Di, 13. Mai 2025, 02:00    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
Arbeitsplattform NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Text des Urteils
1 U 50/10;
Verkündet am: 
 30.09.2010
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
21 O 144/09
Landgericht
Stendal;
Rechtskräftig: unbekannt!
Verpflichtung von Bietern, Eignungsnachweise für Nachunternehmer schon mit Angebot vorzulegen, ist nicht regelmäßig unzumutbar und daher unzulässig
Leitsatz des Gerichts:
Eine Verpflichtung von Bietern, Eignungsnachweise für Nachunternehmer schon mit dem Angebot vorzulegen, ist nicht regelmäßig unzumutbar und daher unzulässig. Ob diese Verpflichtung besteht, ergibt vielmehr in jedem Einzelfall eine Auslegung der Angebotsunterlagen.

Allein aus der Präqualifikation eines Bieters kann nicht ohne Weiteres auf die Eignung der vorgesehenen Nachunternehmer geschlossen werden, jedenfalls wenn deren Präqualifikationsnummer nicht mit angegeben wird.
In dem Rechtsstreit
…

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Zettel sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Tiemann und Grimm auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2010 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 1 des Landgerichts Stendal vom 30.04.2010 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,00 EUR.


und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.000 € festgesetzt.


Gründe:


I.

Die Klägerin macht als unterlegene Bieterin eines Vergabeverfahrens unterhalb der EU-Schwellenwerte gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Nichterteilung des Zuschlags geltend.

Mit Bekanntgabe im Ausschreibungsanzeiger Sachsen-Anhalt vom 15.08.2008 leitete die Beklagte das Vergabeverfahren für die Baumaßnahme „Grundhafter Ausbau der Kreisstraße ... von der B ... nach P. “ ein. Nebenangebote wurden zugelassen. Unter Buchstabe s) enthielt die Ausschreibung u. a. die Aufforderung an die Bieter, zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A Angaben zu den Buchstaben a bis g zu machen. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den veröffentlichten Ausschreibungstext (Anlage K 1, Bd. I Bl. 10 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte verwendete die Formulare des Vergabehandbuchs „VHB 2008“. Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots erfolgte auf dem Formblatt 211, das unter Ziffer 3 folgenden Wortlaut hatte:


Wegen der weiteren Einzelheiten des verwendeten Formblattes wird auf die Anlage K 2 (Bl. 11 - 13 Bd. I d. A.) verwiesen.

Die Klägerin gab unter dem 04.09.2008 Haupt- und Nebenangebote ab, wobei der Endbetrag für das Hauptangebot auf 607.096,70 EUR lautete. Die Formblätter 233 (Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen, auf die der eigene Betrieb eingerichtet ist, Bd. I Bl. 95 f.) und Formblatt 234 (Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen, auf die der eigene Betrieb nicht eingerichtet ist, Bd. I, Bl. 97 f.) wurden von ihr ausgefüllt. Obwohl sich hieraus ergab, dass die Klägerin beabsichtigte, bestimmte Leistungen durch Nachunternehmer erbringen zu lassen, die sie auch namentlich benannte, legte sie unstreitig mit dem Angebot keine Nachweise über die Eignung ihrer Nachunternehmer vor. Dies holte sie erst im Bietergespräch am 04.09.2008 nach. Wegen des dokumentierten Inhalts des Bietergesprächs wird auf Anlage K 3 (Bd. I, Bl. 14 – 18) Bezug genommen.

Am 30.09.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Angebot im Rahmen der formalen Prüfung gemäß § 25 Nr. 1 VOB/A ausgeschlossen worden sei, weil es „Preise bzw. geforderte Erklärungen nicht enthielt“.

