Text des Beschlusses
2 BvR 1913/09;
Verkündet am:
26.10.2010
BVerfG Bundesverfassungsgericht
Vorinstanzen: 4 ZB 09.26 Verwaltungsgerichtshof Bayern; Rechtskräftig: unbekannt! Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn S… - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Heiko Loder, Bürgermeister-Reiger-Straße 24, 86720 Nördlingen - gegen a) den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Juli 2009 - 4 ZB 09.26 -, b) das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. November 2008 - W 2 K 08.1019 - hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Voßkuhle, den Richter Mellinghoff und die Richterin Lübbe-Wolff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 26. Oktober 2010 einstimmig beschlossen: Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. 1. Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Partei Die Republikaner. Diese erzielte bei der Kreistagswahl für den Landkreis Würzburg am 2. März 2008 einen Stimmanteil von 4 %. Ihr wurden zwei Sitze im Kreistag zugeteilt. An der Wahl hatten sich auch die FDP und die ÖDP beteiligt. Sie gingen eine Listenverbindung ein und erzielten insgesamt einen Stimmanteil von 5,92 % (3,37 % FDP und 2,55 % ÖDP). Beiden Parteien wurden jeweils zwei Sitze zugeteilt. Wären sie keine Listenverbindung eingegangen, wäre der ÖDP nur ein Sitz zugeteilt worden. 3 2. Soweit sich der Beschwerdeführer unter Berufung auf das Demokratieprinzip und Art. 3 Abs. 1 GG gegen die Ablehnung seines Antrags wendet, die Wahl für ungültig zu erklären, steht ihm ein mit der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht nicht zur Seite (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). 4 a) Eine Verletzung des Demokratieprinzips gemäß Art. 20 Abs. 1 GG kann er mit der Verfassungsbeschwerde nicht geltend machen, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG handelt. 5 b) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt geltend macht, durch die Listenverbindung würden die Wählerstimmen ungleich gewichtet und der Wählerwille verfälscht, fehlt es an einer subjektivrechtlichen Gewährleistung der Wahlrechtsgrundsätze bei Kommunalwahlen durch das Grundgesetz. Während die Verletzung der Wahlrechtsgrundsätze bei Bundestagswahlen mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG), fehlt eine vergleichbare Gewährleistung, wenn es um die Durchsetzung dieser Grundsätze bei allgemeinen politischen Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG auf der Ebene der Länder geht (BVerfGE 99, 1 <7 ff.>). 6 aa) Art. 38 GG erfasst unmittelbar nur die Wahlen zum Deutschen Bundestag. Eine analoge Anwendung auf Wahlen in den Ländern scheidet mit Rücksicht auf die selbständigen Verfassungsräume von Bund und Ländern aus. Zwar verlangt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, dass die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl auch bei politischen Wahlen in den Ländern gelten. Die Länder haben diesem Verfassungsgebot bei der Regelung des Wahlrechts zu ihren Länderparlamenten und auf kommunaler Ebene zu genügen. Dem Einzelnen vermittelt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG jedoch keine mit der Verfassungsbeschwerde rügefähige subjektive Rechtsposition. Das objektivrechtliche Verfassungsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG kann auch nicht über die in Art. 2 Abs. 1 GG verbürgte allgemeine Handlungsfreiheit als subjektives Recht eingefordert werden. Im Anwendungsbereich von Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG scheidet auch ein Rückgriff auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG aus (vgl. BVerfGE 99, 1 <7 ff.>). 7 bb) Die Länder gewährleisten den subjektivrechtlichen Schutz des Wahlrechts bei politischen Wahlen in ihrem Verfassungsraum allein und abschließend (vgl. BVerfGE 99, 1 <7 ff.>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2009 - 2 BvR 120/09 -, NVwZ 2009, S. 776 <777> und vom 3. Juli 2009 - 2 BvR 1291/09 -, juris). Dem Beschwerdeführer steht zur Verteidigung seines subjektiven Wahlrechts auf Länderebene der Verwaltungsrechtsweg zur Verfügung (Art. 52 Abs. 1 Satz 1 des bayerischen Gesetzes über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte 8 3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen. 9 Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Voßkuhle Mellinghoff Lübbe-Wolff ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |