Do, 15. Mai 2025, 05:12    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
Arbeitsplattform NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Text des Beschlusses
4 UF 46/09;
Verkündet am: 
 29.03.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
4 F 654/05
Amtsgericht
Quedlinburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Ist über den Versorgungsausgleich im Wege einer Teilentscheidung nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht entschieden worden, so ist auf den noch ausstehenden Teil der Entscheidung zum Versorgungsausgleich stets das alte Recht anzuwenden
Leitsatz des Gerichts:
Ist über den Versorgungsausgleich im Wege einer (rechtskräftigen) Teilentscheidung (zutreffend) nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht entschieden worden, so ist auf den noch ausstehenden Teil der Entscheidung zum Versorgungsausgleich, unabhängig vom Zeitpunkt der Entscheidung, stets das alte Recht anzuwenden.
In der Familiensache
…

hat der 4. Zivilsenat – 3. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, den Richter am Oberlandesgericht Rüge und die Richterin am Oberlandesgericht Tauscher am 29. März 2010 beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder wird das Urteil des Amtsgerichtes Quedlinburg vom 23. April 2009, Az.: 4 F 654/05 S, hinsichtlich der Regelung zum Versorgungsausgleich in Ziffer 2 der Entscheidungsformel insoweit aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht – Quedlinburg zurückverwiesen, als zu Lasten der Zusatzversorgung der Antragstellerin bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Entgeltpunkte umzurechnende Rentenanwartschaften in Höhe von 21,90 € und 0,50 € monatlich auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet worden sind.

Im Übrigen verbleibt es bei der bisherigen Regelung zum Versorgungsausgleich.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.



Gründe


I.

Durch Urteil vom 23. April 2009 (Bl. 105 - 111 d. A.) hat das Amtsgericht Quedlinburg die Ehe der Parteien geschieden und zugleich, unter Ziffer 2 der Entscheidungsformel, den Versorgungsausgleich geregelt.

Von dem Versicherungskonto der Ehefrau (Antragstellerin) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund wurden zunächst auf das ebenfalls dort geführte Versicherungskonto des Ehemannes (Antragsgegners) im Wege des Renten-Splittings gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 261,18 € monatlich übertragen.

Im Übrigen wurden hinsichtlich der nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften zulasten der bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (i. F. abgekürzt: VBL) bestehenden Versorgung der Ehefrau auf dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Anrechte von 21,90 € und 0,50 € monatlich begründet.

Gegen letztere, sie betreffende Regelung zum Ausgleich der nichtangleichungsdynamischen Anrechte richtet sich die Beschwerde der VBL vom 08. Juni 2009 (Bl. 52 - 55 UA-VA), mit der zunächst eine rechtsfehlerhafte, da nicht der erteilten Auskunft und der Regelung des § Abs. 2 Satz 4 BarwertVO entsprechende Berechnung der betrieblich erworbenen Zusatzversorgung der Antragstellerin in der Pflichtversicherung beanstandet wird. Im Übrigen sei das infolge der Systemumstellung in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. November 2007 – Az.: IV ZR 74/06 – entstandene Problem der korrekten Bewertung der Startgutschriften außer Acht gelassen, das sich hier für die Ehefrau als sogenannte rentenferne Versicherte stelle.


II.

Die Beschwerde ist zulässig (1) und in Bezug auf die nichtangleichungsdynamischen Anrechte begründet (2), während es hinsichtlich der angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften bei der – insoweit auch nicht angefochtenen – Entscheidung des Amtsgerichts verbleibt (3).

1. Die gemäß den §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 1 ZPO a. F. in Verb. mit § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO a. F. statthafte befristete Beschwerde der VBL ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die zum 1. September letzten Jahres außer Kraft getretenen Vorschriften der ZPO a. F. zum Verfahren in Familiensachen finden nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2586, zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 30. Juli 2009, BGBl. I, S. 2449, 2470 - 2472) auf das hier bereits zuvor anhängig gewordene Verfahren über den Versorgungsausgleich weiterhin Anwendung. Das Gleiche gilt gemäß § 48 Abs. 1 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (VersAusglG = Art. 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs [abgekürzt: VAStrRefG] vom 3. April 2009, BGBl. I, S. 700 - 723), das gemäß Art. 23 Satz 1 VAStrRefG am 1. September 2009 in Kraft getreten ist, auch für das bis dahin geltende materielle Recht zum Versorgungsausgleich, das heißt insbesondere für die §§ 1587 ff. BGB a. F., die Barwert-Verordnung und das Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetz (im Folgenden abgekürzt: VAÜG).

Auf eine Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, bei der befristeten Beschwerde nicht an, wie schon aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO a. F. erhellt (vgl.: OLG Bamberg, FamRZ 1998, 305; Philippi, in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., 2009, § 621 e Rdnr. 22).

Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung des Beschwerde führenden Versorgungsträgers (BGH, NJW 1981, 1274). Dieser ist vielmehr allein auf Grund des seines Erachtens gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in seinem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (s. dazu beispielhaft: Sedemund-Treiber, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., 2003, § 621 e ZPO Rdnr. 9 m. w. N. nam. aus der Rechtsprechung) und damit gemäß § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F. Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als analog § 572 Abs. 3 ZPO in Bezug auf den allein problematischen und auch zu Recht nur insoweit beschwerdehalber beanstandeten Versorgungsausgleich bei den nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften eine Aufhebung der ebenso unrichtigen wie unvollständigen Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich im Scheidungsverbundurteil und eine Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht zwecks neuerlicher Beschlussfassung über den Versorgungsausgleich unumgänglich war.

Die angefochtene Entscheidung zum Versorgungsausgleich erweist sich zunächst insofern bei der Berechnung der Anrechte aus der betrieblichen Zusatzversorgung bei der VBL als korrekturbedürftig, als im Rahmen der für die Antragstellerin bestehenden Pflichtversicherung eine Erhöhung des maßgeblichen Wertes der nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BarwertVO anzuwendenden Tabelle 1 gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 BarwertVO um 50 % vorzunehmen war, da der ab Leistungsbeginn auskunftsgemäß um jährlich 1 % steigende Wert der Versorgung, wie für eine Erhöhung nach jener Vorschrift vonnöten, in gleicher Weise steigt wie der Wert einer volldynamischen Versorgung (so BGH, FamRZ 2004, 1474 - 1476). Der vom Amtsgericht umrechnungshalber als fiktive Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung ermittelte Wert von 43,80 € wäre damit per se in der Pflichtversicherung um 50 % auf einen Betrag von ca. 65,70 € zu erhöhen.

Die zwecks Saldierung im Rahmen des Versorgungsausgleichs notwendige Umwertung der statischen bzw. teildynamischen Anrechte in eine dynamische Anwartschaft nach Maßgabe der über § 1587 a Abs. 4, Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 und Nr. 4 lit. c BGB a. F. Anwendung findenden Norm des § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB a. F. in Verb. mit den Vorschriften der Barwert-Verordnung kann allerdings nicht, jedenfalls derzeit nicht in zweiter Instanz durchgeführt werden.

Denn die in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erteilte Startgutschrift für sogenannte rentenferne Versicherte, die – wie hier die 1956 geborene Antragstellerin – zum Zeitpunkt der Systemumstellung von einem endgehaltsbezogenen Gesamtversorgungssystem auf ein durch den Erwerb von Versorgungspunkten definiertes Betriebsrentensystem am 01. Januar 2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, ist, wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14. November 2007 (Az.: IV ZR 74/06, Leitsätze abgedruckt in: FamRZ 2008, 395 - 398 mit Anm. Borth) entschieden hat, aus verfassungsrechtlichen Gründen grundsätzlich neu zu regeln und sodann, gestützt darauf, im Einzelfall verbindlich festzulegen. Bis dato ist allerdings, soweit erkennbar, die dazu erforderliche Neuregelung seitens der Tarifvertragsparteien noch nicht zustande gekommen.

Die Sache war nach alledem unter Aufhebung der die verschiedenen Formen der betrieblichen Zusatzversorgung der Antragstellerin bei der VBL als nichtangleichungsdynamische Anrechte betreffenden Entscheidung zum Versorgungsausgleich in dem Scheidungsverbundurteil analog § 572 Abs. 3 ZPO zwecks teilweise neuerlicher Beschlussfassung zum Versorgungsausgleich an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

3. Im Übrigen war die Entscheidung zum Versorgungsausgleich, ohne Einbeziehung jener gesondert abtrennbaren Anrechte (vgl. BGH, FamRZ 1983, 38, und FamRZ 1983, 890), als Teilurteil gemäß § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verb. mit § 495 ZPO in Betreff der angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften aufrechtzuerhalten.

Denn der diesbezügliche Teil des Versorgungsausgleichs kann unter Berücksichtigung dessen, dass gemäß § 3 Nr. 4 VAÜG angleichungsdynamische und sonstige Anrechte stets getrennt auszugleichen sind, nicht mehr beeinflusst werden durch die allein ausstehende Entscheidung zu den nichtangleichungsdynamischen Anrechten in Gestalt der betrieblichen Anwartschaften der Antragstellerin, die auch allein derartige Anrechte erworben hat, bei der VBL (ebenso für eine Teilentscheidung in derartigen Fällen: Borth, FamRZ 2008, 326, 327 sub 3 a; OLG Köln, Beschluss v. 14.04.2008, Az.: 27 UF 20/08, und Beschluss v. 16.04.2008, Az.: 27 UF 22/08).

Das Amtsgericht wird in eigener Zuständigkeit hinsichtlich des zurückverwiesenen Teils der nichtangleichungsdynamischen Anrechte darüber zu befinden haben, ob zwischenzeitlich analog § 53 c Abs. 2 FGG in Verb. mit Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-Reformgesetz eventuell noch eine Aussetzung des restlichen Verfahrens zum Versorgungsausgleich bis zur Neuregelung der Startgutschrift in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes zweckdienlich oder geboten sein mag (s. dazu etwa Borth, FamRZ 2008, 326 - 327), falls, was es noch abzuklären gilt, mit einer entsprechenden Neuregelung in absehbarer Zukunft nicht zu rechnen sein wird.

Dabei sei vorsorglich darauf hingewiesen, dass infolge der teilweise – hinsichtlich der angleichungsdynamischen Anrechte – bereits vorliegenden Endentscheidung zum Versorgungsausgleich nach § 48 Abs. 3 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (Vers¬AusglG = Art. 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs [abgekürzt: VAStrRefG] vom 3. April 2009, BGBl. I, S. 700 - 723), das gemäß Art. 23 Satz 1 VAStrRefG am 1. September 2009 in Kraft getreten ist, auch auf den noch ausstehenden Teil der Entscheidung zum Versorgungsausgleich, unabhängig vom Zeitpunkt der Entscheidung, weiterhin stets das alte Recht anzuwenden sein wird (s. dazu Brudermüller, in: Palandt, BGB, 69. Aufl., 2010, § 48 VersAusglG Rdnr. 3). Dies wird auch im Falle einer zwischenzeitlichen Aussetzung des Verfahrens gelten müssen, da § 48 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG in diesem speziellen, nicht eigens gesetzlich geregelten, da vom Gesetzgeber offenkundig nicht bedachten Fall einer bereits zuvor nur partiell mittels Teil-Urteil nach altem Recht ergangenen Endentscheidung zum Versorgungsausgleich gegenüber der – an sich nur auf Abs. 1 bezogenen – Regelung des § 48 Abs. 3 VersAusglG aus sacheminenten Gründen einer notwendigerweise rechtlich einheitlich zu treffenden Entscheidung nachrangig sein dürfte.


III.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren konnten infolge der unrichtigen Sachbehandlung in erster Instanz gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit § 1 Abs. 1 Nr. 2 GKG a. F. und § 629 a Abs. 2 Satz 1 ZPO a. F. nicht erhoben werden.

Die Entscheidung zu den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht einerseits, hinsichtlich der Parteien, auf einer entsprechenden Anwendung des § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F. und andererseits, bezüglich der am Verfahren beteiligten Versorgungsträger, auf der Regelung des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG in Verb. mit § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F.

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO a. F. fehlt es an den dafür in § 543 Abs. 2 ZPO gesetzlich umrissenen Voraussetzungen.

Die Weitergeltung der vorstehend zitierten, ab Anfang September dieses Jahres außer Kraft getretenen bzw. modifizierten Gesetzesvorschriften zum Verfahrens- und auch zum Kostenrecht auf das hier bereits zuvor eingeleitete Scheidungsverfahren folgt wiederum aus der diesbezüglichen Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-Reformgesetz sowie aus § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG.

gez. Dr. Deppe-Hilgenberg Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht gez. Rüge Richter am Oberlandesgericht gez. Tauscher Richterin am Oberlandesgericht
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).