Text des Beschlusses
9 Verg 5/10;
Verkündet am:
19.10.2010
OLG Oberlandesgericht Jena
Rechtskräftig: unbekannt! Zur vergaberechtswidrigen Auftragserteilung ohne vorherige Ausschreibung - Anforderungen für Antrag an Vergabekammer durch potentiellen Bieter Titelauswahl: Franz-Anton Plitt, Chisinau - Internet entrepreneurLeitsatz des Gerichts: GWB § 101 Abs. 1 Nr. 2; GWB § 107 Abs. 2; VOF 2006 § 5 Abs. 1 1. Macht ein potentieller Bieter mit seinem Antrag an die Vergabekammer die vergaberechtswidrige Auftragserteilung ohne vorherige Ausschreibung geltend, reicht es für die Darlegung eines drohenden Schadens im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB aus, dass er sein Interesse an dem Auftrag bekundet und vorträgt, sein Tätigkeitsfeld umfasse Aufträge der betreffenden Art. 2. Schreibt die Vergabestelle Architektenleistungen „mehrstufig“ in der Weise aus, dass zunächst nur eine Leistungsphase beauftragt wird, der Auftragnehmer sich aber verpflichten muss, bei Bedarf alle weiteren Leistungsphasen zu erbringen, ist mit der Erteilung des Zuschlags das Vergabeverfahren hinsichtlich des Gesamtauftrags beendet. Will die Vergabestelle später nicht dem Zuschlagsbieter die weiteren Leistungsphasen übertragen, muss sie, wenn keiner der Ausnahmefälle des § 5 Abs. 2 VOF 2006 vorliegt, erneut ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Vergabebekanntmachung durchführen. Sie darf nicht lediglich mit den Teilnehmern des früheren Teilnahmewettbewerbs in Verhandlungen eintreten; ein auf dieser Grundlage geschlossener Vertrag ist nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB nichtig. In dem Vergabenachprüfungsverfahren betreffend die Ausschreibung „Projektsteuerung/-controlling für den Neubau des Klinikums (2. Bauabschnitt) an dem beteiligt sind: 1. Klinikum . - Vergabestelle und Beschwerdeführerin - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte 2. S GbR - Antragstellerin und Beschwerdegegnerin - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte 3. O GmbH - Beigeladene - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte hat der Vergabesenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bettin, Richterin am Oberlandesgericht Bötzl und Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt am 19.10.2010 beschlossen: 1. Auf die sofortige Beschwerde der Vergabestelle wird der Beschluss der Vergabekammer beim Thüringer Landesverwaltungsamt vom 26.08.2010 in Nr. 4 seines Tenors aufgehoben. Die Vergabekammer wird angewiesen, die Gebühren für das Nachprüfungsverfahren auf der Grundlage eines Bruttoauftragswertes von 2.900.845,45 € festzusetzen. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. 2. Die Vergabestelle hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre Kosten selbst. 3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 145.042,27 € festgesetzt. Unter II.1.5) und II.2.2) der Bekanntmachung vom 21.12.2007 war vorgesehen, dass die Beauftragung des Projektcontrollers mehrstufig erfolgt, nämlich für die Leistungsphasen 2 bis 4 der HOAI und in der weiteren Stufe die Leistungsphase 5 und nachfolgend 6 bis 9 oder gesamt 5 bis 9 und kein Rechtsanspruch auf Beauftragung aller Stufen besteht. Eine Aufteilung in Lose war nach Nr. III.1.8) der Bekanntmachung nicht vorgesehen. Die Vergabestelle hat von den bis zum Schlusstermin eingegangenen 10 Teilnahmeanträgen 3 Bieter zum Wettbewerb zugelassen. Am 26.06.2008 erteilte sie der C GmbH den Zuschlag. Nach Abschluss der ersten Projektstufe entschied sich die Vergabestelle, dem Zuschlagsbieter weitere Projektstufen nicht zu übertragen und forderte am 30.03.2010 die im durchgeführten