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Text des Beschlusses
6 W 91/10;
Verkündet am: 
 29.07.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Jena
Vorinstanzen:
HRB 501253
Amtsgericht
Jena;
Rechtskräftig: unbekannt!
Bei Amtsniederlegung eines GmbH-Geschäftsführers ist für Handelsregister nicht nur Willensbildung des GmbH-GF, sondern auch Zugang dieser Willensbildung beim zuständigen Organ in der Form des § 39 II GmbHG nachzuweisen
Leitsatz des Gerichts:
§ 39 Abs. 2 GmbHG

Bei der Amtsniederlegung eines GmbH-Geschäftsführers ist nicht nur die Willensbildung des GmbH-Geschäftsführers, sondern auch der Zugang dieser Willensbildung bei dem zuständigen Organ in der Form des § 39 Abs. 2 GmbHG nachzuweisen.
In der Handelsregistersache

S ... GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer ...
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigter: Notar ...

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Präsident des Oberlandesgerichts Kaufmann, Richterin am Oberlandesgericht Lossin-Weimer und Richter am Oberlandesgericht Jahn am 29.07.2010 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird die Verfügung des Amtsgerichts Jena vom 24.02.2010 aufgehoben.

Das Amtsgericht Jena - Registergericht - wird angewiesen, über die Handelsregisteranmeldung der Antragstellerin vom 01.02.2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu entscheiden.



Gründe:


I.

Alleingesellschafterin der Antragstellerin ist die SCHOTT Solar AG.

Unter dem 01.02.2010 meldete die Antragstellerin zur Eintragung in das Handelsregister an, dass Herr ... nicht mehr Geschäftsführer sei. Der Anmeldung beigefügt war die Abschrift eines Schreibens des Geschäftsführers an die Alleingesellschafterin der Antragstellerin, in dem er erklärt, zum Ablauf des 04.12.2009 sein Amt als Geschäftsführer der Antragstellerin niederzulegen. Auf dem Schreiben befindet sich ein Stempelaufdruck mit folgenden Angaben:

S... AG

01. Dez. 2009

Die vom verfahrensbevollmächtigten Notar am 22.02.2010 eingereichte Anmeldung (Bl. 82 d.A.) hat das Registergericht mit Zwischenverfügung vom 24.02.2010 beanstandet. Es hat die Auffassung vertreten, die wirksame Beendigung des Anstellungsverhältnisses sei nicht nachgewiesen. Sie sei durch Vorlage der Niederlegungserklärung und Nachweis ihres Zugangs an den Gesellschafter zu belegen. Das Registergericht habe sodann zu prüfen, ob die der Anmeldung zugrundeliegende Amtsniederlegung formell ordnungsgemäß entgegengenommen worden sei. Die Organvertretungsmacht für die S... AG sei nicht durch öffentliche Urkunden nachgewiesen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 01.03.2010. Zur Begründung trägt sie vor, das Registergericht könne den Nachweis des Zugangs der Amtsniederlegung nur fordern, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Anmeldenden bestünden. Selbst wenn man einen Zugangsnachweis fordere, müsse das Amtsniederlegungsschreiben mit einem Eingangsstempel der Gesellschaft ausreichen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten vom 01.03.2010 (Bl. 85 f. d.A.).

Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.


II.

Die Beschwerde ist statthaft (§§ 382 Abs. 4 Satz 2, 58 FamFG) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl. §§ 63, 64 FamFG).

Das Thüringer Oberlandesgericht ist nach §§ 119 Abs. 1 Nr. 1b, 23a Abs. 2 Nr. 3 GVG i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG, § 374 Nr. 1 FamFG zuständig.

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Anweisung an das Amtsgericht, über den Antrag der Antragstellerin über die Eintragung der Beendigung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers ... in das Handelsregister vom 01.02.2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu entscheiden.

Das Registergericht hat mit seiner Zwischenverfügung vom 24.02.2010 die begehrte Eintragung zu Unrecht davon abhängig gemacht, dass die Antragstellerin den ordnungsgemäßen Zugang des Amtsniederlegungsschreibens durch weitere Belege nachzuweisen habe.

Nach § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung sind nach § 39 Abs. 2 GmbHG die Urkunden über die Bestellung der Geschäftsführer oder über die Beendigung der Vertretungsbefugnis in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. Das Registergericht hat zu prüfen, ob die Urkunden die beantragte Eintragung rechtfertigen (OLG Naumburg, Beschluss vom 28.02.2001, Az. 7 Wx 5/00 = NJW-RR 2001, 1183-1185 = GmbHR 2001, 569-571 = NZG 2001, 853-854 = RNotZ 2001, 349-350; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Auflage 2009, § 39 Rn. 10).

Das von der Antragstellerin der Anmeldung beigefügte Schreiben, in dem der Geschäftsführer die Amtsniederlegung erklärt, rechtfertigt die Eintragung der Beendigung der Vertretungsbefugnis; weitere Belege waren nicht beizufügen.

Die Amtsniederlegung eines GmbH-Geschäftsführers erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem für die Geschäftsführerbestellung zuständigen Organ (BGH, Urteil vom 17.09.2001, Az. II ZR 378/99 = BGHZ 149, 28-32; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, aaO, § 38 Rn. 47); dies ist in der Regel die Gesellschafterversammlung, § 46 Nr. 5 GmbHG.

Bei der Amtsniederlegung eines GmbH-Geschäftsführers ist nach der in der Rechtsprechung und von Teilen der Literatur vertretenen Auffassung, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, nicht nur die Willensbildung des GmbH-Geschäftsführers, sondern auch der Zugang dieser Willensbildung bei dem zuständigen Organ in der Form des § 39 Abs. 2 GmbHG nachzuweisen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.08.2004, Az. 3 Wx 177/04 = GmbHR 2004, 1532-1533 = NZG 2004, 1068-1069 = FGPrax 2004, 300 = ZNotP 2005, 31-32; OLG Hamm, Beschluss vom 26.09.2002, Az. 15 W 321/02 = NZG 131-132; OLG Naumburg, Beschluss vom 28.02.2001, aaO; Schmidt in Achilles/Ensthaler/Schmidt, GmbHG, 2005, § 39 Rn. 8; Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Auflage 2010, Rn. 1092; a.A. [der Zugang sei nicht nachzuweisen]: Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Auflage 2010, § 39 Rn. 16; Altmeppen/Roth, GmbHG, 6. Auflage 2009, § 39 Rn. 12; Scholz/Schneider, GmbHG, 10. Auflage 2007, § 39 Rn. 18; Ulmer/Paefgen, GmbHG, 2006, § 39 Rn. 32). Dem ist die Antragstellerin nachgekommen.

Mit der Vorlage des Schreibens, in dem der Geschäftsführer die Amtsniederlegung erklärt, hat die Antragstellerin - entgegen der Auffassung des Registergerichts - auch den Zugang der Erklärung bei der Alleingesellschafterin der Antragstellerin in der Form des § 39 Abs. 2 GmbHG nachgewiesen. Eine Erklärung unter Abwesenden wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Empfänger zugeht (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Für den Zugang einer Erklärung bei einer Behörde genügt es, dass die Sendung bei der hierfür eingerichteten Stelle angelangt ist, die Weiterleitung an den zuständigen Amtsträger ist nicht entscheidend (BGH, Urteil vom 14.07.2000, Az. V ZR 320/98 = BGHZ 145, 45-52 = ZIP 2000, 1481-1483); dies gilt für den Zugang einer Erklärung bei einem Unternehmen entsprechend (Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Auflage 2010, § 130 Rn. 6). Das Schreiben, in dem der Geschäftsführer die Amtsniederlegung erklärt, ist auf der Poststelle der Alleingesellschafterin der Antragstellerin eingegangen. Auf dem Schreiben befindet sich ein Stempelaufdruck mit der Firma der Alleingesellschafterin und dem Datum „01. Dez. 2009“. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Aufdruck (nach seiner Form oder seinem Inhalt) nicht der Eingangstempel der S... AG ist bzw. dass eine dazu nicht befugte Person den Stempel aufgedruckt hat, sind für den Senat nicht ersichtlich.

Eine Entscheidung über die Kosten ist nicht veranlasst (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Auflage 2009, § 81 FamFG Rn. 2).

Kaufmann Lossin-Weimer Jahn
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