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Text des Urteils
10 U 31/09 (Hs);
Verkündet am: 
 23.04.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
36 O 94/09
Landgericht
Magdeburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Abgrenzung zwischen sachlicher redaktioneller Information und unlauterer „getarnter Werbung“ ist danach vorzunehmen, ob die Berichterstattung durch einen publizistischen Anlass hinreichend motiviert ist
Leitsatz des Gerichts:
Die Abgrenzung zwischen sachlicher redaktioneller Information und unlauterer „getarnter Werbung“ ist danach vorzunehmen, ob die Berichterstattung durch einen publizistischen Anlass hinreichend motiviert ist oder ob ein Artikel vorrangig dem Zweck dient, bestimmte Firmen- oder Markenbezeichnungen ins Gespräch zu bringen.

Das Verbot der redaktionellen Werbung gilt zwar grundsätzlich für alle Arten von Zeitschriften und sonstigen veröffentlichten Beiträgen. Bei kostenlos verteilten Anzeigen-blättern ist aber in besonderer Weise stets nachzufragen, ob und inwieweit sich die Irre-führungsgefahr, der das Verbot redaktioneller Werbung entgegenwirken soll, tatsächlich verwirklicht.
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

wegen wettbewerbsrechtlicher Unterlassung

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Göbel als Vorsitzende, die Richterin am Oberlandesgericht Wolter und den Richter am Oberlandesgericht Schubert-Wulfmeyer als beisitzende Richter auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2010 für Recht erkannt:

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 03. Juni 2009 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.



Gründe

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Verfügungsklägerin hat in der Sache keinen Erfolg.


I.

Nach erfolgloser Abmahnung nimmt die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung wettbewerbswidriger Werbung in Anspruch.

Die Verfügungsklägerin vertreibt u.a. das kostenlose Anzeigenblatt „G. „ , die Verfügungsbeklagte das Anzeigenblatt „R. „ . Eine Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten versandte Anfang Mai 2009 ein Schreiben an einen potentiellen Anzeigekunden u.a. mit folgenden Aussagen:

„Unser Konzept besteht daraus nicht nur Anzeigen zu präsentieren, sondern diese durch redaktionelle Berichterstattung zu ergänzen. Dadurch wird ein Mehrwert erzeugt, der den Leser länger auf einer Seite hält und somit die Wirkung der Anzeige steigert… Wir möchten gern einen redaktionellen Beitrag über Ihre Open Air Veranstaltung, gekoppelt mit einer Anzeige, auf unserem Veranstaltungskalender veröffentlichen. Hierzu folgendes Angebotsbeispiel: Neukundenpreis … Euro inkl. PR-Text”

Zum weiteren Inhalt dieses Schreibens wird auf dessen Abschrift (Bl. 15 d. A.) Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung gewesen, hierdurch habe die Verfügungsbeklagte gegen das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Text verstoßen.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt, der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit folgenden Aussagen zu werben bzw. werben zu lassen:

„Unser Konzept besteht daraus nicht nur Anzeigen zu präsentieren, sondern diese durch redaktionelle Berichterstattung zu ergänzen. Dadurch wird eine Mehrheit erzeugt, der den Leser länger auf einer Seite hält und somit die Wirkung der Anzeige steigert.”

sowie

„Wir möchten gern einen redaktionellen Beitrag über Ihre XXXX Veranstaltung, gekoppelt mit einer Anzeige, auf unserem Veranstaltungskalender veröffentlichen.”

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt, den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie hat behauptet, es habe sich um eine E-Mail an einen einzelnen Kunden nach einer tags zuvor geführten Besprechung als Reaktion auf dessen Bitte nach einem persönlichen Angebot gehandelt. Ziel sei lediglich die gemeinsame Veröffentlichung von Anzeige und redaktionellem Beitrag in einem Heft gewesen.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung mit dem angefochtenen Urteil vom 03. Juni 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Einzelnen ausgeführt, dass die Voraussetzungen einer sog. getarnten Werbung nicht vorlägen. Auch für das (beabsichtigte) Vortäuschen einer unabhängigen, neutralen Berichterstattung seien Anhaltspunkte weder ausreichend vorgetragen noch sonst erkennbar.

Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Verfügungsklägerin. Sie hat gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 05. Juni 2009 zugestellte Urteil am 08. Juni 2009 Berufung eingelegt und diese sogleich am 11. Juni 2009 begründet.

Die Verfügungsklägerin hält an ihrer Auffassung fest, insbesondere gelte der Trennungsgrundsatz von Werbung und redaktionellem Text uneingeschränkt auch für Anzeigenblätter. Hiergegen habe die Verfügungsbeklagte durch die deutliche Ankündigung einer redaktionellen Berichterstattung „gekoppelt“ mit einer Anzeigenschaltung verstoßen. Dabei begründe das beanstandete Schreiben bereits eine Erstbegehungsgefahr. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Verfügungsklägerin insbesondere noch auf den Zusatz „inkl. PR-Text“ bei dem sog. Angebotsbeispiel hingewiesen, der ihrer Auffassung nach die unzulässige Koppelung impliziere.

Die Verfügungsklägerin beantragt:

Unter Abänderung des am 03. Juni 2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Magdeburg, Az. 36 O 94/09 *016*, wird der Beklagten aufgegeben, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit folgende Aussagen zu werben bzw. werben zu lassen:

„Unser Konzept besteht daraus nicht nur Anzeigen zu präsentieren, sondern diese durch redaktionelle Berichterstattung zu ergänzen. Dadurch wird eine Mehrheit erzeugt, der den Leser länger auf einer Seite hält und somit die Wirkung der Anzeige steigert.”

sowie

„Wir möchten gern einen redaktionellen Beitrag über Ihre XXXX Veranstaltung, gekoppelt mit einer Anzeige, auf unserem Veranstaltungskalender veröffentlichen.”

Die Verfügungsbeklagte beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als rechtsfehlerfrei. Insbesondere legt sie anhand der Juniausgabe 2009 des „R. „ dar, dass der sog. PR-Text eine regelmäßig zwei-spaltige Anzeigenform im Langtextformat darstelle, die auch als Anzeige kenntlich gemacht sei, und nicht etwa einen käuflich zu erwerbenden, redaktionellen Beitrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen.


II.

Die Berufung der Verfügungsklägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO).

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens sind Entscheidungen des ersten Rechtszugs nach § 513 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur noch darauf überprüfbar, ob die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung nach § 546 ZPO beruht oder ob die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist grundsätzlich von den durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen auszugehen. Im Hinblick hierauf hat das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur zu prüfen, ob ernstliche Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen.

Das ist hier nicht der Fall. Das Urteil des Landgerichts, auf dessen Ausführungen der Senat im Wesentlichen Bezug nehmen kann, entspricht in vollem Umfang der Sach- und Rechtslage; das Berufungsvorbringen der Verfügungsklägerin rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Landgericht hat rechtlich zutreffend einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte insbesondere nach §§ 1, 3, 4 Nr. 3, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG verneint: Wie das Landgericht namentlich zutreffend festgestellt hat, begründet das beanstandete Schreiben der Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten keine Erstbegehungsgefahr für einen Verstoß gegen das Trennungsgebot von Werbung und redaktionellem Text.

Bei Fallgestaltungen, bei denen keine Vermutung für das Vorliegen einer Wettbewerbs-förderungsabsicht der Presse besteht, bedarf es schon aus den Gründen der nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Meinungs- und Pressefreiheit der Feststellung konkreter Umstände, wonach neben der Wahrnehmung der publizistischen Aufgabe die Absicht des Presseorgans, fremden Wettbewerb zu fördern, eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt (BGH GRUR 1995, 270, 272 - „Dubioses Geschäftsgebaren“; Urteil vom 28.11.1996 - I ZR 184/94, WRP 1997, 434, 436 - „Versierter Ansprechpartner“; Urteil vom 23.10.1997 - I ZR 123/95, WRP 1998, 169, 171 - „Auto '94“). Dabei ist die Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, in der Regel dann mehr als eine mit der journalistischen Berichterstattung einhergehende Begleiterscheinung und fällt wettbewerbsrechtlich ins Gewicht, wenn in redaktionellen Beiträgen Produkte oder Dienstleistungen von Inserenten namentlich genannt und angepriesen werden (vgl. BGH, Urteil vom 23.1.1992 - I ZR 129/90, GRUR 1992, 463, 465 = WRP 1992, 378 - Anzeigenplazierung; Urteil vom 3.2.1994 - I ZR 321/91, GRUR 1994, 441, 443 = WRP 1994, 398 - Kosmetikstudio; Urteil vom 18.9.1997 - I ZR 71/95, WRP 1998, 164, 166 - Modenschau im Salvator-Keller). Doch ist auch in solchen Fällen nicht ausgeschlossen, dass unter Berücksichtigung des Informationsgebots der Presse, also ihrer Aufgabe, über Anliegen von allgemeinem Interesse zu unterrichten, und unter Würdigung der Aufmachung und des Inhalts der redaktionellen Beiträge auch in Fällen ihrer Verknüpfung mit Werbeanzeigen der erwähnten Unternehmen einer Wettbewerbsförderungsabsicht der Presse eine nur untergeordnete Bedeutung zukommen kann und damit der Vorwurf entfällt, die Presse stelle ihre Berichterstattung in die Dienste der werbenden Wirtschaft (zu alledem BGH, Urteil vom 19.02.1998, I ZR 120/95 - „AZUBI ’94“, zitiert nach juris).

Bei rechtsfehlerfreier Würdigung der Umstände des vorliegenden Streitfalls können danach in Übereinstimmung mit dem Landgericht konkrete Umstände in dem erforderlichen Umfang, die eine wettbewerbsrechtliche Haftung der Verfügungsbeklagten begründen, noch nicht festgestellt werden.

Zwar ist in dem versandten Schreiben der Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten von Anfang Mai 2009 die Absicht zum Ausdruck gekommen, auch den Wettbewerb des angesprochenen Unternehmens zu fördern. Ein derartiges Verhalten liegt aber in der Natur jeder Anzeigen-akquisition wie auch in der Natur der Berichterstattung der Presse, die ihre Information notwendigerweise auch aufgrund der Selbstdarstellung des Unternehmens, über das berichtet werden soll, gewinnt. Da dem Senat der tatsächlich veröffentlichte Bericht nicht bekannt ist, vermag er auch nicht abschließend zu beurteilen, in welcher Art und mit welchem Inhalt der mit dem beanstandeten Schreiben beworbene Artikel letztendlich erschienen ist, d.h. ob die mit dem Werbeeffekt für das besprochene und zugleich inserierende Unternehmen einhergehende Wettbewerbsförderungsabsicht des Beklagten nicht lediglich - und damit in zulässiger Weise - nur als eine notwendige Nebenfolge der geschützten Presseberichterstattung (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) anzusehen gewesen wäre.