Präqualifikationsverfahren nächstplatzierten 4 Bewerber unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 21.12.2007 auf, mitzuteilen, ob sie weiterhin Interesse am Auftrag und an der Teilnahme an einem erneuten Wertungsverfahren haben. Mit den noch an der 2. Stufe des Auftrags interessierten zwei Bewerbern führte sie anschließend Auftragsverhandlungen durch und erteilte der Beigeladenen mit Schreiben vom 08.06.2010 den Zuschlag für die zweite Stufe. Mit Rüge vom 08.06.2010 machte die Antragstellerin geltend, es handle sich bei dem Zuschlag an die Beigeladene um eine unzulässige de-facto-Vergabe. Die Vergabestelle hat die Rüge am 09.06.2010 zurückgewiesen. Am 15.06.2010 hat die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren mit dem Ziel festzustellen, dass der Zuschlag an die Beigeladene unwirksam ist und der Vergabestelle aufzugeben, ein erneutes Verhandlungsverfahren durchzuführen, eingeleitet. Sie hat dargelegt, sie sei ein auf dem Gebiet der Projektsteuerung tätiges Büro, auch auf die Projektsteuerung im Krankenhausbereich spezialisiert und habe großes Interesse, sich an dem Vergabeverfahren zu beteiligen. Ihr drohe durch die de-facto-Vergabe ein Schaden, weil sie keine Möglichkeit gehabt habe, sich an dem Verfahren zu beteiligen. Die Auftragserteilung an die Beigeladene sei unwirksam, weil das im Dezember 2007 eingeleitete Vergabeverfahren mit dem Zuschlag an die C GmbH beendet worden sei und im Rahmen desselben Verfahrens eine Auftragserteilung für die Restleistungen an einen anderen Bieter nicht in Betracht komme. Die vorgesehene stufenweise Beauftragung berechtige die Vergabestelle, anders als etwa eine losweise Vergabe, allein, demselben Zuschlagsbieter weitere Stufen zu übertragen. Zudem hätten sich auch die vorgesehenen Vertragsverhältnisse wesentlich geändert. Während ursprünglich das Bauvolumen 225 Mio. € betragen sollte, seien nunmehr 288 Mio € vorgesehen. Die Grundlagen der Aufgabenstellung hätten sich geändert, nachdem die Vorplanung erstellt sei und es sollten nunmehr drei Bauphasen vergeben werden. Im Übrigen sei das Honorar nicht mehr mit 40 %, sondern nur noch mit 25 % zu werten. Diese Veränderungen würden auch bei Beauftragung des bisherigen Projektsteuerers eine erneute Ausschreibung erfordern. Die Vergabestelle hat die Auffassung vertreten, die Antragstellerin sei schon nicht antragsbefugt. Denn auch bei Durchführung einer erneuten Ausschreibung habe sie keine realistische Chance auf Erhalt des Zuschlags, weil sie die unter III.2. der Bekanntmachung von Dezember 2007 geforderten Eignungskriterien, die auch bei einer erneuten Ausschreibung zu fordern wären, nicht erfülle. Die Vergabestelle habe aber auch ohne Rechtsfehler auf die Ergebnisse der Präqualifikation des durchgeführten Teilnahmewettbewerbs ohne erneute Ausschreibung zurückgegriffen. Denn bereits aus der Bekanntmachung vom 21.12.2007 gehe eindeutig hervor, dass die Beauftragung mehrstufig erfolgen soll und die Vergabestelle daher – macht sie von der Option, dem mit der ersten Stufe beauftragten Bewerber auch die weitere Stufe zu übertragen keinen Gebrach – auf den Pool der präqualifizierten Bewerber zurückgreifen wird. Das Vergabeverfahren sei damit mit Beauftragung der ersten Stufe nicht beendet worden. Die Vergabekammer beim Thüringer Landesverwaltungsamt hat am 26.08.2010 festgestellt, dass der Zuschlag der Vergabestelle an die Beigeladene und ein darauf geschlossener Vertrag unwirksam sind und die Vergabestelle angewiesen, bei weiterhin bestehendem Beschaffungsbedarf für die Restleistungen das Vergabeverfahren beginnend mit der europaweiten Bekanntmachung