Die Beklagte erteilte den Auftrag an die W. GmbH unter Anerkennung zweier Nebenangebote (1 und 3) mit einer Angebotssumme von insgesamt 595.980,66 EUR brutto.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe ihr Angebot vollständig mit den angeforderten Unterlagen eingereicht. Nach dem Inhalt der Bekanntmachung und der Aufforderung zur Angebotsabgabe seien Nachweise zu dem Nachunternehmer nicht gefordert worden und außerdem unzumutbar gewesen. Unter Ziffer 3.2 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots sei eindeutig der Bieter als Adressat der Anforderung von Eignungsnachweisen genannt. Hätte die Beklagte derartige Eignungsnachweise auch bezüglich der Nachunternehmer anfordern wollen, so meint die Klägerin, hätte sie es ausdrücklich erklären müssen. Der Zusatz „ggf. Nachunternehmer“ in der Überschrift zu Ziffer 3 im Vordruck 211 reiche dazu nicht aus.

Ohne den Ausschluss des klägerischen Angebots, so meint sie, hätte ihr der Zuschlag erteilt werden müssen. Das Angebot der W. GmbH mag letztlich zwar günstiger gewesen sein, es sei aber von der Beklagten unzulässigerweise berücksichtigt worden, weil es sich bei dem Nebenangebot 1 um ein Pauschalangebot gehandelt habe, sodass eine genaue Bestimmung des Leistungsumfangs ausgeschlossen, und eine Bewertung daher nicht möglich gewesen sei.

Ein weiteres Nebenangebot 3 der W. GmbH habe eine technisch abweichende Ausführung enthalten, die nicht gleichwertig sei, sodass es – so hat die Klägerin gemeint – ebenfalls zwingend von der Wertung hätte ausgeschlossen werden müssen. Im Übrigen habe die W. GmbH auch nicht die notwendigen Vordrucke verwendet.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entsteht, dass ihr Angebot im Verfahren der öffentlichen Ausschreibung – Grundhafter Ausbau der K ... von der B ... nach P. – nicht berücksichtigt wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Ausschluss des klägerischen Angebots sei zu Recht erfolgt, da Nachweise für Nachunternehmer gefehlt hätten. Das Nebenangebot 1 der W. GmbH habe sehr wohl berücksichtigt werden dürfen, da die Voraussetzungen zum Angebot eines Pauschalpreises vorgelegen hätten. Die notwendigen Massen seien bekannt und damit eine tatsächliche Wertung möglich gewesen. Das Nebenangebot 3 hat die Beklagte für gleichwertig gehalten und meinte, es sei insoweit auch mit dem Nebenangebot 4 der Klägerin vergleichbar.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 30.04.2010 in der Sache stattgegeben.

Dabei ist die Einzelrichterin im Rahmen der Auslegung des Feststellungsbegehrens über den Wortlaut des Antrags der Klägerin hinausgegangen und hat eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten wegen Nichterteilung des Zuschlags zugesprochen: Die tenorierte Entscheidung lautet daher abweichend vom Klageantrag:

„Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entsteht, dass ihr Angebot in dem Verfahren der öffentlichen Ausschreibung – Grundhafter Ausbau der K ... von der B ... nach P. – nicht berücksichtigt und ihr der Zuschlag nicht erteilt wurde“.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, die Anforderung der Nachweise über die Eignung von Nachunternehmern in den Ausschreibungsunterlagen sei nicht eindeutig gewesen. Die Bieter hätten im vorliegenden Fall den Vergabeunterlagen in einer Gesamtschau nicht entnehmen müssen, dass bei Einsatz von Nachunternehmern auch hinsichtlich dieser bereits mit der Abgabe des Angebots Eignungsnachweise vorzulegen seien. Der alleinige Zusatz „ggf. Nachunternehmer“ in der Überschrift von Ziffer 3 des Formulars 211 reiche dazu nicht aus. Das Wort gegebenenfalls könne sich nämlich auch auf den Fall beziehen, dass gemäß Formblatt 234 erst auf Verlangen der Vergabestelle die konkreten Namen der Nachunternehmer zu benennen wären. Hier käme der Tatsache Bedeutung zu, dass in dem Formular 234 das Kästchen vor dem Satz „die Namen der Nachunternehmer sind bereits bei der Angebotsabgabe anzugeben“ nicht angekreuzt gewesen sei.

Das Landgericht ist auch davon ausgegangen, dass die Klägerin ohne die Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen der Vergabe den Zuschlag hätte erhalten müssen. Im Rahmen der Prüfung nach § 23 VOB/A hätte das klägerische Angebot an erster Stelle aller Hauptangebote gelegen, wenn es nicht ausgeschlossen worden wäre. Dass der spätere Auftragnehmer, die W. GmbH, auf Grund eines günstigeren Nebenangebots den Zuschlag erhalten habe, sei vergaberechtswidrig gewesen. Zwar seien auch hier in der Ausschreibung Nebenangebote ausdrücklich zugelassen worden, der Beklagten sei es aber trotz Hinweises des Gerichts nicht gelungen, die Gleichwertigkeit der Nebenangebote konkret zu erläutern.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist nach wie vor der Auffassung, der Ausschluss des Angebots der Klägerin wegen zu spät vorgelegter Eignungsnachweise für Nachunternehmer sei zu Recht erfolgt. Aus dem Zusatz in der Überschrift von Ziffer 3 des Formblatts 211 ergebe sich für den Bieter zweifelsfrei, dass die Eignungsnachweise für Nachunternehmer „gegebenenfalls“, also in den Fällen, in denen solche beauftragt werden sollen, beizubringen seien. Bei Hinzuziehung der Formblätter 233 und 234 ergebe sich keine andere Bewertung, da die Klägerin die Aufforderung auch nicht missverstanden, sondern von Anfang an drei Nachunternehmer benannt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stendal vom 30.04.2010 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und hält die Auslegung der Verdingungsunterlagen durch das Landgericht für zutreffend. Insofern verweist sie auf ihre erstinstanzliche Argumentation und vertritt die Ansicht, die streitigen Nachweise seien nicht klar und eindeutig gefordert worden. In der Regel sei es ausreichend, die Benennung der vorgesehenen Nachunternehmer im Rahmen der Wertung nur von den Bietern zu fordern, deren Angebote in die engere Wahl kämen. Im Übrigen hätten auch zwei weitere Bieter keine Eignungsnachweise für Nachunternehmer eingereicht und selbst die Beklagte habe die Verdingungsunterlagen zunächst im Sinne der Klägerin ausgelegt, wie sich aus dem Protokoll des Bietergesprächs ergebe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs.2 BGB, denn die Beklagte hat ihr Hauptangebot zu Recht von der weiteren Wertung ausgeschlossen. Entgegen dem Inhalt der Angebotsunterlagen hat die Klägerin Eignungsnachweise für die vorgesehenen Nachunternehmer erst nach Ablauf der Angebotsfrist eingereicht.

1. Die Kernfrage des Verfahrens, ob mit dem Angebot Eignungsnachweise für Nachunternehmer vorzulegen waren, ist im Wege der Auslegung der Ausschreibungs- und Angebotsunterlagen zu beantworten.

a) Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Vergaberecht 2008, 782 ff.) nicht, dass eine Verpflichtung der Bieter, Eignungsnachweise für Nachunternehmer schon mit dem Angebot vorzulegen, regelmäßig unzumutbar und daher unzulässig wäre.

Vielmehr hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass es sich hierbei um eine Frage der Auslegung der Angebotsunterlagen handelt, die im Einzelfall vorzunehmen ist. Die Frage der Zumutbarkeit wurde vom Bundesgerichtshof nur im Rahmen der Abwägung der Interessen gestellt, weil in dem zitierten Fall ein ausreichender Anhaltspunkt im Wortlaut der Angebotsunterlagen fehlte, so dass eine Auslegung anhand der Interessen der Beteiligten maßgeblich wurde. Denn in jenem Fall war nur geregelt, dass die vorgesehenen Nachunternehmer auf Verlangen zu benennen waren. Im hier vorliegenden Fall aber enthält der Wortlaut der Verdingungsunterlagen eine entsprechende Aufforderung, Eignungsnachweise für etwaige Nachunternehmer schon mit dem Angebot vorzulegen, die ohne Weiteres einer Auslegung zugänglich ist.

b) Führt die Auslegung auf Grundlage des Wortlauts der Verdingungsunterlagen zu dem Ergebnis, dass die Beklagte die Nachweise für Nachunternehmer als Bestandteil der Angebote verlangt hat, so musste die Beklagte das Angebot der Klägerin von der weiteren Wertung ausschließen.

Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich aus § 25 Nr. 1 Abs. 1 b und § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 der VOB/A in der damaligen Fassung, dass die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten müssen. An die Nichteinhaltung dieser Vorgabe ist regelmäßig die Sanktion des Angebotsausschlusses geknüpft (vgl. BGH, NZBau 2005, 594 m. w. N.; Vergaberecht 2008, 69). Die Verdingungsunterlagen sind zwar selbst keine Angebote im Sinne der §§ 145 ff. BGB, sie bilden die von den Bietern einzureichenden Angebote aber gleichsam spiegelbildlich ab. Deshalb und in Anbetracht der Ausschlusssanktion müssen die Bieter diesen Unterlagen klar entnehmen können, welche Erklärungen im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A von ihnen im Zusammenhang mit der Angebotsabgabe verlangt werden (BGH, a.a.O.; BayObLG, Vergaberecht 2003, 675). Welcher Erklärungswert den Angebotsunterlagen im Einzelfall zukommt, ist anhand der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (vgl. BGHZ 124, 64; BGH, Vergaberecht 2008, 782 ff.). Maßgeblich ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises (vgl. BGH, BauR 1993, 525).

2. Im vorliegenden Fall teilt der Senat die Auslegung des Landgerichts im Ergebnis nicht.

a) Die VOB/A selbst sieht lediglich fakultativ vor, dass der Auftraggeber die Bieter auffordern kann, in ihrem Angebot die Leistungen anzugeben, die sie an Nachunternehmer zu vergeben beabsichtigen (§ 10 Nr. 5 Abs. 3 VOB/A).

Diese Angaben reichen zunächst aus, um den Auftraggeber darüber ins Bild zu setzen, wie der einzelne Bieter den Auftrag zu erfüllen gedenkt.

Den Bietern ist es zuzumuten, schon in diesem Stadium des Vergabeverfahrens Auskunft darüber zu geben, ob eine bestimmte Leistung durch einen Subunternehmer ausgeführt werden soll. Verlangt die Vergabestelle darüber hinaus mit dem Angebot weitere Angaben zu den Nachunternehmern, so sind aber auch diese vorzulegen. Fehlen die geforderten Nachweise, so ist das Angebot zwingend auszuschließen (s.o.), ohne dass der Vergabestelle insoweit ein Ermessenspielraum eröffnet wäre. Die Einhaltung derartiger formaler Kriterien ist im Interesse der Gleichbehandlung aller Bieter geboten.

b) Für die Auslegung der Bewerbungsbedingungen ist in erster Linie deren Wortlaut von Bedeutung (vgl. BGHZ 124, 64), der im vorliegenden Fall nach Auslegung des Senats eine klare Verpflichtung enthält, Eignungsnachweise auch für etwaige Nachunternehmer mit dem Angebot vorzulegen.

aa) Schon der Überschrift von Ziffer 3 des Formblatts 211 lässt sich entnehmen, dass „gegebenenfalls“ auch Nachweise für Nachunternehmer einzureichen seien.

Dem Landgericht ist zuzustimmen, dass die vorgedruckte Formulierung „und ggf. Nachunternehmer“ einer Auslegung zugänglich ist. Der Begriff „gegebenenfalls“ ist dabei aber schlicht im Wortsinne zu verstehen, d. h. Nachweise sind vorzulegen, wenn der Einsatz von Nachunternehmern „gegeben“ ist.

bb) Die von dem dargestellten Wortsinn abweichende Auslegung des Landgerichts überzeugt nicht.

(1) Das Landgericht geht nach Auffassung des Senats in seiner Interpretation zu weit, wenn es den „gegebenen“ Fall nur dann annehmen würde, wenn die Erbringung der genannten Nachweise für Nachunternehmer ungeachtet der Regelung unter Ziffer 3 darüber hinaus noch einmal gesondert verlangt worden wären. Die Verwendung der Einschränkungen „ggf.“ im Hinblick auf die Nachweise für Nachunternehmer trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass die Vergabestelle nicht wissen kann, ob ein Bieter Nachunternehmer beauftragen will. Der verwendete Vordruck soll sowohl den Fall erfassen, dass der Bieter die Leistung selbst erbringt, als auch die Fälle, in denen Nachunternehmer eingesetzt werden. Gerade im Bauwesen nehmen diese Fälle ständig zu, so dass der Einsatz von Nachunternehmern eher zur Regel geworden ist. Umso mehr tritt die Eignung der Subunternehmer in den Vordergrund und gewinnt für die Auftraggeber an Bedeutung. Wenn ein solcher Nachunternehmereinsatz „gegeben“ ist, sind daher mit dem Angebot die genannten Eignungsnachweise auch für die Nachunternehmer vorzulegen.

(2) Soweit das Landgericht meint, der Zusatz „ggf. Nachunternehmer“ in der Überschrift Ziffer 3 des Formulars 211 reiche nicht aus, weil sich das Wort „gegebenenfalls“ auch auf den Fall beziehen könne, dass erst auf Verlangen der Vergabestelle die konkreten Namen der Nachunternehmer zu benennen wären, folgt der Senat der reduzierenden Auslegung der Einzelrichterin nicht. Denn die Überschrift „ggf. Nachunternehmer“ bezieht sich ohne Zweifel auch auf Ziffer 3.2. des Vordrucks und nach den gewählten Kreuzen unter Ziffer 3.2. sind die Eignungsnachweise ausdrücklich „mit dem Angebot“ vorzulegen, nicht „erst auf Verlangen der Vergabestelle“. Zwischen diesen beiden Varianten hat die Vergabestelle sich eindeutig entschieden. Dass sich diese Klausel entgegen der Überschrift nicht auch auf Nachunternehmer beziehen solle, vermag der Senat nicht zu erkennen. Einen Hinweis auf eine solche Einschränkung im Sinne der Auslegung der Klägerin enthält das Formular 211 nicht. Das gilt auch für die weiteren Bedingungen, welche die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.09.2010 als nach ihrer Ansicht mögliche „Fälle“ genannt hat, auf die sich die Formulierung „ggf.“ beziehen soll. Nach Auffassung des Senats hätte es aber angesichts der eindeutigen Überschrift zu Ziffer 3 „Vorlage von Nachweisen/Angaben durch den Bieter und ggf. Nachunternehmer“ für einen Verzicht auf die rechtzeitige Einreichung der Nachweise für Nachunternehmer eher einer gesonderten und ausdrücklichen Einschränkung bedurft, die es ausnahmsweise zuließe, Eignungsunterlagen für Nachunternehmer nachzureichen, obwohl deren Beauftragung von Anfang an beabsichtigt ist.

(3) Auch das fehlende Kreuz in dem Formular 234 („Die Namen der Nachunternehmer sind bereits bei Angebotsabgabe anzugeben“) erlaubt den vom Landgericht angestellten Rückschluss nicht. Denn im Kontext mit dem Inhalt des Formulars 211 ist für einen objektiven Bieter offensichtlich, dass das Kreuz versehentlich nicht gesetzt wurde. Selbst die Klägerin hat nicht angenommen, dass die Benennung der Nachunternehmer aus diesem Grunde entfallen könne, sondern hat sie ausdrücklich namentlich bezeichnet. Aber selbst wenn die Bieter hätten annehmen dürfen, dass das Kreuz im Formular 234 von der Vergabestelle bewusst nicht gesetzt worden wäre, entfiele dadurch nicht die Pflicht zur Vorlage der Eignungsnachweise für die Nachunternehmer. Denn dazu verhält sich das Formular 234 gerade nicht. Muss man also auf Grundlage des Formulars 211 von der Pflicht ausgehen, Eignungsnachweise auch für etwaige Nachunternehmer vorzulegen, hätten solche Bieter, die nicht von einem bloßen Versehen ausgingen, aus dem fehlenden Kreuz in Formular 234 eher noch schließen können, dass die Vergabestelle eine Wiederholung der Namensnennung im Formular 234 als entbehrlich angesehen hat, weil sie mit den verlangten Eignungsnachweisen ohnehin über die Namen der Nachunternehmer informiert wird.

(4) Gegen den vom Landgericht im Rahmen seiner Auslegung angenommenen Widerspruch zwischen Ziffer 3 des Formulars 211 und dem Inhalt des Formulars 234 spricht nicht zuletzt das eigene Verhalten der Klägerin. Obwohl sie nach ihrer Darstellung, die sie bis zuletzt im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.09.2010 wiederholt hat, stets überzeugt war, Eignungsnachweise für ihre Nachunternehmer erst nachträglich auf Verlangen vorlegen zu müssen, hat sie aus dem fehlenden Kreuz im Formular 234 jedenfalls nicht den Schluss gezogen, dass auch die Benennung der Nachunternehmer entfallen könne. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin das Versehen im Formular 234 erkannt hat oder nicht. Jedenfalls hat sie die Namen der Nachunternehmer trotzdem angegeben. Ein Rückschluss von dem fehlenden Kreuz im Formular 234 auf den Inhalt von Ziffer 3 des Formulars 211, den das Landgericht zur Begründung seiner einschränkenden Auslegung herangezogen hat, ist daher selbst im Falle der Klägerin nicht schlüssig. Der Senat jedenfalls hält ihn nicht für naheliegend oder gar zwingend.

cc) Auf die einheitlichen Bewerbungsbedingungen (Formular 212 VHB Bund 2008) kann die Klägerin sich ebenfalls nicht mit Erfolg berufen.

Dass die Vorlage von Eignungsnachweisen für Nachunternehmer dort unter „Ziffer 7 Nachunternehmer“ nicht erwähnt wird, konnten die Bieter nicht so interpretieren, dass derartige Nachweise nicht gefordert werden können. Denn die einheitlichen Bewerbungsbedingungen sind allgemein gehalten und regeln die Angebotsinhalte gerade nicht abschließend. Sie verhalten sich daher auch nicht zur speziellen Frage der Eignungsnachweise für Nachunternehmer. Die Frage der Eignungsnachweise ist nur in dem dafür vorgesehenen Formular 211 geregelt. Dessen Inhalt wird durch den allgemeinen Hinweis unter Ziffer 7, dass die vorgesehenen Nachunternehmer auf Verlangen zu benennen sind, nicht relativiert. Denn zum einen ist in Ziffer 7 nicht von einem nachträglichen Verlangen die Rede, so dass auch eine Aufforderung, die Nachunternehmer schon mit dem Angebot zu benennen, von Ziffer 7 erfasst wäre. Zum anderen findet Ziffer 7 der einheitlichen Bewerbungsbedingungen im Formular 234 seine Konkretisierung, so dass die obigen Ausführungen dazu auch im Hinblick auf Ziffer 7 entsprechend gelten.

dd) Wenn die Klägerin aus dem Inhalt des Protokolls des Bietergespräches vom 04.09.2008 den Schluss ziehen möchte, auch die Beklagte selbst habe die Verdingungsunterlagen zunächst in ihrem Sinne verstanden, vermag der Senat ihr ebenfalls nicht zu folgen.

Die Vergabestelle hat in dem Protokoll zur Vollständigkeit des Angebots zwar das Vorliegen einzelne Eignungsnachweise bejaht. Dabei handelt es sich aber um die Nachweise für die Klägerin selbst. Erst unter „Sonstiges“ wurde vermerkt, dass die Nachweise der Nachunternehmer übergeben worden seien.

Diese Feststellung enthält als solche aber keinerlei Wertung, sondern stellt nur objektiv die Übergabe fest. Dass man die Übergabe dieser Nachweise im Bietergespräch als zulässig angesehen habe, hat die Beklagte im Protokoll gerade nicht erklärt. Auch das Gegenteil hätte im Protokoll nicht erwähnt werden müssen, weil das Fehlen der Eignungsnachweise als zwingender Ausschlussgrund ohnehin nicht verhandelbar war. Es ist für die Auslegung gleichfalls nicht von Bedeutung, dass die Beklagte das Angebot der Klägerin nicht schon im Bietergespräch zurückgewiesen hat. Denn dazu dient ein solches Gespräch nicht.

ee) Der Umstand, dass neben der Klägerin zwei weitere Bieter keine Eignungsnachweise für Nachunternehmer vorgelegt haben, lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass die Auslegung der Klägerin dem objektiven Empfängerhorizont entspreche.