Es bleibt daher, das beanstandete Schreiben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes im Sinne der §§ 133, 157 BGB auszulegen, insbesondere hinsichtlich des dort verwandten Begriffs der „Koppelung“. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allen in dem Schreiben verwandten Begriffen zwischen dem geschäftlichen Absender und einem ebensolchen Adressaten nicht eine juristische, geschweige denn wettbewerbsrechtliche Bedeutung innewohnen kann. Vielmehr handelt es sich um eine ersichtliche Verwendung allgemeinen Sprachgebrauchs, so dass auch hier das Verb „koppeln“ gleichzusetzen ist mit den z.B. vom Duden beschriebenen Synonymen „aneinanderfügen, ankoppeln, ankuppeln, docken, kombinieren, verbinden, verketten, verknüpfen, verkoppeln, verkuppeln, zusammensetzen, zusammenfügen“ (Quelle: http://duden-suche.de). Anhaltspunkte dafür, dass dem Begriff „Koppelung“ im Streitfall andere Bedeutungen beizumessen wären, sind nicht erkennbar. Eine derartige bloße „Verbindung“ von redaktionellem Beitrag und Werbeanzeige z.B. in einem Heft ist jedoch - wie ausgeführt - nicht per se wettbewerbswidrig. Für diese Annahme wäre vielmehr erforderlich, dass sich das „R. „ im Rahmen einer redaktionellen Berichterstattung hervorgehoben und gezielt mit dem Angebot eines Interessenten in daneben plazierten Anzeigen als zusätzliche kostenlose Nebenleistung befasst (vgl. BGH, a.a.O. sowie Urteil vom 03.02.1994, I ZR 321/91 - „Kosmetikstudio“, zitiert nach juris). Anders ist der Sachverhalt insbesondere dann zu beurteilen, wenn der redaktionelle Beitrag lediglich allgemein gehalten ist und nicht unmittelbar auf die mit der Anzeige beworbenen Produkte Bezug nimmt, so dass es an einem erkennbaren Zusammenhang zwischen Anzeigewerbung und redaktionellem Text fehlt, und letzterer auch sonst objektiv gehalten ist (so wiederum BGH a.a.O. sowie Urteil vom 23.01.1992, I ZR 129/90 - „Anzeigenplazierung“, zitiert nach juris, jeweils zur inzwischen außer Kraft getretenen Zugabenverordnung, deren Anwendungsbereich bei Beurteilung der sog. Koppelung nun von § 1 UWG umfasst wird; dazu Köhler/Piper, 3. Auflage 2002, Rdnr. 41, 61, 269 zu § 1 UWG m.w.N.). Wie ausgeführt, stellt das beanstandete Schreiben der Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten von Anfang Mai 2009 einen derart engen - unzulässigen - Zusammenhang zwischen redaktionellem Beitrag und Anzeigenschaltung aber nicht her bzw. kündigt einen solchen auch nicht hinreichend eindeutig an.

Bei alledem hat der Senat nicht verkannt, dass die Abgrenzung zwischen sachlicher, redaktioneller Information und unlauterer „getarnter Werbung“ im Einklang mit den von der Rechtsprechung entwickelten Regeln (dazu Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 26. Auflage 2008, § 4 UWG, Rn. 3.20 ff. m.w.N.) gemäß § 4 Nr. 3 UWG insbesondere danach vorzunehmen ist, ob die Berichterstattung durch einen publizistischen Anlass hinreichend motiviert ist. Dient ein Artikel hingegen vorrangig dem Zweck, bestimmte Firmen- oder Markenbezeichnungen namentlich ins Gespräch zu bringen, ohne dass hierfür sachliche Gründe bestimmend sind, spricht viel für die sog. getarnte Werbung, die lediglich die Vorzüge eines Produkts oder Unternehmens einseitig herauszustellen beabsichtigt. Die insoweit der Verfügungsbeklagten zu unterstellende Aussage in dem beanstandeten Schreiben vom Mai 2009, man wolle gerne einen redaktionellen Beitrag über die Open-Air-Veranstaltung, gekoppelt mit einer Anzeige, veröffentlichen, legt ihren Schwerpunkt aber - wie ausgeführt - noch nicht hinreichend eindeutig auf die Anzeige und lässt insbesondere auch nicht erkennen, dass etwa der redaktionelle Beitrag unterbliebe, wenn keine Anzeige geschaltet würde. Dafür bestehen vielmehr im Ergebnis keine ausreichenden objektiven Anhaltspunkte.