eines Verhandlungsverfahrens mit vorhergehenden Teilnahmewettbewerb zu wiederholen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin sei antragsbefugt, weil die Frage, ob sie eine realistische Chance auf den Erhalt des Auftrags habe, nur anhand der tatsächlichen Bewerbungsbedingungen geprüft werden könne, die mangels erneuter Ausschreibung gerade nicht gestellt sind. Eine erneute Ausschreibung der Leistungen der 2. Stufe sei aber erforderlich, weil das im Dezember 2007 eingeleitete Vergabeverfahren mit der Beauftragung des ersten Projektsteuerers sein Ende gefunden habe. Im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses vom 26.08.2010 verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Vergabestelle, die im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt. Die Vergabestelle beantragt, die Entscheidung der Vergabekammer des Freistaates Thüringen vom 26.08.2010 aufzuheben, hilfsweise die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden. Die Antragstellerin beantragt, die Anträge der Vergabestelle zurückzuweisen. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Vergabestelle ist auch nach § 116 Abs. 1 Satz 2 GWB beschwerdebefugt, weil sie Beteiligte des Verfahrens vor der Vergabekammer war. Ihre Beschwer ergibt sich bereits aus dem Tenor der angefochtenen Entscheidung. Das Rechtsmittel hat in der Sache – mit Ausnahme der Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer - jedoch keinen Erfolg. 1) Auch nach Auffassung des Senats ist der Nachprüfungsantrag zulässig, die Antragstellerin insbesondere antragsbefugt. a) Die Antragstellerin hat geltend gemacht, ihr sei Anfang Juni 2010 bekannt geworden, dass die Leistungen des zunächst beauftragten Projektsteuerers geendet hätten und die Vergabestelle beabsichtige, die Beigeladene mit der Erbringung der Restleistungen zu beauftragen. Nachdem die Vergabestelle die Beigeladene mit Schreiben vom 08.06.2010 beauftragte, hat die Antragstellerin am 15.06.2010 das Nachprüfungsverfahren eingeleitet. Die Frist des § 101b Abs. 2 GWB ist damit gewahrt. b) Entgegen der Auffassung der Vergabestelle ist die Antragstellerin auch antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB. Denn sie legt dar, dass sie auf dem Gebiet der Projektsteuerung, speziell im Krankenhausbereich, tätig sei und ein Interesse am Auftrag habe. Durch die Auftragserteilung an die Beigeladene ohne erneute Ausschreibung sei ihr die Möglichkeit genommen, sich am Verfahren zu beteiligen. Dies reicht für die Annahme der Antragsbefugnis aus. Nach § 107 Abs. 2 GWB muss der Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens zum Einen ein Interesse am Auftrag haben, zum Anderen die Verletzung eigener Rechte nach § 97 Abs. 7 GWB geltend machen. Darüber hinaus muss ihm, worauf die Vergabestelle zu Recht hinweist, durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden drohen. Wegen des verfassungsrechtlichen Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, dürfen an die in § 107 Abs. 2 GWB genannten Voraussetzungen jedoch keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden; die Darlegungslast darf – auch hinsichtlich des drohenden Schadens – nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschluss v. 29.07.2004, Az.: 2 BvR 2248/03; BGH, Beschluss v. 01.02.2005, Az.: X ZB 27/04). Der Antragsteller muss also nicht darlegen, dass er ohne die behauptete Vergaberechtsverletzung den Zuschlag erhalten hätte. Ausreichend ist vielmehr, dass ein Schadenseintritt nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Denn die Vorschrift soll nur verhindern, dass ein Bieter, der auch bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebots und auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte, aus sachfremden Erwägungen ein – investitionshemmendes - Nachprüfungsverfahren einleiten kann. Behauptet der Antragsteller wie hier, dass ein nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregeltes Vergabeverfahren bislang nicht stattgefunden hat, genügt für die Annahme eines drohenden Schadens grundsätzlich, dass der behauptete Vergaberechtsverstoß geeignet ist, die Aussichten auf Erhalt des Zuschlags zu beeinträchtigen. Das ist bei einem am Vergabeverfahren nicht beteiligten Unternehmen immer dann der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei einem geregelten Vergabeverfahren, dass unter für alle Interessierte gleichen Bedingungen und ohne weitere Verhandlungen mit nur einem oder nach unzulässigen Gesichtspunkten bestimmten ausgewählten Bietern stattfindet, der Antragsteller den Zuschlag erhalten hätte. Für das Interesse der Antragstellerin am Auftrag spricht schon, dass sie die Auftragserteilung an die Beigeladene gerügt hat und das wirtschaftliche Risiko eines Nachprüfungsverfahrens eingegangen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 14.09.2006, Az.: 13 Verg 2/06). Allein, dass sie sich an der ursprünglichen Ausschreibung nicht beteiligt hat, lässt einen gegenteiligen Schluss nicht zu. Denn zum Einen geht es vorliegend um ein anderes Auftragsvolumen (dazu unten), zum Anderen ist die Entschließung eines Unternehmens zur Beteiligung an einer Ausschreibung von vielfältigen Faktoren, wie z.B. der aktuellen Auftragslage oder der aktuellen personellen wie technischen Ausstattung abhängig, die sich natürlich im Laufe der Jahre ändert. Auch ein drohender Schaden ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, weil – wie die Vergabekammer zu Recht ausgeführt hat - nicht ersichtlich ist, welchen Inhalt, insbesondere welche konkreten Teilnahmebedingungen/Eignungskriterien eine Ausschreibung in einem erneuten förmlichen Vergabeverfahren gehabt hätte (vgl. auch OLG Celle, aaO). Allein die bisherige Internetpräsentation der Antragstellerin, aus der sich nach den Angaben der Vergabestelle immerhin ergibt, dass zu ihrem Leistungsspektrum auch die Projektsteuerung gehört und Referenzen auch im Bereich von Pflegeeinrichtungen, wen auch mit geringerem Kostenvolumen, bestehen, gibt keinen Anlass, von der Antragstellerin die Darlegung ihrer konkreten Eignung für eine Ausschreibung mit ungewissem Inhalt zu fordern. Ob die Antragstellerin tatsächlich als erfolgversprechende Bieterin in Betracht zu ziehen ist, kann nur im Rahmen der konkreten, hier aber unterbliebenen Ausschreibung geprüft werden. 2) Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Zutreffend hat die Vergabekammer ausgeführt, dass die Vergabestelle die Restleistungen, deren Umfang den maßgeblichen Schwellenwert bei Weitem überschreiten, nicht ohne erneute Ausschreibung beauftragen hätte dürfen, weil das ursprüngliche Vergabeverfahren mit dem Zuschlag an die Fa. C GmbH beendet worden ist. Der mit der Beigeladenen geschlossene Vertrag ist daher nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam. a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOF sind Aufträge über freiberufliche Leistungen im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Vergabebekanntmachung zu vergeben. Auch nach Auffassung der Vergabestelle liegt keiner der in § 5 Abs. 2 VOF genannten Ausnahmefälle vor. Sie meint nur, sie habe die Restleistungen noch im Rahmen des im Dezember 2007 eingeleiteten Vergabeverfahrens vergeben dürfen, weil sie die Fa. C GmbH nur mit der ersten Stufe und damit einer Teilleistung beauftragt habe. Dieses Vergabeverfahren wurde hingegen bereits 2008 beendet. b) Mit der Bekanntmachung vom 21.12.2007 hatte die Vergabestelle den ausgeschriebenen Auftrag bezeichnet mit „Projektsteuerung/-controlling für den Neubau des Klinikums (2. Bauabschnitt)“. Die Beauftragung sollte mehrstufig erfolgen, wobei kein Rechtsanspruch auf die Beauftragung aller Stufen besteht. „Analog hierzu wird die Architektenleistung über die Phasen Entwurfs- und Genehmigungsplanung HOAI LPH 2 bzw. 4 über den Gesamtumfang (…….) vergeben. Wegen der Deckelung der Bausumme werden alle nachfolgenden Phasen ab Ausführungsplanung LPH 5 HOAI im Umfang des Investitionsvolumens in Höhe von maximal 225.000.000 EUR Brutto inklusive Erstausstattung beauftragt. Der Projektzeitraum wurde auf ca. 5,5, Jahre geschätzt. Die bereits genannte stufenweise Vergabe wurde unter Nr. II.2.2) ausdrücklich als „Option“ beschrieben. Eine losweise Vergabe wurde hingegen unter Nr. II.1.8) ausgeschlossen. Diese Bekanntmachung konnte jeder verständige Bieter nur so verstehen, dass der Bieter sich verpflichten muss, bei Bedarf alle Stufen bzw. Leistungsphasen zu erbringen, die Vergabestelle aber zunächst nur die Stufe 1 beauftragt und sich Folgeaufträge an denselben Bieter vorbehält. Mit der Beschreibung der Folgeaufträge als „Option“ nicht vereinbar ist hingegen die Vergabe der Folgeaufträge im Rahmen derselben Ausschreibung an einen anderen als den Zuschlagsbieter für die erste Stufe. Das ist nur möglich, wenn die Vergabestelle sich eine losweise Vergabe vorbehält, die sie gerade ausgeschlossen hat. Dass die Vergabestelle von der Option, die Fa. C GmbH auch mit der 2. Stufe zu beauftragen, keinen Gebrauch gemacht hat, führt nicht dazu, dass der ausgeschriebene Vertrag erst als „teilweise“ abgeschlossen zu betrachten wäre. Denn die mit der Bekanntmachung gewählte Vertragsgestaltung, bei der die Vergabestelle grundsätzlich frei ist, soweit nicht gesetzliche Regelungen entgegenstehen (z.B. BayObLG, Beschluss v. 17.02.2005, Az.: Verg 27/04), ist vergleichbar mit einer z.B. in § 3a Nr. 4 VOL/A vorgesehenen Rahmenvereinbarung. Auch dort wird bei Abschluss der Rahmenvereinbarung regelmäßig eine vertragliche Regelung getroffen, in der sich der Auftragnehmer verpflichtet, die vertraglich festgelegten Leistungen auf Abruf zu erbringen, wohingegen keinerlei Verpflichtung des Auftraggebers besteht, die Leistungen auch in Anspruch zu nehmen. Auch dort entstehen mit Abschluss der Rahmenvereinbarung noch keine konkreten Leistungspflichten, jedoch ermöglicht die Rahmenvereinbarung anschließend die weitgehend formlose Beauftragung von Einzelleistungen und begründet eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung. Mit Abschluss der Rahmenvereinbarung gilt der Zuschlag für die gesamte ausgeschriebene Leistung als erteilt, auch wenn noch keine konkreten Einzelaufträge erteilt sind und offen bleibt, ob die Vergabestelle Folgeleistungen überhaupt abruft. Eine Beauftragung von Teilen der ausgeschriebenen Leistung an verschiedene Bieter ermöglicht hingegen nur die Ausschreibung einer losweisen Vergabe (vgl. auch Vergabekammer Baden-Württemberg, Beschluss v. 20.03.2008, Az.: 1 VK 7/08). So ist die Vergabestelle zunächst auch verfahren. Sie hat mit der Fa. C GmbH einen Projektsteuerungsvertrag „gemäß Auslobungstext zum VOF-Verfahren“ geschlossen. Nach § 3 des vorgelegten Vertrages wurde zunächst der 1. Leistungsteil übertragen. Unter § 3.2. verpflichtete sich die Fa. C GmbH, auf Abruf die weiteren Leistungsteile zu erbringen. In den Bieterinformationen vom 12.06.2006 hat die Vergabestelle den am