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Text des Beschlusses
2 WF 261/10;
Verkündet am:
28.07.2010
OLG Oberlandesgericht Jena
Vorinstanzen: 2 F 180/02 Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt; Rechtskräftig: unbekannt! Die im Ursprungsverfahren bewilligte Prozeßkostenhilfe gilt nach Abtrennung und Wiederaufnahme fort Leitsatz des Gerichts: § 111 Abs. 4 FGG-RG, § 137 Abs. 5 FamFG Die im Ursprungsverfahren bewilligte Prozeßkostenhilfe gilt nach Abtrennung und Wiederaufnahme fort. In der Familiensache E. W. - Antragstellerin und Beschwerdeführerin - Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. gegen P. W. - Antragsgegner und Beschwerdegegner - Bevollmächtigte(r): ./. hat der 2. Familiensenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Hükelheim Richterin am Oberlandesgericht Zoller und Richterin am Oberlandesgericht Kodalle auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 11.06.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts –Familiengericht- Heilbad Heiligenstadt vom 10.06.2010, Nichtabhilfeentscheidung vom 25.06.2010 am 28.07.2010 beschlossen: 1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung eines Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe nicht veranlasst. 3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Durch Urteil vom 21.04.2004 hatte es die Ehe der Parteien geschieden und das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt und ausgesetzt. Durch Verfügung vom 22.02.2010 hat es das Versorgungsausgleichsverfahren wieder aufgenommen und aktuelle Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt. Unter dem 17.05.2010 hat die Antragstellerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Durch Beschluss vom 10.06.2010 hat das Amtsgericht den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, Art. 111 Abs. 4 FGG-RG bestimme, dass eine abgetrennte Folgesache als selbständige Familiensache „fortzuführen“ sei. Unter dem Gesichtspunkt der Fortführung könne nicht davon ausgegangen werden, dass nunmehr ein neues Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs angestoßen worden und dafür gesonderte Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei. Im Übrigen seien die Rechtsanwaltsgebühren für das Versorgungsausgleichsverfahren bereits abgerechnet worden. Der Beschluss ist der Antragstellerin zugestellt worden am 11.06.2010. Die Beschwerde der Antragstellerin ist bei Gericht eingegangen am 14.06.2010. Sie macht geltend: Das Verfahren sei seit dem Jahre 2004 nicht mehr betrieben worden. Bei Wiederaufnahme 6 Jahre später handele es sich gebührenrechtlich nicht mehr um dieselbe sondern um eine neue Angelegenheit, so dass Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei. Durch Beschluss vom 25.06.2010 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist nicht schon deshalb Verfahrenskostenhilfe für das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren zu bewilligen, weil das Verfahren seit 6 Jahren nicht betrieben worden ist. Denn gemäß § 15 Abs. 5 RVG fallen nach Ablauf von mehr als 2 Kalenderjahren nur dann erneut Gebühren an, wenn der frühere Auftrag erledigt war. In diesem Fall gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit, bei der eine Anrechnung von Gebühren entfällt. Mit der Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens war dieses jedoch nicht erledigt, so dass die Entstehung neuer Gebühren durch reinen Zeitablauf nicht in Betracht kommt. Im Übrigen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Bewilligung. Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug durch Beschluss vom 18.09.2002 zuerkannt worden. Gemäß § 624 Abs. 2 ZPO erstreckte sich die bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich. Daran hatte sich auch durch die Abtrennung und Aussetzung des Verfahrens gemäß §§ 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG i.V.m. 628 Abs. 1 ZPO nichts geändert. Denn in den Fällen des § 628 ZPO wird lediglich über den Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache entschieden. Die abgetrennte Folgesache behält ihren Charakter als Folgesache. Die Abtrennung eines Folgeverfahrens führt nicht zu einer echten Verfahrenstrennung. Es ergehen vielmehr lediglich zeitlich versetzte Teilentscheidungen in einem einzigen Verfahren. Dem entsprechend sind auch die gemäß § 93a Abs. 1 S. 1 ZPO in diesen Teilentscheidungen ergehenden Kostenaussprüche Teile einer einheitlichen Kostenentscheidung. Dies hat zur Folge, dass auch die bewilligte Prozesskostenhilfe sich auf das abgetrennte Verfahren erstreckt (vgl. OLG Dresden, FamRZ 2002, 1415 f; OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.04.2008, 10 WF 69/08, recherchiert nach juris; Zöller/Phillippi, ZPO, 27. Aufl., § 628, Rdnr. 19). Zwar hat sich die Behandlung eines abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahrens durch die Einführung des FamFG und des Versorgungsausgleichsgesetzes ab 01.09.2009 geändert. Gemäß Art. 111 Abs. 4 FGG-RG sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 01.09.2009 vom Verbund abgetrennt waren, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. In diesen Fällen werden vom Verbund abgetrennte Folgesachen als selbständige Familiensachen fortgeführt. Dies führt jedoch nicht dazu, dass auch Verfahrenskostenhilfe für das abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren neu zu bewilligen ist. Denn durch diese Regelung hat das Versorgungsausgleichsverfahren seinen Charakter als Folgesache der Ehescheidung nicht verloren. Zwar war nach altem Recht in Fällen, in denen eine Folgesache als selbständige Familiensache fortgeführt wurde, erneut über Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Fälle der sog. „echten“ Trennung aus dem Verbund waren bisher in den §§ 623 Abs. 2 S. 2, 623 Abs. 3, 626 Abs. 2 sowie 629 Abs. 3 ZPO a.F. geregelt. In diesen Fällen wurden die Folgesachen als selbständige Familiensachen fortgeführt. Dies hatte beispielsweise zur Folge, dass sich die Gebühren nicht mehr nach den Vorschriften über den Verbund, sondern nach den allgemeinen Regeln für isolierte Familiensachen richteten. Gemäß § 626 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F. war in selbständigen Familiensachen über die Kosten besonders zu entscheiden. Die Entscheidung richtete sich in zivilprozessualen Familiensachen nunmehr nach §§ 91 ff ZPO und in Folgesachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 13a FGG (vgl. Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 6. Aufl., 17. Kapitel, Rdnr. 271; Weinrich/Klein, Familienrecht, 3. Aufl., § 626 ZPO, Rdnr. 18 f; Zöller a.a.O., § 626, Rdnr. 12 m.w.N.). Im Gegensatz dazu bleibt auch nach neuem Recht ein Versorgungsausgleichsverfahren nach der Abtrennung Folgesache, was in § 137 Abs. 5 Satz 1 FamFG ausdrücklich geregelt ist. Dem steht die Regelung des Art. 111 Abs. 4 FGG-RG, wonach alle abgetrennten Folgesachen als selbständige Familiensachen fortzuführen sind, nicht entgegen. Nach der Gesetzesbegründung ist Sinn dieser Regelung, die auch für nach § 2 Abs. 1 VAÜG ausgesetzte Verfahren gilt (vgl. Musielak/Borth, familiengerichtliches Verfahren, Einleitung Rdziff. 99), lediglich klarzustellen, dass zwischen den abgetrennten Folgesachen kein Restverbund besteht, sondern sie jeweils getrennt zu behandeln sind (vgl. BT-Drs. 16/11903, Seite 62). Bleibt das nach neuem Recht zu behandelnde Versorgungsausgleichsverfahren weiterhin Folgesache, erstreckt sich auch die Wirkung der nach altem Recht bewilligten Prozesskostenhilfe auf dieses, sodass für eine erneute Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kein Raum ist (vgl. ebenso OLG Braunschweig, Beschluss vom 16.03.2010, 3 WF 23/10; OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2010, 15 WF 125/10; aA OLG Naumburg, Beschluss vom 04.03.2010, 8 WF 33/10, alle recherchiert nach juris). Der Senat lässt gem. § 70 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 u. 2 FamFG die Rechtsbeschwerde zu, da dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Die Rechtssache hat auch grundsätzliche Bedeutung, weil sie eine Vielzahl gleichartiger Fälle betrifft. Hükelheim Zoller Kodalle ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. 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