Im Übrigen stellt die für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr eine materielle Anspruchsvoraussetzung dar (BGH, Urteil vom 28.9.2000 - I ZR 141/98, GRUR 2001, 255 = WRP 2001, 151 - Augenarztanschreiben; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl. 2010, § 8 Rdn. 1.10 m.w.N.). Da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt (BGHZ 173, 188 Tz. 54 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Bornkamm in Köhler/Bornkamm a.a.O § 8 Rdn. 1.11 m.w.N.), liegt die Beweislast hierfür beim Anspruchsteller (zu alledem zuletzt BGH, Urteil vom 29.10.2009 - I ZR 180/07, zitiert nach juris), im Streitfall also bei der Verfügungsklägerin. Etwa verbleibende Zweifel hieran müssen deshalb zu ihren Lasten gehen.

Dies gilt letztendlich auch für den zuletzt konkret beanstandeten Zusatz des „PR-Textes“. Der Begriff des PR-Textes als solcher besagt wegen der darin enthaltenen Abkürzung für „Public Relations“ auch in dem beanstandeten Kontext des Schreibens vom Mai 2009 insbesondere nicht, dass dieser Text als „getarnte“ Werbung erscheine oder vom - künftigen - Leser als ein neutraler, redaktioneller Text ohne deutlichen Hinweis auf eine Werbeanzeige verstanden werden solle. Auch hat die Geschäftsführerin der Verfügungsbeklagten den verwendeten Begriff im Termin der mündlichen Verhandlung am 12. Februar 2010 anhand tatsächlicher Fallgestaltungen glaubhaft und derart erläutert, dass für den Senat diese besondere Anzeigenform deutlich wurde. Die dagegen von der Verfügungsklägerin herangezogene Auslegung, es handele sich bei dem sog. PR-Text um einen käuflichen redaktionellen Beitrag, findet weder im allgemeinen Sprachverständnis noch in der konkreten Verwendung des Begriffes „PR-Text“ eine Stütze. Auch insoweit fehlt es damit an der hinreichenden Eindeutigkeit beabsichtigter „getarnter“ Werbung durch die Verfügungsbeklagte.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass an Anzeigenblätter der vorliegenden Art - wie sie beide Prozessparteien vertreiben - auch durch den unbefangenen Leser nicht die gleichen Erwartungen gestellt werden wie etwa an eine reguläre Tageszeitung. Denn der Leser eines Anzeigenblatts weiß oder muss aufgrund der kostenlosen Verteilung doch zumindest davon ausgehen, dass diese Publikationen tatsächlich und aus wirtschaftlicher Sicht in erster Linie Werbezwecken dienen. Deshalb gilt das grundsätzliche Verbot der redaktionellen Werbung zwar grundsätzlich für alle Arten von Zweitschriften und sonstigen veröffentlichten Beiträgen. Bei Anzeigenblättern ist aber in besonderer Weise stets nachzufragen, ob und inwieweit sich die Irreführungsgefahr, der das Verbot redaktioneller Werbung entgegenwirken soll, tatsächlich verwirklicht (hierzu Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rdnr. 3.24 f. m.w.N.).

Auch vor diesem Hintergrund und dem damit anzulegenden Maßstab ergibt sich bei einer abschließenden Gesamtwürdigung durch den Senat, dass im Streitfall durch das Ankündigungsschreiben der Verfügungsbeklagten vom Mai 2009 die mehrfach angeführte Grenze zwischen sachlicher Information und unerlaubter versteckter Werbung noch nicht überschritten ist.

Ein im Wege der einstweiligen Verfügung sicherbarer Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG scheidet nach alledem aus.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 48 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG, 3 ZPO.

gez. Göbel Richterin am Oberlandesgericht Wolter gez. Schubert-Wulfmeyer ist wegen Abwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert gez. Göbel
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