Zum einen kann es auch andere Gründe für ein solches Versäumnis geben, zum anderen ändert auch ein mehrfaches subjektives Missverständnis nichts an dem objektiven Erklärungsinhalt. Im Übrigen haben immerhin drei weitere Bieter die Nachweise mit dem Angebot eingereicht. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb das Verhalten der einen Bieter größere Rückschlüsse auf das objektive Verständnis der Verdingungsunterlagen haben sollte, als das der anderen.

c) Auch im Rahmen einer Gesamtschau und unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der streitgegenständlichen Klausel sieht der Senat keine Veranlassung, von der dargestellten, am Wortlaut orientierten Auslegung abzuweichen.

Der Senat verkennt nicht, dass auch ein Verzicht auf Eignungsnachweise für Nachunternehmer den Interessen der Beteiligten, insbesondere der Bieter, entsprechen kann.

So kann es für die Bieter durchaus eine erhebliche Belastung darstellen, wenn sie schon bei der Angebotsabgabe verbindlich mitteilen müssen, welche Subunternehmer sie bei der Ausführung einschalten wollen (vgl. dazu BGH, Vergaberecht 2008, 782 ff.), und außerdem Eignungsnachweise dieser Unternehmer vorlegen müssen. Um dazu wahrheitsgemäße und vollständige Erklärungen abzugeben, müssen sich alle Ausschreibungsteilnehmer die Ausführungen der fraglichen Leistungen von den jeweils ins Auge gefassten Nachunternehmern bindend zusagen lassen und die notwendigen Nachweise erbitten.

Dies zu verlangen ist aber in der Regel für die Bieter nicht unzumutbar. Das gilt jedenfalls für Bauvorhaben der hier vorliegenden Größenordnung. Denn andererseits haben die Vergabestellen ein berechtigtes Interesse daran, die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gerade derjenigen Unternehmen frühzeitig beurteilen zu können, die für die tatsächliche Ausführung der Arbeiten in Betracht kommen.

Es erscheint daher legitim, wenn die Vergabestelle solche Nachweise schon mit den Angeboten einfordert, um sich frühzeitig ein Bild machen zu können. Sie ist nicht verpflichtet, den zusätzlichen organisatorischen und zeitlichen Aufwand zu betreiben, der damit verbunden wäre, zu gegebener Zeit nach Angebotseröffnung von einem engeren Kreis der Bieter – etwa von demjenigen, deren Angebote in die engere Wahl gelangt sind – die gegebenenfalls vorgesehenen Nachunternehmer zu erfragen. Sie kann durchaus das Risiko eingehen, lukrative Angebote wegen unvollständiger Angabe von geforderten Erklärungen ausschließen zu müssen, weil sie die Abgabe verbindlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also mit dem Angebot vor dem Eröffnungstermin, verlangt hat.

Allein die Möglichkeit, dass die Interessenlage eine andere sein kann, wie der BGH sie in seiner Entscheidung vom (vgl. BGH, Vergaberecht 2008, 782 ff.) dargestellt hat, rechtfertigt es allein nicht, von dem Wortlaut der Vergabeunterlagen abzuweichen, für den die Vergabestelle sich entschieden hat. Denn wollte man allein auf Grund einer möglichen anderweitigen Interessenlage den Wortlaut übergehen, könnte mit derselben Begründung auch auf die Eignungsnachweise der Bieter verzichtet werden. Denn auch dabei besteht das Risiko, lukrative Angebote wegen unvollständiger Erklärungen ausschließen zu müssen.