Verhandlungsverfahren beteiligten Unternehmen ihre Absicht mitgeteilt, „den Auftrag“ bzw. die „ausgeschriebenen Projektsteuerungsleistungen“ und nicht etwa Teile der ausgeschriebenen Leistung an die Fa. C GmbH zu vergeben. Am 22.07.2008 hat sie die Vergabe an die Fa. C GmbH öffentlich bekannt gemacht und den Gesamtwert des Auftrags mit 2,4 Mio € und damit dem Gesamtwert aller Stufen und nicht nur der 1. Stufe angegeben. Entsprechend dem oben dargelegten Verständnis der Vertragsgestaltung hat sie unter Gegenstand der Bekanntmachung angegeben: „Abschluss einer Rahmenvereinbarung“. Entschließt sich die Vergabestelle die Restleistungen trotz weiter bestehendem Beschaffungsbedarf nicht von dem Bieter abzufordern, der sich im Rahmen der Ausschreibung von Dezember 2007 zur Erbringung auch dieser Leistungen bereits vertraglich verpflichtet hatte, so lebt entgegen der Auffassung der Vergabestelle das durch Zuschlag beendete Vergabeverfahren nicht nachträglich wieder auf. Die Situation gleicht vielmehr derjenigen nach vorzeitiger Kündigung eines Vertrages. Die Restleistungen sind erneut öffentlich auszuschreiben. c) Denn schließlich soll nun auch ein ganz anderer Leistungsumfang vergeben werden, als im Rahmen der ursprünglichen Ausschreibung. In der Ausschreibung von Dezember 2007 ging es um einen Auftrag für die Leistungsphasen 2 bis 9, wenn auch bei stufenweiser Beauftragung. Nun will die Vergabestelle nur noch Leistungen ab der Leistungsphase 5 vergeben. Damit ist aber möglicherweise ein ganz anderer Interessentenkreis angesprochen. Denn es ist ohne Weiteres denkbar, dass sich einzelne Unternehmen deswegen an der Ausschreibung nicht beteiligt haben, weil sie zwar an einem Auftrag für die Leistungen ab der Leistungsphase 5 interessiert sind, nicht aber an einem Auftrag für alle Leistungsphasen. Allein deswegen birgt die Fortsetzung des (durch Zuschlag abgeschlossenen) ursprünglichen Vergabeverfahrens die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung. Hinzu kommt, dass aufgrund des Zeitablaufs inzwischen vielleicht ein ganz anderer Interessentenkreis zur Verfügung steht. Ob bei einer vorgesehenen losweisen Vergabe eine Beauftragung der Restleistungen (weiteren Lose) im Verhandlungsverfahren allein mit den in der 1. Phase präqualifizierten Bewerber vergaberechtskonform möglich wäre oder gegen diese Verfahrensweise schon mit Blick auf die seit Durchführung der Präqualifizierung verstrichene Zeit sowie die Änderung des Bauvolumens und der Wertungskriterien Bedenken bestehen, kann vorliegend dahin stehen. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auf Seiten der Antragstellerin ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§ 120 Abs. 1 S. 1 GWB) und bedurfte daher keines gesonderten Ausspruchs. Die Festsetzung des Beschwerdewertes erfolgt nach § 50 Abs. 2 GKG. Auftragswert im Sinne dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats der Bruttopreis desjenigen Angebots, mit dem der Antragsteller am Ausschreibungsverfahren teilnimmt. Da ein solches Angebot nicht vorliegt, hat der Senat ebenso wie die Vergabekammer das Angebot der Beigeladenen mit einem Bruttogesamtpreis von 2.900.845,45 € zugrunde gelegt. Hiervon 5 % ergibt den festgesetzten Gegenstandswert. Der Senat hat hingegen die Gebührenfestsetzung der Vergabekammer aufgehoben, weil diese offenbar aufgrund eines Rechenfehlers oder eines in der Vorbereitung der Entscheidung unterlaufenen Schreibfehlers nicht auf dem tatsächlichen Bruttoauftragswert von 2.900.845,45 €, sondern eines solchen von 3.900.825,45 € beruht. Bettin Dr. Schmidt Bötzl ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |