass Streitigkeiten oder Unklarheiten aus dem PÜV bestehen, sodass die vollständige Kündigung des Vertrages der Schlichtungsvereinbarung nicht unterfällt.

Jedenfalls wird durch das Vorbringen des Betriebsrats auch zu diesem Punkt deutlich, dass er neben der Fortgeltung der einzelvertraglichen Ansprüche der Arbeitnehmer aus dem PÜV hier keine eigenständigen kollektiven Rechte geltend macht.

cc) Schließlich ergibt sich auch die erforderliche Antragsbefugnis nicht aus der Tatsache, dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat gegenüber eine Kündigungserklärung abgegeben hat.

Diese - ohnehin nur vorsorglich - erklärte Kündigung führt lediglich dazu, dass dem Betriebsrat zunächst ein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis dafür zukommt, dass er die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung insoweit angreift, als ihm eigene betriebsverfassungsrechtliche Ansprüche eingeräumt sind. Dies ist jedoch - wie vorliegend dargestellt - nicht der Fall, sodass hieraus aus dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis nicht die daneben zusätzlich erforderliche Antragsbefugnis folgt.

7. Im Endergebnis begehren beide Beteiligte - wie die Wideranträge auch der Arbeitgeberin deutlich machen - die im Beschlussverfahren unzulässige Erstattung eines Rechtsgutachtens dahingehend, ob und mit welcher Rechtswirkung die Kündigungserklärungen der Arbeitgeberin die etwa aus dem PÜV ableitbaren Individualansprüche der Arbeitnehmer beseitigt haben.

Dies ist jedoch mit Rechtskraftwirkung auf die einzelnen Arbeitsverhältnisse nur bei Durchführung eines individualrechtlichen Urteilsverfahrens zwischen einem betroffenen Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin möglich.

Da die vom Betriebsrat verfolgten Anträge deshalb unzulässig sind, kann im vorliegenden Verfahren eine materielle Überprüfung der Kündigungserklärung und deren Rechtswirkungen nicht erfolgen.


III.

Das Verfahren ist gem. § 2 Abs. 2 GKG gerichtskostenfrei.


IV.

Gegen diesen Beschluss wird die Rechtsbeschwerde gem. § 92 Abs. 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ArbGG zugelassen, da die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Drittbegünstigung aus einem Personalüberleitungsvertrag und der Antragsbefugnis des Betriebsrats grundsätzliche Bedeutung besitzt. Im Einzelnen gilt:

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss können die Beteiligten Rechtsbeschwerde einlegen.

Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses.

Die Rechtsbeschwerde muss beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1 99084 Erfurt, Postanschrift: Bundesarbeitsgericht 99113 Erfurt, Telefax-Nummer: 0361 2636-2000, eingelegt und begründet werden.

Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Es genügt auch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten der Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von Zusammenschlüssen solcher Verbände

- für ihre Mitglieder
- oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder

oder

von juristischen Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der im vorgenannten Absatz bezeichneten Organisationen stehen,

- wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt
- und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In jedem Fall muss der Bevollmächtigte die Befähigung zum Richteramt haben.

Zur Möglichkeit der Rechtsbeschwerdeeinlegung mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hingewiesen. Einzelheiten hierzu unter http://www.bundesarbeitsgericht.de/.

Müller Dr. Prael Gerstandl
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).