Dies zeigt, dass es gerade bei unterschiedlichen oder widerstreitenden Interessen der Beteiligten für die Auslegung derartiger Bewerbungsbedingungen in erster Linie auf den Wortlaut ankommen muss (vgl. BGHZ 124, 64). Die Angebotsunterlagen richten sich stets an eine Vielzahl potentieller Bieter, die sich auf die Geltung des Wortlauts verlassen müssen. Eine Auslegung, die vom klaren Wortlaut abweicht, obwohl dies nicht zwingend wäre, würde diejenigen Bieter benachteiligen, die sich im Vertrauen auf den Wortlaut anforderungsgerecht verhalten haben. Noch stärker wären diejenigen Interessenten von einer nachträglichen großzügigen Auslegung betroffen, die die geforderten Nachweise nicht vorlegen konnten oder wollten und deshalb angesichts des Wortlauts der Verdingungsunterlagen von einem Angebot Abstand genommen haben.

3. Die Angabe der Nummer, unter der ein Bieter in ein Präqualifikationsverzeichnis eingetragen ist, kann die geforderten Eignungsnachweise für die vorgesehenen Nachunternehmern nicht ersetzen.

a) Dabei kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob ein Bieter auf die Vorlage der geforderten Nachweise für sein Unternehmen unter Hinweis auf seine Präqualifikation verzichten darf, was hier nach Ziffer 3.4 des Formulars 211 zulässig war.

Auch wenn man davon ausgeht, kann die Angabe einer Präqualifikationsnummer stets nur die Eignungsnachweise für diejenige Firma ersetzten, der die Präqualifikationsnummer erteilt wurde. Die Frage, ob nach Ziffer 3.4 auch für die Nachunternehmer die Angabe einer Präqualifikationsnummer ausgereicht hätte, wäre hier also nur relevant, wenn die Klägerin diese Ziffern der Nachunternehmer angegeben hätte. Das war aber nicht der Fall.

b) Die Klägerin ist vielmehr der Ansicht, sie müsse geforderte Eignungsnachweise oder Präqualifikationsnummern für die Nachunternehmer schon deshalb nicht liefern, weil sie selbst präqualifiziert sei und in diesem Zusammenhang versichert habe, nur geeignete Nachunternehmer zu beauftragen.

Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Die Vergabestelle kann allein aus der Präqualifikation der Bieterin jedenfalls nicht ohne Weiteres auf die Eignung der vorgesehenen Nachunternehmer schließen, wenn deren Präqualifikationsnummer nicht angegeben wird. Auch wenn der präqualifizierte Bieter sich verpflichtet hat, nur geeignete Nachunternehmer zu beauftragen, bietet seine Präqualifikation allein der Vergabestelle nur die Möglichkeit, seine Eignung zu prüfen. Über die tatsächliche Eignung der konkreten, von ihm gewählten Nachunternehmer sagt die Präqualifikation des Bieters jedoch naturgemäß nichts aus. Deshalb kann entgegen der Ansicht der Klägerin eine Vergabestelle Eignungsnachweise für Nachunternehmer auch dann verlangen, wenn der Bieter seine eigene Präqualifikationsnummer angegeben hat.

4. Nach alledem kommt es mangels Vergabeverstoß nicht darauf an, ob das preisgünstigere Angebot der Firma W. GmbH, auf das der Zuschlag erteilt wurde, zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen, wie das Landgericht meint.

Es kann auch offen bleiben, ob Nebenangebote der Bieter, die aus demselben Grunde nicht gewertet wurden, wie diejenigen der Klägerin, günstiger gewesen wären. Hierzu hat die Einzelrichterin keine Feststellungen getroffen, obgleich in Konsequenz ihrer Rechtsauffassung auch deren Ausschluss unzulässig gewesen wäre.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Auf die von der Klägerin in der Verhandlung als Zulassungsgrund genannte Frage, ob geforderte Eignungsnachweise durch Angabe der Präqualifikationsnummer des Unternehmens ersetzt werden dürfen, kommt es hier nicht an, weil die Klägerin die Präqualifikationsnummern der gewählten Nachunternehmer nicht angegeben hat.

gez. Dr. Zettel Vizepräsident des Oberlandesgerichts gez. Dr. Tiemann Richter am Oberlandesgericht gez. Grimm Richter am Oberlandesgericht
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).